Das Wort zur Begründung wird nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Hans Müller für die SPD-Fraktion.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Es ist das unstrittige Ziel aller Fraktionen hier im Landtag, dass alle Bürgerinnen und Bürger unseres Flächenlandes Zugang zu möglichst vielen kulturellen Angeboten haben,
Für die Schleswig-Holsteinerinnen und SchleswigHolsteiner stehen vier Theaterstandorte zur Verfügung: Kiel, Lübeck, das Landestheater mit den Dependancen und Hamburg. Während die Menschen im südlichen Landesteil also zwei oder sogar drei Theaterstandorte in erreichbarer Nähe haben, ist dieses Angebot für den nördlichen Landesteil von der Zukunft des Landestheaters abhängig.
Gegenüber der Spielzeit 1996/97 ist die Zahl der Besucher zu Aufführungen des Landestheaters bis zur Spielzeit 2008/09 um 32 % rückläufig. Das Landestheater steht damit allerdings nicht allein; in dem gleichen Zeitraum gab es auch einen Rückgang in Lübeck zu verzeichnen, einzig Kiel hatte Zuwächse. Allerdings ist dieser Rückgang nicht unvermeidlich und kein Gesetz. In Lübeck hat sich gezeigt, dass durch besondere Anstrengungen die Besucherzahlen deutlich erhöht werden können.
Es ist bundesweit auch nichts Ungewöhnliches, dass jede einzelne Eintrittskarte hohe öffentliche Subventionen in Anspruch nimmt. Das war bislang allgemeiner Konsens.
Die ab 2010 bestehende Deckelung der Theatermittel aus dem kommunalen Finanzausgleich auf 36,7 Millionen € - ein stolzer, stattlicher Betrag; das muss man sagen - ist trotzdem nicht auskömmlich. Wenn wir heute über mögliche Lösungen für das Landestheater reden, müssen wir uns immer auch vergegenwärtigen, dass vergleichbare Schwierigkeiten in absehbarer Zeit auch auf das Theater Lübeck und mittelfristig auch auf das Theater Kiel zukommen werden.
Es hat in den vergangenen Wochen eine große Zahl von Gesprächen gegeben, die die einzelnen Fraktionen, aber auch die Kulturpolitiker des Bildungsausschusses geführt haben. Ich bedanke mich bei meiner Kollegin Frau Herold, die eine Reihe dieser Gespräche initiiert, organisiert und moderiert hat.
Die Leitung des Landestheaters mit dem amtierenden und dem künftigen Intendanten hat ein Finanzierungskonzept vorgelegt. Seine Elemente sind die Aufstockung der Gesellschafterzuschüsse, um frühere Kürzungen durch Flensburg zu kompensieren - Flensburg beteiligt sich daran -, ein Wiedereinstieg in die Dynamisierung des Anteils des kommunalen Finanzausgleichs und der Gesellschafteranteile sowie ein weiterer Haustarif.
Die dabei eingerechneten neuerlichen Zumutungen für das Personal sind aus meiner Sicht, wenn überhaupt, nur zu rechtfertigen, wenn diese große Vorleistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entsprechend belohnt wird. Wir haben heute vor dem Landeshaus gesehen, wozu diese Künstler in der Lage sind. Sie können innerhalb kürzester Zeit eine gute Stimmung herstellen. Ob uns das immer so gelingt, daran habe ich Zweifel.
Wir wollen Spartenschließungen möglichst vermeiden, nicht nur, weil sie das Angebot und damit die Attraktivität des Landestheaters schmälern würden. Sie würden nichts anderes bedeuten, als dass diejenigen, die bereits in den letzten drei Jahren auf Einkommen verzichtet haben in der Erwartung, dadurch zur Stabilisierung beizutragen, erneut ver
SPD, Grüne und SSW - ursprünglich hatten wir vor, mit allen Parteien in diesem Haus eine Einigung herbeizuführen; aber es ist bei diesen dreien geblieben - legen Ihnen deshalb einen Antrag vor, der die Landesregierung darin bestärkt, Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden über eine der drei Säulen des Theaterkonzepts, nämlich die Wiedereinführung der Dynamisierung, zu verhandeln. Diese Dynamisierung soll zunächst auf drei Jahre begrenzt werden und dem Landestheater Gelegenheit geben, organisatorische Einsparungen zu prüfen und zu realisieren.
In die Debatte um die Struktur und die Organisation im künstlerischen Bereich wollen wir uns nicht einmischen. Ich möchte erwähnen, dass es in Lübeck aus dem Bereich des Theaters ein Papier gibt, das in Richtung Theaterfinanzierung durchaus hilfreich sein kann. Es ist lesenswert. Ein Autor, der Theaterdirektor Christan Schwandt, sitzt da oben. Dieses Papier verdient Aufmerksamkeit. Die Theaterfinanzierung kann nicht von einer Stelle aus aufgelöst werden.
Der Landtag muss heute ein klares Signal zugunsten des Landestheaters aussenden. Das jedenfalls ist unser Standpunkt.
Ich möchte eine weitere Bemerkung machen. Vorhin hat der Minister gesagt, dass das mit den kommunalen Landesverbänden wohl nicht so recht funktioniert habe. Wir hatten zwei Gespräche mit Vertretern der kommunalen Landesverbände. Wir hatten durchaus den Eindruck, dass da noch Spielraum besteht. Es muss allerdings weiter verhandelt werden. Das muss bald passieren und darf nicht auf die nächsten zwei Jahre verschoben werden.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine heutige Rede fällt mir als kulturpolitischem Sprecher der CDU-Fraktion nicht leicht, erst recht nicht
angesichts der heutigen niveauvollen Demonstration. Auch ich möchte unsere vielfältige Kulturlandschaft, hier insbesondere unsere Theaterlandschaft, erhalten. Ich kann auch alle Bürgerinnen, Bürger, Gruppen und Institutionen verstehen, die um den ungeschmälerten Erhalt ihres Landestheaters kämpfen. Aber es muss auch gestattet sein, dieses Thema nicht nur aus dem regionalen Blickwinkel zu betrachten.
„Wenn das Land Schleswig-Holstein wegen seiner großen Finanznot ab 2011 jedes Jahr 80 Millionen € zur Etatsanierung erhält, muss Carstensen das Defizit jährlich ein Zehntel verringern - das sind 125 Millionen €. Verpasst er diese Marke, gibt es auch den Zuschuss nicht.“
Vor diesem Hintergrund haben wir nun zwei Anträge der Oppositionsfraktionen vorliegen, die eine Erhöhung der Zuwendungen an die Theater vorschlagen.
Im Fall des Antrages der SPD, der Grünen und des SSW reden wir über einen Betrag von rund 2,2 Millionen €.
Da die kommunalen Landesverbände bereits ihre Ablehnung zu einer Erhöhung des Vorwegabzuges aus dem FAG signalisiert haben, müsste dieser Betrag aus dem Landeshaushalt erbracht werden. Deckungsvorschläge,
geschweige denn eine angesichts unserer Haushaltssituation erforderliche Überkompensation sucht man jedoch vergeblich. Dem konstruktiven Ansatz der Position zwei des Antrags, Erarbeitung eines Maßnahmekataloges, kann ich durchaus folgen, allerdings mit einer Einschränkung. Wir werden uns keine drei Jahre Zeit für die Erstellung leisten können.
Eine Anmerkung zum Antrag der Linken sei mir gestattet. Dem ersten Satz Ihres Antrages könnte ich ohne Vorbehalt sofort zustimmen.
Da es bisher keine Landeszuschüsse für das Landestheater gab, könnten wir eine Erhöhung um 2 % zusagen. 2 % von 0 € ergibt immer noch 0 €. Mit dem Rest des Antrages kann ich mich nicht ernsthaft auseinandersetzen.
Doch zurück zum Landestheater: Ich erkenne vorbehaltlos die Anstrengungen zur Sanierung in den zurückliegenden Jahren an. Insbesondere der Haustarifvertrag mit den selbst auferlegten Einschränkungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter genießt meine größte Hochachtung.
Aber ich kann mir auch eine Kritik gegenüber den Leitungsgremien nicht sparen. Man hat die vergangenen vier Jahre nicht dazu genutzt, vorsorglich landesübergreifend Konzept- und Strukturüberlegungen zu entwickeln, die der heutigen Situation angemessen sind. Sich jetzt nur hinzustellen und vom Land die Schließung finanzieller Lücken zu fordern, ist zu einfach und zu wenig.
In diesem Zusammenhang sei mir folgende Überlegung gestattet: Basierend auf der Spielzeit 2008/ 2009 betrug der durchschnittliche Preis einer Eintrittskarte für das Landestheater circa 14 bis 15 €. Das heißt, jede verkaufte Karte wurde aus öffentlichen Mitteln, FAG- und Gesellschafterbeiträgen, mit rund 130 € subventioniert. Meine Damen und Herren, das ist eine Relation von Einnahmen zu Subventionen von eins zu neun. Für mich stellt sich hier die Frage: Was will, was muss und zuvorderst kann sich unser Land für die Alimentation der Theaterkultur zukünftig noch leisten?
Wir werden auch im kulturellen Bereich um Einsparungen nicht herumkommen. Zwangsweise werden wir uns daher auf schmerzhafte Einschnitte im gesamten kulturellen Angebot einstellen müssen.