Wie es weiter begründet sein soll, bei der Eintragung von nach 1950 errichteten Bauwerken das Landesdenkmalamt zu entmündigen - nicht nur da -, bleibt Ihr Geheimnis. Vermutlich ist da der Antimodernismus in der CDU die treibende Kraft. Aus Fachkreisen erreichen uns bereits Stellungnahmen. Stellvertretend nenne ich ICOMOS, der vielleicht dem einen oder anderen bekannt ist, der jetzt munter vor sich hin lächelt.
Wie aus dem Umfeld des Welterbekommitees zu erfahren ist, läuft die Welterbestätte Altstadt von Lübeck Gefahr, auf die rote Liste zu gelangen. Der Antrag Viking Culture scheint auch gefährdet zu sein. Das Verhalten von Schleswig-Holstein - so heißt es von dort - sei nicht mit § 5 der Welterbekonvention vereinbar. Darin heißt es sinngemäß, dass sich die Vertragsstaaten verpflichten, dem kulturellen Erbe generell eine bedeutende Stellung im gesellschaftlichen Leben zu geben und es zu halten.
Wir halten unseren Gesetzentwurf aufrecht. Jetzt wissen Sie auch, warum ich mich auf die Ausschussberatungen freue.
Herr Abgeordneter Müller, ich habe eine Frage: Können Sie mir sagen, welche Fassung des Gesetzentwurfs dem „Umfeld“ des Wetlerbekommitees vorlag?
- Das war der letzte Entwurf und nicht der Entwurf der FDP, der eigentlich gar kein Entwurf ist. Es lag der gemeinsame Entwurf vor. Er trägt das Datum vom 23. Juni 2011. Ich glaube, lesen können die auch.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vorab vielleicht zu Ihnen, Herr Müller: Ich weiß nicht, welches Arbeitspapier in welcher Fassung und Form Sie erhalten haben oder Herr Saxe erhalten hat, aber dass Lübeck jemals angetastet werden sollte
Frau Präsidentin, mit Ihrer Erlaubnis möchte ich aber mit einem Zitat des französischen Journalisten und Historikers Pierre Gaxotte beginnen, das lautet:
einen archäologischen Fund, eine Park- oder Gartenanlage oder, wie ganz neu im Gesetz verankert, ein technisches Kulturdenkmal, sind sie als Kulturdenkmäler alle sichtbare Zeichen, an denen wir die jeweilige Geschichte unserer Gesellschaft und deren Zeitgeist ablesen können.
Es gilt nicht nur, den Blick auf alte Parkanlagen, Schlösser oder Gutshäuser zu lenken, sondern das gilt gleichermaßen auch für die Kulturdenkmäler, die gerade einmal 30 Jahre alt sind. Bei Gebäuden jüngeren Datums kommt bei vielen die subjektive Betrachtungsweise von schönen oder weniger schönen Gebäuden aus den 50er- oder 60er-Jahren zur Sprache,
aber Denkmalpflege ist kein Schönheitswettbewerb. Schönheit liegt bekanntermaßen immer im Auge des Betrachters. Hier und genau hier gilt es, nach einzelnen Kriterien abzuwägen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, eine wichtige Neuerung aus unserem Entwurf ist die Einführung der Jahreszahl 1950 in § 5 Abs. 1. Eine Unterschutzstellung von Bauten nach 1950 bedarf noch einmal eines zweiten Blickes der obersten Denkmalschutzbehörde.
Unserer Meinung nach ist es gerade bei Nachkriegsbauten und Bauten jüngeren Datums in den vergangenen Jahren immer wieder zu unbefriedigenden Lösungen für alle Beteiligten gekommen. Da denke ich insbesondere an die Fälle des Rathauses von Elmshorn,
an die Unterschutzstellung von Teilen der Christian-Albrecht-Universität oder auch an die Berufsschule in Rendsburg. Bei Nachkriegsbauten, die unter Schutz gestellt werden sollen, ist anzumerken, dass es sich oftmals um öffentliche Gebäude oder um Gebäude mit Besucherverkehr handelt, die aufgrund der oft knappen oder unzureichenden Baumaterialien der damaligen Zeit den Anforderungen der heutigen Zeit nicht entsprechen.
Frau Funke, Sie haben darauf hingewiesen, dass Denkmalschutz keine Frage der Schönheit ist. Würden Sie mir sagen, warum Sie ausgerechnet die Jahreszahl 1950 gewählt haben, um einen Systembruch zu begehen und nicht 1948 oder 1962?
- Ich hatte eben schon Zwischenrufern gesagt, sie sollen einfach einmal meinen Erläuterungen folgen, weil ihnen das dann klar wird. Ich war gerade dabei, Ihnen das zu erzählen, und zwar geht es speziell um Nachkriegsbauten. Nachkriegsbauten fangen nach 1950 an und nicht davor.
- Es ist eine glatte Zahl. Wir haben uns für 1950 entschieden. Damit ist ganz klar, dass es sich um Nachkriegsbauten handelt.
Hier bedarf es nach unserer Ansicht einer genauen Abwägung zwischen der Unterschutzstellung und dem Erhalt von Kulturgütern sowie den Anforderungen an Energieeffizienz, Arbeitsschutzrichtlinien und den Gesundheitsschutz der Bürgerinnen und Bürger, die in den Gebäuden arbeiten oder einund ausgehen. Auch wenn es um Mietshäuser neueren Datums geht, die durch eine Unterschutzstellung in ihrer Wirtschaftlichkeit gefährdet sind, weil sie nach den heutigen Ansprüchen der Mieter nicht so saniert werden können, bedarf es eines zweiten Blicks der Obersten Denkmalschutzbehörde. Wir gehen davon aus, dass dadurch in Zukunft die Anzahl von Ärgernissen auf beiden Seiten erheblich reduziert wird.
Meine Damen und Herren, ein weiterer Schwerpunkt der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes zeigt sich in der gesetzlichen Stärkung der Eigentümerinteressen in § 6 des Gesetzentwurfs, nach dem bei zukünftigen Maßnahmen auch immer deren wirtschaftliche Belange zu prüfen sind. Denkmalschutz jeglicher Form bedeutet oftmals einen Eingriff in die Eigentumsrechte, und hier bedarf es einer besonders sorgfältigen Abwägung. Zudem könnte die Opposition den Eigentümern selbst auch
ein bisschen mehr vertrauen. Die Eigentümer sind selbst in der Regel auf ihr Juwel stolz und haben ein ureigenes Interesse daran, es auch zu erhalten.
Diese Gesetzesnovelle beinhaltet Präzisierungen, die zukünftig im Umgang mit Denkmalpflege für mehr Praktikabilität sorgen werden. So wird beispielsweise der Umgebungsschutz konkretisiert, sodass übergroße Reichweiten - wie Teile der Rechtsprechung den Umgebungsschutz auslegen, nämlich „soweit das Auge reicht“ - ausgeschlossen werden können.
In § 7 Abs. 2 des Entwurfs wird die Erteilung der Genehmigung mit der gebundenen Rechtsfolge angeordnet, soweit der Denkmalwert nicht erheblich beeinträchtigt wird. Das bedeutet ganz praktisch, dass künftig geringfügige Beeinträchtigungen des Kulturdenkmals, zum Beispiel wenn es um die Energieeinsparung, die energetische Sanierung und Modernisierung oder auch die Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung geht, nicht mehr zwangsläufig einer Genehmigung bedürfen.
Zum Abschluss möchte ich - mit Erlaubnis der Frau Präsidentin - noch etwas zitieren, und zwar einen Ausspruch des österreichischen Bühnenschriftstellers Fritz Grünbaum:
Die Fraktionen von CDU und FDP sind dem gefolgt. Wir haben nachgedacht, gehandelt und nach zahlreichen Expertengesprächen in den einzelnen Fraktionen, aber auch gemeinsam, das ursprünglich aus den 50er-Jahren stammende Denkmalschutzgesetz den Anforderungen der heutigen Zeit angepasst.