Ich bitte darum, dass wir jetzt im Thema fortfahren. Ich gebe die Restredezeiten bekannt: Für die SPD sind es 3 Minuten, für die Fraktion DIE LINKE sind es 9 Minuten, für den SSW sind es 5 Minuten 40 Sekunden, für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sind es 8 Minuten 40 Sekunden, für die CDU 3 Minuten und für die FDP ebenfalls 3 Minuten.
Es hat sich gemeldet und ich erteile das Wort für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Martin Habersaat.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Kollegin Spoorendonk hat in ihrer Rede gesagt: Wer hört, kann hören, wie die Lage an den Schulen ist. Ich ergänze: Wer sieht, kann sehen, wie viele Unterrichtsstunden ausfallen und wie die Stimmung ist. Es gilt leider auch: Wer riecht, kann riechen, wie es um manche Schulen bestellt ist.
Man muss sich natürlich dafür interessieren, wie die Lage an den Schulen ist, um das alles wahrzunehmen. Die Frage des Interesses haben wir hier eben schon ausführlich erörtert.
Ich bin ein bisschen entsetzt über die Nebelkerzen, die hier geworfen werden, und über die Versuche von CDU und FDP, an den Themen vorbeizudiskutieren.
Frau Franzen, es ist ein Kunststück, dass Sie hier Argumente von Torsten Albig an den Haaren herbeiziehen, denn es ist gar nicht so einfach, ihn an den Haaren zu packen.
Es ist natürlich auch nicht fair, Äußerungen vor der Änderung des Schulgesetzes zu nehmen und damit eine heutige Aussage zu konstruieren, die sich auf das jetzige Schulgesetz beziehen soll.
Ich finde es des Weiteren nicht richtig, dass Sie immer wieder anfangen mit der Mär, Sie würden Lehrerstellen abbauen - - Ich lasse keine Zwischenfragen zu, Sie dürfen sich beide setzen, ich habe heute nicht so viel Zeit. - Es ist einfach falsch, dass Sie immer wieder die sinkenden Schülerzahlen heranziehen und behaupten: Deswegen mussten wir Lehrerstellen abbauen. Das ist schlicht nicht richtig. Sie haben die Unterrichtsverpflichtung der Lehrerinnen und Lehrer um eine Stunde verlängert, Sie sind den Regional- und Gemeinschaftsschulen in ihre Pro
gramme gegrätscht und haben die Differenzierungsstunden gestrichen. Daher kommen die gestrichenen Lehrerstellen momentan, daher und nirgendwoher anders.
Nebelkerze Nummer zwei bezieht sich auf den Unterrichtsausfall. Natürlich kann man sich hier hinstellen und sagen: Das größte Problem im Land ist der Unterrichtsausfall, das lösen wir. Aber lösen Sie das wirklich? Gucken Sie sich das einmal an: Es ist doch nicht so, dass wir in der Vergangenheit darunter zu leiden gehabt haben, dass der Vertretungsfonds nicht gut genug gefüllt war. Vielerorts hatten wir darunter zu leiden, dass keine Lehrerinnen und Lehrer da waren, die vertreten konnten. Sie können den Fonds auch verzehnfachen, und es wird nichts helfen.
Herr Kubicki, zur Statistik mit den Hauptschulabgängern - man kann sich hinter jeder Statistik verstecken, man kann Zahlen drehen und wenden, wie man will. Es gibt sehr wohl einen Unterschied zwischen Hauptschulabgängern, die eine Berufsausbildung haben, und solchen, die als unversorgt gelten. Unsere Kritik ist, dass die in irgendwelche Zwischenprogramme geschoben werden und nicht in der Berufsausbildung landen. Darüber müssen wir reden und nicht über die Frage, wie wir Zahlen hinund herdrehen.
Noch zwei Bemerkungen an den neuen bildungspolitischen Experten der FDP! Ich halte aus gutem Grund keine juristischen Fachvorträge, Herr Kubicki. Denken Sie darüber einmal nach, wenn Sie in Erwägung ziehen, die nächste Rede zur Bildungspolitik zu halten!
Es ist nicht so, dass in Nordrhein-Westfalen Gymnasien auf G 9 umgestellt werden vergleichbar zu Schleswig-Holstein, sondern in NRW werden Aufbaugymnasien geschaffen. Ich erkläre Ihnen beizeiten gern, was das ist. In Baden-Württemberg ist die Situation überhaupt nicht vergleichbar, weil es da keinerlei Gemeinschafts-/Gesamtschulstrukturen gibt, die es in Schleswig-Holstein gibt, wo das Abitur nach neun Jahren machbar ist.
Die letzte Bemerkung, und dann bin ich hier auch weg! Ich verrate Ihnen ein Geheimnis: Unsere Programme sind öffentlich. Das trifft meines Wissens auch auf das Programm der Grünen zu.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Am 14. Februar 2012 hat der Koalitionsausschuss in Haus B getagt. Ich habe gleichzeitig einen Steinwurf entfernt davon mit 15 Leuten aus Schulen, davon vielen Schulleitern, zusammengesessen.
Wir haben uns über inhaltliche Fragen auseinandergesetzt, sind natürlich auch auf den Koalitionsausschuss gekommen und haben uns gefragt: Wie sieht es in den Schulen aus? Wie sehen es Schulleitungen verschiedener Schulformen, wenn der Koalitionsausschuss beschließt, den Vertretungsfonds zu verdoppeln? Bricht dann Freude in den Schulen aus?
Genau das war nicht der Fall. Wenn man sich einmal anhört, was die Leute in den Schulen sagen, dann sind überhaupt keine Sektkorken geflogen, als Sie eine Vereinbarung für 2013 getroffen haben, sondern die Leute wissen ganz genau: Sie haben erst einmal richtig stark gestrichen, und jetzt packen Sie einen kleinen Teil wieder zurück, und zwar in einer Form, die die Schulen so gar nicht wollen.
Eine Lehrkraft hat sehr treffend gesagt: Herr Minister Klug, Sie streichen im August die Stellen und wundern sich im Februar, dass die Fachlehrer nicht da sind.
Das ist doch eines der Hauptprobleme und einer der Gründe, Herr Kubicki und Frau Franzen, dass wir unseren Antrag, wenn auch nicht mit Freude, ein drittes Mal eingebracht haben, weil wir den Eindruck haben: So müsste es sein, wir können nicht weitere 300 Lehrerplanstellen aus dem System herausnehmen, das geht einfach nicht.
Zur Perspektive von Fachlehrerinnen und Fachlehrern! Herr Klug, Sie wissen es selber: In den letzten Jahren sind zum Sommer immer wieder neue Leute eingestellt worden, es waren immer je 50 % befristete und unbefristete. Zum letzten Sommer haben 80 % der Kolleginnen und Kollegen nur befristete Verträge bekommen - 80 %! Das heißt, Sie bieten den Leuten überhaupt keine Perspektive. Diese Debatte hängt mir langsam zu den Ohren raus, denn das geht so an dem vorbei, was die Schulen wirklich brauchen.
Herr Kubicki, Sie haben Herrn Albig zitiert und sagen: „nicht, dass das heute oder morgen passiert.“ Damit wir wissen, worüber wir reden, möchte ich noch einmal den FDP-Parteitagsbeschluss im Wortlaut vorlesen - Sie haben nicht gesagt, wann, sondern geschrieben -:
„Der Landesparteitag der FDP SchleswigHolstein möge beschließen, die ursprünglich zur Streichung vorgesehenen 300 Lehrerplanstellen im Schulsystem Schleswig-Holsteins zu belassen.“
Möglicherweise haben Sie sich im Koalitionsausschuss nicht durchgesetzt. Das ist die einzige Stelle, an der es wünschenswert gewesen wäre, dass sich die FDP gegen die CDU im Schulbereich einmal durchsetzt. Das ist nicht gelungen. Sie können uns an dieser Stelle doch nicht vorwerfen, dass wir total verstrahlt seien und irgendwelche komischen Anträge stellten! Die 300 Lehrerstellen im System zu behalten, wird seit Langem gefordert. Auch die Lehrerverbände haben nicht Hurra geschrien, sondern haben Ihnen alle gesagt: Das Pferd wird von hinten aufgezäumt. Das ist eines der Probleme.
Man fragt sich, ob Sie sich daran erinnern, wer seit 2005 mitregiert, ob es noch etwas gab zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb. Das hörte sich in Ihrem Beitrag überhaupt nicht so an. Seit 2005 stellt die CDU den Ministerpräsidenten, und da ist schon Zeit gewesen umzusteuern.
Frau Franzen, Sie sagen, dass Sie nur die demografische Rendite aus dem System herausnähmen. Das stimmt nicht. Sie planen - Ihre Fraktion hält daran fest -, bis 2020 3.650 Stellen aus dem System herauszunehmen. Das ist mehr als die demografische Rendite. 750 Stellen gehen davon auf Kosten der Qualität. Ihre Rechnung stimmt nicht. Es ist lustig zu sagen: Ich rechne alle Oppositionsanträge zusammen und ziehe einen Strich darunter.
Ich möchte für die Grünen zwei Dinge sagen: Unser Antrag mit den Lehrerstellen macht für 2012 6 Millionen € aus. Das wissen Sie auch, das weiß auch die FDP. Unser Gesetzentwurf zu den freien Schulen wäre in diesem Jahr nicht wirksam gewesen und hätte im kommenden Jahr 1,5 Millionen € verursacht; das steigert sich dann. Sie nehmen die Zahl von Minister Klug, eine Zahl, die zu berechnen er sich vorher geweigert hat. Er hat gesagt, das gehe gar nicht.