Die Einrichtungen im Land brauchen Planungssicherheit. Aus Sicht des SSW ist und bleibt die Landesebene klar in der Verantwortung für die finanzielle Ausstattung einer bedarfsgerechten Suchthilfe.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der eindrucksvolle Vortrag des Abgeordneten MarkOliver Potzahr zeigt: Suchtprobleme erschüttern, berühren und aktivieren das Hohe Haus gleichermaßen fraktionsübergreifend. Das war unter den Abgeordneten Tengler, Eichstädt, Dr. Garg, Birk und Spoorendonk so, und das wird sich auch in Zukunft immer wieder so entwickeln, weil es einfach erschütternd ist. Ich möchte zugeben: Wir waren gegen eine Kommunalisierung ohne Netz und doppelten Boden. Der Antrag von CDU und FDP weist aber darauf hin, dass die Abgeordnete Klahn offensichtlich mehr weiß. In dem Antrag wird davon gesprochen, etwas effektiver aufzustellen. Wir sind sehr daran interessiert, was damit gemeint ist und wer was wo wie und wann aufgestellt hat.
Bei den Gestaltungsspielräumen möchte ich darauf hinweisen, dass es in Schleswig-Holstein Kreise gibt, die ihre Suchtberatung vom Gesundheitsamt erledigen lassen und die Landesmittel dazu benutzen, ein Hilfeangebot für illegal Drogenabhängige als eigenständige Landeseinrichtung zu betreiben. Das kann nicht der Weg sein, den einzelne Kommunen hier gehen. Wir müssen einen landesweit einheitlichen und qualifizierten Weg gehen.
Angeblich sollen mit den kommunalen Gebietskörperschaften Grundsätze entwickelt werden. Ich verstehe nur Bahnhof, denn die kommunalen Gebietskörperschaften sagen dann, wenn wir sie anrufen und sie fragen, einmütig, sie wüssten nichts von einem Plan und von Grundsätzen, die entwickelt werden sollten. Wir würden im Ausschuss gern wissen, wann wer was und in welche Richtung entwickelt hat. Ich sehe nur Fragen über Fragen, und ich finde es gut, dass alle Fraktionen des Hauses gemeinsam im Fachausschuss darüber beraten wollen.
Die Facheinrichtungen sollen sich nach Ansicht eines Mitglieds dieses Hohen Hauses nicht an die Landesregierung, sondern an die Abgeordneten wenden, wenn sie in Schwierigkeiten geraten. Ich würde gern wissen, wie dies funktionieren soll. Ich denke, die Landesregierung kann sehr gut gemeinsam mit den Fachverbänden, der Landesstelle und den Gebietskörperschaften auf diesem Weg gehen. Wir werden das gemeinsam sicherlich schaffen.
Ich weiß nicht, bei welchen Herbstgesprächen die Kollegin Klahn war. Wir haben jedenfalls gut zugehört, und das ist das Ergebnis des guten Zuhörens. Ich hoffe, dass wir alle gemeinsam zu einer Lösung kommen, selbst wenn der Antrag nachher etwas anders aussieht. Er sollte möglichst fraktionsübergreifend sein, denn dieses Thema ist zu wichtig und zu dramatisch. Ich hoffe, wir werden es wieder schaffen.
Für die Landesregierung hat nun der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Herr Dr. Heiner Garg, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will auf etwas aufmerksam machen, weil unter anderem der Kollege Meyer davon gesprochen hat, dass das Land die gesamte Struktur zu tragen habe. Kollege Meyer, ich glaube, Sie wissen es besser. Sie wissen, dass die ambulante Suchtkrankenhilfe primär eine kommunale Aufgabe war, ist und bleibt. Deshalb trugen, tragen und werden die Kommunen auch den überwiegenden Anteil an den Gesamtkosten dieser Einrichtungen tragen. Wenn Sie das Prinzip komplett umdrehen wollten, was legitim wäre, dann müssten Sie dies beantragen und auch entsprechend finanziell unterlegen. Es war jedoch in der Vergangenheit so, es ist in der Gegenwart so, und es wird in der Zukunft so sein, dass die Kommunen die Hauptlast, also die Gesamtkosten, tragen. Das Land ist lediglich an 50 % der Einrichtungen beteiligt.
Der 15-%-Anteil der Gesamtmittel wurde in der Debatte schon genannt. Frau Kollegin Bohn, auch der Hinweis, dass es sich um eine freiwillige Leistung handelt, ist richtig. Ich sage aber genauso deutlich, dass das Land mitnichten beabsichtigt, sich aus der Förderung zurückzuziehen.
Sehr wohl besteht jedoch die Notwendigkeit, vorhandene Doppelstrukturen im Zuwendungsverfahren abzubauen. Darum sieht der Zuwendungsvertrag einen neuen Verfahrensweg vor, der die Förderung der öffentlichen Hand besser zusammenführt. Damit sind auch Hoffnungen auf ein effizienteres Verfahren im Interesse aller Seiten verbunden.
Der ab 1. November 2012 gültige Zuwendungsvertrag hat eine Laufzeit bis einschließlich 2014. Frau Kollegin Jansen, das ist genau die Verlässlichkeit, die Sie fordern. Diejenigen, die einen Anspruch darauf haben, diese notwendigen Leistungen in Anspruch nehmen zu können, haben eine dreijährige Verlässlichkeit. Damit gewinnt die ambulante Suchtkrankenhilfe erheblich an Planungssicherheit. Zudem ist vereinbart, dass das Land einen neuen indikatorengestützten Finanzierungsschlüssel erarbeiten wird, selbstverständlich unter Beteiligung der Kommunen und mit wissenschaftlicher Beratung. Dabei werden ganz im Sinne einer Landesplanung auch Sozialraumdaten Berücksichtigung finden.
Im Bereich Suchthilfe und Suchtprävention verteilen sich die Zuständigkeiten wie folgt: Bedarfsgerechte Planung und Sicherstellung der örtlichen sozialen Infrastruktur obliegen in erster Linie den Kommunen. Die Sicherstellung der Weiterentwick
lung sowie die Gewährleistung landesweit vergleichbarer Versorgungs- und Lebenssituationen sind und bleiben Aufgabe des Landes. Gleiches gilt für die Organisation der Aufgaben und Angebote, die überregional effizienter realisiert werden können.
Wir brauchen Konsultation und Kooperation. Herr Kollege Heinemann, ich habe nicht ganz verstanden, warum Sie ein Fragezeichen dahinter gemacht haben, aber dieses kann man im Ausschuss ja noch durch ein Ausrufungszeichen ersetzen. Natürlich haben wir uns mit den Kommunen auf Grundsätze verständigt, wie könnte es anders sein? Vor diesem Hintergrund ist im Zuwendungsvertrag unter anderem vereinbart, dass sich das Land und die Kommunen fortlaufend über die Notwendigkeit einer neuen Schwerpunktsetzung austauschen, beispielsweise um zeitnah auf neue Suchtstoffe oder Krankheitsformen reagieren zu können. Dass die konstruktive Mitarbeit des Landes an kommunalen Planungsszenarien infrage gestellt wird, finde ich absurd. Die konstruktive Mitarbeit des Landes an kommunalen Planungsszenarien ist für die Landesregierung vollkommen selbstverständlich.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Antrag Drucksache 17/2086 und den Änderungsantrag Drucksache 17/2118 dem Sozialausschuss als selbstständige Anträge zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weise Sie darauf hin, dass der Tagesordnungspunkt 45 im Anschluss an die beiden gesetzten Tagesordnungspunkte heute Nachmittag aufgerufen wird. Ich unterbreche die Sitzung bis 15 Uhr für eine Mittagspause.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich eröffne die Sitzung. Begrüßen Sie mit mir unsere Gäste, und zwar ehemalige Polizeibeamte aus dem Kreis Plön und aus Neumünster und die Gilde „Totenbeliebung“ aus Probsteierhagen. - Herzlich willkommen bei uns!
Zunächst einige geschäftsleitende Bemerkungen zum Aufruf der Tagesordnungspunkte heute Nachmittag: Zunächst behandeln wir Tagesordnungspunkt 21, keine Streichung von Lehrerstellen zum kommenden Schuljahr, dann Tagesordnungspunkt 62, Reform der Lehrerausbildung für Grundschule und Sekundarstufe I; nach den gesetzten Punkten werde ich ohne Aussprache Tagesordnungspunkt 17 aufrufen, Wahl zum Medienrat der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein. Da für diesen Wahlvorschlag eine qualifizierte Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags notwendig ist - das sind 64 Abgeordnete -, bitte ich um zahlreiches Erscheinen zu diesem Tagesordnungspunkt; das ist aber auch ansonsten sehr wünschenswert. Anschließend werden die Tagesordnungspunkte 41 und 44, Anträge zu Vorschlägen für eine EU-Verordnung sowie zur Gewährleistung von Offshore-Aktivitäten in Europa, aufgerufen und dann Tagesordnungspunkt 45, Rückstellungen für AKW-Stilllegung insolvenzsicher machen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Frau Abgeordnete Anke Erdmann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! 300 Lehrerstellen hat die Regierung im laufenden Schuljahr gestrichen, und 300 Lehrerstellen sollen im kommenden Schuljahr, im August gestrichen werden. Das ist falsch.
Gemeinsames Lernen, Ganztagsschule, verkürztes Abitur, das alles fällt den Schulen nicht in den Schoß, das ist harte Arbeit, Tag für Tag, was die Lehrer und Lehrerinnen da zu stemmen haben. Schulen leisten heute eine ganz andere Sache, Dinge, die eigentlich im Elternhaus geschehen sollten.
Grundschulkinder kommen ohne Frühstück in die Schule, viele haben massive Sprachprobleme und so weiter. Unsere Schulen sind nicht auf Rosen gebettet, und wir geben pro Schülerin und Schüler weniger aus als im Bundes-, geschweige denn im OECD-Durchschnitt.
Nun hat die FDP am 19. November 2011 einen etwas schlichten Dringlichkeitsantrag auf ihrem Parteitag beschlossen.
(Cornelia Conrad [FDP]: Das ist doch gut! - Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie müssen mal ordentlich lesen! Das steht da gar nicht!)
„Der Landesparteitag der FDP SchleswigHolstein möge beschließen, die ursprünglich zur Streichung vorgesehenen 300 Lehrerplanstellen im Schulsystem Schleswig-Holsteins zu belassen.“
Die Erkenntnis hat die FDP nach zwei Jahren Regierung offenbar über Nacht angesprungen. Das scheint eine Spontanerkenntnis oder Überrumpelungsstrategie gegen den Koalitionspartner gewesen zu sein. Mir ist es egal.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Union, Herr Callsen, Sie betonen, der Markenkern der Union sei der Konsolidierungskurs.
Aber die Kehrseite der Medaille ist doch klar, dass Sie die Stellen vor allem im Bereich der Schulen streichen wollen: 75 % Ihrer Stelleneinsparung gehen zulasten der Schulen. Das fliegt uns über kurz oder lang um die Ohren.