Protocol of the Session on August 26, 2011

(Vizepräsidentin Marlies Fritzen)

und zur Kenntnis genommen. Ich erinnere mich noch sehr gut an die Phase lange vor Einsetzung des Ersten Parlamentarischen Untersuchungsausschusses in der letzten Legislaturperiode, als die Krise auf ihrem Höhepunkt war und einige gesagt haben, man sollte das Gebäude der HSH Nordbank abschließen und den Schlüssel in die Förde schmeißen. Ich denke, dieses Land hat eine hervorragende Arbeit geleistet, zusammen mit den Mitarbeitern der Bank, zusammen mit den Vorständen, um jetzt auf einen vernünftigen Weg zu kommen. Das sollten wir heute nicht kleinreden, auch nicht durch diese neuen Informationen.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen und schließe daher die Beratung. Ich stelle zunächst einmal fest, dass der Berichtsantrag Drucksache 17/1753 durch die Berichterstattung der Landesregierung seine Erledigung gefunden hat. Der Debatte habe ich entnommen, dass gern im Ausschuss weiterdiskutiert werden soll. Ich sage Ihnen dazu, dass Überweisungen von mündlichen Berichten nicht mehr vorgesehen sind, aber die Erörterung dieses Themas natürlich im Rahmen des Selbstbefassungsrechtes jederzeit möglich ist.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und -führer haben sich darauf verständigt, die Tagesordnungspunkte 33 und 26 noch vor der Mittagspause aufzurufen. Das könnte aber auch bedeuten, dass wir durchtagen.

In jedem Fall rufe ich jetzt Tagesordnungspunkt 33 auf:

a) Schleswig-Holstein ohne Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen

Antrag der Fraktionen von SPD, DIE LINKE und SSW Drucksache 17/294 (neu)

b) Sicherung der Gentechnikfreiheit im Anbau sowie in der Nahrungsmittelkette

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/390

Antrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/420

Bericht und Beschlussempfehlung des Umwelt- und Agrarausschusses Drucksache 17/1443 (neu)

Ich erteile dem Herrn Berichterstatter des Umweltund Agrarausschusses, dem Abgeordneten Klaus Klinckhamer, das Wort.

Ich verweise auf die Vorlage!

Vielen Dank für diesen Bericht. Wortmeldungen zum Bericht sehe ich nicht. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile für die CDU-Fraktion dem Kollegen Rickers das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben gestern schon über ein Thema gesprochen, bei dem es um Grünlanderhalt auf Moorstandorten ging. Aus Sicht meiner Fraktion hätten wir uns das ersparen können. Damit spreche ich eindeutig aber nur die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an. Heute befassen wir uns in einer anderen Debatte erneut mit einem thematisch bereits abgearbeiteten Antrag.

In der 17. Legislaturperiode haben wir diesen Antrag im Umwelt- und Agrarausschuss und im Europaausschuss bereits in fünf Sitzungen inklusive einer Anhörung ausführlich behandelt und darüber abgestimmt. Hinzu kommen die beiden intensiven Debatten in diesem Hohen Haus. Dass wir uns also nicht eingehend mit diesem Thema Gentechnik beschäftigt hätten, kann uns wirklich niemand ernsthaft vorwerfen. Wenn Ihnen von der Opposition die Beratungsergebnisse nicht unbedingt gefallen, mag das für Sie problematisch sein. Nun aber bereits alle dargelegten Argumente erneut aufzuwärmen, führt zu keinen neuen Erkenntnissen. Aus diesem Grund werde ich mich kurzfassen und nur auf die drei Schwerpunkte zum Thema GVOs eingehen.

Erstens. Die von Ihnen geforderte rechtssichere Entscheidungsfreiheit auf nationaler Ebene zum Anbau von GVOs ist nach wie vor auf EU-Ebene nicht entschieden. Die Europäische Kommission hat dazu Vorschläge unterbreitet. Danach sollen die Mitgliedstaaten für sich nationale Verbote ausspre

(Peter Sönnichsen)

chen können. Eine abschließende Entscheidung im europäischen Parlament steht noch aus.

Aus meiner Sicht werden wir auch in dieser Legislatur das Ergebnis nicht mehr erwarten.

Zweitens. Das Thema Nulltoleranz beim Saatgut oder nicht zugelassenen Futtermitteln wurde hinreichend diskutiert. Auch hier gibt es nichts Neues. Beim Saatgut gilt die absolute Nulltoleranz, deren praktische Umsetzung leider zu immer mehr Problemen führt. Aus diesem Grund plädieren wir nach wie vor für eine sogenannte technische Null. Damit wird statistisch mit einem für alle Beteiligten gleichen Beprobungsverfahren die absolute Nulltoleranz für Saatgut auch weiterhin abgesichert und gewährleistet.

Drittens. Deutlich mehr Rechtssicherheit bei Agrarimporten bieten technische Lösungen, wie sie auf europäischer Ebene für Futtermittel gelten. Hier haben wir eine praktikable Lösung, die sicherstellt, dass Partien, die im Exporthafen mit zertifizierten Methoden beprobt wurden, in Europa nach gleichen Vorgaben nachuntersucht werden und nicht abgewiesen werden müssen. Das ist praktikabel und ein guter Weg.

Meine Damen und Herren, Sie sehen also, dass die heutige Debatte als überflüssig angesehen werden kann. Die Beschlussempfehlung des federführenden Umwelt- und Agrarausschusses liegt vor. Ich möchte Ihnen ein ewiges Wiederholen von abgearbeiteten Themen ersparen. Aus diesem Grunde werden wir als regierungstragende Fraktion gemeinsam mit unserem Koalitionspartner die Anträge der Opposition ablehnen und dem unsrigen zustimmen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Abgeordneter Lothar Hay das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rickers, es gibt etwas Neues seit April 2011, weil Sie sagten, es gibt nichts Neues. Anfang Juli 2011 hat das Europäische Parlament eine Entscheidung getroffen, nicht die Kommission. Das Parlament ist wichtiger als die Kommission.

Lassen Sie mich aber einige wenige Anmerkungen machen, weil ich immer noch der Meinung bin, dass dies ein Thema ist, das mehr Aufmerksamkeit

verdient als nur bei denjenigen, die nach der Debatte über die HSH Nordbank nicht geflüchtet sind.

Es gibt in Deutschland mehr als 30.000 Bäuerinnen und Bauern, die sich schon im 190 gentechnikfreien Regionen zusammengeschlossen und erklärt haben, sie wollen auf gentechnisch veränderte Pflanzen verzichten. Die CSU ist weiter als die CDU in Schleswig-Holstein. 2009 hat sich der CSU-Umweltminister klar für ein Selbstbestimmungsrecht bei der Gentechnik ausgesprochen. Hier spielt der Einfluss der katholischen Kirche sicher eine große Rolle. Die Hamburger Bürgerschaft - ich habe mehrfach darauf hingewiesen - hat im Februar 2010 fraktionsübergreifend beschlossen, auf Gentechnik zu verzichten. Dieser Beschluss ist auch durch neue Mehrheitsverhältnisse nicht aufgehoben worden. Weitere Bundesländer sind diesem Beispiel gefolgt: Thüringen, Nordrhein-Westfalen. Portugal hat Madeira zur gentechnikfreien Region erklärt.

Jetzt kommt es. Am 5. Juli dieses Jahres verabschiedete das Europäische Parlament mit großer Mehrheit eine Regelung für ein Verbot von gentechnisch veränderten Organismen durch einzelne Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Bevor - das ist der entscheidende Punkt - das Gesetz in Kraft treten kann, müssen sich allerdings das Europäische Parlament und der Ministerrat darüber einigen, wie es konkret ausgestaltet werden soll. Ich bin der großen Hoffnung, dass man erkennt, wie wichtig es ist, dies schnell umzusetzen.

Wir haben uns in Schleswig-Holstein mit diesen Anträgen entsprechend beschäftigt. Vorgeschlagen wird durch die Regierungsmehrheit die Koexistenz landwirtschaftlicher Anbauformen. Da stellt sich für mich die Frage: Ist eine Koexistenz von herkömmlichen und gentechnisch veränderten Pflanzen möglich? Ich nehme es gleich vorweg. Die Antwort aus Sicht der Sozialdemokraten ist klar: Nein, es geht nicht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der LINKEN)

Das Bundesverfassungsgericht hat am 29. November 2010 in einer Entscheidung die Richtigkeit und die Zweckmäßigkeit der Regelung des derzeit geltenden Gentechnikgesetzes bestätigt. Nun kommt es: Es hat aber auch darauf hingewiesen, dass die Ausbreitung von gentechnisch verändertem Material, einmal in die Umwelt eingebracht, schwer oder gar nicht begrenzbar sei. Zudem seien die langfristigen Folgen des Einsatzes der Gentechnik wissenschaftlich noch nicht geklärt.

(Heiner Rickers)

Nun wird von den Befürwortern der Grünen Gentechnik immer wieder behauptet, dass durch die GVOs - das ist die Abkürzung - die Erträge gesteigert werden könnten und damit eine Ernährungssicherheit für die zunehmende Weltbevölkerung gewährleistet werden könnte. Dem entgegne ich: Der Welthunger ist kein Produktions-, sondern ein Verteilungsproblem.

Von den Befürwortern wird behauptet, durch GVOs sei ein effizientes Unkrautmanagement möglich durch mehr Widerstandskraft durch herbizidresistente Pflanzen, und die Umwelt werde geschont aufgrund eines geringeren Pestizideinsatzes. Dem entgegne ich, dass gezüchtete Resistenzen nach einiger Zeit wieder herauswachsen. Genmanipulierte Kulturpflanzen haben in den USA zur Erhöhung des Pestizideinsatzes geführt. Ursache sind zunehmende Resistenzbildungen der Ackerunkräuter, sogar Mehrfachresistenzen.

Gentech-Weizen, der unter Glas Vorteile bietet, ist auf freiem Feld den Ursprungssorten unterlegen und häufiger mit Mutterkorn verseucht. Das haben Versuche der Universität Zürich ergeben. Gentechnisch veränderte Organismen vermischen sich zum Beispiel in Kanada seit Jahren mit herkömmlichen Pflanzen. In Kanada kann kein gentechnikfreier Raps mehr angebaut werden. Koexistenz ist also unmöglich.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört, hört!)

Durch Koexistenz geht die Wahlfreiheit verloren. Aus meiner Sicht ist Koexistenz nichts anderes als eine Markteinführungsstrategie.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer steckt dahinter? Wer sich also für die Koexistenz einsetzt, erhöht die Abhängigkeit der Landwirte von weltweit wenigen Konzernen, die entsprechendes Saatgut herstellen. Zu 90 % stammt das von der Firma Monsanto aus den USA. Man muss nicht lange darüber nachdenken, wofür Monsanto auch sonst noch verantwortlich ist.

Eine im Oktober 2010 vom Bundesamt für Naturschutz durchgeführte Umfrage ergab, dass 87 % der Befragten den Einsatz der Grünen Gentechnik ablehnen. Eine im März 2011 gestartete öffentliche Petition für ein Zulassungsverbot von gentechnisch veränderten Pflanzen haben innerhalb von drei Wochen online über 60.000 Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet. Mit inzwischen mehr als 100.000 Unterschriften ist es die erfolgreichste Pe

tition in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung vom 24. November 2010 auf die besondere Sorgfaltspflicht des Gesetzgebers in Artikel 20 a des Grundgesetzes hingewiesen. Dort ist der Auftrag formuliert: in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen.

Lassen Sie mich schließen mit einer fernöstlichen Weisheit - Experten sagen, sie stamme aus der Mongolei -: Man kann im Leben nicht alles erreichen, was man will, aber man kann erreichen, nicht alles zu wollen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nun wünscht der Herrn Abgeordnete Carsten-Peter Brodersen das Wort. Ich erteile es ihm hiermit.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! „Und täglich grüßt die Grüne Gentechnik“, so könnte in Anlehnung an einen amerikanischen Film ob der immer wiederkehrenden Debatte in diesem Haus für dieses Thema eine Überschrift heißen.

Die Grüne Gentechnik ist in Europa ein umstrittenes Thema, in Nord- und Südamerika Normalität. Weil es in Europa umstritten ist, muss dieses Thema natürlich ausführlich diskutiert werden. Dies haben wir im Ausschuss und in den vorangegangenen Landtagsdebatten ausgiebig getan, und die Positionen der einzelnen Fraktionen dürften klar sein.

Ich werde in dieser Rede versuchen, mich einigen Anschuldigungen der Gentechnik gegenüber zu widmen, die schlichtweg einer sachlichen wissenschaftlichen Diskussion im Wege stehen. Man muss sich bei dieser Debatte bewusst machen, dass die Weiße Gentechnik seit Jahren einen anerkannten und wichtigen Beitrag leistet und in keinem Maße verteufelt wird. Nur als Beispiel sei hier die Herstellung von künstlichem Insulin genannt. Bei der Grünen Gentechnik müssen wir beginnen, jenseits emotionaler Aspekte auf sozialer, ökologischer und ökonomischer Ebene zu diskutieren. Ebenso müssen wir uns intensiv mit dem wichtigsten Faktor, dem mündigen Verbraucher, auseinandersetzen.