Protocol of the Session on March 21, 2012

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Ines Strehlau das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Bemerkungen vorweg: Herr Neve, wenn man erkennt, dass Entscheidungen schlecht waren, dann muss man sie revidieren, und zwar möglichst schnell. Das gilt auch für politische Entscheidungen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

Frau Brand-Hückstädt, natürlich bedeutet eine erhöhte Quantität nicht automatisch eine erhöhte Qualität. Aber bei Personalratsarbeit führt es zu einer höheren Arbeitsbelastung, wenn man diese auf weniger Schultern aufteilt. Dann kann die Qualität schon leiden. Außerdem ist es eine Frage der Wertschätzung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesetzentwurf der Linken will etwas ganz Richtiges: wieder mehr Mitbestimmung auch bei öffentlichen Arbeitgebern und eine stärkere Ausdifferenzierung bei der Bemessungsregelung für die Stärke der Personalräte. Damit sollen auch kleine Verwaltungseinheiten starke Personalvertretungen erhalten.

Auch die Erhöhung der Stufenvertretungsmitglieder um jeweils zwei und die Einführung einer zusätzlichen Stufe ist ein moderater Vorschlag, der noch hinter den Betriebsverfassungen zurückbleibt. Auch das Bundespersonalvertretungsgesetz ließe eine stärkere Besetzung zu. Als Beispiel möchte ich die Stadt Kiel anführen. Nach den Regeln des Bundespersonalvertretungsgesetzes wäre der Personalrat 19 Mitglieder stark. Nach dem Betriebsverfassungsgesetz hätte er sogar 27 Mitglieder. Jetzt umfasst er neun Mitglieder. Nach dem Vorschlag der Linken wären es 13 Mitglieder. Wieso soll Schles

wig-Holsteins Verwaltung eine reduzierte Personalvertretung haben? Auch hier gibt es Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerinteressen, die es zu vertreten gilt. Und ich bin überzeugt davon, dass sich eine selbstbewusste und starke Vertretung positiv auf das Arbeitsklima und die Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auswirkt. Was haben Sie, CDU und FDP, denn dagegen, dass sich eine Personalversammlung einmal im halben Jahr statt einmal im Jahr trifft? Das fördert den Dialog und stärkt demokratische Partizipation. Beides sind wichtige Faktoren für eine engagierte, moderne und motivierte Verwaltung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Auch in puncto Fortbildung geht der Antrag der Linken in die richtige Richtung: Die Möglichkeit zur Teilnahme an Schulungs- und Bildungsveranstaltungen muss so gestaltet werden, dass die Personalrätinnen und Personalräte für ihre komplexen Aufgaben professionell gerüstet sind. Dafür braucht es umfassende juristische Kenntnisse, die sich nicht mit ein paar Kurzvorträgen erlernen lassen. Das müssten eigentlich gerade Sie, Frau BrandHückstädt und Herr Kubicki, als Juristen wissen. Wie viele Tage erforderlich sind, hätten wir gern in einer Anhörung klären lassen. Aber dazu sind wir ja nicht gekommen.

Auch die geforderte moderate Erhöhung zur Freistellung für politische Bildungsveranstaltungen ist ein guter Ansatz. Die Verwaltung ist Teil einer vielfältigen und komplexen Gesellschaft, die verschiedenste Anforderungen an die Verwaltung richtet. Da ist es gut und richtig, wenn die Mitglieder des Personalrats quasi als Multiplikatoren in die Verwaltung wirken wollen. Wir sollten es auch im öffentlichen Dienst begrüßen und fördern, wenn jemand über den eigenen Tellerrand hinausschauen will, insbesondere wo die Weiterbildungsquoten doch überall so zu wünschen übrig lassen, dass wir uns an anderer Stelle Gedanken machen, wie wir die Weiterbildung fördern können. Das widerspricht sich doch. Aber auch dazu konnten wir ohne Stellungnahmen im Ausschuss keine vernünftige Beratung durchführen.

Im Ausschuss haben die Regierungsfraktionen nämlich deutlich gemacht, was sie von Mitbestimmung halten: nicht sehr viel. Noch nicht einmal einer schriftlichen Anhörung haben sie zugestimmt. Diese hätte Verbänden und Betroffenen wenigstens die Möglichkeit gegeben, Gehör für ihr Anliegen zu erhalten.

(Ingrid Brand-Hückstädt)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Auch meine Fraktion stimmt nicht in allen Punkten mit dem Antrag überein, aber umso mehr hätten wir uns eine Anhörung und Auseinandersetzung in der Sache im Ausschuss gewünscht.

Die Verwaltung hat bei den rigiden Sparvorgaben und Umstrukturierungsprozessen in den letzten Jahren und in Zukunft große Veränderungen zu bewältigen. Wir hätten es zulassen sollen, dass sie ihr Anliegen hier im Ausschuss vortragen. Wir brauchen eine starke Mitbestimmung in der Verwaltung.

Da der Antrag in die richtige Richtung geht, werden wir ihm zustimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, der LINKEN und SSW)

Ich erteile das Wort der Vorsitzenden der SSWFraktion, Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Haushaltsbegleitgesetz 2011/2012 hat den Bürgerinnen und Bürgern zahlreiche Verschlechterungen zugemutet. Unter dem Vorsatz der nachhaltigen Entlastung haben wir vor einem Jahr über sehr viele Veränderungen diskutiert: Anhebung der Altersgrenzen im öffentlichen Dienst, Beteiligung an den Schülerfahrtkosten durch die Eltern, Absenkung des Blindengeldes, um nur einige zu nennen. Auch der SSW war durchaus bereit, an konstruktiven Lösungen mitzuarbeiten. Selbstverständlich bedeutet das zu keinem Zeitpunkt, dass wir ohne Kompass die Sparziele allen politischen Zielen unterordnen. Das überlassen wir den Regierungsfraktionen.

Im Haushaltsbegleitgesetz wurden fast ein Dutzend Gesetze geändert, darunter auch die Mitbestimmungsregelungen im öffentlichen Dienst. Das Mitbestimmungsgesetz in Schleswig-Holstein konnte sich noch vor wenigen Jahren rühmen, eines der fortschrittlichsten Gesetze in Deutschland zu sein. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes erhalten über die prinzipielle Allzuständigkeit ihres Personalrats frühzeitig Informationen über die Ausrichtung ihrer Dienststelle beziehungsweise über anstehende Veränderungen. Die Mitbestimmung gehört zu den demokratischen Pfeilern unseres demokratischen Systems. Dieses Prinzip der vor

bildlichen Mitbestimmung droht allerdings ausgespült zu werden.

Der vorliegende Antrag will darum die Mitbestimmung wieder in den Stand versetzen, auf dem sie in Schleswig-Holstein schon einmal war. Neben der Wiedereinführung der Sitzungsgelder sehen die Antragsteller vor, den Vertretungsschlüssel wieder so zu gestalten, wie es das Gesetz in seiner ursprünglichen Fassung vorgesehen hatte.

Im Ausschuss wollten die Regierungsfraktionen den Antrag einfach wegwinken. Nicht einmal der Antrag, eine schriftliche Anhörung durchzuführen, fand eine Mehrheit. Das Signal, das das Parlament auf diese Weise an die Beschäftigten im öffentlichen Dienst, an die Lehrerinnen und Lehrer, die Polizisten und andere Beamte aussendet, ist daher völlig falsch. Das Signal lautet nämlich: Über Mitbestimmung wollen wir nicht reden.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist der falsche Weg, weil damit auch dem Parlament wichtige Informationen vorenthalten werden. Gern hätte ich etwas darüber gehört, wie die neuen Regelungen in der Praxis umgesetzt werden, und zwar aus erster Hand von den Personalräten selbst. Ich hätte gern von Ihnen gehört beziehungsweise gelesen, welche Folgen die Kürzungen haben. Dabei will ich den Inhalt der möglichen Stellungnahmen gar nicht vorwegnehmen. Es besteht ja durchaus die Chance, dass beispielsweise der Wegfall der Sitzungsgelder in der Praxis gar nicht ins Gewicht fällt oder dass die Sitzungsintervalle ausreichend sind, sodass man sich auf einen Kompromiss hätte verständigen können. Das Problem bleibt, dass dem Parlament keine Chance eingeräumt wird, Informationen aus erster Hand zu erhalten.

Tatsache bleibt, die Mitbestimmungsmöglichkeiten wurden verschlechtert, und der vorliegende Gesetzentwurf möchte das wieder rückgängig machen. Wir werden diesem Gesetz zustimmen.

(Beifall bei SSW, SPD und der LINKEN)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Finanzminister Rainer Wiegard das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Ich wusste nicht, dass es jetzt üblich werden soll, dass wir jedes Jahr die Gesetze, die wir in diesem Hause verabschieden, noch einmal aufrufen. Wenn das gewünscht ist, können wir das natürlich tun.

(Ines Strehlau)

1 Das Ergebnis der namentlichen Abstimmung liegt als Anlage 1 bei

Die Veränderungen, die wir am Mitbestimmungsgesetz in Zusammenhang mit dem Haushaltsbegleitgesetz vorgenommen haben, haben keine qualitative Veränderung der Mitbestimmung in Schleswig-Holstein zur Folge. Dies war ausdrücklich auch Gegenstand der Beratungen, die wir mit den Personalräten durchgeführt haben. Natürlich sind die Personalräte nicht erfreut, wenn bei Regelungen Einschränkungen vorgenommen werden. Aber wir waren uns einig, dass dies nicht geschehen soll, und es ist auch nicht geschehen.

Meine Damen und Herren, es ist selbstverständlich - das mag eine Kleinigkeit sein -, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Personalräten angehören, die voll bezahlt werden, auch wenn sie logischerweise als für diese Tätigkeit freigestellte Personalräte die Personalratstätigkeit ausführen, weiterhin ihre Bezüge erhalten. Dass sie darüber hinaus aber auch noch ein Sitzungsgeld erhalten, ist - mit Verlaub - schon eine sehr fragwürdige Angelegenheit. Ich meine sogar, wir waren das einzige Land, das noch eine solche Regelung hatte. Deshalb haben wir uns im Zusammenhang mit dem Haushaltsbegleitgesetz 2011/2012 zu diesem Schritt entschieden. Wir haben damit keinerlei qualitative Einschränkungen der Mitbestimmung vorgesehen, ausdrücklich nicht. Es war auch nicht unsere Absicht, es zu tun. Von daher glaube ich, dass wir angesichts der Situation, in der sich unser Land befindet, einen angemessenen Beitrag auch von den Personalräten eingefordert haben, die dies auch akzeptiert haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung. Da namentliche Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE, Drucksache 17/2168, beantragt wurde, lasse ich zunächst hierüber abstimmen.

Nach § 63 Abs. 2 Satz 1 der Geschäftsordnung muss eine namentliche Abstimmung stattfinden, wenn sie von 18 Abgeordneten verlangt wird. Wer den Antrag auf namentliche Abstimmung unterstützen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich stelle fest, dass damit der Antrag auf eine namentliche Abstimmung das erforderliche Quorum erreicht hat.

Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfes, Drucksache 17/2168. Ich schlage vor, in der namentlichen Abstimmung auch über den Gesetzentwurf selbst abzustimmen. Wer also

dem Antrag, Drucksache 17/2168, zustimmen will, erklärt dies in der namentlichen Abstimmung mit Ja. Dann können wir starten.

(Namentliche Abstimmung) 1 Ich gebe das Abstimmungsergebnis bekannt. Dem Gesetzentwurf Drucksache 17/2168 haben 45 Abgeordnete zugestimmt, 47 Abgeordnete haben ihn abgelehnt. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt. Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf: Gemeinsame Beratung a) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten und der Landesministerinnen und Landesminister (Landesminister- gesetz)

Gesetzentwurf der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SSW und SPD Drucksache 17/402 (neu)

b) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des SchleswigHolsteinischen Landtags (Schleswig-Holstei- nisches Abgeordnetengesetz - SH AbgG)

Gesetzentwurf der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SSW und SPD Drucksache 17/404 (neu)

c) Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Beamtengesetzes für das Land Schleswig-Holstein (Landesbeamtenge- setz - LBG)

Gesetzentwurf der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SSW und SPD Drucksache 17/405 (neu)

d) Transparenz bei Abgeordnetenverhalten sicherstellen

Antrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE, SSW und SPD Drucksache 17/403 (neu)

(Minister Rainer Wiegard)

Bericht und Beschlussempfehlung des Innenund Rechtsausschusses Drucksache 17/2363

Ich erteile das Wort dem Herrn Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Thomas Rother.

Werte Frau Präsidentin! Auch hier vertraue ich auf die Lesekompetenz der Abgeordneten und verweise auf die Vorlage.

(Vereinzelter Beifall)

Ich danke dem Herrn Berichterstatter. Gibt es Wortmeldungen zu dem Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.