Protocol of the Session on February 25, 2010

Damit bin ich bei den Inhalten des neuen Erlasses. - Bei den Inhalten des neuen Erlassentwurfs.

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW: Aah, aah!)

- Ja. Das habe ich doch erklärt. - Für bestehende Eignungsgebiete gilt in diesem Entwurf die Devise: Alles, was nach Bundes-Immissionsschutzrecht genehmigt werden kann, soll genehmigt werden, selbstverständlich mit der Möglichkeit der planerischen Steuerung durch die Gemeinde. Wir müssen nur zur Kenntnis nehmen, dass Eignungsgebiete, die Mitte der 90er-Jahre einmal für maximal 100 m hohe Anlagen - das war damals übrigens das Größte, was man sich vorstellen konnte - ausgewiesen wurden, nicht automatisch uneingeschränkt auch für 150 m hohe Windkraftanlagen geeignet sind. Wenn Gemeinden in ihrer Bauleitplanung eine Höhenbegrenzung festlegen, so ist das ihr ureigenes kommunales Planungsrecht. In neu auszuweisenden

Eignungsgebieten wollen wir die Errichtung moderner Großanlagen mit über 100 m Gesamthöhe ermöglichen, ohne dass die Genehmigung gleich wieder an nicht eingehaltenen Grenzwerten oder ernst zu nehmenden Widerständen der Einwohner scheitert. Das ist die Zukunft bei Repowering. Wenn das die Devise ist, dann erzählen Sie doch hier nichts von bürokratischen Hemmnissen!

Wir haben uns deshalb am Immissionsschutzrecht orientiert, aber auch am nachbarlichen Rücksichtnahmegebot und damit den schwer messbaren subjektiv empfundenen Störungen durch Windkraftanlagen, wie zum Beispiel der erdrückenden Wirkung durch Anlagehöhe und Rotordrehung. Dass Abstände, die aus anderen fachrechtlichen Erwägungen, wie zum Beispiel aus dem Naturschutz heraus, erforderlich sind, benannt werden, ist selbstverständlich.

Hierzu will ich auch noch einmal deutlich machen: Wir befinden uns im Entwurfsstadium. Aus diesem Entwurf kann ich zum Beispiel lesen, dass wir gerade die Abstände aus naturschutzfachlichen Gründen jeweils durch ein Gutachten nachweisen müssen. Das halte ich allerdings für Bürokratie. Ich hoffe, dass Sie mit mir übereinstimmen, dass wir generelle Abstandsflächen werden finden müssen. Bisher sind zukünftige Abstände von 500 m zu Einzelhäusern und Splittersiedlungen vorgeschlagen. Wenn Sie sich erinnern: Zuvor waren es 300 m. Zu allen anderen Siedlungen sind es künftig 800 m. Insoweit hat es allerdings Änderungen gegeben, die auf die Rechtsprechung zurückzuführen sind. Darüber werden wir noch einmal miteinander reden. Wir befinden uns mit den Abständen, die darin stehen, übrigens in guter Gesellschaft mit anderen Bundesländern mit nennenswertem Windenergieausbaupotenzial. In einigen gelten größere Abstände, in einigen sind sie gleich. Allenfalls in einzelnen Planungsregionen auf Kreisebene sind geringere Abstände gewählt worden. Wir werden auch ich darf das sagen, auch wenn der Kollege de Jager jetzt nicht anwesend ist -

(Zuruf: Er hört alles!)

- Pardon, Jost. - Herr Abgeordneter Matthiessen, wir werden uns natürlich auch den Punkt, den Sie angesprochen haben - den Abstand zu wägen -, ansehen. Aber ich bitte nochmals um Verständnis. Wenn man auf Arbeitsebene aus rechtlichen Gründen der Meinung war, dass man dies im Erlassentwurf mit erwähnen musste, so gilt es natürlich, auch das noch einmal politisch zu überprüfen, wenn wir schließlich im Kabinett darüber entscheiden

(Minister Klaus Schlie)

müssen. Das ist ein richtiger Hinweis, den wir gern aufnehmen.

Ich sehe daher im Entwurf des neuen Erlasses die Forderung nach Beseitigung von Überregulierung schon in weiten Teilen als erfüllt an. Wir ermöglichen sogar noch ein Repowering für außerhalb von Eignungsgebieten errichtete Anlagen aus der Zeit vor der Planung. Hier hat Schleswig-Holstein sogar ein Alleinstellungsmerkmal, denn in anderen Bundesländern gibt es solche flächendeckenden Repoweringmöglichkeiten nicht. Gerade in diesem Bereich sind in den letzten Monaten sehr viele Projekte angeschoben worden. Ich bin zuversichtlich, dass es so weitergeht, erst recht mit einem Erlass, der gegenüber dem alten Papier viele Flexibilisierungen aufweist.

Lassen Sie mich noch einige kurze Bemerkungen zum Schluss machen. Wir haben weitestgehend jetzt schon die Forderungen des Antrags im Entwurf erfüllt und werden sie vollständig erfüllen, wenn dieser Entwurf dann zum Erlass wird.

Was die Zulässigkeit von kleinen Windkraftanlagen angeht, möchte ich gern noch einmal auf die Differenzierung aufmerksam machen. Hier handelt es sich nicht um einen Erlass aus der Landesplanung heraus, sondern um einen Anwendungserlass aus dem Bereich der obersten Bauaufsicht, der im Moment nichts anderes zusammenfasst als Rechtsprechung. Aber wir sind uns einig, dass wir uns das zusammen noch einmal ansehen wollen, weil ich auch nicht der Auffassung bin, dass 15 Seiten Zitate aus Rechtsprechung die untere Bauaufsicht dazu veranlassen können, mehr Sicherheit bei der Planung zu haben.

(Beifall bei CDU und FDP)

- Moment! - Herr Abgeordneter Harms, aber eines ist klar: Trotzdem bedeutet es, Planungssicherheit bekommen Sie nur dann, wenn Sie auch Rechtssicherheit haben. Deswegen ist es auch notwendig, dass wir schon von obersten Gerichten gesprochene Urteile dabei natürlich berücksichtigen. Aber wie man es liest und handhabbar macht, das werden wir noch gemeinsam beraten, das werden wir auch im Ausschuss tun.

Ich sage Ihnen jedenfalls: Wir werden in diesem Land, anders als vorher getönt wurde, die Windkraft weiter ausbauen. Die Gemeinden, die Kommunen machen mit, die Investoren sind da. Das ist ein weiterer Baustein für unsere Politik des Aufbruchs.

(Beifall bei CDU und FDP)

Der Herr Innenminister hat sehr ausführlich Rede und Antwort gestanden und die verabredete Redezeit um 6 Minuten überzogen. Diese Zeit steht allen Fraktionen zur Verfügung, es ist aber keine Pflichtaufgabe, und ich sehe, sie wird auch nicht in Anspruch genommen.

Damit liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Ich danke der Landesregierung und schließe die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung für alle drei Anträge beantragt worden. Die CDU-Fraktion hat Überweisung an den Wirtschafts- und den Innen- und Rechtsausschuss beantragt. Wer dafür ist und so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Federführung Wirtschaftsausschuss, mitberatend Innen- und Rechtsausschuss! Gegenprobe! Enthaltungen? - Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann ist einstimmig so beschlossen worden.

Damit schließe ich den Tagesordnungspunkt 39 und rufe den Tagesordnungspunkt 24 auf:

Optionszwang abschaffen

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/253

Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/286

Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/308

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich stelle fest, das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache, und für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN hat die Frau Abgeordnete Luise Amtsberg das Wort. - Bitte, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Jahr 2000 wurde das Staatsangehörigkeitsrecht unter einer rot-grünen Bundesregierung in Deutschland grundlegend modernisiert. Damit wurde den faktischen Bedingungen einer multinationalen Gesellschaft in Deutschland Rechnung getragen. Es galt nicht mehr das Ius Sanguis, also das Abstammungsrecht, sondern es wurde das Ius Soli, das Recht, das jedes Kind, das hier in Deutschland geboren wurde, auf deutschem Boden, einen deutschen Pass erhält, eingeführt.

(Minister Klaus Schlie)

Leider wurde die Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts von einer beispiellosen Hetzkampagne durch den hessischen Ministerpräsidenten Koch begleitet, und so wurde wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat eine - man könnte sagen Lightvariante des Geburtsortsprinzips beschlossen.

Als Kompromiss wurde die generelle Hinnahme der Doppelstaatsangehörigkeit aus dem Gesetzesentwurf gestrichen, und es wurde das Optionsmodell entwickelt. Dieses Optionsmodell oder besser dieser Optionszwang, gegen den wir uns heute aussprechen, wirkt sich seit dem Jahr 2008 aus.

Im Jahr 2008 sind die ersten Jugendlichen beziehungsweise jungen Erwachsenen aus Einwandererfamilien in diese Zwangslage gekommen. Sie müssen sich entscheiden, ob sie den deutschen Pass oder den Pass ihrer Eltern behalten wollen, eine Entscheidung, die logischerweise nicht einfach so beim Geburtstagsfest getroffen werden kann. Es ist eine Entscheidung für die eine und gegen die andere Staatsangehörigkeit, für das Land, in dem ich lebe und gegen die Wurzeln meiner Familie, für das Land, in dem ich lebe oder gegen die Wurzeln meiner Familie, für die Herkunft meiner Eltern und gegen das Land meiner Freunde, für ein Gefühl und gegen den Verstand.

Wofür all diese rationalen und irrationalen Entscheidungen? Wozu diese Menschen quälen, wo sie doch all die Jahre mit ihrer Doppelstaatigkeit in Deutschland gelebt haben? Wie haben sich diese Menschen verändert, als sie volljährig wurden? Warum gibt es plötzlich eine Gefahr, die noch vor einem Tag nicht da war? Was unterscheidet diese Personen eigentlich von Menschen aus binationalen Beziehungen und der Europäischen Union, für die die Doppelstaatigkeit bis zu diesem Zeitpunkt eine Selbstverständlichkeit ist? - Die Antwort ist ganz einfach: nichts. Es unterscheidet sie rein gar nichts. Es waren und sind Menschen wie Sie und ich. Das sollten wir endlich anerkennen und auch die rechtlichen Konsequenzen daraus ziehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Begreifen wir es einfach als eine Art Bereicherung für unsere Gesellschaft, die auf Toleranz und Miteinander setzt. Begreifen wir es auch als einen Akt der Rechtsstaatlichkeit. Deutschland ist ein weltoffenes und ein modernes Land. Folgerichtig ist die Mehrstaatlichkeit kein abzuschaffender Zustand, sondern Ausdruck einer vielfältigen und toleranten Gesellschaft.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Der vorliegende Antrag auf Aufhebung des Optionszwangs ist nicht neu. Grüne, SSW und die FDP, die uns traurigerweise heute in integrationspolitischen Fragen nicht mehr so nahesteht, haben bereits Anfang 2008 einen solchen Antrag gestellt. Damals ist er an der schwarz-roten Koalition gescheitert, heute hingegen gibt es die Chance, zumindest parteiübergreifend für diese moderne Gesellschaft, die ich skizziert habe, einzutreten. Denn sogar die SPD hat es in der Vergangenheit nicht so ernst genommen mit diesem Vorhaben, sitzt aber heute mit im Boot, was ich sehr gut finde, und macht sich sogar die Mühe, unserem Antrag einen fast gleichen Antrag anbei zu stellen. Es ist zweifelsohne schon so, dass Ihr Antrag ein wenig anschaulicher ist, weil er zeigt, wie so ein Gesetz aussehen könnte. Vielen Dank dafür auf jeden Fall.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mein Dank geht an dieser Stelle auch ausdrücklich an unseren Integrationsminister Schmalfuß, der die Debatte durch seine Erklärung am 21. Januar in Schleswig-Holstein sozusagen wieder aufs politische Tableau geholt hat,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und der LINKEN)

und dem wir bei seinem Vorhaben für die Aufhebung des Optionszwangs auf Bundesebene von diesem Hohen Hause durchaus unsere Unterstützung anbieten, die er dafür auch bekommen sollte.

Lassen Sie mich ein Zitat von Bertolt Brecht aufnehmen. Ich finde, es passt sehr gut - ich habe es neulich gelesen -, und es beschreibt ein wenig, was ein Pass für einen Menschen in Deutschland bedeuten kann. Deshalb greife ich auf dieses Zitat zurück:

„Der Pass ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Pass niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird.“

Diese Abhandlung von Brecht mit dem Titel „Flüchtlingsgespräche“ lege ich jedem, der das Optionsmodell befürwortet, ans Herz. Es lohnt sich, das zu lesen.

(Luise Amtsberg)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, SSW und der LINKEN)

Für die CDU-Fraktion erteile ich der Frau Abgeordneten Astrid Damerow das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die geschätzte Kollegin Amtsberg hat einen Teil der Historie schon vorweggenommen. Ich erspare uns jetzt die einfache Wiederholung. Das spart - nebenbei bemerkt - auch etwas Zeit. Ich habe dem auch nichts hinzuzufügen.

Seit dem Jahr 2008 haben wir die ersten Kinder aus dieser Regelung, die volljährig und damit optionspflichtig werden. Ab dem Jahr 2018 werden das jährlich schätzungsweise 40.000 Jugendliche bundesweit sein, die vor dieser Entscheidung stehen.

CDU- und FDP-Fraktion stellen den Ihnen vorliegenden Änderungsantrag aus mehreren Gründen:

Erstens. Belastbare Erfahrungen mit diesen ersten Optionsfällen liegen laut zuständigem Bundesamt bisher noch nicht vor, da die meisten der Betroffenen die ihnen gegebene Frist ausnutzen und man hier in der bereits laufenden Evaluierung in keinem Fall vor 2011/2012 mit belastbaren Ergebnissen rechnen kann. Also diese Schmerzen, die Frau Amtsberg ansprach, sind in dieser Form noch nicht bekannt geworden, denn - wie gesagt - so viele sind es noch nicht, die dieser Optionspflicht nachkommen.

Zweitens wird es für uns auch interessant sein, zu welchen Diskussionsergebnissen die Integrationsministerkonferenz im März kommt. Das möchten wir gern abwarten.