Protocol of the Session on February 23, 2012

Erstens. Davon zu sprechen, dass das nur mitgeteilt worden sei, geht total an der Realität vorbei.

Zweitens. Hier bei uns im Hause werden keine Entscheidungen vom grünen Tisch aus getroffen, sondern ich bin -

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

- Hören Sie zu, Herr Baasch, was ich Ihnen zu sagen habe. Ich bin im Frauenhaus gewesen und habe es mir angesehen, und ich habe genug praktische Erfahrung, um zu wissen, wie es in einem Frauenhaus aussieht. Ich bin als jemand, der über viele Jahre als Strafkammervorsitzender Verfahren geleitet hat, die sich mit Gewalt gegen Frauen beschäftigt haben, in einer Art und Weise damit konfrontiert worden und verfüge über einige Erfahrungen

in diesem Punkt, die Sie vielleicht so nicht haben. Deswegen wollte ich Ihnen das einmal sagen.

Drittens. Ich will Ihnen sagen, dass die Strukturveränderungen, die aufgrund der Sparmaßnahmen notwendig waren, in unserem Haus sehr ausgewogen vorgenommen worden sind. Wir haben genau nach Auslastung der Frauenhäuser geschaut und haben gesehen, dass das AWO-Haus durchschnittlich nur mit 66 % belegt war.

(Anita Klahn [FDP]: Genau! Das ist so!)

Insofern haben Sie völlig außer Acht gelassen, dass wir bei der aktuellen Belegung in Lübeck bei insgesamt 24 Frauen zehn Frauen haben, die aus Schleswig-Holstein - nicht aus Lübeck, aus anderen Teilen des Landes - und aus anderen Bundesländern kommen. Auch im Nachbarkreis Lübecks - Ostholstein - sind Plätze frei.

Ich will Ihnen als Letztes sagen, damit Sie einmal wissen, wie gut die Situation in Lübeck ist: Lübeck hat ein Frauenhaus mit 34 Plätzen plus sechs Plätzen, die von der Stadt gefördert werden. Es gibt drei Frauenberatungsstellen und noch drei Schutzwohnungen, die zurzeit auf Spendenbasis betrieben werden.

(Anita Klahn [FDP]: So! - Zuruf des Abge- ordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Wenn Sie die europaweiten Zahlen nehmen - Herr Baasch, die will ich Ihnen gern einmal erklären -, dann kann ich Ihnen sagen, dass die EuroparatsKonvention einen Frauenhausplatz für 10.000 Einwohner vorsieht. Nur sechs Länder - Luxemburg, Norwegen, Niederlande, Spanien, Malta und Slowenien - erfüllen das; Deutschland liegt an siebter Stelle. Wenn wir uns die Lübecker Verhältnisse europaweit anschauen, dann wäre Luxemburg davor, und Norwegen wäre Dritter.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])

Deswegen möchte ich in aller Deutlichkeit sagen: Wir haben uns sehr verantwortungsvoll um die Situation von Frauen gekümmert. Wir werden das auch weiterhin tun und werden in kurzer Zeit durch Informationen dafür sorgen, dass keine Frau vor der Tür steht.

(Wolfgang Baasch [SPD]: Das ist doch un- glaublich! - Beifall bei FDP und CDU - Ani- ta Klahn [FDP]: Das ist die Wahrheit!)

(Flemming Meyer)

Durch den Redebeitrag des Ministers ist die Debatte erneut eröffnet. Allen Fraktionen steht die Hälfte der festgesetzten Redezeit von fünf Minuten zur Verfügung. - Gibt es Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 17/2139, dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 46 A auf:

Keine Verschiebung des Ausbaus der Oststrecke des Nord-Ostsee-Kanals

Antrag der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und DIE LINKE Drucksache 17/2302 (neu)

Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals und Fahrrinnenanpassung der Elbe

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/2314

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache.

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Dr. Andreas Tietze das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns fraktionsübergreifend gefreut, dass im Investitionsrahmenplan 2011 bis 2015 für die verkehrlichen Großprojekte in einer Fußnote der Nord-Ostsee-Kanal behandelt wurde. Ich zitiere von Seite 21:

„Insgesamt stehen aus dem IBP für den Neubau der 5. Schleuse Brunsbüttel 300 Millionen € zur Verfügung,...“

Gott sei Dank ist die Schleuse in trockenen Tüchern. Das war hier eine der zentralen Anforderungen, die wir gemeinsam in diesem Haus formuliert haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur zukunftsfähigen Positionierung des Nord-Ostsee-Kanals gehören aber auch die Begradigung und die Verbreiterung der Oststrecke des Kanals von Königsförde bis Kiel-Holtenau.

Ich will das einmal so zusammenfassen: Natürlich könnte man im Nord-Ostsee-Kanal mehr machen, zum Beispiel Vertiefung. Aber hier ist ein Bottleneck; dort stauen sich die Schiffe. Wir alle wissen, es macht keinen Sinn, wenn wir dann moderne Schleusen haben oder am Ende in der Engstelle zwischen Königsförde und Kiel-Holtenau die Schiffe nicht abfahren können. Deshalb ist es wichtig, dass diese Investition in Gang kommt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der gesamte Schiffsverkehr im Nord-Ostsee-Kanal ist treibstoffsparender, ist umweltfreundlicher.

(Zuruf)

- Natürlich bin ich den Nord-Ostsee-Kanal schon gefahren.

Zudem sichert der Nord-Ostsee-Kanal Tausende von qualifizierten Arbeitsplätzen. Wenn nun nach Auskunft des Bundesverkehrsministeriums bis 2015 keine Mittel für die Oststrecke vorgesehen sind, dann müssen bei uns die Alarmglocken schrillen. Es geht um Investitionen in Höhe von 130 Millionen €, angesichts der bevorstehenden Investition von 9 Milliarden € ein etwas kleinerer Betrag, der hier statt in Bayern und in den Donauschleusen gut investiert ist.

Die grüne Landtagsfraktion, aber auch die kommunalen Vertretungen vor Ort haben sich frühzeitig für einen bedarfsgerechten Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals eingesetzt.

Ich möchte deutlich machen, dass der Bund immer wieder den Ausbau von Weser und Elbe in den Vorrang nimmt. Das ist ein Problem für SchleswigHolstein, und das können wir uns auch nicht gefallen lassen. Für die richtigen Prioritäten muss man im Bund kämpfen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man Verkehrspolitik und die europäischen Ziele in der Verkehrspolitik ernst nimmt, eine Verkehrsverlagerung von „road to sea“, mehr Güter auf das Schiff, dann ist das eine richtige Strategie. Das Schiff ist umweltverträglicher, und die Reedereien haben die Wahl, ob sie alternativ die Seeroute um Skagen nehmen oder den Kiel-Kanal nutzen. Es sind immerhin 250 Seemeilen, um die es hier geht. Wenn die Spritpreise und der Ölpreis genauso wie der Dollar noch weiter ansteigen, dann wird der

Nord-Ostsee-Kanal tatsächlich eine echte wirtschaftliche Alternative sein.

Deshalb ist die Fahrt durch den Kanal aus Klimaschutzund Wirtschaftlichkeitsgründen die erwünschte Route. Je kürzer die Strecke, umso weniger Sprit und Dieselschweröl werden verbraucht. Deshalb ist der Nord-Ostsee-Kanal nicht nur für Kiel, Brunsbüttel und Schleswig-Holstein wichtig, sondern er ist auch für den Hamburger Hafen wichtig.

Ich möchte zum Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals deutlich machen, dass wir uns hier in einer breiten fraktionsübergreifenden Meinung, von links bis rechts, eigentlich immer übereinstimmend dazu geäußert haben. Es ist wichtig, dass wir jetzt beim Nord-Ostsee-Kanal zusammenstehen. Deshalb ist es auch falsch, Herr Arp, wenn Sie hier nach wie vor immer noch an diesem Pult behaupten, dass der Elbausbau und der Nord-Ostsee-Kanal für Sie Priorität haben. Ich möchte deutlich machen, und das hat auch schon Herr Habeck gesagt: Wer am Ende alles fordert, wird nichts bekommen. Herr de Jager, ich richte auch an Sie noch einmal einen Appell. Sie wollen sich ja mit Herrn Ramsauer treffen und eine sogenannte Realisierungsvereinbarung zur A 20 treffen; da wollen Sie eine Priorität setzen. Auch da ist es falsch, sich jetzt auf ein Projekt zu kaprizieren, von dem Sie genau wissen, dass die Elbquerung mit Kosten von über einer Milliarde € nicht finanziert ist.

Sie wissen auch, wenn Sie jetzt für Schleswig-Holstein ernsthaft eine Priorität setzen wollten, dann müssten Sie Herrn Ramsauer klarmachen, dass der Nord-Ostsee-Kanal auch für Sie als Mitglied der Landesregierung die erste Priorität hat. Das wäre einmal eine Politik für das Land, das wäre einmal eine Politik für Schleswig-Holstein.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deshalb sagen wir hier ganz klar: Der Nord-OstseeKanal muss die erste Priorität sein. Er steht vor der Elbvertiefung, er steht vor der A 20. Und wenn man da so rangeht und das erst einmal abarbeitet, dann hat man auch eine Perspektive für unsere Wirtschaft in Schleswig-Holstein. Alle diejenigen, die das nicht tun und das immer wieder vermengen, leisten unserem Land einen schlechten Dienst.

Und deshalb glaube ich, dass wir heute und hier in dieser Runde noch einmal deutlich machen müssen, dass wir gemeinsam für den Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals, gerade auch der Oststrecke, die hier jetzt kritisch infrage steht, streiten. Ich hoffe, dass Sie dem Antrag, den wir heute hier eingebracht ha

ben, zustimmen können. Ich würde mir wünschen, dass Sie ihn unterstützen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Für die CDU-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Hans-Jörn Arp das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie können ja froh sein, Herr Dr. Tietze, dass Ihnen um diese Zeit noch so viele zuhören. Wenn Sie sagen, wir wollten sowohl die Elbquerung als auch die A 20, aber nicht zulasten des Nord-Ostsee-Kanals, dann sollten Sie nicht immer Verkehrsprojekte gegeneinander ausspielen.

(Beifall bei CDU und FDP)