Protocol of the Session on November 18, 2011

ehemaligen Umweltminister von Boetticher auch die Anmeldung zum UNESCO-Welterbe zu einem großen Erfolg geführt. Das ist wirklich eine Erfolgsgeschichte.

(Beifall bei der CDU)

Schon lange ist bekannt, dass die RWE Dea in diesem Bereich neben der Bohrinsel Mittelplate weitere Explorationsbohrungen durchführen will. In Anbetracht der wirtschaftlichen Bedeutung für das Land sind bei der Welterbe-Anmeldung drei Flächen ausgenommen worden. Voraussetzung dafür war, dass die Antragsteller nachweisen mussten, dass sie in der Lage sind, diese Flächen nur von Land mithilfe von Schrägbohrungen auszubeuten. Bereits damals ist hier im Haus heftig darüber gestritten worden. Was die Aufsuchungen über Schrägbohrungen betrifft, so ist es gut nachvollziehbar, dass man sich umweltpolitisch um die Schutzziele des Wattenmeeres weniger Sorgen machen muss. Etwas differenzierter sieht es bei den Explorationsbohrungen aus; denn sie sind mit Sicherheit ein Eingriff, und sie unterliegen natürlich auch bestimmten Voraussetzungen. Die Bohrungen sehr klein sind, der Eingriff zeitlich begrenzt - nur 15 bis 22 Monate, gibt RWE Dea an -, keinerlei Einleitungen werden erfolgen, und - das ist eben schon gesagt worden - die Bohrlöcher sollen verfüllt werden

Die Frage, wie die naturschutzfachliche Abwägung dieses Eingriffs im Hinblick auf die Schutzziele zu bewerten ist, kann erst nach sehr umfänglicher Prüfung geklärt werden. Wenn jemand vorher weiß, wie das ausgeht, ist er ein Prophet, und, meine Damen und Herren, Propheten glaube ich nun einmal nicht. Deswegen werden wir auch dem Antrag der Opposition nicht zustimmen können.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Noch deutlich schwieriger ist aber die juristische Bewertung. Formal notwendig sind folgende Befreiungen und Genehmigungen: bergrechtliche Genehmigung des Betriebsplanes - diese hat der Minister eben angesprochen -, Genehmigung zum Eingriff nach Bundesnaturschutzgesetz und Landesnaturschutzgesetz, Befreiung zum Biotopschutz und Ausnahme nach dem Nationalparkgesetz. Besonders das Letzte ist natürlich eine erhebliche Hürde und ist mit Sicherheit erheblich umstritten. Während in § 6 Abs. 3 Nr. 6 des Gesetzes die Förderung im Bereich der Mittelplate eingeräumt wird, kann die Explorationsbohrung eigentlich nur über die Ausnahmeregel des § 6 Abs. 4 erfolgen. Man kann wohl sicher sein, dass dies beklagt werden würde.

(Minister Jost de Jager)

Auch hier kann man sagen: Auf hoher See, im Wattenmeer und vor Gericht sind wir in Gottes Hand.

(Zuruf der Abgeordneten Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich sage an dieser Stelle eher weltlich: Im Zweifel für die Umwelt, meine Damen und Herren.

Die Genehmigungsbehörden werden die bald vorliegenden Anträge sehr genau zu prüfen haben. Denn die Herausnahmen von Enklaven bei der Anmeldung zum Welterbe ist mit Sicherheit keine Vorentscheidung oder gar ein Freifahrtschein. In jedem Fall ist sicherzustellen, dass das wertvolle Naturerbe Wattenmeer durch die Explorationsbohrungen keinen Schaden nimmt.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sollten sich die Eingriffe verträglich gestalten lassen und die Bohrungen erfolgen, so könnten sie auch zum Vorteil der gesamten Nordsee werden. Denn die Technologie der Schrägbohrung ist vielleicht auch ein Vorbild für andere Länder. In der Nordsee gibt es 450 große Bohrinseln, die ein erhebliches Risiko darstellen. Deshalb: Manchmal ist besser, schräg zu bohren als an der Oberfläche zu bleiben.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Sandra Redmann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Thema von Explorationsbohrungen im Nationalpark Wattenmeer beschäftigt uns seit vielen Jahren und steht auch im Zusammenhang mit der Ausweisung des Nationalparks als Weltnaturerbe und der Verlängerung der Konzession zur Erdölförderung für Mittelplate.

Die einzige Förderung von Öl im deutschen Wattenmeer findet seit 1987 von der Bohr- und Förderplattform Mittelplate A aus im Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer statt. Bereits vor der im Jahr 1985 erfolgten Gründung des Nationalparks wurde dort förderfähiges Öl gefunden. Daher und aus keinem anderen Grund wurde Bestandsschutz für die Erdölförderung von Mittelplate aus im Nationalparkgesetz gewährt.

RWE Dea hatte Anfang 2007 angekündigt, in den beiden genannten Gebieten Explorationsbohrungen

von neuen Standorten innerhalb des Nationalparks aus vornehmen zu wollen, um so bis dahin unerreichtes Erdöl zu erschließen. Der Antrag wurde nach intensiver öffentlicher und parlamentarischer Diskussion später zurückgezogen. - Man fragt, warum.

Die Grünen und wir haben in diesem Zusammenhang im Sommer 2008 zwei Gutachten vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtags erbeten. Das von uns in Auftrag gegeben Gutachten kommt zu dem Schluss - ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin -:

,,Damit bleibt festzustellen, dass Ölbohrtätigkeiten innerhalb des Gebiets des Nationalparks Wattenmeers über die gesetzlich bestandsgeschützten Aktivitäten hinaus vom Nationalparkgesetz ausgeschlossen werden und auch nicht genehmigungsfähig sind.“

Wir haben daher stets vertreten, dass Probebohrungen im Gebiet selber nicht, allenfalls Schrägbohrungen von Land aus in den Nationalpark hinein rechtlich möglich sind. Dabei bleiben wir.

Die Landesregierung hat dazu im Umdruck 16/ 4520 vom Juni 2009 lapidar nach dem Motto ,,Zwei Juristen, drei Meinungen“ mitgeteilt, dass sie zu Probebohrungen eine andere rechtliche Auffassung als der Wissenschaftliche Dienst des Landtages hat

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

und dass sie dies abschließend bei Vorliegen der vollständigen Antragsunterlagen bewerten wird. Ich halte dies für eine nicht angemessene Wertschätzung der hoch qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Landtag und hoffe, dass die fundierte Prüfung des Gutachtens durch die Landesregierung die Rechtsposition des Wissenschaftlichen Dienstes bestätigen wird.

(Beifall des Abgeordneten Olaf Schulze [SPD])

Neben der konkret juristisch zu klärenden Frage der Zulässigkeit von Explorationsbohrungen steht die Grundsatzfrage zur Zukunft und Ausweitung der Erdölförderung im Nationalpark Wattenmeer im Raum. Nach fester Überzeugung meiner Fraktion muss es unser Ziel sein, die Erdölförderung im Nationalpark Wattenmeer auf Dauer zu beenden.

(Beifall bei SPD und SSW)

Die Erdölförderung im Nationalpark Wattenmeer ist eine klaffende Wunde im Ansehen des Nationalparks und sollte daher nicht auf ewig verlängert oder sogar ausgedehnt werden. Mit dem Öl wird

(Dr. Michael von Abercron)

ausgerechnet im Wattenmeer jener Kohlenstoff gefördert, der nach seiner Verbrennung als Kohlendioxid den Klimawandel anheizt und so durch den Meeresspiegelanstieg für die Zerstörung des Wattenmeeres sorgen könnte.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

- Herr Kubicki, ich glaube, davon haben Sie wirklich gar keine Ahnung.

(Beifall bei der SPD)

Wir stimmen dem Antrag von SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE zu.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Für die FDP-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Kumbartzky das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst danke ich auch im Namen der FDP-Fraktion für den Bericht. Mit unserem Berichtsantrag wollten wir eine frühzeitige und umfassende Information des gesamten Parlaments bewirken. Es lag uns daran, vor allem die möglichen Auswirkungen für Umwelt und Natur im Nationalpark Wattenmeer beleuchten zu lassen. Dass zu diesem Tagesordnungspunkt wieder einmal reflexartig Anträge der Opposition unter dem Motto „Ölförderung verhindern“ eingereicht werden, hätte ich in diesem Fall eigentlich nicht gedacht, weil es einfach unpassend ist, sich schon vor der umfassenden Information durch den Bericht pauschal gegen das Vorhaben auszusprechen. Es ist aber nun einmal so: Ob Sonne oder Regen, Hauptsache dagegen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Mit Hilfe der Probebohrungen soll der Nachweis darüber erbracht werden, was die Auswertungen seismischer Daten und geologischer Informationen vermuten lassen. Die geplanten Probebohrungen sind die Voraussetzung für die detaillierte Planung einer späteren Förderung von außerhalb des Nationalparks oder von der bestehenden Bohr- und Förderinsel Mittelplate aus. Das Grundprinzip bei der Ölförderung der Mittelplate ist die zuverlässige Abschottung vom Wattenmeer. Umweltberichte von neutralen Forschungsinstituten belegen, dass die

Arbeiten keine nennenswerten Auswirkungen auf die Umwelt haben.

(Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das wissen Sie schon vor der Probe- bohrung?)

- Ich rede jetzt über die Bohr- und Förderinsel Mittelplate.

(Weitere Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Frau Kollegin, hören Sie einfach zu! Ich rede gerade über die Bohr- und Förderinsel Mittelplate. Dort ist das Grundprinzip so, wie ich es eben sagte. Mit dem störungsfreien und sicheren Betrieb der Bohr- und Förderinsel Mittelplate stellt der Betreiber seit 1987 unter Beweis, dass die Einhaltung höchster Umweltschutz- und Sicherheitsstandards bei sämtlichen Aktivitäten an oberster Stelle steht.

(Beifall bei FDP und CDU)

Frau Fritzen, jetzt rede ich über das Ölfeld. Die Mittelplate ist die größte deutsche Erdöllagerstätte und das förderstärkste Ölfeld Deutschlands. Die Förderung trägt erheblich zur Verringerung der Importabhängigkeit Deutschlands bei und leistet einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit. Der volkswirtschaftliche Wert der besagten Ölförderung beträgt mehrere Milliarden Euro. Durch die Ölförderung werden mehrere hundert qualifizierte Arbeitsplätze bei der Rohölgewinnung und Weiterverarbeitung in der Raffinerie Hemmingstedt und im Chemcoastpark Brunsbüttel gesichert. Die Ölgewinnung hat also eine sehr große Bedeutung für Schleswig-Holstein.

(Beifall bei FDP und CDU - Zuruf der Abge- ordneten Marlies Fritzen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich komme zurück zu den Probebohrungen. Rechtlich sind die Bohrungen möglich. In Bezug auf Ihre Umweltbedenken kann ich Sie auch beruhigen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Bei den geplanten Explorationsbohrungen will der Antragsteller nach dem Nulleinleitungsprinzip verfahren. Der Austritt von Stoffen in das Wattenmeer wird durch eine Vielzahl von Sicherheitsvorkehrungen ausgeschlossen. Es soll mehrfach gesicherte Bohrlochabsperreinrichtungen geben, und die Arbeitsfläche auf dem Bohrponton wird als dichtes Wannensystem konzipiert.

(Zuruf der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

(Sandra Redmann)