Protocol of the Session on March 21, 2012

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Menschen haben es satt, sich seit Jahren an der Nase herumführen zu lassen. Sie nehmen die Breitbandversorgung neuerdings selbst in die Hand. Die Breitbandnetzgesellschaft in Nordfriesland oder Snellstar in Waabs, ich nenne hier nur einige Beispiele, tun das, was die Landesregierung immer wieder versprach, aber nicht lieferte. Sie bauen das Netz selbst. Das ist eine tolle Initiative, die häufig von Windmüllern geleistet wird. Sie ist ein Ausdruck von Gemeinwohlorientierung, denn hohe Renditeerwartungen allein dürften dieses Engagement nicht ausgelöst haben.

Ich komme noch einmal zu Ihrem Antrag: Warum soll dieser Landtag bereits heute über den Doppelhaushalt 2013/2014 sprechen? - Wollen wir das nicht dem neugewählten Landtag überlassen? - Ich bin sicher, dass auch der kommende Landtag den Ausbau des schnellen Internets ganz oben auf seine Prioritätenliste schreiben wird, wie auch immer dieses Parlament dann zusammengesetzt sein wird. Schaufensteranträge wie der Ihrige Antrag helfen uns hier nicht weiter.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das Internet gehört für uns zur Daseinsvorsorge wie Wasser, Strom und Müllabfuhr. Darum fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundes- und EU-Ebene dafür einzusetzen, dass die Breitbandversorgung zum Universaldienst erklärt wird. Die grüne Bundestagsfraktion hat kürzlich eine Studie vorgelegt, die zeigt, wie das gehen kann.

Dabei gilt das Internet als Grundbedarf. Das ist bei der Bundesregierung aber bisher noch nicht angekommen. Dort ist die Bedeutung der Digitalisierung für die Wirtschaft, die Demokratie und die Bildung offenbar noch nicht ausreichend ins Bewusstsein vorgedrungen. Meine Damen und Herren von CDU und FDP, machen Sie Ihren Kolleginnen und Kollegen in Berlin Dampf! Das schnelle Internet muss schnell kommen. Es muss auch schnell bleiben, wenn die Technologie sich fortentwickelt. Dafür müssen wir auf Bundes- und Landesebene gemeinsam kämpfen. Um diese Gemeinsamkeit zu betonen, werden wir Ihren Antrag nicht ablehnen, sondern wir werden uns enthalten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Lachen des Ab- geordneten Christopher Vogt [FDP])

Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich Herrn Abgeordneten Heinz-Werner Jezewski das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Kollege Nickel, es ist schön, dass Sie sich über dieses Thema noch so erregen können. Das letzte Mal haben wir am 25. Oktober in diesem Haus über das Thema Breitbandversorgung gesprochen. Da ging es um den Masterplan Breitband.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Andreas Tietze [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Kollege Tietze, ich erinnere mich sehr gut an Ihre bahnbrechenden und innovativen Vorstellungen in dieser Diskussion.

(Heiterkeit bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Im Großen und Ganzen waren wir uns damals darin einig, dass die Landesregierung eigentlich das Richtige will. Rücklickend muss man aber sagen: Das Gegenteil von gut gemacht ist immer gut gemeint. Das war sehr gut gemeint. Wir diskutieren darüber jetzt seit zwei Jahren, seit 25 Monaten. Wenn wir uns ansehen, was in dieser Zeit passiert

(Dr. Jörg Nickel)

ist, dann gibt es nicht viel zu sehen. Es ist nämlich nicht viel passiert. Ich zitiere aus der damaligen Debatte. Es lohnt sich für die Regierungsfraktionen, diese einmal nachzulesen. Dort wurde viel Kluges gesagt. Ich zitiere den Abgeordneten Heinz-Werner Jezewski von der Fraktion DIE LINKE, der in dieser Debatte am 25. Februar 2010 sagte:

(Zurufe)

- Er sagt noch mehr Kluges.

„Die Ämter Eiderstedt, Nordsee, Treene und Viöl erarbeiten mit den Städten Husum und Tönning zusammen eine Machbarkeitsstudie. Sie loten aus, ob es sich überhaupt lohnt, Leerrohre zu verlegen, oder ob man lieber andere Maßnahmen ergreifen sollte. Es wird auch geprüft, ob es sinnvoll sein kann, gar nicht auf Kabel - egal ob auf Kupferkabel oder auf Glasfaserkabel - zu setzen, sondern stattdessen Verbindungen per Funk zu schaffen.“

Am 18. Januar 2012, also 23 Monate nach dieser Debatte, berichtete der „s:hz“ darüber, dass in der Gemeinde Löwenstedt, einer der beteiligten Gemeinden, am 1. Februar 2012 die Bürger-Breitband-Netzgesellschaft GmbH & Co. KG gegründet werden sollte. Das war übrigens eine Anregung aus meinem Redebeitrag, in dem ich gefragt habe: Warum machen wir das nicht über Genossenschaften? - Warum machen wir das nicht über Bürgergesellschaften? - Ich freue mich darüber, dass diese Anregungen auf fruchtbaren Boden gefallen sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Erlauben Sie mir, aus dem „s:hz“-Artikel zwei kurze Zitate zu nennen:

„Man habe Löwenstedt als Modellgemeinde ausgewählt, da die Unterversorgung dokumentiert sei. Zudem bauen die Biogasanlagenbetreiber ohnehin ein Wärmenetz, da sei es doch logisch, gleich die Glasfaserleerrohre mit zu verlegen.“

„Wenn alles wie geplant verlaufe, so die Koordinatorin, dann dürfte bereits im Frühjahr 2013 das Blitznetz in Löwenstedt verfügbar sein.“

Auch wenn es mich freut, dass meine Anmerkungen von vor zwei Jahren sich jetzt da draußen vor Ort als richtig erweisen, was ebenso für die Anmerkungen vieler anderer Oppositionspolitiker gilt, so macht es mich schon nachdenklich, dass die Umset

zung einer im Grunde genommenen einstimmig akzeptierten Strategie in die Realität vor Ort und für die Menschen mehr als drei Jahre dauert. Wir müssen uns hier überlegen, ob alles richtig läuft. Ich sehe nicht, dass der heute vorliegende Antrag in eine Richtung läuft, die bewirkt, dass die Umsetzung vor Ort schneller gehen soll. Die einzige Wirkung dieses Antrags wird sein, dass wir mehr Bürokratie und mehr Fördergelder für Großkonzerne bekommen werden. Ansonsten dauert dies da draußen weiterhin genauso lange.

Ich glaube trotzdem, dass wir uns heute im Großen und Ganzen einig sind. Ich hoffe, dass diese Einigkeit irgendwann einmal dazu führen wird, dass der Ausbau der Breitbandversorgung endlich Fahrt aufnimmt. Ich hoffe, dass wir an den Orten, an denen es noch eine Lücke in der Breitbandversorgung gibt, diese endlich schließen können, und zwar möglichst vor dem Termin, der Ihnen vorschwebt.

Für DIE LINKE gilt dabei das Gleiche, das auch schon vor zwei Jahren richtig war. Ich verweise dabei, wie ich es immer gern tue, auf die Landesregierung. In der Breitbandstrategie der Landesregierung können wir nachlesen:

„Wir brauchen feste Netze in Glasfaser und in Kupfer. Außerdem brauchen wir zusätzlich Funknetze. Sonst werden wir die Anbindungen, die die Wirtschaft und die Menschen in unserem Lande brauchen, nicht realisieren können.“

Wir können sonst nicht die Anbindung der Freiberuflerinnen und -berufler am Strand gewährleisten, die der Kollege Tietze richtigerweise bereits 2010 angemahnt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf der Zuschauertribüne begrüße ich weitere Gäste, und zwar vom Landfrauenverein aus Eutin. Seien Sie uns herzlich willkommen im SchleswigHolsteinischen Landtag!

(Beifall)

Für die SSW-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

(Christopher Vogt [FDP]: Jetzt mach noch einmal einen Dreiminutenbeitrag!)

(Heinz-Werner Jezewski)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vor gut einem Jahr haben wir den Bericht der Landesregierung zum Stand des Ausbaus des Breitbandnetzes in Schleswig-Holstein hier im Landtag debattiert. Seinerzeit haben wir bereits nachlesen können, dass rund 98 % der Landesfläche mit Breitband versorgt sind. Das hört sich erst einmal toll an, es kann aber nur ein erster Schritt sein. Weite Teile der Bevölkerung im ländlichen Raum verfügen nur über eine Kapazität von rund 1 Mbit/s. Das ist deutlich zu wenig, denn wir wissen, dass eine leistungsfähige und schnelle Internetanbindung heute so wichtig ist wie eine gute Verkehrsanbindung oder Wasser- und Stromleitungen.

Das Internet hat sich mittlerweile zu einem Standortfaktor entwickelt. Nicht nur im wirtschaftlichen Bereich, sondern auch im privaten Bereich spielt die Breitbandversorgung eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, sich für einen Standort oder für einen Wohnort zu entscheiden. Ich stelle fest, dass wir uns in diesem Bereich in weiten Teilen immer noch am Anfang befinden. Die Leistungsfähigkeit von 1 Mbit/s reicht heute nicht mehr aus, um konkurrenzfähig zu sein. Die Entwicklung in diesem Sektor schreitet rasant voran. Wir haben hier keine Lorbeeren, auf denen wir uns ausruhen können. Der Antrag von CDU und FDP spricht dies an, denn im zweiten Absatz ist schon die Rede von 100 Mbit/s. Da müssen wir hin, das ist die Zukunft, und dafür brauchen wir geeignete Netze.

Vor einem Jahr habe ich noch gesagt, dass 1 MBit/s nur ein kurzzeitiger Zwischenschritt sein kann, und daran halte ich auch fest. Das Gleiche gilt für die sogenannte LTE-Versorgung - also schnelles Internet per Funk. Diese Technologie wird hauptsächlich in den Gemeinden und Orten angeboten, wo noch weiße Flecken sind und der Ausbau des Breitbandnetzes nur sehr zögerlich voranschreitet. Auch wenn LTE derzeit für viele eine gute Alternative ist, bleibt es nur eine Brückentechnologie; denn auch dort - im ländlichen Raum - brauchen wir langfristig Hochgeschwindigkeitsnetze.

Damit sind wir beim Punkt: Der Ausbau solcher Hochgeschwindigkeitsnetze ist nur mit Glasfasertechnik zu erreichen. Die Kosten für den flächendeckenden Ausbau mit Glasfaserkabeln werden auf 2,6 bis 3,1 Milliarden € in Schleswig-Holstein geschätzt. Das heißt, wir brauchen langfristige Finanzierungspläne, denn wir können unsere Kommunen mit dieser Problematik nicht alleinlassen.

Klar ist aber auch, dass Schleswig-Holstein derartige Summen nicht allein stemmen kann. Hier sind wir auf die Unterstützung der EU und des Bundes angewiesen. Im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern gibt es Fördermöglichkeiten. Hier müssen wir dann auch umsteuern. Breitbandnetze sind wichtiger als Feldwege - das muss die Botschaft sein.

Neben den genannten gemeinsamen Bund-LänderInstrumenten stehen auch Mittel aus den EU-Fonds EFRE und ELER für den Breitbandausbau zur Verfügung. Hier müssen wir ebenfalls ran; denn gerade die ELER-Mittel sind ja für die Förderung des ländlichen Raums gedacht. Also ist es naheliegend, über eine Umverteilung nachzudenken. Auch hier müssen wir klotzen und eben nicht kleckern.

Im Zusammenhang mit der Verlegung der Leerrohre müssen wir sehen, wo wir Synergieeffekte erreichen können. Beispielsweise ist auf der Homepage des Breitbandkompetenzzentrums eine Karte mit regelmäßigen Baustellen veröffentlicht, damit interessierte Unternehmen Leerrohre oder andere Infrastruktur verlegen können. Zudem gibt es eine Informationstaste, wo Ansprechpartner und Kontaktadressen zu diesen Bauvorhaben abgerufen werden können. Das ist eine sehr sinnvolle Maßnahme.

(Beifall des Abgeordneten Karsten Jasper [CDU])

Darüber hinaus möchte ich anregen, dass untersucht wird, inwieweit NATO-Kabelschächte für die Verlegung von Glasfaserkabeln genutzt werden können. In vielen Gemeinden liegen derartige Kabelschächte unter den Bürgersteigen und Straßen. Bevor dort neu aufgerissen und neu verlegt wird, sollten wir untersuchen, ob diese Kabelschächte alternativ genutzt werden können. Dies herauszufinden, wäre auch eine Aufgabe, mit der wir das Breitbandkompetenzzentrum beauftragen können.

Im Namen unserer Kommunen möchte ich mich für die dort geleistete Arbeit auf jeden Fall bedanken. Denn es ist den ehrenamtlichen Akteuren nicht zuzumuten, sich mit dieser komplexen Materie im Detail zu befassen und dort alleingelassen zu werden. Deswegen noch einmal: Es war eine sehr kluge Idee, dieses Kompetenzzentrum einzurichten.

Aus diesem Grund gebührt auch der Landesregierung Dank für die Einrichtung dieser Stelle. Die wichtige Botschaft für die nächste Legislaturperiode ist aber: Letztlich müssen wir jetzt auch Geld locker machen, um hier weitere Fortschritte zu machen. Das, was bisher geleistet worden ist, war gut,

war aber nur ein erster Schritt. Es war nur ein Schritt, um überhaupt erst einmal eine Grundversorgung hinzubekommen. Aber um richtig gut zu sein und das Land richtig gut aufzustellen, brauchen wir mehr, müssen Geld einsetzen und auch die entsprechenden Mittel aus den Töpfen umschichten.

(Beifall beim SSW sowie vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort für die Landesregierung erteile ich dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Jost de Jager.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann bei der Reihenfolge, die Herr Abgeordneter Harms dargelegt hat, anknüpfen. In der Tat geht es Schritt für Schritt voran. Bei dem ersten Schritt können wir Vollzug melden. Wir haben faktisch eine flächendeckende Grundversorgung mit einer zu geringen Geschwindigkeit - das ist richtig - von 1 MBit/s. Aber dieses Ziel, das auch ein Ziel war, haben wir erreicht.