Protocol of the Session on August 26, 2011

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Schluss mit der miesen Krankenhausfinanzierung in Schleswig-Holstein. - Hinter dieser Forderung hat sich heute ein Bündnis zu einem gemeinsamen Aktionstag und zu einer Demonstration zusammengefunden, das von Betriebs- und Personalräten über Gewerkschaften und Berufsorganisationen bis hin zum Marburger Bund und der Krankenhausgesellschaft reicht. Schon die Breite dieses Bündnisses zeigt, dass es um die Krankenhausfinanzierung in Schleswig-Holstein nicht gut steht und dass es hier dringenden Handlungsbedarf gibt.

(Beifall bei der LINKEN und der Abgeord- neten Dr. Marret Bohn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die heutige Demonstration wird getragen von der Erwartung der Menschen, die heute demonstriert haben, und von den Erwartungen der Ärzte und der Angestellten des Klinikums an die Landesregierung und an alle Landtagsabgeordneten und gesundheitspolitischen Sprecher, die heute vor der Tür waren, politische Initiativen zur Veränderung der Rahmenbedingungen bei der Krankenhausfinanzierung zu ergreifen. Diese Erwartungen richten sich auch an die im Landtag vertretenen Parteien und politischen Initiativen.

Die Klinikbeschäftigten fordern einen bundeseinheitlichen Basisfallwert, der durch eine schnelle Angleichung der unterschiedlichen Landesbasisfallwerte erreicht werden soll. Sie wollen eine Anglei

(Luise Amtsberg)

chung von unten nach oben auf das höchste Niveau, das gegenwärtig gilt.

(Beifall bei der LINKEN)

Im Oktober 2010 hat sich dieser Landtag zuletzt mit der Problematik der Benachteiligung der schleswig-holsteinischen Krankenhäuser durch die unterschiedlichen Basisfallwerte befasst. Alle Fraktionen des Landtags haben in der Debatte betont, dass unterschiedliche Basisfallwerte in den Bundesländern unsinnig sind. Für die Krankenhäuser in Schleswig-Holstein bedeutet dies, dass Mindereinnahmen in Millionenhöhe entstehen. Für die Landesregierung hat Minister Garg sein Bemühen dargestellt, im Bundesrat eine Änderung des GKV-Finanzierungsgesetzes zu erreichen, die den Weg zu einem bundeseinheitlichen Basisfallwert offenhält. Der Landtag hat damals in einem einstimmigen Beschluss diese Bemühungen des Ministers und der Landesregierung begrüßt. Damit ist das Problem aber keineswegs vom Tisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir danken Minister Garg natürlich dafür, dass er diese Bemühungen gestartet hat. Für uns als LINKE ist dies aber zu wenig. Wir sind der Meinung, dass die Landesregierung mehr Druck auf die Bundesebene ausüben muss, damit sich etwas bewegt. Ich denke, das Haus wird dies unterstützen.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Fraktion hat ihren Antrag nicht gestellt, um die Debatte vom Oktober 2010 einfach zu wiederholen. Nein, unser Antrag soll ein Signal an die Beschäftigten in den Krankenhäusern des Landes aussenden, dass dieser Landtag ihre Probleme ernst nimmt und sich an ihre Seite stellt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die aufgestellten Forderungen sind sehr wohl dazu geeignet, die wirtschaftliche Situation der Krankenhäuser in Schleswig-Holstein deutlich zu verbessern. Dafür zu sorgen, schulden wir nicht nur den Beschäftigten der Krankenhäuser, sondern auch den Menschen, die als Patienten auf die Leistungsfähigkeit der Krankenhäuser angewiesen sind. Wir brauchen einen einheitlichen Bundesbasisfallwert, und zwar so schnell wie möglich. Darunter verstehen wir einen einheitlichen Basisfallwert auf dem höchsten Niveau.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht um gleiche Bedingungen für alle, aber eben auch um Bedingungen, die eine auskömmliche Krankenhausfinanzierung für alle sicherstellen. DIE

LINKE versteht die Krankenhausfinanzierung allerdings als Teil des gesamten Gesundheitssystems, dessen Finanzierung zunehmend ungerecht geregelt ist. Das GKV-Finanzierungsgesetz war ein Schritt in die falsche Richtung. Es verschiebt Belastungen einseitig hin zu den Versicherten. Im gleichen Atemzug verschlechtert es die Kostendeckung der Krankenhäuser. DIE LINKE fordert dagegen eine grundlegende Änderung der Einnahmebasis der Krankenversicherung mit dem Ziel, die Reichen und Wohlhabenden dieser Gesellschaft stärker an der Finanzierung des Gesundheitssystems zu beteiligen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir unterstützen die heutigen Hauptforderungen der Demonstranten, die möglichst schnell den bundeseinheitlichen Basisfallwert wollen. - Ich bin jetzt ein bisschen in Bedrängnis, weil die Zeit abläuft. Sie wollen die Umsetzung einer Refinanzierung der Krankenhäuser, die sich vernünftigerweise an den wirklichen Kosten orientiert und nicht mehr am Grundlohnsummenmodell. Sie wollen eine gesetzliche und dauerhafte Regelung der Personalbemessung in der Pflege.

Jede Gefährdung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung des Landes berührt ureigene Interessen des Landes Schleswig-Holstein. Es gibt die Möglichkeit, über den Bundesrat und über Initiativen im Bundesrat politischen Druck auf die Bundesregierung auszuüben. Das Land ist für die personelle Situation und für die Ausstattung der Krankenhäuser zuständig. Hier muss sich möglichst schnell etwas verändern.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit das Personal bei der Versorgung der Patienten nicht am Rand seiner Kräfte ist, müssen wir genug Geld zur Verfügung stellen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Menschen auf der Straße, die heute vor dem Landeshaus waren, wollen, dass der Landtag und die Landesregierung alle Möglichkeiten nutzen. Wir wollen es mit ihnen. Ich denke, die Zitronen, die heute den Fraktionen überreicht worden sind, zeigen, wie es um die Krankenhäuser steht. Das ist eine miese Krankenhausfinanzierung, und das müssen wir möglichst schnell ändern.

(Beifall bei der LINKEN)

(Antje Jansen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abgeordneter Ursula Sassen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn ich die Begründung der Kollegin Jansen für ihren Antrag höre, muss ich sagen: Wir können nicht jedes Mal, wenn wir Demonstranten ernst nehmen wollen, gleich eine Bundesratsinitiative starten, zumal das ja schon geschehen ist. Ihren Antrag - das kann ich gleich vorweg sagen - werden wir ablehnen, weil es ein reiner Claqueur-Antrag ist, der das Niveau einer aussichtsreichen Bundesratsinitiative auch nicht im Ansatz erreicht.

Wie Sie alle wissen, haben wir uns bereits 2005 in der Großen Koalition darauf verständigt, eine gemeinsame Bundesratsinitiative zu ergreifen. Diese Forderung wurde auch umgesetzt und auch von der CDU/FDP-Koalition erhoben, da nicht hinzunehmen war und nicht weiter hinzunehmen ist, dass Schleswig-Holsteins Krankenhäuser dafür bestraft werden, dass sie nach wie vor sparsam und wirtschaftlich arbeiten, Betten abgebaut haben, Personal eingespart haben, um Kosten zu reduzieren. Die Demonstration hat ganz deutlich gezeigt, dass das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Darüber sind wir uns alle einig. Nichts geht mehr! Daher die symbolhaften Zitronen.

Am 15. Oktober 2010 hat der Bundesrat auf Initiative von Schleswig-Holstein mehrheitlich für einen bundeseinheitlichen Basisfallwert gestimmt. Damit haben wir die erste Hürde genommen. Leider wurde diese Initiative im Gesetz nicht berücksichtigt, sodass nur ein Teilerfolg erzielt werden konnte. Statt eines erhöhten bundeseinheitlichen Basisfallwertes sieht das Gesetz lediglich eine Annäherung an einen einheitlichen Wert bis 2014 vor, der als sogenannter Basiskorridor Abweichungen von 1,25 % unterhalb und 2,5 % oberhalb eines Durchschnitts zulässt.

Schleswig-Holsteins Krankenhäuser haben dadurch immerhin bis Ende 2014 einen jährlichen Zuwachs. Wir können daher nicht einfach so tun, als wäre nichts erreicht worden. Das, was wir bisher erreicht haben, ist schön, aber wir sind uns alle darüber einig, es ist noch nicht zufriedenstellend. Es muss nach wie vor das Ziel der Landesregierung sein, im Rahmen einer zweiten Konvergenzphase im Zeitraum von 2015 bis 2019 den punktuellen Basisfallwert zu erreichen.

Das Ganze läuft. Der Minister arbeitet daran. Manchmal ist es besser, kontinuierlich im Einvernehmen mit den Partnern, die man dafür braucht, weitere Erfolge zu erzielen und sie mit ins Boot zu nehmen. Wir glauben, dass ein neuer Antrag für eine Initiative zum jetzigen Zeitpunkt nicht erforderlich ist, sondern dass es einen Weg geben wird und dass weiterhin mit allen Kräften daran gearbeitet wird.

Im Juni dieses Jahres sollte ein Gutachten in Auftrag gegeben werden. Das Ergebnis wird bis 2012 erwartet. Das soll Aufschluss darüber geben, wie es überhaupt zu unterschiedlichen Basisfallwerten in den einzelnen Ländern, die sich ja jetzt noch so sträuben, von ihrem hohen Niveau herunterzukommen, gekommen ist. Dann wird man Maßnahmen ergreifen und vielleicht auch diese Länder dazu bewegen können, sich dem punktuellen Basisfallwert anzugleichen.

Natürlich hilft uns das im Moment nicht weiter. Die Kundgebung hat deutlich gemacht, wie sehr es brennt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Krankenhäuser vor dem Landeshaus haben nicht, wie es bei anderen Demonstrationen üblich ist, die Durchsetzung irgendwelcher Forderungen von Interessengruppen verlangt, sondern hier geht es um etwas, was uns alle betrifft. Die Tragweite ist uns klar. Die Demonstration ist ein Appell an die Politik, nicht nur die finanzielle Situation der Kliniken, sondern auch die Rahmenbedingungen für Medizin und Pflegekräfte zu verbessern. Fachkräftemangel in den Krankenhäusern, das wissen wir, und das wurde auch wieder deutlich, führen zu einer Überlastung und Demotivation des Personals.

Ich hoffe, dass das Berufsbild und die Verordnungen für die Ausbildung bald auf den Tisch kommen, um in den schleswig-holsteinischen Krankenhäusern den Patienten eine optimale Behandlung zukommen zu lassen. An Know-how, Innovation und Engagement aller Beteiligten in den Krankenhäusern fehlt es nicht.

Mit unserem Antrag für einen bundeseinheitlichen Basisfallwert wollen wir Minister Dr. Garg bei seinen Bemühungen auf dem Weg dorthin stärken, damit die Benachteiligung der Krankenhäuser endlich ein Ende hat.

Wir werden den Antrag der Opposition ablehnen, da wir meinen, dass das Verfahren, das wir gewählt haben, im Fluss ist und sich Verhandlungen - da setze ich auf den Minister - abzeichnen. Das hindert uns aber nicht daran, die anderen anstehenden Probleme und Baustellen, die es noch gibt, gerade im

Pflegebereich, endlich zügig anzugehen, sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene. Auf Bundesebene fehlt mir da noch ein bisschen die Beharrlichkeit.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Herrn Abgeordneten Bernd Heinemann das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über 3.000 Menschen insgesamt hier vor der Tür, immerhin noch 2.500 haben auf der Straße in eindrucksvoller Weise stellvertretend für die 35.000 Menschen in der stationären Krankenversorgung ihr Anliegen vorgetragen.

Gesundheitsminister Jansen war es, der in die Krankenhausplanung den Begriff der Effizienz eingeführt hat. Wir waren in Schleswig-Holstein über lange Zeit federführend. Die folgende Optimierung führte aber im Ergebnis zu den niedrigsten Basisfallwerten, weil Verschwenden im Ergebnis offensichtlich mehr Bedarf zum Ausdruck bringt. Das wollte Ministerin Trauernicht schließlich wieder geradebiegen. Ein Oppositionsabgeordneter wollte die damalige Ministerin Trauernicht 2008 sogar zum Jagen tragen. Aber diese Einladung kam zu spät; denn sie hatte bereits 14 Tage zuvor in der Gesundheitsministerkonferenz im Schloss Plön den einstimmigen Beschluss für einen bundeseinheitlichen Basisfallwert ab 2015 erkämpft.

Diese Errungenschaft hat dann Schwarz-Gelb unter Führung ihrer FDP-Minister wieder gekippt und preist nun gar einen Rettungskorridor an. Das klingt zwar tröstlich, nur stehen wir in dem Korridor mit anderen sparsamen Ländern gemeinsam hinten, weit weg von den Schatzkammern höherer Basisfallwerte, in denen sich andere Länder weiterhin bedienen können. Das ist auch in einem begrenzten Raum weiterhin ungerecht. Ein Vorteil dieser einseitigen Verknappung ist weder für die Versicherten noch für die Bediensteten erkennbar. Wem, bitteschön, sollte eine drohende Insolvenzspirale auch nutzen?

Was das für unseren einzigen Maximalversorger bedeutet, ist klar: Wenn das UKSH mit der jetzigen Ausstattung und dem jetzigen Umfang allein stehen würde, hätte es 85 Millionen € mehr in der Kasse. Allein das ist schon ein Indiz dafür, wie man einen

Maximalversorger sturmreif bekommt. - Das alles zulasten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zulasten der Infrastruktur. Die Privatisierung gibt der qualifizierten Versorgung und Ausbildung dann vielleicht noch den Rest. Das ist ein Rückschritt, meine Damen und Herren!

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

Aber der über die Löhne und Gehälter ausgetragene Dumpingwettbewerb ist als marktliberales Element ja gerade gewollt. Wir, die SPD-Fraktion, sagen: Das ist unsolidarisch, es ist auf Dauer teuer, und es ist hochgefährlich für unsere Haushalte im Lande und letztlich für den sozialen Frieden.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen statt eines ruinösen Preiswettbewerbs einen zielführenden Qualitätswettbewerb mit kostendämpfender Nachhaltigkeit.

Meine Damen und Herren von den regierungstragenden Fraktionen, für viele Beschäftigte ist es schon jetzt fünf nach zwölf. Sie leiden unter den zunehmenden psychischen und physischen Belastungen in der stationären Arbeit derart, dass sie den Anforderungen ihres schweren Berufes oft kaum noch gerecht werden können.

Fragen Sie die Beschäftigten. Besuchen Sie zum Beispiel die Pflegekräfte am Arbeitsplatz. Das haben wir getan. Die SPD-Fraktion hat im Juni ein Pflegepraktikum durchgeführt. Machen Sie es wie wir, hören und sehen Sie gut zu. Wir haben deutlich vor Augen geführt bekommen, was Pflegearbeit bedeutet. Schließen Sie sich uns an und sehen Sie sich durch die Brille der Beschäftigten und der Patientinnen und Patienten die stationären Arbeitsbedingungen an. Wir haben das getan, und wir sind entsetzt, meine Damen und Herren.