Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte mir gewünscht, die Landesregierung hätte in das Glücksspielgesetz ebenso viel Sachkenntnis und guten Willen einfließen lassen wie in den jetzt vorliegenden Entwurf des Spielhallengesetzes.
Ich will die Landesregierung nicht über Gebühr loben - dazu gibt es auch gar keinen Grund -, aber uns ist ein Gesetzentwurf vorgelegt worden, der es uns mit ein wenig gutem Willen erlaubt, einen Schritt hin zur effektiven - und notwendigen - Regulierung des ausufernden sogenannten gewerblichen Spiels zu gehen. Endlich einmal hat die so oft gescholtene Föderalismusreform vor Ort eine positive Auswirkung. Wir werden allerdings im Ausschuss mit den Fachleuten intensiv darüber reden müssen, was dieses Gesetz bewirken wird und was es nicht verhindern kann.
Die Beschränkung auf einen Spielhallenbetrieb pro Gebäudekomplex ist der richtige Ansatz; aber dieser würde nur mit der - durchaus möglichen - Beschränkung auf drei, sechs oder maximal acht Spielgeräte pro Betrieb tatsächlich wirksam werden.
Die Verpflichtung zum Schutz von Kindern und Jugendlichen ist der richtige Ansatz. Aber den Mindestabstand von 300 Metern zwischen Spielhallen und Schulen, Jugendzentren und ähnlichen Einrichtungen halte ich für zu gering.
Die Forderung nach Erstellung von Sozialkonzepten ist richtig; diese aber durch die Betreiber von Spielhallen entwickeln zu lassen, ist etwa so sinnvoll, wie seinem Hund die Regelung zur Aufbewahrung der Wurst zu überlassen.
Ich begrüße ausdrücklich, dass es Sperrzeiten geben soll. Aber darüber, ob sich diese wirklich auf die Zeit zwischen 3 Uhr nachts und 10 Uhr morgens beschränken müssen, würde ich gern diskutieren.
Ich habe Verständnis dafür, dass Übergangsfristen notwendig sind, halte aber fünf Jahre für einen viel zu langen Zeitraum. Die notwendigen Umstellungen und Übergänge sind auch in kürzeren Zeiten zu bewerkstelligen.
Alles in allem ist der Landesregierung hier aber ein ordentlicher erster Entwurf gelungen. Ob das Ganze ein Gesetz wird, dem die LINKE zustimmen kann, wird sich im Verlauf der Ausschussberatungen und im Ergebnis der Veränderungen an dem Entwurf zeigen.
Dieses Gesetz wird aber auf Widerstand stoßen. Damit meine ich nicht den Widerstand der LINKEN oder der Verbände und Fachleute aus der Suchthilfe. Die Automatenaufsteller werden massiv Front gegen den Entwurf machen; sie haben bereits damit angefangen. Wir sollten ihre Argumente anhören, aber wir sollten sie auch sorgsam abwägen.
Sicherlich werden durch die Änderungen in Einzelfällen Arbeitsplätze abgebaut. Das ist wohl nicht zu verhindern. Aber legen wir denn wirklich Wert auf noch mehr 400-€-Jobs mit Stundenlöhnen, die geradezu nach der Einführung eines Mindestlohns schreien?
Auch werden, wenn weniger Geld in Spielhallen fließt, die Einnahmen der Kommunen aus diesem Gewerbe zurückgehen. Aber die Kaufkraft, die bisher in Automaten versickert, wird zukünftig dem lokalen Handel und der seriösen Gastronomie zugutekommen, die sich schon darüber freuen.
Ob dieses Gesetz also den geplanten Zweck der Eindämmung der Spielsucht wirklich effektiv befördert, hängt auch von anderen Bedingungen ab. Schon heute sind viele Dinge, die dieses Gesetz regeln soll, verboten, zum Beispiel durch die Gewerbeordnung. Dennoch gibt es Spielhallen, in denen die Möglichkeit zum Abschluss illegaler Sportwetten im Internet besteht. Hier geht es darum, die Kommunen in die Lage zu versetzen, die bestehende Rechtslage ausreichend und effektiv zu kontrollieren und durchzusetzen.
Das klappt aber nicht, indem wir den Kommunen die finanziellen Mittel für diese Aufgaben ständig weiter kürzen.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der SSW hat in Sachen Glücksspiel immer betont, dass der Schutz der Spieler das übergeordnete Ziel sein muss. Mit dem Glücksspielgesetz kommen wir diesem Anspruch offensichtlich kein Stück näher. Ganz im Gegenteil, das Angebot wird erweitert und der Zugang zu Glücksspielen erleichtert.
Doch auch wenn wir diese Entwicklung sehr bedauern, werten wir das vorliegende Spielhallengesetz als Schritt in die richtige Richtung. Wir begrüßen, dass die Landesregierung als eine der ersten von ihrer neu gewonnenen Gesetzgebungskompetenz im Bereich der Spielhallen Gebrauch macht. Jedem von uns dürfte klar sein, dass die Zahl der Spielhallen seit einigen Jahren rasant steigt. Dies und die Tatsache, dass vor allem auch in den Zentren der Städte eine starke Zunahme zu beobachten ist, sieht der SSW mit Sorge. Allein aus diesen Gründen ist ein wirkungsvoller ordnungsrechtlicher Rahmen für die Errichtung und den Betrieb solcher Spielstätten überfällig.
Dass diese nun zahlenmäßig begrenzt und zum Beispiel in ihren Öffnungszeiten eingeschränkt werden sollen, ist durchaus positiv. Mit Blick auf den Gesamtentwurf haben wir jedoch Zweifel daran, ob hiermit wirklich ein effektiver und vor allem umfassender Schutz der Spieler vor den Suchtgefahren des gewerblichen Spiels erreicht werden kann. Dass ein solcher Schutz dringend notwendig ist, weil rund 80 % der Spielsüchtigen durch diese Spielform suchtkrank werden, dürfte eigentlich jedem klar sein.
Aus Sicht des SSW sind insbesondere die Bestimmungen zum Jugendschutz nicht streng genug gefasst. So muss zum Beispiel die Frage erlaubt sein, ob die Soll-Bestimmung zum Mindestabstand zu Einrichtungen für Kinder und Jugendliche nicht auch dazu führen kann, dass diese - ich zitiere - „in begründeten Einzelfällen“ unterschritten wird.
Auch die Regelungen im Bereich der Ordnungswidrigkeiten gehen uns nicht weit genug. Zwar droht dem Betreiber eine Strafe von bis zu 50.000 €, wenn er den Aufenthalt von Minderjährigen zulässt. Aber ohne ein festgelegtes Mindeststrafmaß sehen wir die Gefahr, dass der gewünschte Abschreckungseffekt ausbleibt, Geldbußen gering veranschlagt und in manchen Fällen sogar bewusst in Kauf genommen werden.
Ich möchte mir bei dieser Gelegenheit einen grundsätzlichen Hinweis zum sogenannten kleinen Spiel an Automaten erlauben. Diese Spiele finden heute bundesweit auch in über 10.000 Gaststätten und an mehr als 200.000 Automaten statt. Trotz der hohen Suchtgefahr ist hier kein wirklich effektiver Jugendschutz sichergestellt. Aus diesem Grund muss sich die Landesregierung neben dem Spielhallengesetz auf Bundesebene dafür einsetzen, dass die technische Ausgestaltung der Automaten verändert wird und diese entschärft werden.
Experten weisen immer wieder darauf hin, dass die Spielverordnung des Bundes nicht mit der technischen Entwicklung der Geräte Schritt hält.
Wir fordern deshalb, dass sowohl die Spieldauer als auch die Gewinn- und Verlustmöglichkeiten endlich konsequent am Ziel des Spielerschutzes ausgerichtet werden.
Darüber hinaus muss der Zugang zu den Automaten durch eine zuverlässige Spieleridentifikation so geregelt werden, damit wirklich kein Jugendlicher mehr an den Geräten spielen kann.
Aus Sicht des SSW ist klar: Im Großen und Ganzen geht das vorliegende Spielhallengesetz in die richtige Richtung. Der kommunalen Ebene wird ein verbesserter Handlungsrahmen gegeben, um die Auswüchse in diesem Bereich zumindest zurückzudrängen. Dabei dürfen wir uns aber auch nichts vormachen: Die Kommunen können ihren Aufgaben in diesem Rahmen natürlich nur so gut nachkommen, wie es ihre Ressourcen erlauben, und eine strikte Überwachung der Vorgaben kann durchaus zu einem erhöhten Verwaltungs- und Kontrollaufwand führen.
Mehrfachkonzessionen dazu beitragen, die ungehemmte Ausbreitung von Spielhallen einzudämmen. Doch nach Meinung des SSW muss die Zeit bis zur zweiten Lesung dringend genutzt werden, um den Entwurf in puncto Spieler- und Jugendschutz nachzubessern.
Nur zur Erinnerung: Erklärtes Ziel der Regierung ist es - ich zitiere –, einen „soliden Rahmen für das Spielrecht zu schaffen und die Suchtprävention sowie den Schutz der Jugendlichen zu stärken“. Leider ändert auch dieser Entwurf nur wenig daran, dass wir davon meilenweit entfernt sind. Deshalb müssen wir um so sorgsamer mit diesem Gesetzentwurf umgehen, damit daraus ein vernünftiger wird.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Spielhallengesetz ist okay. Das hat Herr Kollege Beran schon gesagt. Aber aus Sicht der Suchthilfe ist dies nur ein Teilerfolg. Insoweit möchte ich einiges zu dem ergänzen, was mein Vorredner gerade gesagt hat.
Nach wie vor hängen problematische Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit im Imbiss, oft im Abstand von nur wenigen Metern und oft Imbiss neben Imbiss. Dagegen ist vielleicht sogar eine Spielhalle ein Klacks. Deswegen muss man sich dieses Thema auch von dieser Seite ganz genau anschauen.
In der Spielhalle darf ich nichts essen. Das finde ich wunderbar. Aber wenn ich auf meine Bratwurst warte oder sie esse, dann lockt nicht nur ein Spielautomat, sondern locken mehrere Automaten. Damit beginnt oft auch die Karriere suchtkranker Spieler. Ich habe in meinen 20 Jahren als Suchtberater immer wieder erlebt, dass die Sucht gerade im Imbiss begann. Deswegen halte ich es für wichtig, dass im Rahmen der weiteren Diskussion, die vor uns liegt, auch die Problematik der Schwellenlosigkeit von Glücksspielautomaten oder besser gesagt von Unterhaltungsautomaten mit Gewinnmöglichkeit in Imbissen zum Thema gemacht wird. Aus meiner Sicht reicht es, wenn man sagt: Pro Imbiss nur noch ein Spielgerät. Dann wird die Problematik quasi halbiert. Das wäre eine hilfreiche Maßnahme.
Meine Damen und Herren, hören Sie sich die Schicksale der Spieler, die Sie hoffentlich zur Anhörung einladen werden, genau an! Sie werden immer wieder auf dieses Phänomen stoßen. Lösen Sie dieses Problem mit einer entsprechenden Formel im Spielhallengesetz, sodass in einem Nichtspielhallenbetrieb nicht mehr als ein Gerät hängen darf! Diese kleine Ergänzung wäre vielleicht ein Weg. Vielleicht gibt es auch noch einen anderen Weg. Sie werden sicherlich kreative Lösungen finden. Aber sehen Sie sich dieses Problem genau an! Das wünsche ich mir.