Wesentlich genauer ist die Aufstellung des Instituts für Krebsepidemiologie e.V., welches einen jährlichen Bericht herausgibt. Dort sind die Neuerkrankungsraten sowie die Sterblichkeitsraten der einzelnen 21 Krebserkrankungsarten in den Landkreisen und kreisfreien Städten sehr präzise aufgeführt. Dort findet man auch genaue Aussagen zur Epidemiologie der einzelnen Krebsarten in den einzelnen Kreisen. Die Berichte dieses Instituts haben jedoch einen Nachteil. Der derzeit neueste Datenbericht aus dem Jahr 2006 greift auf Daten aus dem Jahr 2004 zurück und ist damit eigentlich nicht mehr aktuell genug. Daher hätten wir uns auch gewünscht, dass das Sozialministerium dem Parlament einen Überblick über die neuesten Zahlen und Entwicklungen gegeben hätte.
Ein Krebsregister erfüllt keinen Selbstzweck. Es hat den Zweck, die epidemiologischen Entwicklungen von Krebskrankheiten in Schleswig-Holstein darzustellen. Sollten hier Unregelmäßigkeiten festgestellt werden und beispielsweise bestimmte Erkrankungen in einer Region auffällig große Inzidenzen aufweisen, dann müssen diese Ursachen ergründet werden, um gegebenenfalls Gegenmaßnahmen einzuleiten. Die wichtige Aussage dieses Berichts ist die, dass nach den bisherigen Untersuchungen in Schleswig-Holstein noch keine signifikanten Häufungen von Krebserkrankungen aufgetreten sind, die auf eine lokale Ursache von Krebserkrankungen hinweisen. Der Sonderfall der Region Geesthacht ist schon erwähnt worden. Dieser Fall ist natürlich noch einmal speziell zu analysieren. Es geht darum, dort zu ergründen, worin tatsächlich die Ursachen der Häufung von Krebserkrankungen bei Kindern liegen.
Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Klug. - Für den SSW im Landtag hat Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als das Krebsregister vor zehn Jahren seine Arbeit aufnahm, sollte das Auftreten der unterschiedlichen Krebsarten erfasst und dokumentiert werden. Man wollte irgendwann auch Schlüsse daraus ziehen können. Das ist nach einer erstaunlich kurzen Eingangsphase gut gelungen. Die Arbeit des Krebsregisters in Schleswig-Holstein erfährt eine hohe Akzeptanz bei den Patienten, bei den Behörden und auch bei den Ärzten. Alle verlassen sich darauf, dass mit den sensiblen Daten sorgfältig umgegangen wird, was durch den Landesdatenschutzbeauftragten auch bestätigt wurde. Die Organisatoren des Registers gehen mit Bedacht vor, sodass bisher alles reibungslos vonstatten ging. Dabei hat sicherlich die Trennung von Register und Vertrauensstelle in erheblichem Maße dazu beigetragen, dass die Ärzte die Registerarbeit unterstützen.
Ich war persönlich über die hohe Kooperationsbereitschaft der Patienten überrascht, die sich freiwillig für Studien zur Verfügung stellen und dafür auch ihren Namen bereitstellen. Schließlich denkt man bei einer Krebserkrankung nicht als allererstes daran, seine Daten zur Verfügung zu stellen. Das genau aber passiert bei uns im Land. Ganz offensichtlich ist Krebs in vielen Bereichen eine unheimliche Krankheit, deren Schicksal die Krebspatienten anderen ersparen wollen. Sie versuchen mit ihren begrenzten Mitteln - und wenn es nur die eigene Krankengeschichte ist -, den Ursachen dieser tückischen Krankheit in ihren zahlreichen Erscheinungsformen auf den Grund zu gehen.
Sprichwörtlich ist die Kette aber immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Das gilt auch und gerade für Statistiken, deren Aussagewert mit ihrer Reichweite zunimmt. Jahrzehntelang haben medizinische Statistiken beispielsweise Frauen kaum oder gar nicht erfasst. Seitdem das nachgeholt wird, ergeben sich teilweise völlig überraschende Befunde. Gleiches gilt für die regionale Vergleichbarkeit. Wer belastbare Zahlen nur aus einem oder aus zwei Bundesländern zur Verfügung hat, der kann keine Bundesdurchschnitte errechnen. Ob Schleswig-Holstein ein Ausnahme- oder ein Regelfall ist, kann das Krebsregister nicht beantworten, solange vergleichbare Daten aus anderen Ländern fehlen.
Darum ruft der SSW die Landesregierung erneut auf, für eine bundesweite Meldepflicht zu werben, was sie auch tut. Der Bericht sollte den anderen Landtagen zugeleitet werden, damit entsprechende Initiativen dort entsprechenden Rückenwind erfahren. Wenn in allen Bundesländern die Krebserkrankungen genauso erfasst werden, wie das bei uns der
Vorbehalte konnten in Schleswig-Holstein vor allem bei den Ärzten ausgeräumt werden. Das ist ein Beispiel für andere Bundesländer. Ich fordere eine bundesweite Meldepflicht von Krebserkrankungen auch ausdrücklich als energiepolitischer Sprecher, der flächendeckende Statistiken zum Auftreten von Krebserkrankungen aus der Umgebung deutscher Kernkraftwerke in seiner täglichen Arbeit schmerzlich vermisst.
Wenn nicht nur Schleswig-Holstein, sondern auch die unmittelbaren Nachbarn Hamburg, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern gleiche Datengrundlagen haben, dann nimmt die Güte der Zahlen zu. Entsprechendes gilt natürlich auch für andere Fälle in anderen Bundesländern. Man muss dann nicht mehr im Nebel stochern. Ich weiß nicht, was bei diesem Vergleich vielleicht herauskommen wird, aber ich denke, dass Sie alle so gespannt sind wie ich. Wir alle wären froh, wenn wir auch die Leukämiefälle in der Elbmarsch auf einer noch besseren Grundlage beraten könnten. Das schleswig-holsteinische Beispiel zeigt, dass das Krebsregister ein Erfolg ist. Dieser sollte auch auf andere Bundesländer übertragen werden. Ich könnte mir insbesondere bei der energiepolitischen Debatte, wenn es darum geht, Leukämiefälle rund um Atomkraftwerke näher zu beleuchten, sehr gut vorstellen, aus Erkenntnissen anderer Bundesländer, die ähnliche Anlagen betreiben, Schlüsse ziehen zu können. Insofern glaube ich, dass eine deutschlandweite Meldepflicht etwas ist, das wir uns als nächstes auf die Fahne schreiben sollten.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/1550, zur abschließenden Beratung an den Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Danke, das ist so beschlossen.
Ich erteile der Berichterstatterin des Sozialausschusses, Frau Abgeordneter Siegrid Tenor-Alschausky, das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat die Berichte zum Thema „Kindertagesstätten zu Familienzentren weiterentwickeln“ durch Plenarbeschluss vom 30. November 2006 federführend dem Sozialausschuss und mitberatend dem Bildungsausschuss überwiesen.
Der federführende Ausschuss hat die Anträge in vier Sitzungen - darunter eine Anhörung -, zuletzt am 4. Oktober 2007, beraten. In dieser Sitzung haben die antragstellenden Fraktionen von CDU und SPD den letzten Satz des von Ihnen eingebrachten Antrags gestrichen.
Über die beiden Anträge wurde alternativ abgestimmt. Für den Antrag Drucksache 16/1079 stimmten die Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, für den geänderten Antrag Drucksache 16/1107 die Fraktionen von CDU und SPD.
Damit empfiehlt der Sozialausschuss im Einvernehmen mit dem beteiligten Bildungsausschuss dem Landtag, den Antrag Drucksache 16/1079 abzulehnen und den Antrag Drucksache 16/1107 in der vom Ausschuss geänderten Fassung anzunehmen.
Ich danke der Frau Berichterstatterin. Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Für die CDUFraktion hat Frau Abgeordnete Frauke Tengler das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am 15. März 2007 führten Sozial- und Bildungsausschuss eine gemeinsame Anhörung zum Thema „Kindertagesstätten zu Familienzentren weiterentwickeln" durch. In dieser aufschlussreichen Anhörung trugen AWO, Caritas, ADS und VEK als Trä
ger vor, welche zusätzlichen Familienangebote es bereits in ihren Einrichtungen gibt. Zusätzlich wurde von Frau Dr. Wieland aus dem Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen das von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN favorisierte NRWModell vorgestellt. Die Anhörung ergab, dass die Träger vor Ort sehr wohl sich verändernde Notwendigkeiten erkennen und in der Lage sind, innovativ und im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf zu reagieren. Zusätzliche Angebote richten sich nach dem tatsächlichen Bedarf.
So hat eine Kita im Norden Flensburgs einen komplett anderen Bedarf als eine Kita auf der westlichen Höhe derselben Stadt. Während im Norden der Stadt die Erziehungskompetenz der Eltern gefördert, Sprachkompetenz der Kinder entwickelt, gesunde Ernährung erlernt, Hinweise zur Körperpflege gegeben werden müssen, ist es in Kitas auf der westlichen Höhe eher nötig, die Eltern darauf hinzuweisen, die Kinder durch ihr Nachmittagsvollzeitprogramm nicht zu überfordern.
Uns wurden vielfältige, niedrigschwellige Zusatzangebote vorgestellt, die Teil der Weiterentwicklung der Kitas sind und dem Bedarf vor Ort in unterschiedlichster Ausprägung gerecht werden. Wichtig für die Zukunft ist eine intensive Zusammenarbeit von Familienbildungsstätten und Kitas vor Ort. Die Familienbildungsstätten bieten Kurse an, die inhaltlich von großer Relevanz für Kita-Eltern sind, von diesen aber in den Familienbildungsstätten viel zu wenig angenommen werden.
Durch den vertrauensvollen Zugang der Eltern zu ihrer Kita wird hier eine hervorragende Möglichkeit der Zusammenarbeit von Kita und Familienbildungsstätte - von der ADS in Flensburg bereits erfolgreich praktiziert. Ein weiterer wesentlicher Aspekt der Anhörung für die Weiterentwicklung der Kitas war die Einbindung des Ehrenamtes in Programm und Ablauf der Kita-Arbeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Parteien der Großen Koalition sahen sich und ihren Antrag in allen Punkten durch die Anhörung bestätigt - bis auf den Antrag von NRW. Einig sind wir darin, dass die Kitas flächendeckend weiterentwickelt werden müssen. Das ergibt sich aus sich ständig verändernden Lebensumständen der Eltern und der Gesellschaft. Die Weiterentwicklung muss aber individu
Aus Sicht der CDU-Fraktion sind die vorhandenen Mut machenden Ansätze zu unterstützen und zu stärken. Vor der realen Haushaltssituation unseres Landes muss es unser gemeinsames Ziel sein, die gegenwärtigen Mittel des Landes für die Kitas wieder in gleicher Höhe bereitzustellen. Ergänzend muss für die Weiterentwicklung der Kitas durch gute Beispiele geworben werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Bescheidenheit, nicht ohne Grund ist der Kreis SchleswigFlensburg im Familienatlas 2007 der Bundesregierung als Top-Region eingestuft worden.
- Wir, Holger. - Im Kreis Schleswig-Flensburg hat die ADS als einer der ersten Träger überhaupt damit begonnen, passgenau für die jeweilige Umgebung Kitas zu Nachbarschafts- oder Familienzentren zu entwickeln. Dieses Modell und die weiteren in der Anhörung vorgestellten Modelle können beispielgebend für Kitas in Schleswig-Holstein sein.
Die CDU-Fraktion bittet die Landesregierung, einen Austausch zu organisieren, und Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, unserem Antrag zuzustimmen.
Ich danke der Frau Abgeordneten Tengler. - Das Wort für die SPD-Fraktion hat Frau Abgeordnete Astrid Höfs.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir führen heute eine Debatte fort, die wir vor knapp einem Jahr, am 30. November 2006, begonnen haben. Die Debatte um die Aufgabe und die Zukunft der Kindertagesstätten konzentriert sich auf drei Aspekte.
Erstens sind Kindertagesstätten im modernen Verständnis keine reinen Betreuungseinrichtungen, sondern Bestandteil des Bildungssystems. Wir treten dafür ein, dass möglichst jedes Kind bereits vor der Einschulung eine Kindertagesstätte besucht, um dort die sozialen Fähigkeiten, besonders aber die Sprachkompetenzen zu erwerben, die für einen erfolgreichen Schulbesuch erforderlich sind. Dieser Aspekt ist durch das neue Kindertagesstättengesetz,
Was zu tun bleibt, ist, die Eltern, die darauf angewiesen sind, zu entlasten. Das langfristige Ziel sollte dabei nach unserer Überzeugung eine generelle Kostenfreiheit des Kita-Besuches sein. Dass weder das Land noch die Kommunen in der Lage sind, dieses Ziel bereits in nächster Zeit umzusetzen, versteht sich leider von selbst.
Zweitens sind Kindertagesstätten Einrichtungen zur Förderung der Familien oder - genauer gesagt - der Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit. Kinder und Beruf dürfen keinen Widerspruch darstellen. Mütter und Väter müssen Kinder großziehen können, ohne dass sie ihre beruflichen Wünsche und Perspektiven aufgeben. Auch darüber haben wir uns wiederholt ausgetauscht.