Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Aspekte möchte ich gern noch einmal ansprechen.
Ich dachte, ich hätte mich verhört; aber dem ist offensichtlich nicht so. Herr Kollege Jezewski hat die - zu Recht - unbekannte Band “Dritte Wahl“ als seine Lieblingsband bezeichnet. Das ist ausgesprochen bezeichnend. Wenn man sich den einen oder anderen Text dieser Band ansieht, stellt man fest, dass zu Bombenterror aufgerufen wird und Polizisten als Mörder bezeichnet werden. UN-Soldaten werden in einen Zusammenhang mit Rassismus gestellt und ebenfalls als Mörder bezeichnet. Herr Kollege Jezeweski, damit haben Sie einmal mehr deutlich ge
Der eigentliche Grund aber, weswegen ich mich zu Wort gemeldet habe, ist der Beitrag des Kollegen Stegner von heute Morgen. In der vergangene Woche hat die SPD-Landtagsfraktion eine Veranstaltung durchgeführt, an der unter anderem Professor Dr. Frank Decker - ein anerkannter Experte zum Thema „Rechtspopulismus“ - teilgenommen hat, der in seinem jüngst erschienenen Buch viele Seiten darauf verwendet, gerade die politikwissenschaftliche Definition von „Rechtspopulismus“ herauszuarbeiten. Er hat diese vielen Seiten auch gebraucht und weist am Ende darauf hin, wie schwer die Definition dieses Begriffs ist. Ausdrücklich warnt er davor, „Rechtspopulismus“ als politischen Kampfbegriff zu verwenden.
Nun kann man Ihnen vielleicht zugutehalten, dass Ihr Antrag das Datum des 21. September 2011 trägt und damit vor der Veranstaltung am 30. September verfasst wurde. Die Art und Weise aber, in der Sie heute morgen den Begriff „Rechtspopulismus“ verwendet haben - Sie haben sogar die Regierungspolitik in Schleswig-Holstein in dessen Nähe gerückt -, verdeutlicht, worum es Ihnen geht: Sie wollen diesen Begriff in seiner Variante als „Kampfbegriff“ und nicht in der politikwissenschaftlichen Definition verwenden.
So richtig es ist, sich der Thematik anzunehmen und zu untersuchen, warum wir europaweit ein Erstarken von Rechtspopulisten zu verzeichnen haben, so sehr darf man mit Recht die Frage stellen, warum wir in Deutschland keine starken Rechtspopulisten haben. Da nützt auch der Hinweis auf die Schill-Partei nichts. Wo ist denn die Schill-Partei heute?
Die großen demokratischen Parteien - da ist die Sozialdemokratie genauso gefragt wie die Union müssen auch in Zeiten, in denen man nicht mit schöner Regelmäßigkeit 50-Plus-Ergebnisse erzielt, die Kraft haben, ihre Flügel so weit auszubreiten, dass für Populismus kein Raum bleibt. Franz Josef Strauß hat formuliert, dass es rechts von der Union keine etablierte demokratische Partei geben dürfe.
- Ganz genau! - Es ist ein politisches Verdienst der Union, dass dies gelungen ist. Darauf dürfen wir durchaus mit Selbstbewusstsein hinweisen.
- Ich kann verstehen, dass Sie sich ärgern, dass Ihr linker Flügel diese integrative Kraft nicht immer entfaltet hat. Aber der alte Wahlkampfreflex: „Ihr seid die Rechten, wir sind die Guten“, springt an dieser Stelle sicherlich viel zu kurz.
Das war ein schlechter Auftakt für die Debatte. Ich hoffe, Sie werden die Ausschussberatungen nutzen, um zu einer sachlichen Diskussion zurückzufinden. Es geht darum, wie man gegen Populismus insgesamt vorgehen kann. Beispiele, die belegen, dass das kein Problem der rechten Seite ist, haben wir in dieser Debatte gehört. Wenn Sie auch in den Ausschussberatungen an den politischen Kampfbegriff „Populismus“ anknüpfen und in diesem Zusammenhang eine Anhörung durchführen wollen, werden wir im Gegenzug sehr deutlich machen, worum es uns geht: Wir wollen an dieser Stelle nicht ein Wahlkampfthema besetzen, sondern in der Sache diskutieren. - Ich hoffe, das wird Konsens in der weiteren Beratung sein.
Für einen weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Sandra Redmann aus der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte in Reaktion auf die Rede von Herrn Koch einen sehr persönlichen Beitrag bringen. Ich hoffe, dass der Redebeitrag von Herrn Koch - wir werden ihn morgen bekommen - möglichst oft in Schleswig-Holstein verschickt wird, damit die Menschen lesen können, was er gesagt hat. Ich möchte sinngemäß zitieren: Wir sollen nicht versuchen, die Welt zu retten, sondern wir sollen uns im beschaulichen Schleswig-Holstein mit den wirklich wichtigen Dingen beschäftigen. - Das haben Sie sinngemäß genau so gesagt, Herr Koch. Ich finde, das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Menschen in unserem Land,
- Ich möchte das bitte in Ruhe ausführen dürfen. Ich versuche, ihr beizubringen, was Courage bedeutet.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich! - Zuruf von der SPD: Sie können die Wahrheit nicht vertragen!)
- Herr Abgeordneter Kubicki, Frau Abgeordnete Redmann, wenn Sie etwas miteinander zu diskutieren haben, dann tun Sie das bitte draußen vor der Tür, damit wir in der Debatte fortfahren können.
Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich dem Herrn Abgeordneten Ulrich Schippels aus der Fraktion DIE LINKE das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Koch, Sie haben auch bei mir einen Reflex ausgelöst, sodass ich mich melden muss. „Ein beschauliches Schleswig-Holstein“ - Sie kommen aus Lübeck; dort können Sie jeden März das beschauliche Schleswig-Holstein genießen, wenn die Faschisten bei Ihnen durch die Straße laufen. Das von einem Lübecker hier zu hören, ist jenseits von Gut und Böse.
Herr Koch, auch das, was Sie sonst gesagt haben, ist infam, zum Beispiel gegenüber meiner Partei, DIE LINKE.
Ich will an dieser Stelle deutlich sagen: Wir waren damals gegen die schnelle Einführung des Euro. Wir haben aber nicht populistisch argumentiert, sondern wir wussten, dass Länder wie Griechenland
unter die Räder kommen würden. Wir wussten, dass ein Europa nur gegründet werden kann, wenn es eine soziale und wirtschaftliche Angleichung gibt, an dessen Schluss eine Währung stehen kann.
Deswegen haben wir gesagt: Das ist der falsche Weg. Wir brauchen kein wettbewerbsorientiertes Europa, sondern ein solidarisches Europa.
Sie sind einen anderen Weg gegangen. Sie sind verantwortlich dafür, dass das jetzt in die Binsen geht. Sie sind durch Ihre Politik - Sie haben sie hier wieder artikuliert - für rechtspopulistische Tendenzen verantwortlich.
Sie haben behauptet, mit unserer Ablehnung des EFSF-Schirms hätten wir an populistische Positionen angeknüpft. Das Gegenteil ist der Fall: Wir stehen auf der Seite derjenigen in Griechenland, die sich gegen das Diktat des IWF und der Europäischen Union wehren. Wir stehen auf der Seite derjenigen, die sich dagegen wehren, dass die Arbeiter rausgeschmissen werden. Wir stehen auf der Seite derjenigen, die sich gegen Sozialabbau wehren. Das ist garantiert nicht rechtspopulistisch, sondern Ausdruck von Solidarität, wie wir sie empfinden und von der wir meinen, dass sie richtig ist.
(Gerrit Koch [FDP]: Zu Lafontaine habe ich nichts gesagt! - Christopher Vogt [FDP]: Herr Stegner hat das gesagt!)
Mein Kollege Jezewski ist schon darauf eingegangen; ich möchte nur noch etwas hinzufügen. Oskar Lafontaine hat sofort öffentlich Stellung genommen und gesagt, dass es ihm leid tut und dass er das, was er gesagt hat, zurücknimmt. Er wollte etwas sagen gegen diejenigen, die diese Menschen aus Europa hier zu Hungerlöhnen arbeiten lassen. Das ist die Wahrheit, und das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Das, was Sie am Anfang gesagt haben, war in meinen Augen das Letzte. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, aber Sie behaupten, es sei populistisch, diese Entwicklung zu benennen. Das ist doch ein Witz hoch drei! Das Gegenteil ist der Fall.