Protocol of the Session on May 28, 2008

(Günther Hildebrand)

das wird davon abhängig sein, was die Leute bezahlen können und wo sie leben wollen. Davon wird die Entwicklung maßgeblich abhängig sein, aber nicht davon, was wir planerisch dazu darlegen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich angesichts der Zeit nur noch einige Punkte anführen. Ich möchte ein Beispiel nennen. Dort heißt es: Die Vermeidung von Verkehren oder eine ausschließliche ÖPNV-Orientierung seien zum Teil geboten. Damit habe ich Probleme. Ohne flexible und schnelle Verkehrswege ist eine wirtschaftliche Entwicklung nicht möglich. Ich zitiere einen zweiten Punkt:

„Zur Sicherung der luftverkehrlichen Anbindung des Kieler Raumes kommt dem Verkehrslandesplatz der Landeshauptstadt Kiel eine hohe Bedeutung zu.“

Ich denke, die Debatte über den Flughafen KielHoltenau ist erledigt.

Lassen Sie mich auch das Positive nennen: Es gibt eine Reihe von Sätzen und Leitlinien, die gute Aussagen machen. Herr Minister, wir wissen, dass es sich um einen Entwurf handelt. Wir haben dazu bereits Gespräche aufgenommen. Diesen Entwurf haben Sie in die Diskussion eingebracht, und er wird auf kommunaler Ebene erläutert. Das ist gut. Ich glaube, Sie werden Bedenken und Anregungen intensiv prüfen und gegebenenfalls aufnehmen. Aus unserer Sicht ist das letzte Wort nicht gesprochen. Als abschließenden Gedanken darf ich hinzufügen: Wir haben einen Plan auf 150 Seiten und 137 Seiten Anlagen zum Entwurf des Umweltberichts. Frau Präsidentin, es piepst hier gleich, aber geben Sie mir bitte noch die Chance zu einem Gedanken.

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD] - Heiterkeit bei der SPD)

Auf Seite 126 heißt es:

„Darüber hinaus können bei einigen Festlegungen des Landesentwicklungsplans in der Gesamtschau negative Umweltauswirkungen nicht ausgeschlossen werden: Stärkung der wirtschaftlichen Entwicklung.“

Sie können doch nicht Umwelt- und Wirtschaftsentwicklung in einen solchen Gegensatz zueinander stellen. Auf diese Dinge müssen wir achten. In der Gesamtbetrachtung sage ich: Lassen Sie uns überlegen, ob wir überhaupt eine Anlage mit einem Umweltbericht brauchen. Lassen Sie uns überlegen, ob wir 150 Seiten brauchen. Manchmal ist weniger mehr. Positiv wären eine Straffung auf klare und

übersichtliche Ziele sowie eine intensive politische Diskussion.

Herr Abgeordneter, es hat gepiept.

Ich bin sicher, wir werden dann gemeinsam einen guten Landesentwicklungsplan auf den Weg bringen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Für die SPD-Fraktion erhält Herr Abgeordneter Thomas Hölck das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege Hildebrand, Sie haben eine Phantomdebatte geführt. Das Beteiligungsverfahren läuft noch auf Hochtouren. Ich finde, es wäre eine unerträgliche Geringschätzung, würde man dem Antrag der FDP heute zustimmen. Niemand sollte den Eindruck vermitteln, die Landesentwicklung könne weiter so geplant werden wie bisher. Keiner kann ernsthaft bestreiten, dass die Bevölkerungszahlen sinken werden. Das Land und die Regionen können nicht mehr wie bisher erwartet wachsen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dafür sind die Auswirkungen der demografischen Entwicklung zu offensichtlich. Es ist richtig, die Wohnungsbauentwicklung in Schleswig-Holstein zu einem zentralen Schwerpunkt des neuen Landesentwicklungsplans zu erklären.

(Beifall der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD])

Die Wohnungsmarktprognose für Schleswig-Holstein bis 2020 dient als ein Orientierungsrahmen für die weitere Landesentwicklung. Die Kommunen verfügen mit rund 8 % ihres Wohnungsbestandes über genügend Baulandpotenzial. Trotz stagnierender und später zurückgehender Bevölkerungszahlen wird sich die Anzahl der Haushalte und damit die Nachfrage nach Wohnraum erhöhen. Es sind dabei starke regionale Unterschiede zu erwarten, nämlich keine Veränderungen in den Oberzentren, dafür aber ein Zuwachs von 10 % im Hamburger Umland. Auch der geschätzte Neubaubedarf wird sich im gesamten Land regional und strukturell

(Werner Kalinka)

stark differenzieren. Allein 45 % des Neubauvolumens werden auf den Hamburger Rand entfallen. In den Oberzentren und in den Mittelzentren besteht allgemein ein geringerer Neubaubedarf als im direkten Hamburger Umland. Bei zunehmend schrumpfender Bevölkerung wird es immer problematischer, die Funktionalität der Städte zu erhalten. Deshalb besteht schon jetzt ein enormer Gegensteuerungsbedarf.

Als Bürgermeister einer kleinen Gemeinde in der Metropolregion kann man darüber hinwegsehen. Die Stadtfunktion wird durch die Metropole Hamburg in jeder Hinsicht wahrgenommen. Außerhalb der Metropolregion sind die kleinen Gemeinden auf intakte Strukturen der Städte angewiesen. Der kommunale Wettbewerb um Einwohner und um Wirtschaftskompetenz wird angesichts der demografischen Entwicklung zunehmen. Deshalb muss sich der Landesentwicklungsplan auf die ökonomischen, sozialen und ökologischen Herausforderungen einer alternden Gesellschaft einstellen.

(Beifall bei der SPD)

Der Wettbewerb um Köpfe darf nicht dazu führen, dass die Stadtfunktion einerseits weiter geschwächt wird und dass andererseits die Gemeinden am Bedarf vorbei planen. Dazu gehört auch, dass die weiterführenden Schulen in den zentralen Orten verankert bleiben müssen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Die Städte und ihre Umlandgemeinden müssen sich als gemeinsamen Entwicklungsraum betrachten. Daher sieht der Entwurf des Landesentwicklungsplans die Erarbeitung von Stadt-Umland-Konzepten vor. Zu den Inhalten gehören: Die Definition der Höhe des Wohnungsneubaubedarfs, die Bebauung der Kernstädte und die Festlegung von geeigneten Schwerpunkten im Umland. Die zu definierenden Schwerpunktgemeinden können dann gegebenenfalls auch mehr als 8 % beziehungsweise 13 % neue Wohneinheiten erstellen. Gerade der ländliche Raum muss sich künftig als Region begreifen und zur Kooperation bereit sein. Ein gutes Beispiel liefert dafür das von der EU mitfinanzierte Landesförderprogramm Aktiv Region, bei dem sich mehrere Städte und Umlandgemeinden zu einer gemeinsamen Förderkulisse zusammenschließen müssen. Die Kooperation ist im Übrigen nichts Neues, denn bereits seit Jahren werden Flächennutzungspläne gemeindeübergreifend verabschiedet.

Ich bin davon überzeugt, dass die Gemeinden im ländlichen Raum nur positive Entwicklungschancen haben, wenn sie sich rechtzeitig auf die demografi

sche Entwicklung einstellen. Dabei ist es notwenig, aus dieser Entwicklung die richtigen Zukunftsentscheidungen abzuleiten. Wer meint, heute noch seine Wohnbaupotentiale für betreutes Wohnen auf der grünen Wiese zu verbrauchen, wird scheitern. Damit werden die Auswirkungen der demografischen Entwicklung beschleunigt und manifestiert. Nur die Gemeinden, denen es gelingt, eine möglichst ausgewogene Bevölkerungsstruktur zu erhalten, werden zukunftsfähig sein.

Der Landtag tut gut daran, dem FDP-Antrag nicht zuzustimmen. Eine Zustimmung innerhalb der Anhörungsfrist wird den Beteiligten nicht gerecht und kann nur Unmut hervorrufen. Ich rate dazu, Beteiligungsverfahren ernst zu nehmen, sonst läuft man Gefahr, selbst nicht ernst genommen zu werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Thomas Hölck. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich dem Fraktionsvorsitzenden, Karl-Martin Hentschel, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Landesentwicklungsplan soll die Entwicklung dieses Landes von 2010 bis 2025 steuern. Sinn eines solchen Plans ist es, so ist jedenfalls mein Anspruch, dafür zu sorgen, dass bei Planungen des Landes auch langfristige Entwicklungen berücksichtigt werden. Wie sehen diese aus? Die Landesplanung schätzt, dass die Bevölkerungszahl in Schleswig-Holstein bis 2025 um 80.000 Menschen sinken wird. Hier stimmt sie mit allen Fachleuten überein. Auch der Wohnungsbedarf wird ab 2020 drastisch zurückgehen. Obwohl das so ist, ermöglicht der Landesentwicklungsplan ein Wachstum von 8 % in der Fläche, von 13 % in den Ordnungsräumen und ein unbegrenztes Wachstum in den Zentralorten. Wenn so gebaut wird, wie es der Landesentwicklungsplan vorsieht, dann könnten in Schleswig-Holstein bis 2025 locker 200.000 neue Wohnungen gebaut werden. Das heißt, wir könnten 20 % mehr Wohnungen haben als heute. Das ist das Dreifache des bereits optimistisch berechneten Maximums, obwohl der Bedarf in Zukunft drastisch sinken wird.

Wenn es so kommen wird, wie es in diesem Plan steht, dann werden wir ab 2020 in großen Teilen des Landes Wohnungsleerstände haben. Die Folge

(Thomas Hölck)

wird ein Zusammenbruch des Immobilienmarktes sein. Viele Menschen, die ihre Alterssicherung auf ihr Einfamilienhaus gebaut haben, werden mit leeren Händen dastehen.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Das regelt der Markt!)

Der Markt regelt in Amerika auch die SubprimeKrise. Das, was die Menschen dort zu erleiden haben, wird auch vom Markt geregelt. Wenn Sie das einfach kommen lassen wollen, dann tun sie mir leid. Das ist nicht Aufgabe der Landespolitik.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aufgabe der Landespolitik ist es, vorzubeugen und die Menschen vor solchen Entwicklungen zu bewahren.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die Menschen sollen „bewahrt werden“! Das ist ja unglaub- lich!)

Wenn die FDP hier herkommt und sagt, die Grenzen seien viel zu niedrig, man müsse alle Grenzen beseitigen, kann ich Sie nur fragen, Herr Hildebrand, warum Sie nicht gleich fordern, die Landesplanung solle ihre Arbeit einstellen? Das ist doch schlichter Unsinn!

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sie hätten in der DDR leben sollen! Dann hätten Sie schön planen können!)

Meine Damen und Herren, der Ansatz der Landesplanung, mit pauschalen Zahlen zu antworten, ist allerdings fragwürdig. Die Entwicklung ist in den einzelnen Landesteilen sehr unterschiedlich. Es wird durchaus Landesteile geben, in denen die Bevölkerung wächst, es wird andere Landesteile geben, in denen sie drastisch zurückgeht. Es ist also schwierig, mit pauschalen Zahlen zu reagieren. Ob man mit den genannten Zahlen von 8 % oder 13 % der Entwicklung überall im Land gerecht wird, wage ich zu bezweifeln. Ich kann mir vorstellen - und darüber sollten wir reden -, ein flexibles Planungsinstrument zu bekommen.

Im Straßenbau ist das übrigens heute selbstverständlich. Beim Straßenbau ist eine Abschätzung der Verkehrsentwicklung, der Umweltauswirkungen, der Lärmentwicklung und eine volkswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnung vorgeschrieben. Nur auf Grundlage solcher Planungen darf gebaut werden. Ich könnte mir vorstellen, dass bei der Planung neuer Baugebiete in den Gemeinden in ähnlicher Weise vorgegangen wird. Bevor eine Ge

meinde einen F-Plan oder B-Plan ausweist, sollte anstelle von pauschalen Zahlen ein regionaler Entwicklungsplan vorgelegt werden, in dem dargstellt wird, welche Bevölkerungsentwicklung zu erwarten ist, welcher Bedarf an neuen Wohnungen existiert.

(Hans-Jörn Arp [CDU]: Bürokratie!)

Es müsste dargestellt werden, welche Altersgruppe erwartet wird, wo die Schulen sein sollen, wo die Kindergärten sein sollen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Wer soll das be- zahlen?)

Wo sollen die ambulanten Pflegedienste sein? Wo sollen die Menschen einkaufen? Wie werden sie an den öffentlichen Verkehr angeschlossen?