Protocol of the Session on November 19, 2010

Übrigens, falls Sie es noch nicht wussten: Es gibt auch männliche Gleichstellungsbeauftragte in Schleswig-Holstein. Erkundigen Sie sich einmal bei ihnen!

Ich würde beiden Seiten empfehlen: Reden Sie nicht nur mit den Gemeinden, die etwas nicht tun wollen. Reden Sie einmal mit denen, die etwas getan haben! Gehen Sie einmal zu den Kinder- und Jugendbeiräten, zu den Kinder- und Jugendparlamenten, gehen Sie zu den Gleichstellungsbeauftragten und erkundigen Sie sich erst einmal, was in Schleswig-Holstein geschaffen wurde. Dann können wir gern im Ausschuss noch einmal gemeinsam darüber reden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Siegrid Tenor-Alschausky das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Wortbeiträge der Kollegin Funke und des Kollegen Kalinka haben mich - das wird Sie nicht verwundern - noch einmal ans Rednerpult getrieben.

Frau Funke, Sie haben trotzdem, wenn sicherlich auch rhetorisch gemeint, die Frage gestellt, was der Sinn dieser Anträge sei.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Welche Anträge denn?)

Jeder, der Ihren Redebeitrag und die beiden Redebeiträge von Herrn Kalinka heute gehört hat, weiß, wie dringend notwendig diese Anträge waren.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

Das ist ja nun eine beliebte Strategie: Man unterbreitet ein Konvolut an Vorschlägen, darunter auch einige, die unsere Gesellschaft grundlegend verändern, wie zum Beispiel die Abschaffung der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten, und hofft, es merkt niemand. Es merkt doch jemand. Deshalb ist es wichtig, darüber zu diskutieren, welche Position die verschiedenen Fraktionen zu diesen Themen haben.

Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka zu?

Frau Kollegin, haben wir unsere Position und unsere Meinung zu diesen Themen bisher verschwiegen?

- Das kann ich so nicht sagen.

(Zurufe von CDU und FDP: Ah!)

- Lachen Sie nicht zu früh. Ich kenne aus Ihrer Fraktion sehr viele unterschiedliche Positionen in diesen Fragen. Deshalb ist es hilfreich, Klarheit zu erhalten, indem Positionen der CDU-Fraktion im Land Schleswig-Holstein im Protokoll niedergeschrieben werden.

Eines möchte ich noch ansprechen. Herr Kalinka, Sie haben auf die recht eindrucksvolle Debatte Bezug genommen, die wir anlässlich der Aufnahme der Kinderrechte in unsere Verfassung geführt haben. Ich möchte Sie nur daran erinnern, dass mehrere Rednerinnen darauf hingewiesen haben - insbesondere meine Kollegin Midyatli -, dass wir uns jetzt nicht zurücklehnen und zurückziehen dürfen, wenn es konkret wird. Das, was Frau Redmann soeben ausgeführt hat, dass nämlich die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen herzlich wenig Kosten verursacht, sondern die Bereitschaft voraussetzt, sich mit Kindern und Jugendlichen auf einen demokratischen Prozess zu begeben, will ich jetzt nicht wiederholen; aber genau das verstehen wir unter der Konkretisierung von Kinderrechten, damit dies nicht nur ein Artikel in unserer Verfassung bleibt.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, der LINKEN und SSW)

(Sandra Redmann)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erhält jetzt die Frau Abgeordnete Silke Hinrichsen von der SSW-Fraktion das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kalinka, vielen Dank noch einmal für diese freundlichen Hinweise. Ich darf darauf noch einmal sagen, dass es in dem Flächenland Schleswig-Holstein wichtig ist, die Kinder und Jugendlichen zum Beispiel zu den Themen Busfahrpläne und Schulwegsicherung zu hören.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Viele Eltern wissen nämlich nicht unbedingt, was tatsächlich der sichere Weg ist. Die Kinder und Jugendlichen wissen das wesentlich besser.

Eine Frage haben Sie mir leider nicht beantwortet: Warum sind die Veranstaltungen, die die Kreise im gesamten Schleswig-Holstein betreffen, so gestaltet worden, dass Kinder und Jugendliche nicht eingeladen wurden, um über ihre eigenen Beteiligungsrechte mitreden zu können? Die fanden nämlich erst ab 19 Uhr statt.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Das ist etwas, was ich Ihnen wirklich vorwerfe. Es kann nicht richtig sein, das in dieser Art und Weise zu machen.

(Zuruf)

- Richtig, Sie haben nicht eingeladen, das war der Herr Innenminister.

Unabhängig davon finde ich das Lächerlichmachen von Kinder- und Jugendbeteiligung nicht richtig.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Richtig ist, dass es hierfür verschiedenste Instrumente gibt. Jugendratsversammlungen und Ähnliches, die eine Nachbildung der einzelnen Gemeindevertretersitzungen sein sollen, können auch nach meiner Ansicht keine Kinder- und Jugendbeteiligung sein. Richtig ist es aber, in den einzelnen Stadtteilen, wie beispielsweise in Flensburg, Versammlungen durchzuführen, auf denen die Kinder und Jugendlichen zu Wort kommen, um ihre Probleme darzustellen. Es geht nicht darum, solche steifen und praxisfernen Veranstaltungen zu machen, indem man sagt: Kommt alle ins Rathaus,

und wir machen eine Jugendratsversammlung. Das ist es ganz bestimmt nicht.

Die Beteiligung hat bei Busfahrplänen, bei Spielplatzgestaltung und anderem stattzufinden. Das kann man nicht einfach ins Lächerliche ziehen.

(Werner Kalinka [CDU]: Das tun wir doch gar nicht!)

- Doch, das haben Sie gerade getan. Sie haben gefragt, was das soll. Ich kann es Ihnen sagen: Als Fahrschülerin, die jeden Tag fahren musste, kam es für mich ganz entscheidend darauf an, dass ich nicht abgehetzt zum Bus laufen musste, wobei ich mehrere Straßen queren musste. Das ist wichtig. Das können die Eltern häufig nicht nachvollziehen, weil sie nämlich auch nicht mit schweren Schultaschen durch die Gegend laufen müssen.

(Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Zu einem weiteren Dreiminutenbeitrag erteile ich Herrn Abgeordneten Jezewski das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Kalinka, es ist schon eine rhetorische Pirouette ersten Grades, sogar eine doppelte, Sanktionen gegen Gemeinden und Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger gleichzustellen. Wenn wir jedem Hartz-IV-Empfänger nämlich den Zugriff auf eine Rechtsabteilung mit einer Volljuristin oder einem Volljuristen als Leiter geben würden, dann könnten wir über Sanktionen gegenüber Hartz-IVEmpfänger vielleicht eher diskutieren. Das aber nur am Rande.

Ich freue mich, dass diese Diskussion hier nicht mit pauschalen Schablonen geführt wird.

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Viele von Ihnen wissen, ich komme aus der Kommunalpolitik. Ich möchte einfach einmal ein paar Beispiele dafür nennen, wie die Kinder- und Jugendbeteiligung eigentlich aussieht. In Flensburg war es bezeichnenderweise die FDP-Fraktion, die vor etwas über einem Jahr einen Antrag eingebracht hat, die Kinder- und Jugendbeteiligung transparenter und verbindlicher zu machen. Dieser Antrag rotiert seit einem Jahr durch die Ausschüsse. Wir haben Probleme. Ich weiß, dass in Flensburg alle Fraktionen die Kinder- und Jugendbeteiligung ver

bessern wollen, trotzdem haben wir Schwierigkeiten. Wie beteiligt man denn Ein- bis Dreijährige?

(Unruhe bei CDU und FDP)

Das ist eine Frage, die man sich stellen muss und über die man diskutieren muss. Will man denn die Beteiligung von Jugendlichen, von 16-Jährigen, zur Pflicht machen? Müssen sie zu einer Veranstaltung kommen, oder will man nur diejenigen beteiligen, die sich ohnehin gern beteiligen wollen? Das sind Fragen, die man diskutieren muss, die schwierig zu beantworten sind und was natürlich auch Geld kostet.

Man kann sich auch erfolgreiche Beispiele anschauen. In Flensburg gibt es ein altes Schlachthofgelände, das seit vielen Jahren nicht mehr genutzt wird. Irgendwann kamen Jugendliche und haben gesagt: Wir möchten da gern etwas machen. Daraufhin ist dort ein Skaterpark aufgebaut worden, anfangs unter Beteiligung und auch unter der Planung von Kindern und Jugendlichen. Mittlerweise ist es so, dass die Jugendlichen für die Erweiterung eigene Pläne vorlegen, und wir Kommunalpolitiker schauen uns das mit den entsprechenden Fachleuten aus der Verwaltung an. In aller Regel, wenn es finanziert werden kann, wird es durchgewinkt. Das sind Modelle, die vorbildlich sind, die aber Geld kosten. Es hat immer Geld gekostet, so eine Beteiligung zu verwirklichen. Ganz viele Gemeinden auch wenn sie sehr guten Willens sind - werden das einstellen. Es tut mir leid.

Bei der Gleichstellung ist es nicht anders. Wenn wir uns hier umgucken, dann frage ich mich: Wenn Frauen und Männer gleichgestellt sind, warum sitzen in diesem Parlament weniger Frauen als Männer? Sind Männer etwa bessere Politiker als Frauen? Ich frage mich: Warum gibt es in großen Städten so viele Oberbürgermeister und so wenig Oberbürgermeisterinnen?

(Zuruf: Das könnt ihr ja ändern!)

In Flensburg kann es durchaus sein, dass sich das am Sonntag ändert. Dann ändert es sich auf Initiative der CDU und der Grünen. Dafür muss man auch einmal ein Lob aussprechen.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zu den Gleichstellungsbeauftragten: Wir können das sicherlich freiwillig machen. Aber dann wäre ich dafür, dass wir in den Landeshaushalt einen Titel einstellen, dass jede der betroffenen Kommunen das Geld für eine Gleichstellungsbeauftragte zur Verfügung gestellt bekommt. Wenn die Kom

mune sie nicht haben will, dann muss sie das Geld auch nicht abrufen. Unter den Voraussetzungen könnte ich mit einem solchen Vorschlag leben. Aber ansonsten werden die Gleichstellungsbeauftragten wegen der Finanzen abgeschafft und nicht, weil es in den Kommunen nicht eingesehen wird, dass es solche Menschen geben muss.