Sie treiben das Kastendenken noch weiter, indem Sie den reinen Primarstufenlehrer einführen wollen, daneben den Lehrer an der Sekundarstufe I bis zum mittleren Bildungsabschluss an Regionalund Gemeinschaftsschulen und als dritte Säule den reinen Gymnasiallehrer. Ihr sogenanntes Lehramt Regional- und Gemeinschaftsschule schließt somit von vornherein aus, dass an den Gemeinschaftsschulen zukünftig Gymnasiallehrer unterrichten.
Unsere Lehramtsausbildung muss mit der Lehramtsausbildung anderer Bundesländer kompatibel sein. Wir können es uns nicht leisten, „Schles
wig-Holstein-Lehrer“ zu produzieren, deren Qualifikation in anderen Bundesländern möglicherweise in Zweifel gezogen wird oder die nur eine teilweise berufliche Ausübung ermöglichen.
Offensichtlich war der Einfluss von Herrn de Jager nicht stark genug, um seinen Kollegen Klug von dessen konsequent rückwärtsgewandter Idee der Wiedereinführung des Staatsexamens abzubringen, sodass auch dieses Modell inzwischen wieder auf der Speisenkarte steht.
Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen verbindlich sagen, dass wir ein solches Lehrerbildungsgesetz auf der Grundlage dieses Berichts mit Sicherheit wieder korrigieren würden. Die SPD hat ihren Standpunkt immer klargemacht: Jeder Lehrer sollte in der Lage sein, in der Sekundarstufe I zu unterrichten und zusätzlich entweder in der Primarstufe oder in der Sekundarstufe II.
Meine Damen und Herren, angehende Lehrkräfte müssen im Rahmen ihrer Ausbildung so früh wie möglich an die Praxis herangeführt werden. Sie müssen feststellen, ob sie für diesen Beruf, den sie 30 oder 40 Jahre lang ausüben wollen, geeignet sind. Aus diesen Gründen darf es keinen schleswigholsteinischen oder gar Flensburger Sonderweg in der Lehrausbildung geben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich beim Wissenschaftsminister und beim Wissenschaftsministerium ganz herzlich für den klugen Bericht zur Zukunft der nicht gymnasialen Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein bedanken.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Sommer dieses Jahres gab es große Aufregung in SchleswigHolstein über die Frage, in welche Struktur wir unsere Lehrerausbildung zukünftig gießen wollen. An
dieser Stelle erwuchs kurzzeitig ein ideologisch geprägter Streit entlang des Problems „Bachelor/Master versus Staatsexamen“.
Dem Bildungsminister wurde - fernab jeder sachlichen Argumentation - das Emblem „Retro“ angefügt, weil er - fachlich wie finanzpolitisch sehr gut begründet - Präferenzen für das Staatsexamen ausgesprochen hat. Die Gegenseite argumentierte, Bachelor/Master-Studiengänge seien Standard. Daher dürfe hierüber nicht einmal geredet werden. Die bloße Diskussion könne die Bachelor/Master-Studiengänge diskreditieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, was ist denn das für eine Argumentation? Abgesehen davon, dass in sieben anderen Bundesländern das Staatsexamen derzeit ein gültiger Abschluss ist und zum Teil sogar wieder zum Staatsexamen zurückgekehrt wurde, ist das schlicht Unsinn.
Auch die vielerorts geäußerte Behauptung, es wäre nicht umsetzbar, in einem Bundesland beide Abschlüsse für die Lehrerbildung vorzuhalten, ist eindeutig widerlegbar. In Thüringen bietet die Universität Jena das Staatsexamen an. An der Universität Erfurt wird Bachelor beziehungsweise Master umgesetzt. Also auch hier gilt: Eine sachliche Argumentation zu den Vorschlägen des Bildungsministers ist das nicht.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Bildungsministerium hat dankenswerterweise im Umdruck 17/2693 klargestellt, dass die Einführung eines Masterstudiengangs, mit dem die neuen KMKVorgaben umgesetzt werden, zu Mehrausgaben seitens des Landes in Höhe von etwa 30 Millionen € führen wird, wenn die Lehrkräfte dann - entsprechend der Länge ihres Studiums - gleichbehandelt würden. Das heißt, nur dann, wenn wir die Lehrerinnen und Lehrer ungleich behandeln, also auf eine Gehaltsanpassung trotz gleicher Ausbildungsdauer verzichten, kostet der neue Bachelor/ Master-Abschluss genauso viel wie das Staatsexamen, das auf eine Ungleichbehandlung verzichtet.
In diesem Zusammenhang bin ich sehr froh, dass die Präsidentin der Universität Flensburg, Frau Wende, bei dieser Frage offenbar einen Erkenntnisfortschritt gemacht hat. Im Sommer hatte sie noch für meine Begriffe zu laut im „Flensburger Tageblatt“ von einer Zweiklassenausbildung gewarnt, wenn die Wiedereinführung des Staatsexamens komme. Am 22. Oktober schrieb die „Flensborg Avis“ Folgendes:
Meine Damen und Herren, für die FDP-Fraktion ist es wichtig, dass im Rahmen der KMK-Vorgaben eine Ausbildung für die nicht gymnasialen Lehramtsstudiengänge vorgehalten werden kann, die einerseits den Landeshaushalt nicht über Maß belastet und andererseits - und das ist noch wichtiger gute fachwissenschaftliche, fachdidaktische und pädagogische Inhalte vermittelt. Strukturfragen sind dabei zweitrangig.
Wir brauchen einen besseren Praxisbezug. Die Lehramtsstudenten sollen möglichst frühzeitig mit der schulischen Realität in Berührung kommen. Sie sollen hiermit die Möglichkeit erhalten, ihr angestrebtes Berufsziel realistisch einschätzen und diese Entscheidung gegebenenfalls korrigieren zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin im Übrigen sehr gespannt auf die Position der Grünen; denn in den „Kieler Nachrichten“ vom 2. August 2011 hieß es in diesem Zusammenhang sinngemäß: Fraktionschef Habeck bezeichnet Minister Klugs Plan, vom Bachelor/Master-System zum Staatsexamen zurückkehren zu wollen, als obrigkeitsstaatlich und rückwärtsgewandt.
Der grüne Gesetzentwurf zur Lehrerbildung sieht logischerweise das Bachelor/Master-System vor. In ihrem Arbeitsprogramm drücken sich die Grünen aber interessanterweise unüberhörbar um diese Frage herum.
Ich bin deshalb gespannt auf den kommenden Debattenbeitrag. Dann können wir hören, wie fortschrittlich die Grünen sind. Dann können wir auch hören, ob die Grünen jetzt 30 Millionen € strukturell mehr dafür im Landeshaushalt bereitstellen würden oder ob sie die Lehrer trotz identischer Ausbildungsdauer ungleich bezahlen können.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal muss ich meine Verwunderung zum Ausdruck bringen. Liebe Anke Spoorendonk, ich habe mich ein bisschen über den Berichtsantrag gewundert. Ich habe mich nicht darüber gewundert, dass er kommt; denn das ist sehr gut. Ich habe mich aber darüber gewundert, dass er sich nur auf den Grundschul- und auf den Sekundarstufe-I-Bereich bezieht. Wenn wir Lehrerbildung diskutieren - wir sind uns sehr einig, was den Stufenlehrer angeht -, dann sollte die Sekundarstufe II automatisch mit diskutiert werden. Deshalb werde ich in meiner Rede auch etwas zu diesem Bereich sagen.
Die Lehrerbildung ist eine der zentralen Aufgaben, um ein zukunftsfähiges Bildungssystem zu schaffen. Es ist deshalb umso beschämender, dass weder Schwarz-Gelb noch die Große Koalition gehandelt haben.
Bei der Reform der Lehrerbildung geht es um mehr als nur um formale Änderungen wie die Anpassung der Studiengänge an die Schularten. Natürlich ist es absurd, dass Schleswig-Holstein nach wie vor Hauptschullehrer ausbildet, obwohl wir gar keine Hauptschulen mehr haben.
Es geht aber um mehr. Es geht darum, wie zukunftsfähig die Lehrer- und Lehrerinnenbildung an den beiden lehrerbildenden Hochschulen ausgerichtet sein soll. Aus unserer Sicht reicht es nicht aus, halbherzig die Lehrer- und Lehrerinnenbildung auf Grundschul-, Gemeinschaftsschul- und auf Gymnasiallehramt dreizuteilen. Wir Grüne haben schon in der vergangenen Legislaturperiode durch einen Gesetzentwurf als einzige Fraktion ein zukunftsfähiges Konzept zur Lehrerbildung vorgelegt.
Statt die Lehramtstudiengänge an ständig wechselnde Schulstrukturen anzupassen, wollen wir die Schüler in den Mittelpunkt rücken. Wir Grüne fordern, dass Lehrer für die Jahrgänge ausgebildet werden, die sie später unterrichten.
Auch bei uns in Schleswig-Holstein wird die Zusammensetzung der Schülerschaft in allen Schulen vielfältiger. Soziale Herausforderungen, Inklusion und Persönlichkeitsbildung spielen verstärkt eine Rolle. Lehrkräfte müssen deshalb auf ganz andere Herausforderungen vorbereitet werden, als es vielleicht noch vor 20 oder 30 Jahren der Fall war.
Wir, also alle bis auf die FDP, sprechen uns für einen viersemestrigen Master an der Universität Flensburg und gegen das Staatsexamen aus. Nur so kann sichergestellt werden, dass die Studiengänge akkreditiert werden und unsere Lehramtsbildung bundesweit anschlussfähig wird.
Wir Grünen fordern einen stärkeren Praxisbezug und begrüßen daher ausdrücklich das Engagement der Präsidentin der Universität Flensburg, Wara Wende. Die Universität Flensburg hat bei den Lehramtsstudiengängen in den vergangenen Monaten das Ruder herumgerissen. Es geht wieder in die richtige Richtung.
Wir wollen neben regelmäßigen Schulpraktikaphasen, dass das fünfte Bachelor-Semester und eines der ersten Mastersemester komplett in den Schulen verbracht wird. Ebenso sollte auch die Idee von Auslandspraktika, die von der Universität Flensburg vorgeschlagen wurde, weiter verfolgt werden.
Man kann nicht einfach behaupten, dass es in der Lehrerbildung - das stört mich auch in Ihrem Bericht, auch wenn beide zuständigen Minister gerade nicht zuhören -, immer nur um die Universität Flensburg geht. Denn es geht nicht nur um die Universität Flensburg, auch an der Christian-Albrechts-Universität gibt es erheblichen Reformbedarf bei der Lehrer- und Lehrerinnenbildung. Da muss dringend etwas passieren.
Beispielsweise alles das, was ich bisher zum Praxisbezug erwähnt habe, gilt mindestens genauso für die Christian-Albrechts-Universität, wie es für die Universität Flensburg gilt.
In einer Debatte über Lehrerbildung muss man sich zu den beiden Hochschulen positionieren. Wir brauchen neue Formen der Kooperation. Das ist eine der zentralen Aufgaben, an denen bisher alle gescheitert sind, sowohl die Hochschulen, erst recht das IQSH, vor allem die zuständige Landesregierung. Das, was uns beispielsweise von Ihnen, Herr Klug, und Ihrem Abteilungsleiter im Bildungsausschuss als Kooperationsmodell zu dem Projekt „Pro Schule“ präsentiert wurde, verdient den Namen nicht.
Ich weiß nicht, ob Sie es für nötig halten, der Debatte zu lauschen oder ob es Ihnen eh egal ist, weil Sie glauben, bis zur Wahl nichts mehr hinzubekommen.