Auch die Landesregierung hat die Bedeutung von öffentlichen Bibliotheken erkannt und in ihrer Antwort auf die Große Anfrage der SPD zur kulturellen Entwicklung in Schleswig-Holstein 2008 geschrieben:
„Die Landesregierung befürwortet eine gesetzliche Regelung in Schleswig-Holstein, die unter klar definierter finanzieller Beteiligung des Landes die Aufgaben und die Finanzierung der öffentlichen Büchereien als Pflichtaufgabe regelt, und wird dazu die Diskussion beginnen.“
Leider ist dies bisher noch nicht geschehen. Daher legt der SSW heute einen Entwurf für ein Bibliotheksgesetz in Schleswig-Holstein vor. Zielsetzung unseres Entwurfs ist es, das bestehende Bibliothekssystem Schleswig-Holsteins in seinem Bestand strukturell und finanziell zu sichern und die Grundlage für dessen Weiterentwicklung zu schaffen. Bewährte Strukturen wollen wir erhalten; denn es ist ja kein Zufall, dass die Arbeit des schleswigholsteinischen Büchereivereins bundesweit Beachtung findet. Auch das möchte ich gleich deutlich machen: Wir haben versucht, ein Gesetz zu schaffen, das keinen finanzpolitischen Totschlagargumenten zum Opfer fällt. Es ist also ein Gesetz, das den Wert der Bibliotheken erkennt, mit dem Ziel, diese zukünftig rechtlich und finanziell abzusichern.
Das Gesetz beginnt mit einer Begriffsbestimmung des Bibliothekswesens und einer Aufgabenbeschreibung. Dies ist aus unserer Sicht notwendig, da die gesetzliche Regulierung des Bibliothekswesens eine relativ neue Aufgabe ist. Daher wird hier die gemeinsame Grundlage für eine Auseinandersetzung mit dem bestehenden System gelegt.
Weiterhin wird dem Land, den Kreisen und den Gemeinden ein Auftrag für eine bibliothekarische Grundversorgung auferlegt. Hierzu gehört die Vorhaltung von Fahrbüchereien, die gerade im Flächenland Schleswig-Holstein von großer Bedeutung sind, sowie der Grundsatz, dass Bibliotheken, die öffentliche Zuwendungen entgegennehmen, auch der Öffentlichkeit zugänglich sind.
Die Unterhaltung öffentlicher Bibliotheken wird für die Gemeinden und Kreise als Pflichtaufgabe festgeschrieben. Die Unterhaltung von kommunalen Bibliotheken gehört zwar zu den freiwilligen Aufgaben der Kommunen, sie wird aber de facto aufgrund ihrer Bedeutung für die Menschen vor Ort als politische Pflichtaufgabe wahrgenommen.
Von einem Problem mit der Konnexität kann meiner Meinung nach daher keine Rede sein. Gleichwohl wird dies natürlich ein Punkt sein, der in der Ausschussberatung eine Rolle spielen wird. Dessen sind wir uns sehr wohl bewusst.
Weiterhin wird in dem Gesetz die Struktur des Bibliothekswesens reguliert, also die verschiedenen Bibliotheksarten und die Arbeit des Büchereivereins sowie der Büchereizentrale. Weiterhin wird als Schritt für die Weiterentwicklung des Systems das Pflichtexemplarrecht um Netzpublikationen erweitert. Dies ist neu und angesichts der technischen Entwicklung in unserer Gesellschaft ein notwendiger Schritt in die Zukunft.
Mit dem Gesetzentwurf wird die Förderung des Landes für die kommunalen Bibliotheken und die nicht staatlichen Bibliotheken festgeschrieben. Gemeint sind jene Bibliotheken, die bereits öffentliche Zuwendungen entgegennehmen, also die Dansk Centralbibliotek, das Nordfriisk Instituut und zukünftig hoffentlich auch die Ferring Stiftung.
Die Förderung der kommunalen Bibliotheken gibt es bereits. Diese darf laut Gesetzentwurf den Ansatz im FAG vom 1. Januar 2010 nicht unterschreiten, sodass wir hier eine regulatorische Bestandssicherung erreichen. Diese ist notwendig, da die Bibliotheksträger die Verpflichtung erhalten, ihre Bibliotheken angemessen auszustatten.
Weiterhin erhalten die genannten nicht staatlichen Bibliotheken der dänischen und friesischen Minderheit einen Rechtsanspruch auf Förderung. Über die Höhe der Zuwendungen wird allerdings nichts gesagt. Dies hat einen ganz praktischen Grund, da die Rechenregeln des Büchereivereins nicht ohne Weiteres auf nicht staatliche Bibliotheken übertragbar sind und ein auf Dauer angelegter Regulierungsvorschlag erst auf der Grundlage der Berichte erarbeitet werden kann.
Um eine Weiterentwicklung des Bibliothekswesens zu ermöglichen, wird in dem Gesetz eine umfassende Berichts- und Evaluationspflicht vorgesehen. Wir haben uns für diesen Schritt entschieden, um dem dynamischen Charakter des Bibliothekswesens gerecht zu werden und den gesellschaftlichen Absturz der bibliothekarischen Systeme zu verhindern. Daher soll alle zwei Jahre tabellarisch kurz dargestellt werden, welche Mittel die Bibliotheken erhalten haben und wie der objektive Bedarf aussieht. So können Schieflagen in der Förderung berichtigt werden. Weiterhin soll es jeweils zur Mitte der Legislaturperiode eine Evaluation der Wirkungen des Gesetzes geben, bei der die Entwicklung des Bibliothekswesens in Schleswig-Holstein und in Deutschland berücksichtigt und so die Grundlage für eine ausgewogene Bibliotheksplanung gelegt wird.
Ich denke, dieser Ansatz ist notwendig und hat nichts mit Bürokratie zu tun. Wenn man ein Bibliotheksgesetz will, muss auch eine Evaluation erfolgen, wie das Gesetz funktioniert. Ich sage dies vorsorglich, weil ich mir natürlich denken kann, dass auch dieser Aspekt in der Ausschussberatung eine Rolle spielen wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sage es noch einmal: Bibliotheken sind ein wichtiger Teil unseres ganz alltäglichen Lebens. Sie sind da, und häufig macht erst ihr Verlust deutlich, welchen Wert sie haben, so zum Beispiel bei dem Brand der Anna Amalia Bibliothek in Weimar. Bibliotheken müssen daher sowohl strukturell als auch finanziell abgesichert werden.
Es darf also keine Frage der Beliebigkeit oder der haushaltspolitischen Schwerpunktsetzung sein, ob es Bibliotheken gibt oder nicht. Bibliotheken erfordern den Einsatz von uns allen, um auch in Zukunft zu bestehen. Sie sind ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen.
Im Ältestenrat ist verabredet worden, dass die Fraktion des SSW zehn Minuten Redezeit hat. Den anderen Fraktionen stehen jeweils fünf Minuten zur Verfügung. - Ich erteile nun Herrn Abgeordneten Wilfried Wengler für die CDU-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem SSW für die Aufnahme dieses Themas in unsere Diskussion
und vor allem für den umfangreichen Entwurf danken, dessen Erstellung sicherlich sehr viel Arbeit verursacht hat.
Ich möchte vorausschicken, dass ich grundsätzlich Befürworter einer gesetzlichen Regelung für die öffentlichen Bibliotheken in Schleswig-Holstein bin. Wir folgen damit dem Beispiel anderer Bundesländer und einer Empfehlung der Enquetekommission des Bundestages „Kultur in Deutschland“, die hier schon zitiert wurde. Ich verweise hier auch auf die Ausführungen der Landesregierung in der Antwort auf eine Große Anfrage des Kollegen Müller aus der vergangenen Legislaturperiode. Auch dieses Zitat ist hier bereits angeführt worden, so
dass ich es mir ersparen kann, es zu wiederholen. In beiden Fällen spricht man sich für eine gesetzliche Regelung für öffentliche Bibliotheken als Pflichtaufgabe aus. Insoweit gibt es also einen Konsens.
Über die inhaltliche Ausgestaltung ist jedoch dringend zu diskutieren. Während die Empfehlung der Enquetekommission und die Aussage der Landesregierung, auf die auch im Gesetzentwurf Bezug genommen wird, sich auf eine gesetzliche Regelung für die öffentlichen Bibliotheken beziehen, schlägt der vorliegende Entwurf einen weitaus größeren Bogen. Er reicht von den öffentlichen Bibliotheken über kommunale Bibliotheken bis zur Bibliothek der Ferring Stiftung auf Föhr, von wissenschaftlichen Bibliotheken bis zur Schulbibliothek in Geesthacht. Der Gesetzentwurf beschreibt auch den Rahmen für eine Satzung des Büchereivereins und die Zusammensetzung des Fachbeirates für die wissenschaftlichen Bibliotheken. Ebenso beinhaltet er Vorgaben für die Berichterstattung der Landesregierung und die Evaluation der Gesetzesanwendung. Für mich, der ich ein Anhänger der Deregulierung bin, stellt sich die Frage: Wollen wir nur das Notwendige regeln oder streben wir angesichts der heutigen Wirklichkeit nach totalem Perfektionismus?
Wenn man den Gesetzentwurf weiter liest, kann man zu dem Eindruck kommen, dass hier vorrangig eine umfassende Begründung für eine Festschreibung und Ausweitung staatlicher Förderung gesucht wurde. Die Nutzung öffentlicher Bibliotheken wird grundsätzlich kostenfrei gestellt. Soll das zum Beispiel auch für die kommunalen Bibliotheken gelten, die laut Gesetzentwurf als öffentliche Bibliotheken zu führen sind? Was sagen die betroffenen Kommunen dazu? Weiterhin sind die staatlichen Zuschüsse grundsätzlich zu dynamisieren. Eine Reduzierung des Status quo wird untersagt. Vor dem Hintergrund der Erfahrungen aus der jüngsten Vergangenheit und der Entwicklung unseres Landeshaushaltes wäre eine Anpassung der staatlichen Leistungen an die tatsächlichen Finanzierungsmöglichkeiten dann ungesetzlich.
„Die zu erwartenden Kosten für die öffentliche Hand werden sich durch das Gesetz, das im Wesentlichen auf eine Bestandssicherung abzielt, nicht wesentlich ändern.“
Bei dem schon angesprochenen Umfang von Bibliotheken unterschiedlichster Couleur und den weiteren im Gesetzestext enthaltenen kostenträchti
gen Anforderungen stellt sich für mich die Frage, was hier als nicht wesentliche Kostenänderung bezeichnet wird. Es ist daher unbedingt notwendig, die hier in Kurzform angerissenen Fragen und Problemstellungen im Ausschuss zu vertiefen und zu klären.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die schon erwähnte Enquetekommission des Bundestages hat den Ländern bereits 2007 empfohlen, die Aufgaben und die Finanzierung öffentlicher Bibliotheken in eigenen Gesetzen als Pflichtaufgabe zu regeln. Alternativ dazu empfahl sie länderübergreifende Staatsverträge zur Regelung.
Der SSW hat jetzt dankenswerterweise einen entsprechenden Gesetzentwurf eingebracht. Er hat damit sozusagen die erforderliche Amtshilfe für die Regierung geleistet. Die Vorgängerregierung mit dem damals für Kultur verantwortlichen Ministerpräsidenten hatte, wie schon erwähnt, in Beantwortung unserer Großen Anfrage ein entsprechendes Gesetz in Aussicht gestellt. Es ist bis heute - bis auf die Initiative des SSW - allerdings nichts passiert.
Die Gesetzesinitiative fällt mit einer Debatte zusammen, in der es um Kürzungen im Kulturbereich geht und in der viele Einrichtungen in heftige Unruhe und Existenznöte versetzt werden. Das gilt auch für die Bibliotheken. Da gibt es ganz ähnliche Diskussionen.
Der Gesetzentwurf soll die Büchereien von einer freiwilligen zu einer Pflichtaufgabe machen. Das ist ein qualitativer Sprung. Ein Blick in andere Bundesländer zeigt, dass bisher nur Thüringen und - vor wenigen Tagen - Sachsen-Anhalt den Weg zu eigenen Bibliotheksgesetzen gegangen sind. Das Thüringer Gesetz wurde allerdings von Anfang an kritisiert, weil es der zentralen Forderung der Enquetekommission, es zur Pflichtaufgabe zu machen, nicht gefolgt ist, Sachsen-Anhalt ebenfalls nicht. Das ist natürlich zu wenig.
Der Entwurf des SSW geht weiter, indem er auf Artikel 9 Abs. 3 der Landesverfassung verweist Frau Spoorendonk hat das schon erwähnt -, wonach die Förderung des Büchereiwesens Aufgabe des Landes, der Gemeinden und der Gemeindeverbände
ist. Mit Blick auf diesen Zusammenhang begründet er auch, dass die Frage der Konnexität ganz anders zu stellen ist, weil es eine gemeinsame Verantwortung und Aufgabe ist.
In der Antwort auf unsere Große Anfrage „Kultur“ wurde mitgeteilt, dass die Ausleihzahlen der öffentlichen Bibliotheken ständig steigen und sich zwischen 1997 und 2007 von 9,2 Millionen auf 15,2 Millionen erhöht haben. Das ist beachtlich, sagt aber nicht zwangsläufig, ob die Besucherzahlen tatsächlich gestiegen sind. Aber dieser qualitative Sprung mit Blick auf die Ausleihzahlen ist beachtlich und zeigt die Verankerung.
Im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs stehen den Gemeinden, die Mitglieder des Büchereivereins sind, 7,3 Millionen € aus dem Kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung, der Landesbibliothek Eutin 116.000 €. Die Landesbibliothek bekommt einen Zuschuss. Insgesamt werden Mittel im Bibliothekswesen von 8,5 Millionen € vom Land finanziert.
Vor einem endgültigen Beschluss des Landtages über den Gesetzentwurf werden wir in einer sehr eingehenden Anhörung die Fragen stellen, die für uns wichtig sind. Eine ist natürlich die Forderung, dass keine Konnexität zulasten des Landes ausgelöst wird. Umgekehrt darf es auch keine wesentlichen zusätzlichen Kosten für die Träger der Bibliotheken geben.
Den Umfang - ein anderes Detail im Gesetzentwurf - der Ablieferungspflicht für Pflichtexemplare sehen wir kritisch. Darüber müsste man im Ausschuss intensiv reden. Hinsichtlich der Verpflichtung aller Kommunen, Mitglied im Büchereiverein zu werden, müssen wir uns mit nachvollziehbaren Einwendungen, speziell der Lübecker Stadtbibliothek, auseinandersetzen.
Natürlich sind wir auch für die Beseitigung von Doppelstrukturen. Wir sprechen uns dafür aus, über eine Zusammenlegung der Universitätsbibliothek der CAU und der Schleswig-Holsteinischen Landesbibliothek zu reden. Die Zusammenführung zu einer gemeinsamen Staatsbibliothek nach Hamburger Vorbild wäre aus unserer Sicht nicht nur kostensparend, sondern möglicherweise auch benutzerfreundlicher.
Wir begrüßen also die Initiative des SSW ausdrücklich, auch wenn wir zum heutigen Zeitpunkt noch nicht sagen können, ob wir der Fassung des Gesetzentwurfs zustimmen können. Wir begrüßen aber die Initiative. Wir haben eine Reihe von Fragen - das liegt in der Natur der Sache. Wir schlagen die