Protocol of the Session on March 18, 2010

10 % Kürzung ist jetzt die Vorgabe des Haushaltsführungserlasses für 2010. Sie soll dann - wir hörten es gerade, das ist ja auch bekannt - auf 15 % anwachsen, 2012 kommen noch einmal 15 % hinzu. Die 19 Millionen € sollen also in zwei Jahren um 30 % gekürzt werden.

Da die Schuldenbremse immer weiterläuft und wir bis jetzt noch keine Sparkonzepte gesehen haben,

kann man an zwei Fingern abzählen, dass es 2013 und 2014 so weitergeht und immer so weiter und immer so weiter. Dann haben Sie 2014 mit dem Ende Ihrer Regierung einen Kulturhaushalt, der um 60 % gekürzt ist.

Verehrter Herr Klug, ich hätte erwartet, dass Sie heute erklären, wie Ihr Versprechen auf dem Kulturverbandstag im Herbst 2009, auf dem auch ich war, einen Kulturentwicklungsplan aufzustellen, eingehalten werden soll. Erklären Sie hier und jetzt, wie sich Kultur unter diesen Rahmenbedingungen überhaupt entwickeln soll! Das können Sie faktisch nicht, denn Ihre Politik ist nicht Aufbruch, sondern Abbruch im Kulturbereich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)

Herr Minister Klug, ich entschuldige mich hiermit für den Begriff der Planlosigkeit, den ich eben verwendet habe, denn faktisch ist Ihre Politik - so ist das zu verstehen, was Sie eben sagten - nicht planlos, sondern ideologisch. Wozu brauchen wir überhaupt eine öffentliche Kulturförderung, werden Sie sich fragen, Kultur kann sich doch jeder selbst leisten, der es möchte. Aber an der Frage, wie ein Staat seine Kultur fördert, entscheidet sich, was für ein Staat er ist. Die Privatisierung der Kultur zielt auf Erbauungskunst und Lieblichkeit, aber Kultur und Kunst sind nicht funktional, sie sind radikal, radikal auch in dem Sinne, dass sie auch die am sichersten geglaubten Werte infrage stellen. Kulturelle Werte sind eben kein Gegenwert, sie stehen nicht in einem Austauschverhältnis.

Deshalb bemisst sich am Umgang mit der Kultur, wie freiheitlich eine Gesellschaft ist. Deshalb ist Kulturpolitik Gesellschaftspolitik. Wer sie nicht annimmt, versagt dabei, diesem Land eine Idee und einen Begriff von sich selbst zu geben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der LINKEN und des Abgeordneten Dr. Kai Dolgner [SPD])

Für die CDU-Fraktion hat Herr Abgeordneter Wilfried Wengler das Wort.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Christian von Boetticher [CDU])

(Dr. Robert Habeck)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor drei Wochen haben wir an dieser Stelle über den Stellenwert der Kultur sowie die Finanzsituation des Landes und ihre Auswirkungen auf das Landestheater debattiert. Nun wollten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit ihrem Antrag in gewohnter Oppositionsmanier die Gunst der Stunde offenbar nutzen und versuchen, die Regierung beim Thema Kultur vor sich herzutreiben. Das bezeichne ich - mit Verlaub - als fadenscheinig und puren Populismus.

(Beifall bei CDU und FDP)

Wie Sie dem Bericht des Ministers sicherlich entnehmen konnten, ist dieses Vorhaben gründlich gescheitert, die Regierung ist im Zeitplan.

Sehr verehrte Kollegen der Grünen, wir alle wissen, der Finanzminister - selbst Herr Habeck hat es erwähnt - hat eine zehnprozentige Kürzung im Haushalt verfügt. Die dafür erforderlichen Gespräche mit den Betroffenen laufen, die Haushaltsstrukturkommission tagt noch bis zum Mai, die Vorbereitungen für den nächsten Haushalt laufen. Vor diesem Hintergrund umfassende, seriöse Antworten zu erwarten, ist schlichtweg müßig.

Einer weiteren Anmerkung kann ich mich ebenfalls nicht enthalten. Sie sprachen eben die Qualität an. Die gestellten Fragen erscheinen mir - vorsichtig ausgedrückt - recht eigenwillig strukturiert. Position 1 des Antrags und die ersten beiden Fragen der Position 3 beziehen sich auf den Haushaltsführungserlass des Jahres 2010. Position 2 und die letzte Frage der Position 3 beziehen sich auf den Haushalt 2011/2012.

(Dr. Christian von Boetticher [CDU]: Der ist noch gar nicht aufgestellt!)

Mathematisch ergibt das vielleicht ein gewisses Muster, aber es erweckt den Anschein von Willkürlichkeit und - gestatten Sie mir den Ausdruck „Schnellschuss“.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, die Politik ist willkürlich!)

- Herr Habeck, Sie können nachher gern noch reden. - Ich danke daher dem Minister ausdrücklich, dass er hier einzelne, bereits abgestimmte Aussagen zur ersten Frage bekannt gegeben und seine Vorgehensweise dargestellt hat. Den bisher gesetzten Prioritäten kann ich nur in vollem Umfang zustimmen.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche denn?)

Ein Wort zur Abstimmung zwischen Kulturentwicklungsplan und Haushalt. Verehrte Grüne, haben Sie zu diesem Zeitpunkt wirklich erwartet, eine erschöpfende Auskunft zu erhalten? Die Regierung geht Schritt für Schritt voran, mit Überlegung und im Angesicht der Realitäten. Ich freue mich, dass der Minister dies mit seinem heutigen Bericht noch einmal eindeutig klargestellt hat.

Meine Damen und Herren, wünschen können wir uns vieles, insbesondere im Kulturbereich, aber es muss auch finanzierbar sein. Die Realität aber wird uns zu schmerzhaften Einschnitten auch in der Finanzierung der Vielfalt unserer Kulturlandschaft zwingen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion der SPD hat Herr Abgeordneter Hans Müller.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bis jetzt ist Herr Minister Dr. Klug eine plausible Antwort zum Thema Kultur unter schwierigen finanziellen Bedingungen schuldig geblieben. Das muss man einmal ganz klar feststellen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und der LINKEN)

Herr Habeck hat im Grunde sehr viele richtige Fragen gestellt. Das darf die Opposition, das muss die Opposition. Antworten geben muss die Regierung.

Fangen wir einmal mit den Fakten an. Der Haushaltsführungserlass sieht vor, dass die im Haushalt vorgesehenen Zuweisungstitel in diesem Jahr zumindest vorerst nur zu 90 % ausgezahlt werden dürfen.

Und aus dem „vorerst“ wird wohl bald ein „endgültig“ werden. Verschärfend kommt noch hinzu, dass die globalen Minderausgaben ebenfalls unter anderem aus den verbleibenden 90 % der Zuweisungstitel erbracht werden sollen, das sind im zuständigen Ministerium immerhin rund 6 Millionen €.

Damit nicht genug der frohen Botschaften. Den Zuwendungsempfängern ist darüber hinaus in Aussicht gestellt worden, dass sie sich auf eine weitere Kürzung von 15 % einstellen müssen. Es ist nichts Neues, dass diejenigen, die freiwillige Leistungen des Landes erhalten, in besonderem Maße zu Einsparungen herangezogen werden, weil der größte

Teil des Landeshaushalts durch Pflichtausgaben wie die Personal- und Ruhestandskosten gebunden ist. Aber eine Kürzung mit dem Rasenmäher ist der Verzicht auf politische Gestaltung. Wenn sich die ganze Weisheit darin erschöpft, jeden Zuwendungstitel im Haushalt auf 90 % herunterzukürzen, brauchen wir nur ein paar Leute mit einem Taschenrechner, aber keine Landesregierung, die für sich den Anspruch erhebt, kulturpolitisch gestalten zu wollen.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Ulrich Schippels [DIE LINKE])

Es gibt auch nichts Ungerechteres als eine solche pauschale prozentuale Kürzung. Denn die finanzielle Situation der vielen Institutionen und Verbände und der von ihnen durchgeführten Projekte ist nicht miteinander vergleichbar. Es gibt große Unterschiede hinsichtlich der Haupt- und der Ehrenamtlichkeit, Unterschiede auch bei der materiellen Ausstattung mit Technologie, Büros oder Gebäuden. Und während der eine oder andere Verband sich nur zu einem sehr kleinen Teil mit Mitteln aus dem Landeshaushalt finanziert und zum größten Teil mithilfe von privaten Mitteln, Mitgliedsbeiträgen, kommunalen Zuschüssen und so weiter, ist für manchen kleinen Verband die Landesförderung die entscheidende Säule ihrer Existenz.

Wer auf der einen Seite immer wieder schöne Reden über die Wichtigkeit von Kultur im Allgemeinen und von kulturellen Angeboten in SchleswigHolstein im Besonderen hält, muss durchaus auch materielle Schlussfolgerungen ableiten. Dazu ist diese Landesregierung bisher offensichtlich weder willens noch in der Lage. Außer 10 % zu kürzen und im nächsten Jahr 15 % in Aussicht zu stellen, passiert nichts.

Der Ministerpräsident wird schon gewusst haben, warum er sich in Bezug auf die „Herzensangelegenheit“ Kultur - jetzt ist er gar nicht hier - mittlerweile gänzlich auf Sonntagsreden beschränkt, aber die unmittelbare Verantwortung auf die beiden Fachminister delegiert. Ich bin sicher, so einfach werden es ihm die Kulturschaffenden und Kulturinteressierten im Land allerdings nicht machen - wir im Übrigen auch nicht -, weil er als Regierungschef die Gesamtverantwortung für das Handeln seines Kultusministers und seines Finanzministers tragen.

Ich habe die Gefährdung freiwilliger Leistungen angesprochen. Aber die Pflichtaufgaben bestehen aus mehr als der Auszahlung von Bezügen und Pensionen. Ein Blick auf Artikel 9 der Landesver

fassung, der regelt nämlich die Kulturverantwortung des Landes, hilft zur Vertiefung dieser Erkenntnis und zur Gewinnung neuer Erkenntnisse weiter.

Wenn wir kulturelle Einrichtungen und Organisationen sowie deren Projekte in Kürzungen einbeziehen müssen, so muss sich die Landesregierung in jedem einzelnen Fall vergewissern, was mit diesen Kürzungen bewirkt wird. Eine häufige Folge wird sein, dass die Verbände Personal abbauen müssen, vor allem, weil sie bei früheren Sparrunden - das ist ja nicht die erste, sondern das geht ja schon seit einiger Zeit so - schon alle organisatorischen Alternativen ausgereizt haben. Das ist sehr schmerzlich, aber man muss diesen Prozess so gestalten, dass sich alle Seiten darauf einstellen können. Die Verbände müssen einen Anspruch darauf haben, mittelund langfristig zu wissen, ob ihnen das Land weiterhin Finanzhilfen gewähren will, wenn ja, welchen verlässlichen Umfang diese Zuwendungen in den nächsten Jahren haben werden, wenn nein, zu welchem Zeitpunkt die finanzielle Förderung ausläuft.

Dann haben die Verbände und Einrichtungen eine realistische Chance, sich darauf einzustellen und nach Wegen zu suchen, die wegfallenden Zuschüsse anders zu ersetzen. Dass es möglicherweise auch Fälle gibt, wo ein Verein dann die Konsequenz ziehen muss, seine Aktivitäten einzustellen - die Gefahr, dass es in diese Richtung geht, steigt - und sich aufzulösen, mag im Einzelfall so sein. Die fantasie- und gleichzeitig rücksichtslose Kürzung mit dem Rasenmäher richtet aber Schäden an, schafft Unsicherheit, gefährdet den Bestand der vielfältigen Kulturlandschaft in Schleswig-Holstein und ist auch nicht mit der von der Regierung angekündigten Kulturentwicklungsplanung vereinbar.

Ich erinnere an Herrn Neumann und Herrn Naumann, die sehr viel zu Kürzungen im kulturellen Bereich gesagt haben. - Ich sehe, meine Zeit ist deutlich abgelaufen. - Das bedeutet aus meiner Sicht, dass die Verantwortlichkeiten der staatlichen Ebenen - das will ich dann doch noch sagen, ich bitte noch einen Moment um Geduld -, also von Bund, Ländern und Gemeinden, auf jedem Feld der Kultur neu geklärt werden müssen, um eine ausreichende Versorgung im gesamten Bereich der schleswig-holsteinischen Bevölkerung zu erreichen. Das ist auch wieder eine Sache nicht der Opposition, sondern der Exekutive.

(Beifall bei SPD und der LINKEN)

(Hans Müller)

Ich danke auch Ihnen, Herr Abgeordneter, dass Sie die Zeit im Blick hatten. - Als nächste Rednerin für die FDP-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Kirstin Funke das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Vielen Dank Herr Minister, für Ihren Bericht über die zukünftige Kulturförderung in unserem Land. Er konnte uns gute Eckpunkte aufzeigen und ließ erkennen, dass es bei der Kultur, die vom Land gefördert wird, zwar Einsparungen geben wird und geben muss, die der Haushaltslage des Landes geschuldet sind, aber gerade die Kulturbereiche mit einem hohen Bildungsauftrag weiterhin tragende Säulen der Kultur in SchleswigHolstein bleiben. Der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN mit den Fragen zur Zukunft der Kulturförderung in Schleswig-Holstein ist verständlich und zeichnet sich auch durch eine gewisse Sorge um die Kulturlandschaft Schleswig-Holsteins aus.

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Danke!)

Er ist jedoch zu diesem Zeitpunkt gestellt einfach unverständlich,

(Dr. Robert Habeck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

erwarten wir doch in der nächsten Plenartagung auf Antrag des SSW den Kulturwirtschaftsbericht. Hinzu kommt, dass die Steuerschätzung, die wir im Mai erwarten, ihr Übriges tun wird, sämtliche Vorhaben in allen Politikbereichen zu beeinflussen.

(Zuruf der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

So können letztlich durch eine verfrühte Fragestellung nur Eckpunkte aufgestellt werden, denn sämtliche anderen Aussagen könnten lediglich prophetischer Natur sein.