Protocol of the Session on January 27, 2012

- Wörtliches Zitat von Ihnen aus dem „SchleswigHolsteinischen Zeitungsverlag“ vom 14. September letzten Jahres. Das wären dann über 100 Schulen. Etwa zehn Stellen würde die Einführung einer zweizügigen Oberstufe erfordern. Damit haben Sie schon einmal 1.000 Stellen, die Sie in Aussicht stellen, Herr Dr. Stegner.

(Lachen und Beifall bei FDP und CDU)

Die kooperative Berufseingangsklasse, von der ich vorhin sprach, würde, wenn man sie einführen würde, 68 Stellen erfordern. Ich halte das für ein wichtiges Projekt. Wenn das nicht durch die Bereitstellung zusätzlicher Ressourcen darstellbar ist, müssten wir mit den Schulen sprechen, ob das gegebenenfalls auch unter Aufgabe anderer Angebote aus dem großen Spektrum der berufsbildenden Schulen möglich wäre. Ich halte dieses neue Konzept, gerade auch im Interesse der für die Wirtschaft so wichtigen Fachkräftegewinnung, für prioritär und möchte es umsetzen.

Wir haben bei den Schulpsychologen die schlechteste Betreuungsdichte aller Bundesländer. Auf eine Schulpsychologenstelle kommen von der Betreuungsrelation her mehr als 17.000 Schülerinnen und Schüler. Das ist das ungünstigste Verhältnis bei den Bundesländern. Wenn wir hier ins Mittelfeld im Bundesvergleich kommen wollen, müssten wir die

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

Zahl der Stellen verdoppeln. Ich sage aber auch: Dass es zurzeit nur 17 Stellen im Land sind, liegt nicht an dieser Landesregierung, das war vorher, unter den vorherigen Regierungen, auch so. Sie haben uns diese Situation, die schlechteste Versorgungsdichte im schulpsychologischen Dienst, hinterlassen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Hört, hört!)

Ich finde es wichtig, dass wir uns darüber Gedanken machen, wie in den kommenden Jahren trotz der schwierigen Haushaltslage die Situation in dem Bereich verbessert werden kann.

Ich habe gelesen, dass meine Vorstellungen als Wunschzettel bezeichnet worden sind. Ich bekenne mich dazu, dass ich für die politischen Ziele, für die ich stehe, noch ein paar Wünsche offen habe, für die ich kämpfen möchte. Ich glaube, das ist auch in anderen Bereichen so. Ich denke, es ist unsere Aufgabe, für das, was wir für richtig und notwendig erachten, zu kämpfen.

(Anhaltender Beifall bei FDP und CDU - Zu- rufe von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN - Ministerpräsident Peter Harry Car- stensen schüttelt Minister Dr. Ekkehard Klug die Hand - Abgeordnete der Oppositionsfrak- tionen deuten eine La-Ola-Welle an - Minis- terpräsident Peter Harry Carstensen: Ich fin- de, das hat er in der Situation gut gemacht! - Weitere Zurufe von der Regierungsbank)

Herr Ministerpräsident, Sie dürfen sich als Abgeordneter oder für die Landesregierung gern zu Wort melden, aber Sie dürfen nicht von der Regierungsbank Kommentare geben. - Ich möchte jetzt gern in der Sitzung fortfahren.

(Zurufe von CDU und FDP)

- Das steht in der Geschäftsordnung, und das gilt auch für Sie, Herr Minister Dr. Garg.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von CDU und FDP)

- Ich bitte Sie, jetzt keine Debatten mit dem Präsidium zu führen, sondern sich an die Verhaltensregeln zu halten, die wir vereinbart haben.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Minister hat seine Redezeit, die mit 5 Minuten vereinbart war, um 10 Minuten überzogen. Das be

deutet, dass jede Fraktion ebenfalls 15 Minuten Redezeit zur Verfügung hat.

Ich rufe in der Aussprache zunächst Frau Abgeordnete Anke Erdmann von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist doch schön, wenn im Kabinett auch so eine potenzialorientierte und bestärkende Sache stattfindet. „Jedem Kind den Rücken stärken“ - das finden wir eigentlich ganz gut.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, Herr Minister, ich stelle zunächst fest, Sie haben wenig über das gesprochen, was in welchem Zeitraum geschehen soll. Genau das waren die Fragen, die wir gestellt haben. Zum Schluss, also in den letzten drei Minuten, kam dann noch einmal etwas. Trotzdem haben Sie sich sehr lange an anderen Dingen abgearbeitet. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie das Parlament eigentlich zum Narren halten wollen, Herr Minister.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wir reden hier im Land - es gibt dazu eine Debatte - über 453 Stellen, von denen Sie gesagt haben, dass sie nötig seien. Wir können in der Presse nachlesen - aber nur in der Presse -, auf welche Punkte das zurückfallen soll, aber hier lassen Sie nur einzelne Punkte fallen, ein Gesamtkonzept haben Sie nicht vorgelegt.

Sie haben uns vorgeworfen, wir wären defizitorientiert in der Bildungsqualität. Wir sind vielleicht defizitorientiert bei der Bildungsqualität und haben darauf einen Blick, aber nicht in Bezug auf die Schulen. Ihre Aufgabe wäre es, Herr Minister, Defizite zu benennen. Das darf man von einem Bildungsminister wirklich erwarten.

Bei Ihnen klingt das normalerweise so:

„Wir haben eine gute Unterrichtsversorgung, und die krankheitsbedingten Unterrichtsausfälle, die punktuell einmal Probleme bereiten, sind auf das ganze Jahr gerechnet nicht so dramatisch, dass man das nicht in unserem Schulwesen mit einer guten Gesamtausstattung verkraften kann.“

Das war ein Zitat von dem, was Sie hier vor nicht einmal 100 Tagen in der Debatte zum Unterrichts

(Minister Dr. Ekkehard Klug)

ausfall gesagt haben. Sie müssen dem Parlament schon erklären, warum heute auf einmal alles ganz anders ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Die inhaltliche Debatte - wie gesagt: Wir reden über ein Papier, das Sie an die Presse gegeben haben, das aber dem Haus hier offiziell noch gar nicht vorliegt. Ich wäre dankbar, wenn Sie das Papier auch allen Fraktionen zur Verfügung stellen könnten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

„Mannesmut vor Königsthron“, so haben Sie, Herr Minister, auf dem FDP-Parteitag am Wochenende um einen aussichtsreichen Listenplatz geworben.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

„Mannesmut vor Königsthron“, das wünschen sich die Schulen von ihrem zuständigen Minister seit zwei Jahren, wenn es darum geht, welche Lehrerstellen gekürzt werden, bei der Neuausrichtung der Lehrerausbildung und vor allem bei den ganzen Kürzungen im Bildungsbereich. „Mannesmut vor Königsthron“ - wie werden Sie das eigentlich den ganzen Lehrern erklären, die am 3. Juni 2010 wegen der Mängel im Bildungswesen auf die Straße gegangen sind?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben sich doch offensichtlich ihr Motto zu eigen gemacht. Was haben Sie gemacht? - Sie haben mit den Leuten nicht einmal geredet. Sie haben Sie abgestraft. „Mannesmut vor Königsthron“ - ich weiß nicht, Ihr Motto für Samstage mit Sonnenschein, ich finde, eine Entschuldigung wäre spätestens jetzt fällig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Wir haben den ursprünglichen Berichtsantrag gestellt, weil es uns nicht in den Kopf wollte, warum der Koalitionsausschuss dem Bildungsminister drei Monate Zeit gibt, um über die Mängel im Bildungswesen einen Bericht vorzulegen. Wir haben nach zwei Jahren erwartet, dass Sie das sozusagen aus dem Stand können. Warum das so gewesen ist, wissen wir spätestens seit gestern offiziell durch Herrn Koch und seinen Auftritt im „Schleswig-Holstein Magazin“, Herr Kubicki.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist doch gar nicht Aufgabe eines Ministers, was hier zi- tiert wird!)

- Genau. Sie drehen das, wie Sie es wollen.

Im Dezember hat Minister Klug in diesem Haus noch einmal gesagt, wo er die großen Defizite sieht und wo er glaubt, dass man nachlegen sollte. Das waren die Sprachförderprogramme, und das waren die Jungen und Mädchen aus Einwandererfamilien. Das sind zwei wichtige Bereiche, aber damit haben Sie versucht, 300 Stellen zu hinterlegen. Das waren jedenfalls die wesentlichen Punkte aus der Debatte, die wir hier im Dezember 2011 geführt haben. Ihre Vorstellungen waren damals richtig, aber sie waren extrem dünn.

Unser Vorschlag für diese 300 Lehrerstellen zum kommenden Schuljahr war, dass wir gesagt haben, wir wollen die Differenzierungsstunden raufsetzen. Warum ist das einer der Punkte, die wir für sinnvoll erachten? - Anke Spoorendonk, Sie haben gestern kritisiert, dass der Minister den Begriff „Risikoschülerinnen und -schüler“ in den Mund genommen hat. Das ist schon ein Fachbegriff. Ich finde, den kann man benutzen. Wir wissen, dass wir in Schleswig-Holstein durchaus einen überdurchschnittlich großen Teil an Risikoschülerinnen und -schülern haben. Deswegen ist genau dieser Bereich, die Differenzierungsstunden heraufzusetzen, ein wichtiger Punkt; denn an den Gemeinschaftsschulen, teilweise auch an den Regionalschulen, sind die Schülerinnen und Schüler mit schlechten Startbedingungen. Deswegen ist das einer der Punkte für uns, bei denen wir sagen, da muss nachgebessert werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Wir wollen zudem etwas, was Sie ja wohl auch wollen, wie man den Zeitungen entnehmen kann, nämlich ein Fortbildungsprogramm. Sie nennen das Projekte für mehr Lesen und Schreiben. Wir haben genau darauf in der Dezember-Debatte hingewiesen. Wir haben gesagt, es gibt Superprogramme, die sind prima evaluiert, die haben einen super Wirkungsgrad, und wir müssen versuchen, die systematisch in die Fläche zu bekommen. Wenn das jetzt in Ihrem Programm enthalten ist, wunderbar; das ist aber auch nichts Neues, das liegt sozusagen schon seit zwei Jahren hier auf dem Tisch.

Der letzte Punkt betrifft die Oberstufenkapazitäten. Auch da war für uns klar, dass das eine Aufgabe ist, der wir uns stellen müssen; allerdings nicht zum

(Anke Erdmann)

nächsten Sommerschuljahr, das wird noch etwas dauern.

Ich möchte noch auf die einzelnen Punkte eingehen, die man der Presse entnehmen konnte und die Sie auch heute teilweise angesprochen haben, um die es gehen wird.

Einmal die Ganztagsschulen. Wenn man sagt, man stellt zusätzlich 100 Stellen wieder in den Haushalt, dann sind wir genau da, wo Rot-Schwarz aufgehört hat. Das muss man einfach auch einmal festhalten. Rot-Schwarz hat genau für die konzeptgebundenen Ganztagsschulen 100 Stellen eingestellt. Davon sind aber nur 50 realisiert worden, weil das Programm so schlecht war - leider damals noch unter einer SPD-Ministerin; das ist aber vom FDP-Minister nicht nachgebessert worden -, dass tatsächlich nur die Hälfte der Schulen dieses Programm in Anspruch genommen hat. Diese 50 Stellen sollen ja bis 2014 schon wieder aus dem Haushalt herausgenommen werden. Das heißt, wenn wir diese 100 Stellen, von denen Sie reden, nehmen, dann sind wir im Prinzip genau da, wo Rot-Schwarz aufgehört hat.