Protocol of the Session on November 17, 2011

burg, im Nachgang veröffentlichte Meinungsumfragen und uns alle erreichte Stellungnahmen verdeutlichen aber auch, dass das Thema Wildtierverbot im Zirkus eines von großer emotionaler Bedeutung in der Öffentlichkeit ist - und dies nicht ohne Grund.

Der klassische Wanderzirkus hat eine lange Tradition. Er ist unstrittig eine der ältesten Formen der Unterhaltungskunst und Träger internationaler Kultur. Das Mitführen und Zurschaustellen von exotischen Tieren im Zirkus reicht zurück bis in das 18. Jahrhundert. Der Zirkus ist mehr denn je eine der wenigen Life-Attraktionen für die ganze Familie.

Umfragen und persönliche Gespräche belegen, dass es bei vielen Menschen - nicht für die meisten, aber für viele - auf Unverständnis stößt, warum nun alles verboten sein soll. Ich finde, auch das müssen wir ernst nehmen.

Forderungen von militanten Tierhaltungsgegnern, regelrechte Hetzjagden auf Zirkusunternehmen sowie pauschale Diskreditierungen sind nicht mein Stil. Ich hoffe, dass dies auch nicht der Stil des Schleswig-Holsteinischen Landtags ist.

(Beifall bei der CDU)

Auch wenn sich die circa 300 großen und kleinen Wanderzirkusse überwiegend im Rahmen der rechtlichen Vorgaben bewegen, ist es dennoch Fakt, dass die Problematik auf der Vollzugsebene nicht zu lösen ist. Bereits im Jahr 2003 hat der Bundesrat eine Entschließung zum Verbot bestimmter wildlebender Tiere im Zirkus gefasst, insbesondere bezogen auf Affen, Elefanten und Großbären. Darüber hinaus sollte nach dem Willen des Bundesrats die Erstellung einer Zirkusregisterverordnung einen weiteren Beitrag dazu leisten, die Haltungsbedingungen der betroffenen, ursprünglich wildlebenden Tiere in Wanderzirkussen besser kontrollieren zu können.

Mit der Freischaltung seit 2010 wurde in der Zwischenzeit die Zirkusregisterverordnung umgesetzt. Dies ist ein gerade auch aus der Sicht der Tierschutzverbände wichtiger Schritt. Erste belastbare Bewertungen werden im kommenden Jahr erwartet.

Schon jetzt zeichnet sich aber ab, dass es trotz der zentralen Erfassung der rund 250 Unternehmen, denen die reisenden Zirkusbetriebe zugeordnet werden können, nicht zu spürbaren Verbesserungen bei der Haltung bestimmter wildlebender Tierarten gekommen ist beziehungsweise kommen wird. Eine

grundlegende Sicherstellung einer artgerechten Tierhaltung, wie sie das Tierschutzgesetz fordert, lässt sich darüber für bestimmte Tierarten nicht erreichen.

Fakt ist außerdem, dass bestehende Eingriffs- und Regulierungsmöglichkeiten, die sich aus dem Tierschutzrecht ergeben, nur im konkreten Einzelfall greifen und für eine generelle Wahrung des Tierschutzgedankens in diesem Umfeld nicht ausreichend sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein Verbot der Haltung von bestimmten ursprünglich wildlebenden, nicht domestizierten Tierarten von der Bundesregierung bis heute nicht ausgesprochen wurde, ist ein Stillstand, den ich persönlich höchst unbefriedigend und wenig sachdienlich finde.

(Beifall bei der CDU)

Die im Antrag von CDU und FDP formulierte Unterstützung der Bundesratsinitiative der Länder Hamburg und Hessen ist ein Weg, den effektiven Tierschutz im Einklang mit Berufsfreiheit und Wahrung einer ganz besonderen Art von Kulturgut umzusetzen. Das Verbot zur Haltung näher bestimmter Tierarten ist geeignet, den Tierschutz zu fördern, und - wie anfangs ausgeführt - auch erforderlich. Die Bundesratsinitiative hatte lediglich eine Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit zur Folge und stellt keinen Eingriff in die Berufswahlfreiheit dar.

Schließlich führt die Herausnahme einiger besonders betroffener wildlebender, nicht domestizierter Tierarten, die nicht mehr auf Reisen mitgeführt werden dürfen, bei der Vielseitigkeit und Attraktivität eines modernen Zirkusunternehmens nicht zwingend zu einem Abschied vom Kulturgut Zirkus.

Abschließend möchte ich mich für die kompetente und engagierte Begleitung dieses Themas auf Bundesebene seitens der Ministerin Frau Dr. Rumpf und ihres Mitarbeiterstabs bedanken. Ich würde mich im Sinne der Sache über eine Zustimmung zu unserem Antrag freuen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Vielen Dank. - Für die Fraktion der SPD hat Frau Abgeordnete Sandra Redmann das Wort.

(Barbara Ostmeier)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seit Jahren reden wir in diesem Haus über ein Verbot von Wildtierhaltung in Zirkussen. Auch in meiner Fraktion haben wir dieses lange strittig diskutiert. Spätestens seit 2003 ist unsere Position aber klar: Ein Verbot von Wildtierhaltung in Zirkussen ist ohne sinnvolle Alternative.

(Beifall bei der SPD)

In der Gesellschaft ist diese Einsicht schon seit Längerem gewachsen. Wildlebende Tiere in Zirkussen artgerecht zu halten, ist schon aufgrund der Mobilität der Betriebe mit engen Käfigen und extremen Fahrt-, Auf- und Abbauzeiten kaum möglich. Das daraus resultierende Leiden der Tiere - etwa Erkrankungen oder Verhaltensstörungen - kann aufgrund der Reisen der Zirkusbetriebe durch ganz Deutschland nur über ein generelles bundesweites Haltungsverbot verhindert werden.

Niemand möchte Kindern oder auch Erwachsenen den Spaß am Zirkus nehmen. Zirkus kann aber auch ohne Elefanten, Affen oder Raubkatzen ein Erlebnis sein.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

- Sie sehen, wir müssen auch noch Überzeugungsarbeit in der eigenen Fraktion leisten.

Dies beweisen immer mehr Zirkusse.

Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich keinen Generalverdacht gegen verantwortungsvoll mit Tieren umgehende Tierpfleger in den Zirkussen äußern oder die aus meiner Sicht vollkommen übertriebenen Aktionen von PETA unterstützen. Wir müssen uns in jedem Fall gut überlegen, wie wir nach einem Verbot mit den dort noch lebenden Tieren umgehen wollen.

Mir ist bewusst, dass der Bundesrat schon 2003 die Bundesregierung aufgefordert hat, ein entsprechendes Verbot zu erlassen. Geschehen ist daraufhin jedoch nichts. Die Bundesregierung verweist auf noch ausstehende Erkenntnisse aus einem untauglichen Zirkusregister und darauf, dass es sich bei bekannt gewordenen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz, über das wir im Übrigen auch einmal dringend sprechen müssen, um Einzelfälle handele. Dies sollte für uns aber kein Grund zum Abwarten auf andere Zeiten und neue nicht notwendige Erkenntnisse, sondern Ansporn zum Handeln sein.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Andere Länder wie Bremen und Hamburg werden uns bei diesem Antrag unterstützen.

Da sich CDU und FDP in ihrem Koalitionsvertrag darauf festgelegt haben, sich für ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen einzusetzen, gehe ich von einer großen parlamentarischen Einheit in diesem Hause aus. Leider konnten wir uns noch nicht auf einen gemeinsamen Antrag verständigen. Das hat aber nur damit zu tun, dass wir die Großkatzen gern in den Antrag aufnehmen wollen. Da wir wissen, dass Sie im Ansatz genau das Gleiche wollen wie wir, werden wir nicht gegen Ihren Antrag stimmen, sondern uns der Stimme enthalten.

Wir brauchen ein klares Signal aus Schleswig-Holstein zu diesem Antrag. Ich hoffe sehr, dass sich diese Mehrheit auch im Bundesrat durchsetzen und die Bundesregierung endlich zum Handeln bringen wird. Das wird aber sicher nicht von heute auf morgen geschehen, sodass wir über landesspezifische Zwischenschritte nachdenken sollten.

Hierbei sind einerseits die bereits handelnden Kreisveterinäre aufgefordert, die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen in den Betrieben zu überprüfen. Andererseits könnten die Kommunen - wie das Vorbild Bremen - sich darauf verständigen, keine öffentlichen Flächen mehr für Zirkusse mit Wildtieren zur Verfügung zu stellen. Es gibt übrigens schon viele Kommunen in Schleswig-Holstein, die genau dies tun. Hierbei müssen wir uns auch auf neue Lösungen verständigen. Dies betrifft zum Beispiel die Frage, wer die Kosten bei tierschutzwidrigen Haltungsformen im Zirkus für die Wegnahme und die ordnungsgemäße Unterbringung dieser Tiere zu finanzieren hat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Haltung von Wildtieren in Zirkussen wird auch von der Gesellschaft nicht mehr gewollt. Lassen Sie uns heute ein gemeinsames Zeichen aus Schleswig-Holstein senden, dass ein Verbot endlich Wirklichkeit wird.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der FDP hat der Kollege Günther Hildebrand das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den vergangenen Monaten ist der Zirkus Krone durch Norddeutschland getourt. In diesem Zusammenhang wurde wieder die alte Forderung nach ei

nem Wildtierverbot in Zirkussen auf die Agenda gesetzt. Deshalb diskutieren wir heute erneut über einen Antrag zu diesem Thema.

Schon im Jahr 2003 hatte mein Fraktionskollege Heiner Garg einen Antrag zum Verbot der Wildtierhaltung in Zirkussen eingebracht. Dieser lautete seinerzeit:

„Der Schleswig-Holsteinische Landtag fordert die Landesregierung auf, sich im Bundesrat für ein Haltungsverbot von Wildtieren in Zirkusbetrieben, Wandermenagerien und ähnlichen Einrichtungen, in denen eine tiergerechte Haltung nicht gewährleistet ist, einzusetzen.“

Ich möchte meinem Kollegen für seine Hartnäckigkeit danken. Schließlich war die FDP vorher bereits mit einem ähnlichen Antrag an der damaligen Mehrheit von Rot-Grün gescheitert. Hört, hört!

(Sandra Redmann [SPD]: Aber nicht, weil wir das nicht wollten!)

- Okay! - Zur gleichen Zeit beschäftigte sich damals der Bundesrat mit diesem Thema und hat mit breiter Mehrheit dem Bundestag den Auftrag erteilt, der aus drei Punkten bestand:

Erstens. Das Halten von Tieren wildlebender Arten, und zwar insbesondere von Affen, Elefanten und Großtieren, in Zirkusbetrieben mit entsprechenden Übergangsregelungen für vorhandene Tiere ist grundsätzlich zu verbieten.

Zweitens. Es soll eine zentrale Erfassung von mobilen Tierschauen und Zirkusbetrieben mit Tierhaltung erfolgen.

Drittens. Es soll eine Kennzeichnung entsprechender Betriebe erfolgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, leider wurde nur eines dieser Ziele erreicht. Der Bundestag führte im Jahr 2003 das Zirkuszentralregister ein. Es regelt jedoch lediglich das Verwaltungsverfahren für die Erhebung und die Verwendung personenbezogener Daten. Ziel ist die Überwachung und Einhaltung tierschutzrechtlicher Bestimmungen in Zirkusbetrieben. Ein Verbot von Wildtieren in Zirkussen wurde jedoch nicht umgesetzt. Dafür hat die damalige Bundesregierung folgende Gründe angeführt. Auch die sollten wir uns noch einmal vergegenwärtigen:

Die derzeitige Verordnungsermächtigung des Tierschutzgesetzes lässt lediglich zu, ein Verbot für die Haltung aller Tiere einer wildlebenden Art zu erlassen. Damit würden auch Zoos das Halten

von Wildtieren verboten. Zoos sind aber heute gerade von großer Bedeutung, um den Erhalt auch gefährdeter Arten und die genetische Vielfalt sicherzustellen.

Außerdem wurde in Zoos im Bereich der artgerechten Haltung in den letzten Jahrzehnten sehr viel erreicht, auch wenn hier Ausnahmen leider die Regel sind. Auch in Schleswig-Holstein haben wir davon zum Teil schon gehört.

Außerdem gab es verfassungsrechtliche Bedenken. Das Verbot der Haltung von Wildtieren im Zirkus könnte die verfassungsrechtlich vorgeschriebene Freiheit der Berufswahl und -ausübung einschränken.

Meine Damen und Herren, weil uns diese Argumente nicht überzeugen, haben wir logischerweise an der Forderung festgehalten und ein Verbot in den Koalitionsvertrag mit der CDU hineinverhandelt. Wir stehen weiterhin dazu, dass wir die Haltung von Wildtieren im Zirkus nicht für artgerecht halten. Deshalb wird die Landesregierung den Antrag der Länder Hessen und Hamburg im Bundesrat unterstützen - so wie sie es auch schon im entsprechenden Ausschuss getan hat.