Außerdem müssen wir uns überlegen, in welchen Fragen wir um Rahmengesetze oder Abkommen nicht herumkommen. Der Status quo reicht in vielen Fragen einfach nicht aus. Die Mobilität von Studierenden - auch das ist schon gesagt worden muss weiter gefördert werden. Das ist Konsens, das entnehme ich auch Ihren Äußerungen, Herr de Ja
ger, das freut mich. Es ist allerdings paradox, dass es auch in Ihrer Amtszeit immer noch Studierende gibt, die darüber berichten, dass sie, wenn sie beispielsweise in der Uni oder FH in Flensburg eingeschrieben sind, in den gleichen Studiengängen, die es auch an anderen Fachhochschulen oder Universitäten gibt, nicht auch Kurse an anderen Hochschulen belegen können. Das ist absurd. Es geht auch um Mobilität innerhalb des eigenen Landes, damit muss man erst einmal anfangen.
Mobilität fängt vor der Haustür an - das habe ich gerade gesagt -, allerdings darf sie da nicht stehen bleiben. Wir müssen es schaffen, dass mehr junge Menschen Auslandserfahrung sammeln und dass diejenigen, die daran Interesse zeigen, nicht im Regen stehen gelassen werden. Gerade die Universität Flensburg arbeitet an Modellen, wie man im Rahmen der Lehrerbildung ein mehr oder weniger verpflichtendes Auslandspraktikum macht. Das ist ein guter Weg, an dem sich andere Hochschulen beteiligen oder dem sich andere Hochschulen anschließen sollten.
Aus unserer Sicht ist es sehr erfreulich, dass sich fast die Hälfte aller Studierenden nicht durch den allgemeinen Wunsch der Wirtschaft und vieler in der Politik dazu drängen lassen, sofort und schnell zu studieren. Es ist gut, dass viele junge Menschen nach dem Abitur - dies wird durch die Antwort der Landesregierung bestätigt - nicht sofort studieren. Jeder oder jede, der oder die studieren will, soll die Möglichkeit dazu bekommen. Wir begrüßen es aber, wenn Studierende nach ihrem Abitur, um Orientierung zu finden, oder aus anderen Gründen durch ein Sabbatjahr oder Ähnliches erst einmal eine Auszeit nehmen und nicht sofort vom Abitur zur Hochschule gehen.
Ein weiteres großes Problem ist in vielen Fragen die starre Fixierung auf die Regelstudienzeit. Dies führt beispielsweise dazu, dass viele Studierende ziemlich schnell aus dem BAföG-Bezug fliegen. Der Kollege Habersaat hat gerade eben schon ein bisschen zur Diskussion gesagt, die wir im letzten hochschulpolitischen Dialogforum hatten. Das war eine gute Diskussion; wir sollten das in der Tat noch einmal aufgreifen. Ich freue mich, wenn wir da gemeinsam mit Ihnen, Frau Funke - Sie waren anwesend - einen Konsens hinbekommen und dieses Problem gelöst bekommen.
Darüber hinaus fordern wir auf Bundesebene eine BAföG-Reform, damit mehr Studierende länger Zeit bekommen, um sich auf ihr Studium zu konzentrieren.
Es gibt noch eine ganze Menge zu sagen; die Kollegen haben bereits beantragt, die Antwort auf die Große Anfrage an den Bildungsausschuss zu überweisen; ich schließe mich dem an. Ein Aspekt, den ich in 30 Sekunden nicht mehr abhandeln kann, ist das Thema Akkreditierungsagenturen. Der ganze Akkreditierungsdschungel, den wir in Deutschland haben, den wir auch in Schleswig-Holstein haben, ist ein Riesenproblem und stark überarbeitungsbedürftig. Vielleicht schaffen wir es im Ausschuss, auf diesen Aspekt näher einzugehen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich bei all denjenigen bedanken, die an der Erarbeitung der Antwort auf die Große Anfrage beteiligt gewesen sind. Ich finde es gut, dass wir diese Grundlage für weitere Beratungen haben.
Die Landesregierung betrachtet die Einführung der neuen Studienstruktur als weitgehend erfüllt. Das sehen wir ähnlich. Wir müssen aber feststellen, dass weiterhin Schwierigkeiten bei der Umsetzung bestehen und der Bologna-Prozess weit mehr ist als die Einführung des zweistufigen Studiensystems.
Die Landesregierung hat Kritikpunkte an der Umsetzung erkannt und Veränderungen vorgenommen. Der Hochschulpakt II weist in die richtige Richtung. Wir halten fest, dass sich alle Fraktionen dieses Hauses weiterhin gegen die Einführung von Studiengebühren ausgesprochen haben. Diese Feststellung ist im Sinne dessen, was wir politisch wollen, und wir sollten daran festhalten.
Die Problemstellung Bologna contra Staatsexamen hat der Minister angesprochen. Wir teilen die Auffassung des Ministers und hoffen, dass er weiter Stehvermögen zeigt. Das ist notwendig, denn - wie
wir schon gestern angesprochen haben - das Staatsexamen ist ein Auslaufmodell. Wir sollten uns auf die Umsetzung von Bologna konzentrieren.
Zu den Problembereichen gehört auch das Ziel der Mobilität. Für viele Studierende ist dieses Ziel leider kaum zu realisieren. Wie eine aktuelle Untersuchung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung erkannt hat, sind sie nach wie vor durch zu viele Einzelprüfungen und unklare Prüfungsanforderungen einem enormen Leistungsdruck ausgesetzt. Ich fand es gut, dass der Kollege Andresen skizziert hat, dass es auch anders geht. Das heißt, die Hochschulen müssen sich weiter bewegen, sie können nicht sagen: Bloß weil wir etwas Neues einführen wollen, müssen wir alles Alte beibehalten. Das geht nicht.
Wenn sich Studierende zum Beispiel im ersten Studiengang fachlich spezialisieren und bei der Anerkennungspraxis auf die Bremse getreten wird, kann aus Mobilität schnell Stillstand werden. Ob die sogenannten Mobilitätsfenster für Auslandsaufenthalte greifen, oder die Bachelor-Studierenden im Dunkeln sitzen bleiben, muss sich noch herausstellen. Da gibt es noch etwas zu tun.
Weitere Hemmnisse sind die Akzeptanzprobleme des Bachelor auf dem Arbeitsmarkt, die Einführung des Numerus Clausus beim Master-Übergang oder der Mangel an Master-Studienplätzen. Darauf hat wiederholt die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hingewiesen. Wir haben uns vor nicht allzu langer Zeit auch gerade mit dieser Problemstellung, also den Master-Studienplätzen, beschäftigt.
Für ein Lehramt ist der Bachelor als Abschluss nicht ausreichend und muss durch den Master ergänzt werden. Das sieht die Landesregierung genauso. Ich zitiere:
„Die für die Ausübung des Lehrerinnen- und Lehrerberufs schulartspezifischen pädagogischen Studieninhalte werden überwiegend erst im Master-Studium vermittelt.“
Auch hier ist es, denke ich, wichtig, daran festzuhalten, dass das Staatsexamen der falsche Weg ist.
Ich sage das noch einmal, weil wir auch dazu den Dissens zwischen den beiden zuständigen Ministern hatten.
Eine Bemerkung aus dem Bericht möchte ich aufgreifen, weil daraus hervorgeht, dass die Studierenden sich selbst über Studien- und Berufsmöglichkeiten zu informieren haben. Das haben sie auch. Aber ich hoffe nicht, dass das im Umkehrschluss heißt, dass die Landesregierung selbst keine weiteren Maßnahmen ergreifen wird - Stichwort: Studienabbrecherquote. Ich glaube, da muss nachgearbeitet werden.
Zweifellos stellt etwa die an der Uni Flensburg praktizierte Kombination aus Bachelor of Arts and Education eine gute Lösung dar, weil sie lehrerkompatibel ist und ohne Universitätswechsel zum Master führt. Anders ist die Situation der Studierenden an der Muthesius-Kunsthochschule in Kiel, die ihren Master in einem Dreischritt-Studiengang Lehramt, Studium der Kunst, Lehramt - an zwei Universitäten erwerben müssen. Ob die sogenannte Hamburger Lösung ein gangbarer Weg ist, bei der Kunst- und Lehramtsstudium an einem Strang vermittelt werden, muss geprüft werden. Das sollten wir auch im Ausschuss noch einmal näher untersuchen. Auf jeden Fall macht das Beispiel die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen durch die Landesregierung deutlich.
Noch ein Aspekt, der in der Anfrage der LINKEN zu kurz gekommen ist: Im Bologna-Prozess ist lebenslanges Lernen als umfassende Strategie inbegriffen, wobei auch die Bildungsmobilität von beruflich Qualifizierten zu fördern ist. Damit ist die Öffnung der Hochschulen und die Durchlässigkeit zwischen beruflicher und wissenschaftlicher Bildung angesprochen. Dass die Arbeitswelt flexiblere Bildungsbiografien erfordert, sagt auch die Landesregierung. Da geben wir ihr recht. Es existiert auch eine Regelung für den Master, der den Zugang mit einer Eingangsprüfung ermöglicht. Für den Bachelor ist eine ähnliche Lösung anzustreben, sagen wir. Das sollten wir auch im Ausschuss erörtern.
Generell muss die Anerkennung beruflich erworbener Kompetenzen auf ein Hochschulstudium genauso selbstverständlich werden wie die Anerkennung wissenschaftlich erworbener Fähigkeiten auf den beruflichen Werdegang. Bei dieser vom ver.di-Bundesvorstand aufgezeigten Perspektive könnte auch in Schleswig-Holstein vor dem Hintergrund des berühmten demografischen Wandels den veränderten
betrieblichen Qualifikationserfordernissen entsprochen und die Studierneigung von Menschen mit Berufserfahrung gefördert werden.
Wir fordern also, dass diese Schwachpunkte im Bologna-Prozess weiter aufgearbeitet werden, nicht zuletzt das Problem des lebenslangen Lernens ist aus unserer Sicht eine wichtige Baustelle.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu ein paar Punkten, die in der Debatte aufgetaucht sind, etwas sagen. Es mag ja stimmen, dass Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen schneller in Jobs vermittelt werden. Aber es stimmt auch - das ist der andere Teil der Wahrheit - dass Bachelor-Absolventinnen und -Absolventen dann natürlich auch weniger verdienen und ein geringeres Einstiegsgehalt haben als sie mit Diplom - oder Magister-Abschluss gehabt hätten. Das dient einzig und allein den Interessen der Arbeitgeberverbände und führt zu einer Entwissenschaftlichung an den Hochschulen.
Was man noch erwähnen sollte und muss, ist, dass jeder zugibt, dass der psychologische Beratungsbedarf von Studierenden steigt. Das kann man einfach einmal so stehenlassen. Das hat eventuell auch etwas damit zu tun, dass eben der ganze Prüfungsdruck noch nicht wieder weggenommen wurde.
Ich verstehe die Debatte um Bachelor, Master und Staatsexamen im Lehramtsbereich nicht. Solange mir keiner erzählen kann, was ein Lehrer mit einem Bachelor-Abschluss auf dem Arbeitsmarkt machen soll, kann man nur dafür sein, das Staatsexamen zurückzuholen, wenn man nicht noch plant, Hilfslehrerinnen und Hilfslehrer an die Schulen zu holen.
Zur Studie der CAU zur Zufriedenheit: Bis jetzt wurde noch nicht die Datengrundlage veröffentlicht, auf der diese Studie beruht. Mir ist nicht bekannt - ich hoffe, das wird noch bekannt gemacht -, auf welcher Datengrundlage die Studie beruht und was die Kriterien dafür gewesen sind, dass man gesagt hat, die Studierenden seien zufrieden. Ich hoffe, dass es bis zur Ausschussberatung vorliegt. Dann können wir darüber reden.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt. Es ist beantragt worden, die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage, Drucksache 17/1921, dem Bildungsausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Ich erteile dem Berichterstatter des Sozialausschusses, Herrn Abgeordneten Christopher Vogt, das Wort.