Protocol of the Session on March 21, 2012

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zu dem Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Werner Kalinka.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gehört zum guten Ton mancher Talkshow und mancher gesellschaftlicher Diskussion, sich über Politiker aufzuregen. Die Diskussion, die wir hier beim Thema Transparenz oder vermeintlicher Transparenz von Abgeordneten haben, ist eine, die die Aktualität, wie sie sich jedenfalls in den Anträgen widerspiegelt, gar nicht verdient hat. Verhaltensregeln und Veröffentlichungen für Abgeordnete des Landtages gibt es in Schleswig-Holstein mindestens seit den 80er-Jahren. Es gibt sie auch für die Landesregierung. Sie sind im Internet abrufbar. Wer wissen möchte, wer welcher Tätigkeit oder Nebentätigkeit nachgeht, kann dies auf der Landtagshomepage einsehen.

Damit nicht so getan werden kann, als wäre es anders, nenne ich auch gleich die Drucksache 17/950, in der das Relevante auf etwa 40 Seiten zusammengetragen ist. Auch neue oder geänderte Taten werden eingestellt, zuletzt im August vergangenen Jahres, Drucksache 17/1677. Ich trage dies einfach einmal so technisch vor, damit man das dann schlichtweg nachvollziehen kann und nicht im Allgemeinen bleibt.

Rechtsgrundlage für all dies sind die bestehenden Regelungen hier im Haus. Wer was tut, ich habe es gesagt, ist kein Geheimnis. Veröffentlicht wird in sieben Kategorien: Aufsichtsratstätigkeiten, rele

vante Beteiligungen an Kapitalgesellschaften, Gutachtertätigkeiten oder die Mitgliedschaft in Interessenverbänden. Auch bei der Landesregierung hat man eine wohlwollende, selbstverständliche Offenheit. Kollegin Heinold hat in ihrer Kleinen Anfrage Drucksache 16/1531 aus der vergangenen Wahlperiode alles einmal abgefragt und hat zu allem eine Antwort bekommen, die nichts offen ließ. Von daher besteht kein Frage- und Diskussionsbedarf. Oder man schaut auch dort einfach einmal ins Internet oder schaut einfach in unsere Landesverfassung. In der Verfassung unseres Landes heißt es:

„Die Mitglieder der Landesregierung dürfen kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben; sie dürfen weder der Leitung noch ohne Zustimmung des Landtages dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.“

Die Verfassung verbietet also sämtliche Nebentätigkeiten und stellt Ausnahmen unter Zustimmungsvorbehalt.

Dies ist mehr als nur ein öffentlicher Vorgang. Man kann sich dazu die Drucksachen 17/16 oder 17/30 ansehen.

Aber dies wird einfach ignoriert. Im Gesetzentwurf, über den wir diskutieren - ich erwarte nicht, dass Sie ihn nach zwei Jahren alle noch draufhaben, deswegen erwähne ich ihn noch einmal: Drucksache 17/402 -, heißt es, dass die Mitglieder der Regierung ihre Tätigkeiten entgeltlicher Art anzuzeigen und zu veröffentlichen hätten. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist in diesem Land längst vorbildlich und beanstandungsfrei geregelt. Wenn es in der Landesregierung Vergütungen für Aufsichtsrattätigkeiten gibt, gilt § 10 Abs. 2 Satz 1 der Nebentätigkeitsverordnung. Ich will es einmal übersetzen: Alles, was den Betrag von 5.500 € im Jahr übersteigt muss an die Landeskasse abgeführt werden. Wer dagegen verstößt, hat mit dem Staatsanwalt oder mit der medialen Öffentlichkeit zu rechnen. Wir als Parlament würden auch tätig werden. Insofern auch wieder kein Thema und kein Problem.

Dann geht es um die Frage der Verhaltensregeln, Drucksache 17/403. Auch hier wurde die Transparenz nicht neu erfunden, sondern hier wurde einfach von dem abgeschrieben, was man im Bundestag eingebracht hatte. Das Wort „Bund“ wurde im Text durch das Wort „Land“ ersetzt, zum Teil auch vergessen. Auf diesen Fehler haben wir in der Parlamentsdebatte -, Herr Kollege, Sie haben in diesem Augenblick wahrscheinlich nicht genau zugehört -,

(Vizepräsidentin Anita Klahn)

schon am 18. März 2010 hingewiesen. Bislang wurde noch nicht einmal dieser Fehler korrigiert. Es ist auch nicht unsere Aufgabe, dies zu tun. Aber sagen dürfen wir es noch einmal. Wer sich die Mühe macht, die abgeschriebenen Verhaltensregeln des Bundes neben die des Landtags zu stellen, weiß, dass es zu über 90 % identische Regelungsgehalte sind. Es gibt einen einzigen Unterschied, und das ist derjenige, ob man die Nebentätigkeitseinnahmen in einem Stufenverfahren - das ist die Regelung mit den 1.000, 3.500 und 7.000 € - anzeigen sollte. Das ist die Transparenz. Über dieses Stufenmodell kann man ganz verschiedener Meinung sein. Im Bundestag wird es so veröffentlicht, dass die Stufen „1“, „2“ und „3“ heißen. Aber auch das sagt nichts konkret darüber aus, was wer bekommt. Über die Frage, ob man als Selbständiger oder als Freiberufler alles offenlegen sollte, was man im Portemonnaie hat, darf man getrost verschiedener Meinung sein.

Ich kann diejenigen Kolleginnen und Kollegen verstehen, die sagen: Nein, das möchten wir nicht, zumal wir steuerlich gemeinsam mit dem Betrieb oder der Frau veranlagt werden. Transparenz ja, aber nicht so, dass jeder in der Öffentlichkeit einen Anspruch hat, jeden Euro zu bewerten und zu kontrollieren. Dann würden wir andere Parlamente in diesem Land bekommen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Frau Präsidentin, Ihr mahnendes Zeichen - auch wenn ich Sie nicht von vorn sehe - bemerke ich sehr wohl. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf am Ende noch einmal darauf verweisen, was ich in meinem Beitrag am 18. März 2010 gesagt habe: Schwarze Schafe - es können auch einmal rote oder grüne sein - kann es überall geben. Deswegen darf man nicht alle, um die es geht, unter Generalverdacht stellen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einige von Ihnen haben hier vielleicht jetzt Herrn Stegner erwartet.

(Beifall bei der CDU)

Ich hoffe, Sie sind genauso zufrieden, wenn ich das Wort an Sie richte, und hören mir genauso aufmerksam zu wie meinem Kollegen und genauso aufmerksam, wie ich eben Herrn Kalinka zugehört habe.

Herr Kalinka, nach Ihrem ganzen Drucksachenkonfetti und Ihrer Erklärung, warum klar war, dass wir nichts weiter zu unternehmen brauchen, frage ich mich, warum Sie uns im Ausschuss die ganze Zeit erklärt haben, Sie müssten abwarten, was im Bundestag möglicherweise herauskommt. Warum brauchen Sie, um zu dem Ergebnis zu kommen, dass alles in Ordnung sei und so bleiben könne, wie es ist, zwei Jahre?

(Vereinzelter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Ich frage mich sowieso, ob irgendjemand im Haus vor zwei Jahren - bis auf einen Tag genau vor zwei Jahren - wohl geahnt hatte, dass wir mit all diesen Gesetzentwürfen heute wieder genauso ohne Ergebnis dastehen, mit völlig leeren Händen, und zwar nicht nur vor uns selbst mit leeren Händen, sondern vor den Bürgerinnen und Bürgern.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bereits vor zwei Jahren habe ich darauf hingewiesen, dass das ganze Paket schon 2008 von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgelegt wurde. Das war vor vier Jahren. Wir konnten als Sozialdemokraten nicht zustimmen, weil uns die CDU schon damals in der Großen Koalition blockierte.

Meine Damen und Herren, was sollte auf den Weg gebracht werden? Die Regelungen über die Annahme von Nebentätigkeiten sollten in das Abgeordnetengesetz aufgenommen und nach dem Vorbild des Abgeordnetengesetzes des Bundestags, wie es jetzt ist, geändert werden. Damit wären alle Tätigkeiten für Einkünfte anzeigepflichtig und zu veröffentlichen. Die bisherigen Privilegien und Einkünfte, zum Beispiel als Anwalt, würden nicht mehr gelten. Gleichzeitig hätten die berufsspezifischen Verschwiegenheitspflichten dieser Gruppen weiter gewahrt werden können. Das Landesministergesetz sollte eine eigenständige Regelung für Nebentätigkeiten der Minister erhalten. Es sollte keine Genehmigungs-, sondern eine Anzeigepflicht geben, wobei die Nebeneinkünfte öffentlich werden müssen. Das Landesbesoldungsgesetz sollte so geregelt werden, dass die Änderungen auch für Staatssekretäre gelten, Herr Kollege. Insgesamt ein Paket für mehr Transparenz in der Politik.

(Werner Kalinka)

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Das wäre ein gutes Regelwerk geworden, das in unsere Zeit gepasst hätte. Aber welch traurige Karriere hat dieses Gesetz genommen! Im März 2010 wurde es in den Ausschuss überwiesen, und dort wurde es von CDU und FDP schlicht eingemottet. Fadenscheinige Begründung, man könne ja nichts machen, solange man nicht wisse, wie sich der Bundestag zu diesem Thema positioniere, was da gemacht werde. Meine Damen und Herren, als wenn das Land Schleswig-Holstein darauf angewiesen wäre, seine Transparenz davon abhängig zu machen, wie transparent der Bundestag ist! Was soll das bitte?

(Vereinzelter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Spätestens als klar war, dass man auch im Bundestag zu keinem Ergebnis kommen könnte, hätte man erwarten können, dass die Regierungsfraktionen hier etwas tun und etwas vorlegen, aber nichts davon ist geschehen. Das Gesetz kommt aus dem Ausschuss nach zwei Jahren so wieder zurück, wie wir es hineingetragen haben. Was für ein Trauerspiel!

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Man könnte denken, es hat sich nichts geändert. Herr Kalinka, ich fürchte sogar, dass Sie das wirklich denken. Aber das stimmt nicht. Es hat sich viel geändert um uns herum. Sie haben es nur nicht gemerkt. Die Bürgerinnen und Bürger akzeptieren die Geheimniskrämerei um Nebeneinkünfte und mögliche Abhängigkeiten oder Unabhängigkeiten von Politikern nicht mehr, spätestens nicht mehr seit der Wulff-Affäre.

(Vereinzelter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Hier hätte der Schleswig-Holsteinische Landtag ein Zeichen setzen können, dass zumindest wir verstanden haben.

Wir halten es für vernünftig, in Schleswig-Holstein ein Abgeordnetengesetz zu haben, das den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gibt, sich ein eigenes Bild von der Abhängigkeit oder Unabhängigkeit der Abgeordneten zu machen.

Herr Abgeordneter Eichstädt, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka zu?

Da meine Redezeit dadurch unberührt bleibt, sehr gern.

Immer.

Herr Kollege, können Sie mir einen Punkt nennen, der von den Regelungen, die bereits jetzt gelten, nicht erfasst wäre?

Herr Kalinka, ich will das nicht noch einmal ausführen. Ich habe die Punkte am Anfang genannt, und die sind auch Ihnen bekannt. Wenn es so wäre, wie Sie behaupten, dass sich nichts geändert habe, warum haben Sie dann zwei Jahre gebraucht und gesagt, Sie wollten mit der Überarbeitung abwarten, was sich im Bundestag tut? Daher verstehe ich Ihre Frage nicht. Wir hätten das zwei Jahre im Ausschuss diskutieren können, aber Sie hatten doch gar kein Interesse daran.

(Vereinzelter Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und SSW)

Meine Damen und Herren, warum um alles in der Welt wollen Sie das nicht? Es geht doch um konkrete, praktikable Regelungen, die dem Landtagspräsidenten die Möglichkeit geben, Verstöße zu ahnden. Wir wollen anzeigepflichtige Tatbestände im Einzelnen aufführen, wobei die meldepflichtigen Einkommensstufen so gestaltet werden, dass möglicherweise konkurrierende Berufsgeheimnispflichten nicht gefährdet werden.

Das ist durchaus eine faire und ausgewogene Regelung. Alles durchdacht, alles möglich, aber von Ihnen nicht gewollt. Dass das so ist, wird dadurch deutlich, dass Sie sich nicht einmal die Mühe gemacht haben, auch nur ein einziges Argument gegen unser Gesetz zu stellen oder irgendeinen Änderungsantrag im Ausschuss vorzubringen. Das ist ein Armutszeugnis und setzt Sie dem Verdacht der Interessenvertretung in eigener Sache aus.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Heinz- Werner Jezewski [DIE LINKE])

Keine Kontrolle, keine Offenlegung der eigenen Verhältnisse! Sie haben nichts verstanden. Ich bin sicher, wenn Sie es eines Tages tun, wird es ein bitteres Erwachen für Sie.

(Peter Eichstädt)

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Gerrit Koch das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Eichstädt, wenn ich hier von Ihnen höre, wie die Beratung im Ausschuss war, haben Sie da für Ihre Anträge gekämpft wie die Löwen, unbändig, jede Woche aufs Neue haben Sie das Thema im Ausschuss auf den Tisch gebracht und jedes Mal gesagt, Mensch, nun müssen wir endlich zu Potte kommen. Offenbar habe ich immer gefehlt - ich habe da kein einziges Wort vernommen, nicht einmal in der letzten Ausschusssitzung wurde von Ihnen ein Wort dazu vorgebracht.