Protocol of the Session on September 16, 2009

Ein Verwaltungsausschuss kann ein Mitentscheidungsrecht bei der Auswahl der leitenden Mitarbeiter, die dem Landrat direkt unterstellt sind, haben,

(Peter Lehnert)

ohne das Trennungsprinzip zwischen Kreistag als Ebene der Willensbildung und dem Landrat als ausführender Ebene zu verletzen. Uns ging es dabei um die erste Ebene unterhalb des Landrates. Die nächste Ebene, die auch vom Landkreistag kritisiert worden ist, war auf Wunsch der CDU aufgenommen worden. Wir hätten gut darauf verzichten können. Ebenso kann der Verwaltungsausschuss mehr Mitbestimmung bei der Gestaltung des Verwaltungsaufbaus haben, ohne dass es zur Aufhebung des Trennungsprinzips kommt. Man hätte auch beim Beteiligungscontrolling dem Ehrenamt über den Verwaltungsausschuss ohne große Mühen durchaus die Möglichkeit geben können, bei allen Beteiligungen mit mehr als 25 % dem Vertreter oder der Vertreterin des Kreises Weisung zu erteilen. Das war sogar ein Vorschlag des Landkreistages selbst.

Andere wichtige Punkte, die der Landkreistag kritisiert hat, waren unter dem Aspekt der Stärkung des Ehrenamtes nicht relevant und hätten einvernehmlich geregelt werden können. Zu nennen sind hier die vom Landkreistag kritisierte Stellung der Verwaltungsausschussmitglieder als Ehrenbeamte, die grundsätzliche Nichtöffentlichkeit des Verwaltungsausschusses sowie das doppelte Stimmgewicht des Vorsitzenden oder der Vorsitzenden bei Stimmengleichheit.

Wir bedauern, dass die Stärkung des Ehrenamtes jetzt nicht wie beabsichtigt und vereinbart zum Tragen kommen wird. Hier fehlt es unserem ehemaligen Koalitionspartner ganz offensichtlich an Kraft, um sich gegenüber den Landräten durchzusetzen. Wie schon bei der Verwaltungsstrukturreform: Sie wurde vom Ministerpräsidenten zu Beginn der Wahlperiode zur Chefsache erklärt, aber ihn und die CDU verließen beim ersten Gegenwind aus den Kreisen der Mut.

(Konrad Nabel [SPD]: So sind sie!)

Niemand konnte erwarten, dass eine Stärkung des Ehrenamtes in den Kreisen ohne Konflikt mit den Landräten über die Bühne geht. Eine Stärkung des Ehrenamtes ist weitgehend nur möglich, wenn bei den Landräten Kompetenzen abgebaut und dem Ehrenamt zugeordnet werden. Das ist nun einmal so.

Wir wollen die Stärkung des Ehrenamtes in den Kreisen auch - ich möchte auf einen Aspekt hinweisen, der vielleicht etwas vernachlässigt worden ist -, um Bürgerinnen und Bürger für Kreistagsarbeit zu motivieren. Denn Stärkung des ehrenamtlichen Elements bedeutet auch größere Gestaltungsmöglichkeiten. Ohne ein stärkeres Ehrenamt aber wer

den wir zukünftig Probleme haben, qualifizierte und engagierte Menschen in ausreichender Zahl für die Kreispolitik zu begeistern.

Zusammengefasst: Die SPD-Fraktion stimmt dem Gesetzentwurf, wie er jetzt vorliegt, zu. Die CDU hat keinen Mut gehabt, auch die Stärkung des Ehrenamtes durchzusetzen, und deshalb machen wir das in der nächsten Wahlperiode.

(Beifall bei der SPD - Hans-Jörn Arp [CDU]: Mit wem? - Weitere Zurufe)

Für die Fraktion der FDP hat Herr Abgeordneter Günther Hildebrand das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Abschaffung der Direktwahl der Landrätinnen und Landräte ist quasi der letzte Gruß der ehemaligen Großen Koalition. Er dokumentiert, dass sich CDU und SPD absolut einig sind, wenn es um die Abschaffung direkter Einflussmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger auf die Besetzung von Ämtern geht. Das ist bedauerlich, aber es nährt die Hoffnung, dass mit dem Spuk dieser Koalition am 27. September Schluss sein wird.

Wer wie die SPD hier als Argument auch noch die Stärkung des Ehrenamts ins Feld führt, hat merkliche Demokratiedefizite. Es trifft zwar zu, dass künftig bei der Besetzung des Landratsamts die ehrenamtlich tätigen Kreispolitiker zuständig sein werden, was aber ist der Preis? Der Preis ist die Wegnahme der unmittelbarsten Einflussmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger auf politische Entscheidungen und Vorgänge, die Wahl.

Wie diverse Beispiele bei vergangenen Landratswahlen und nicht zuletzt seinerzeit die Bestätigung von Herrn Dr. Gebel im Kreis Plön gezeigt haben, haben die Bürgerinnen und Bürger oftmals ein ganz anderes Verständnis davon, wer für sie die bessere Kandidatin, der bessere Kandidat ist.

(Beifall bei der FDP - Unruhe)

Sie haben sich bei den Landrats- und Bürgermeisterwahlen oftmals gerade gegen die Empfehlung der Mehrheit der Kreistage entschieden, und das war gut so.

Unser Fazit: CDU und SPD dokumentieren mit ihrem Gesetzentwurf zur Abschaffung der Direktwahl der Landräte ihr tiefes Misstrauen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. In Zeiten schwindenden

(Peter Eichstädt)

Zuspruchs der Wählerinnen und Wähler an die ehemaligen Volksparteien sichern sich beide somit mehr Möglichkeiten, Ämter zu verteilen.

(Beifall bei der FDP)

Wir werden das der Bevölkerung auch genau so erklären.

(Unruhe)

Es könnte ein bisschen ruhiger im Plenum sein.

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren, es gibt aber durchaus auch Positives an diesem Gesetzentwurf, der heute zur Entscheidung ansteht, nämlich, dass der sogenannte Verwaltungsausschuss völlig aus dem Gesetz verschwindet. Hier hat wenigstens die CDU die zahlreichen Stellungnahmen auf sich wirken lassen und auf dieses Semikonstrukt ohne eigene Organstellung mit Mischkompetenzen verzichtet.

Dabei ist es geradezu ein Treppenwitz, dass ein Verwaltungsausschuss nach den Vorstellungen nunmehr offensichtlich nur noch der SPD eine Verwaltung gleichzeitig mitleiten und kontrollieren sollte. Es ist besser, das operative Geschäft, die Verwaltungsleitung, und das Risikocontrolling, die Verwaltungskontrolle, voneinander vollständig zu trennen, wenn man ordentliche Ergebnisse erzielen will. Das muss die SPD noch lernen.

Ich zitiere hierzu allzu gern aus der Stellungnahme des Landkreistages, der im Übrigen auch die ehrenamtlichen Vertreter der Kreistage repräsentiert:

,,Mit einem modernen Verwaltungsmanagement, das die anspruchsvollen Herausforderungen insbesondere der technischen Entwicklung pp. Rechnung tragen soll, ist dieser beabsichtigte Rückfall in die ‚Klein-kleinSteuerung’ nicht vereinbar.“

Ähnlich urteilte der Städteverband.

Aber auch die von SPD und CDU zwingend vorgesehene Nichtöffentlichkeit der Sitzungen des Verwaltungsausschusses wurde von den Betroffenen abgelehnt. Das Ehrenamt, das anscheinend nur noch die SPD „stärken“ will, hat gar nicht das Misstrauen gegenüber der Bevölkerung, das die SPDLandtagsfraktion hat. Auch das sollte zur Kenntnis genommen werden.

Abschließend halte ich Folgendes fest. Erstens: Die FDP-Fraktion wird nicht am Abbau von demokratischer Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger mitwirken.

(Beifall des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Wir werden daher den Gesetzentwurf zur Abschaffung der Direktwahl der Landräte ablehnen.

(Beifall bei der FDP)

Zweitens: Die SPD, die als Letztes noch das Kungelgremium Verwaltungsausschuss aufrechterhalten will, dokumentiert damit nur noch weiter ihren Niedergang. Sie will die Bevölkerung weiter draußen vor der Tür halten, Entscheidungen in nichtöffentlichen Sitzungen nicht nachvollziehbar und untransparent lassen und mit immer weniger Vertretern noch einen Rest an Macht bei der Verteilung von Pöstchen erhalten.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Hildebrand, gestatten Sie ein Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Eichstädt?

Gleich, ich möchte erst meinen Gedanken zu Ende führen.

Es tut schon fast weh, die ehemalige Volkspartei der Sozialdemokraten in diesem Zustand zu erleben.

Drittens: Unsere Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf beschränkt sich auf einen halben Artikel, das ist Artikel 3, in dem das bereits umstrittene Vorschaltgesetz zur Neuregelung der Wahl der Landräte aufgehoben wird. Das hätte völlig genügt.

(Beifall bei der FDP)

Bitte schön!

Herr Kollege Hildebrand, ist es Ihrer Aufmerksamkeit entgangen, dass ich eben ausgeführt habe, dass mit der SPD eine Öffentlichkeit des Verwaltungsausschusses ohne Weiteres herzustellen gewesen wäre?

Das habe ich im Gesetzentwurf, der jetzt nur noch zum Teil zur Abstimmung steht, anders gelesen. Darin stand ausdrücklich, dass dieser Ausschuss grundsätzlich nichtöffentlich tagt.

(Beifall bei der FDP)

(Günther Hildebrand)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter KarlMartin Hentschel, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Koalition ist Geschichte. Ich hoffe, das bleibt so.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Dennoch vereint sie immer noch der Wille, die Demokratie zu schwächen. Was Sie hier mit dem Gesetz vorlegen, bedeutet, dass Sie, nachdem die Koalition beendet ist, es sich in der letzten Tagung des Landtags unbedingt noch leisten müssen, die Direktwahl der Landräte abzuschaffen. Ich finde das unglaublich.

(Beifall bei der FDP)