Protocol of the Session on February 23, 2012

Ich lasse über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und FDP, Drucksache 17/1600, in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das sind die Fraktionen von CDU, FDP und SSW. Gegenstimmen! - Das sind die Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und die Fraktion DIE LINKE. Damit stelle ich fest, dass der Gesetzentwurf Drucksache 17/1600 in der

(Lars Harms)

Fassung der Drucksache 17/2266 mit den Stimmen von CDU, FDP und SSW gegen die Stimmen von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Fraktion DIE LINKE angenommen worden ist.

Meine Damen und Herren, ich unterbreche die Beratungen.

Gedenkminute für die Opfer rechtsextremistischer Gewalt

Ich bitte alle Anwesenden, sich von ihren Plätzen zu erheben.

(Die Anwesenden erheben sich)

Vor genau einem Monat haben wir hier der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gedacht. Dieser Begriff ist mit schrecklichen Ereignissen verbunden, die vor über 70 Jahren stattfanden. Diese zeitliche Ferne war immer wieder ein Thema, wenn es um das Gedenken ging: Wie kann man an ein Ereignis erinnern, das für viele Menschen heute immer mehr verblasst?

Eine sehr traurige und zugleich aufrüttelnde Antwort darauf sind die rechtsextremistischen Mordtaten. Über zehn Jahre lang konnten diese gewaltbereiten Rechtsextremisten unschuldige Menschen aus unserer Mitte heraus umbringen. Keiner hielt sie auf, und niemand zog einen extremistischen Hintergrund der Taten in Erwägung. Schlimmer noch: Den Opfern wurde teilweise eine kriminelle Verstrickung unterstellt.

Erst jetzt steht die demokratische Öffentlichkeit vor der erschreckenden Erkenntnis, dass Menschen in Deutschland umgebracht worden, weil sie in den Augen von Rechtsextremisten nicht zu uns, nicht zu Deutschland gehörten. Sie haben unrecht: Die Opfer gehörten zu uns, sie gehörten zu Deutschland.

Wir haben in Deutschland im Jahr 2012 keine Verhältnisse wie 1933. Wir sind eine starke, wir sind eine wehrhafte Demokratie. Dazu gehören vor allem Wachsamkeit und der Einbezug guter wie schlechter Erfahrungen in unserer Geschichte. In diesem Punkt berühren sich die NS-Verbrechen mit jenen der rechtsextremistischen Terroristen. Wir haben es heute in der Hand, darauf zu reagieren, und ich weiß, dass wir alle gemeinsam, angemessen und unmissverständlich genau das tun werden.

Das Gedenken an die unschuldigen Opfer ist wichtig. Es ist unser Zeichen der Solidarität mit den Angehörigen und Freunden, es ist unser Zeichen dafür, dass wir in Deutschland so etwas nicht dulden, dass

wir geschlossen gegen Rassismus, Intoleranz und Extremismus stehen.

Ich bin mir sicher, dass ich im Schleswig-Holsteinischen Landtag alle Abgeordneten mit diesem Anliegen hinter mir weiß.

Wir wollen nun gemeinsam einen Moment innehalten und schweigend gedenken. - Meine Damen und Herren, ich danke Ihnen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Aufhebung des Gesetzes zur Neuordnung des Glücksspiels

Gesetzentwurf der Fraktion der SPD Drucksache 17/1956

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 17/2267

Ich erteile dem Berichterstatter des Innen- und Rechtsausschusses, Herrn Abgeordneten Thomas Rother, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch hier verweise ich der Einfachheit halber auf die Vorlage.

Ich danke dem Berichterstatter. - Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Für die CDUFraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Hans-Jörn Arp das Wort.

(Zuruf)

- Ja, aber es hat bereits eine Aussprache stattgefunden. Dann ist unsere Abmachung, dass es in der zweiten Runde nach der Stärke der Fraktionen geht. Daher erteile ich Herrn Kollegen Hans-Jörn Arp das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich frage mich: Was will die SPD mit diesem Gesetzentwurf erreichen? Sie alle wissen - darüber haben wir hier häufig diskutiert -, dass wir sagen: Wir haben Ihnen einen Gesetzentwurf vorgelegt - den haben wir verabschiedet -, der mit europäischem Recht vereinbar ist, der im Gegensatz zu

(Präsident Torsten Geerdts)

dem Entwurf der 15 Bundesländer die Notifizierung in Europa erfahren hat. Das heißt, wir gehen einen rechtssicheren Weg. Sie haben uns vorgeworfen, dass die Unternehmen auf Malta, Gibraltar oder in England bleiben würden. Dies ist nicht der Fall; sie kommen her.

Wie ist der Status, den wir haben, heute? - Schauen Sie sich am Wochenende einmal die Stadien, die Sportstätten vom Skispringen über Handball bis hin zum Fußball an. Überall in allen Bundesländern wird heute massiv Werbung für Sportwettenunternehmen gemacht. Keiner der Ministerpräsidenten greift ein, keiner wehrt sich dagegen, obwohl sie alle wissen, dass es nur in Schleswig-Holstein erlaubt ist. Wir haben dafür die Basis geschaffen. Hier ist dies möglich. Die Firmen nehmen es an. Sie sagen: Wir kommen nach Schleswig-Holstein, wir gehen diesen Weg, weil er rechtskonform ist.

Unsere Vereine profitieren davon, nicht nur die Vereine wie Holstein Kiel, die jetzt beispielsweise legal für Lotto werben dürfen - nicht wie bisher illegal in Baden-Württemberg und in RheinlandPfalz. Es sind die Vereine wie THW, FlensburgHandewitt und viele andere, die ebenfalls davon profitieren. Sie haben nicht nur die Mehreinnahmen, sondern natürlich auch starke Sponsorenpartner.

Und: Es ist die Stadt Kiel mit dem Oberbürgermeister Albig, der dieses Angebot dankend angenommen hat. Er holt sich einen Sportwettenanbieter, der gleichzeitig Partner der Fußballvereine von Liverpool und Barcelona ist. Also da spielt Kiel in der Champions League mit; das halten Sie auch für in Ordnung. Wir selbst finden es auch in Ordnung, dass man für ein besonderes Event wie die Kieler Woche wirbt. Aber es geht nicht an, dass die gleiche SPD hier einen Antrag stellt, der dies dann verbietet.

Sie müssen schon wissen, was Sie wollen. Unterstützen Sie Ihren Spitzenkandidaten, dann unterstützen Sie unseren Antrag und unser Gesetz. Oder unterstützen Sie ihn nicht, dann müssen Sie deutlich sagen, dass Sie sich von Ihrem Spitzenkandidaten Albig distanzieren. Meine Damen und Herren, beides geht nicht. Das ist schlicht unglaubwürdig.

(Beifall bei CDU und FDP)

Was hat Herr Ministerpräsident Pater Harry Carstensen im Dezember in der Ministerpräsidentenkonferenz deutlich gesagt? - Er hat gesagt: Wenn der Weg der 15 notifiziert ist, wenn er mit europäischem Recht vereinbar ist, kann man über alles reden.

Dies ist bis heute nicht der Fall. Seit Monaten wird uns immer wieder erklärt, das komme und das sei so. Das hören wir seit anderthalb Jahren, aber geschieht es nichts. Wir haben die Rechtsbasis, auf der wir Abgaben erheben. Nicht umsonst haben 86 Firmen ein Interesse daran, nach Schleswig-Holstein zu gehen. Große Zeitungsverlage und die Medien warten darauf, dass sie für diese Firmen werben dürfen.

Wir, die Koalition aus CDU und FDP, haben hier einen Weg aufgezeigt, der rechtskonform, der modern ist. Denn jeder von Ihnen - wenn er nicht gerade die Piraten-Partei unterstützen will - weiß, dass man das Internet nicht abschalten kann. Wenn man es aber nicht abschalten kann, dann muss man es kontrollieren. Mit unserem Weg gehen wir den Weg der Kontrollmöglichkeiten und zeigen auf, wie dies in Zukunft möglich sein wird.

Meine Damen und Herren, dieser Antrag, den Sie hier gestellt haben, ist ein Showantrag. Den wird keiner ernst nehmen können. Denn Sie wollen nicht allen Ernstes einen Weg gehen, von dem Sie nicht wissen, ob er rechtskonform ist. Als wir das das letzte Mal erlebt haben, hieß der Innenminister Stegner - der steht dort an der Tür und hört sich das an; sonst hätte ich ihn auch nicht erwähnt -, der hier vehement für einen Glücksspielstaatsvertrag gekämpft hat, der vor dem Europäischen Gerichtshof gnadenlos gescheitert ist. Einen solchen Weg gehen wir kein zweites Mal. Wir sind einen Weg gegangen, der rechtskonform ist.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die SPD-Fraktion erteile ich dem Herrn Kollegen Dr. Kai Dolgner.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist vermutlich die letzte Chance, den schleswig-holsteinischen Sonderweg rechtzeitig zu verlassen. Wie zweifelhaft dieser Weg ist, möchte ich Ihnen kurz am Beispiel der Strafbarkeit von Anbieten und Abschluss von Glücksspielen darlegen.

Ich frage mich, wie Sie eigentlich ausschließen wollen, dass Spieler mit Wohnsitz außerhalb des Geltungsbereichs dieses Gesetzes, zum Beispiel in Hamburg, durch ihre Spielteilnahme nicht Ziel eines Ermittlungsverfahrens werden.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

(Hans-Jörn Arp)

- Dieser Zwischenruf überrascht mich nicht. Aber das können Sie nachher alles erläutern, Herr Kollege Kubicki. Da Online-Poker in Hamburg halt nicht legalisiert ist - wie übrigens in allen anderen Ländern, auch in Schleswig-Holstein -, könnte sich der Spieler strafbar machen, wenn er an einem nicht genehmigten Glücksspiel teilnimmt.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Deshalb ist ja auch die Identifizierung in der Verordnung vorgesehen. Eine einfache Identifizierung des Wohnsitzes bei Vertragsabschluss über ein Post-Ident-Verfahren dürfte dabei aber nicht ausreichen. Schließlich ziehen Menschen auch mal um, und eine Geolokalisierung zum Beispiel durch eine IP-Kontrolle bei tatsächlicher Spielteilnahme - und darauf kommt es an - umgeht jeder Teenager mühelos. Das Strafgesetzbuch gilt nun mal für die gesamte Bundesrepublik Deutschland, und allein aus diesem Grund verbieten sich schleswig-holsteinische Sonderwege.

Zu meinen Bedenken bezüglich der Geldwäsche verwies der Innenminister auf die Verordnung. Diese liegt nun vor. Scheinbar stellt die Verordnung hohe Ansprüche an die Zuverlässigkeit der zukünftigen Anbieter: Diebstahl, Unterschlagung, Erpressung, Hehlerei, Betrug, Untreue fingieren die Unzuverlässigkeit eines Antragstellers. Steuerverkürzung natürlich auch; denn wo kämen wir sonst hin, wenn die Anbieter nicht ihre Spielbankabgabe bezahlen würden? Auch Verurteilungen im Ausland sind ausdrücklich eingeschlossen.

Da kam man nur sagen: „Bravo, Herr Innenminister!“ Aber haben Sie bei der Zuverlässigkeit nicht eine wichtige Straftat übersehen? In Ihrem Katalog fehlt nämlich unverständlicherweise die Geldwäsche.

(Beifall bei der SPD)

Einer der elf Hauptbeschuldigten beim Schlag gegen die drei größten Online-Pokeranbieter in den USA, die ja auch hier nach Investitionsmöglichkeiten suchen, nämlich Bradley Franzen, hat sich nämlich in den USA der Geldwäsche für schuldig bekannt.

Herr Innenminister, Sie legen in Ihrer Außendarstellung doch einen Schwerpunkt auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität. Sie sollten uns deshalb gleich erklären - und nicht von der Regierungsbank aus, Herr Präsident -, warum es ausgerechnet die Geldwäsche nicht in die Zuverlässigkeitskriterien geschafft hat. Dazu werden Sie nach

her ausreichend Gelegenheit haben. Ich ahne ja auch, was gleich kommen wird beziehungsweise höre das, was Sie unbedingt schon jetzt von der Regierungsbank loswerden möchten, dass wir alles nicht verstünden und Sie die wahren Kriminalitätsbekämpfer seien. Das geht dann immer nach dem Motto: „Alles Ahnungslose, außer uns“.