Protocol of the Session on March 25, 2009

Meine Damen und Herren, das können wir nicht zulassen. Wir arbeiten vielmehr an einer konstruktiven Lösung. Wir haben uns immer wieder direkt in die Debatte um das Finanzmarktstabilisierungsgesetz eingestaltet. Wir haben gesagt, dass das Engagement des SoFFin auch über den 31. Dezember dieses Jahres hinaus möglich sein muss. Wir haben gesagt, dass Kapitalerhöhungen erleichtert werden

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

müssen, wenn es um die Stabilisierung einer Bank geht. Im Kreis der Ministerpräsidenten sprechen wir auch intensiv über die Zukunft der Landesbanken und auch über mögliche Fusionen.

Darüber hinaus muss sich die Bundesregierung auf internationaler Ebene für einen Ordnungsrahmen einsetzen, der sicherstellt, dass vergleichbare Krisen in Zukunft verhindert werden. Hedgefonds brauchen eine stärkere Finanzaufsicht, Risiken müssen in Bilanzen besser offengelegt werden, und beim Rating brauchen wir mehr Transparenz und Verlässlichkeit.

In der Krise haben wir die Chance zur Neugestaltung, und diese sollten wir nutzen. Die Debatte über die Zukunft des Finanzmarktes ist in vollem Gange, aber an einem Punkt führt kein Weg vorbei: Wir müssen erst unsere Hausaufgaben machen, und das tun wir. Wir wollen dafür sorgen, dass SchleswigHolstein auch 2020 noch ein interessanter Standort ist. Dafür müssen wir heute Verantwortung übernehmen. Dazu gehört es auch, schwierigste Entscheidungen zu treffen.

Ich bin froh und dankbar, dass unser Finanzminister Rainer Wiegard diese Entscheidungen sehr gut vorbereitet hat.

(Beifall bei der CDU)

Manch persönliche Kritik, die ich übernommen habe, war vordergründig, wenn nicht sogar fadenscheinig. Der Finanzminister macht gute Arbeit, er hat mein Vertrauen, und er sollte unser aller Vertrauen genießen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Heute ist für niemanden von uns ein leichter Tag. Wir werden Entscheidungen treffen, die wir zum Wohle unseres Landes treffen müssen. Eine Alternative zu unserem Kurs gibt es nicht.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich erteile nun dem Herrn Finanzminister Rainer Wiegard das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Prinzipien einer werteorientierten Wirtschaftsordnung wie unserer sozialen Marktwirtschaft mussten in den vergangenen Jahren allzu häufig dem Streben nach schnellen und kurzfristigen Renditen weichen. Beständigkeit oder Nachhal

tigkeit waren jedenfalls häufig das vorrangige Ziel. Das ist, vereinfachend beschrieben, die globale Ursache für die Entwicklung an den Finanzmärkten in den letzten 15 Monaten.

Die HSH Nordbank ist - das sage ich mit Bedacht - ebenso Betroffene wie Beteiligte dieser Entwicklung. Der Betroffenheit begegnen wir jetzt mit den vorgelegten Maßnahmen. Die Beteiligung werden wir in den nächsten Monaten noch aufarbeiten müssen. Damit für jedermann klar ist: Das Land Schleswig-Holstein und die Freie und Hansestadt Hamburg helfen mit den vorgeschlagenen Kapitalmaßnahmen nicht der Bank oder ihren Managern, sondern der Wirtschaft in der Region, den Unternehmen, den Betrieben und ihren Beschäftigten. Das ist die Aufgabe, der wir uns stellen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir helfen, ein systemisch bedeutendes Geldinstitut fortzuführen, dessen wirtschaftliche Bedeutung über die Region hinaus für den deutschen Bankensektor anerkannt und unabdingbar ist, um damit schweren wirtschaftlichen Schaden zu vermeiden und die damit verbundenen privaten und öffentlichen Vermögenswerte zu erhalten. Wer dies bislang nicht hören wollte, dem ist es wohl spätestens mit der Anhörung des Präsidenten der BaFin, Jochen Sanio, und des Sprechers des Leitungsausschusses des SoFFin, Hannes Rehm, deutlich geworden.

Der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung stellt die Weichen für die Fortführung und Restrukturierung der HSH Nordbank. Wir schaffen die Voraussetzungen, dass die HSH Nordbank die notwendigen Schritte zur strategischen Neuausrichtung des Instituts einleitet, und ermöglichen damit, dass die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg an der Wertaufholung der Bank teilhaben und dadurch das eingesetzte Kapital zurückerhalten können. In den vergangenen Monaten wurde die Bank eingehend durchleuchtet. Bank, Berater und Prüfer haben das gesamte Haus sprichwörtlich auf den Kopf gestellt, in enger Abwägung und Abstimmung ein Geschäftsmodell entwickelt, das der Bank eine Zukunft sichern kann und die Interessen der Eigentümer berücksichtigt.

Das Jahresergebnis 2008, das zukünftige Geschäftsmodell und die Risikobewertung erfordern zusätzliches Eigenkapital von 3 Milliarden € und eine Garantie über die riskogewichteten Aktiva von 10 Milliarden € zur Stabilisierung der Landesbank. Die Freie und Hansestadt und das Land Schleswig-Holstein schaffen mit dem Gesetzentwurf die rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen, um

(Ministerpräsident Peter Harry Carstensen)

beide Elemente umzusetzen. Die Länder erfüllen damit sogleich die Bedingungen, die der SoFFin zur Voraussetzung für die Gewährung seiner im November 2008 zugesagten Liquiditätshilfen in Höhe von 30 Milliarden € gestellt hat.

Anfang März hat der Lenkungsausschuss des SoFFin nach sorgfältiger Prüfung das vorgelegte Konzept zur Restrukturierung, Risikoabschirmung und Rekapitalisierung gebilligt und die vollständige Liquiditätshilfe freigegeben, sobald die Parlamente in Hamburg und Kiel ihre Zustimmung erteilt haben. Dies hat Herr Dr. Rehm am letzten Donnerstag erneut eindeutig klargestellt.

Zugleich haben Herr Dr. Rehm und der SoFFin damit öffentlich erhobene Vorwürfe, die Regierung oder sogar ich allein hätten klammheimlich, am Parlament vorbei, eine milliardenschwere Kapitalhilfe zugesagt, als oppositionelles Geschwätz entlarvt. Die Opposition erschöpft sich ohnehin seit Monaten in der Entwicklung virtueller Verschwörungstheorien, die sich letztlich als Flops erwiesen haben. So, Frau Heinold, kann man zwar Opposition spielen, regieren kann man so aber nicht. Aber das haben Sie schon in den zehn Jahren bewiesen, in denen Sie es hier mit dem Regieren versucht haben.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Während Sie weiterhin Ihren Komödienstadel inszenieren, wenden wir uns der Sacharbeit zu. Die Bank wird fünf wesentliche Maßnahmen ergreifen, um sich auf den Finanzmärkten auch weiterhin behaupten zu können.

Erstens. Es wird eine Kernbank geschaffen, der eine klare Zielpositionierung auf das regionale Kundengeschäft und die Schlüsselindustrien mit Regionalbezug aufgegeben ist, also in Geschäftsfeldern, die die Bank seit Jahren marktführend besetzt.

Zweitens. Nicht strategische und abzubauende Portfolien werden abgespalten und in einer zunächst innerorganisatorisch zu bildenden Konsolidierungsbank gebündelt.

Drittens. Risiken werden durch eine Garantie beider Länder über eine gemeinsame Anstalt abgeschirmt.

Viertens. Durch eine Erhöhung des Eigenkapitals um 3 Milliarden € wird die notwendige Kernkapitalquote von zunächst rund 9 %, im weiteren Verlauf von 7 % erreicht.

Fünftens. Dabei handelt es sich um eine der in der Folge bedeutsamsten Positionen: Die internen Funktionen und Prozesse - das gilt vor allem für die IT-unterstützten Risikomanagementsysteme werden optimiert, zum Teil vollständig erneuert. Die Bank wird sich entlang eines klaren Restrukturierungsplans konsequent neu aufstellen und den Erfolg auch gegenüber dem Parlament durch ein konsequentes Umsetzungscontrolling permanent nachzuweisen haben.

Die stabilisierte HSH Nordbank wird ihr Augenmerk darüber hinaus klar auf drei Kernbereiche fokussieren.

Erstens. Das Kundengeschäft wird sich noch deutlicher als bisher regional orientieren. Das Kundengeschäft in Asien wird ebenso eingestellt wie das Immobiliengeschäft in den USA und in Westeuropa, das Leasinggeschäft und andere Aktivitäten, die keinen Bezug zu der Region und den international anerkannten Kernkompetenzen haben.

Regionales Firmenkundengeschäft heißt im Übrigen nicht, den Sparkassen Konkurrenz zu machen. Diese Befürchtungen sind unbegründet. Es geht vielmehr darum, die bisherige Unterstützung der Sparkassen in Schleswig-Holstein mit breiter Produktpalette auszubauen und auch weiterhin als solider Partner der Sparkassen im Konsortialgeschäft zu fungieren.

Dazu wird es im Übrigen eine schriftliche Vereinbarung zwischen der Bank und den Sparkassen geben, die die derzeitige Verbundvereinbarung ergänzt. Ich glaube, das ist eine gute Grundlage für diesen Part.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Zweitens. Das internationale Sektor-Geschäft bleibt auch weiterhin in den nachgewiesenen Kernkompetenzen Schifffahrt, Transport und Erneuerbare Energien fest verankert. Alle diese Kompetenzen haben eine enge Verbindung zu unserer Region, und das ist nach wie vor das Alleinstellungsmerkmal dieser Landesbank, was keine andere Landesbank aufweisen kann.

Drittens. Das ist von besonderer Bedeutung für die Aufgabenstellung: Das Kapitalmarktgeschäft wird auf Kapitalbeschaffung und kundenspezifische Produkte reduziert. Das eigene Kreditersatzgeschäft, das in den 90er-Jahren begründet und bis zum Ende der Gewährträgerhaftung 2005 erheblich ausgeweitet wurde, wird vollständig abgebaut und gehört

(Minister Rainer Wiegard)

nicht mehr zum künftigen Aufgabenbereich dieser Bank.

Die Bank wird sich von der reinen Größen- und Ertragsorientierung trennen. Das langfristig aus der Bank zu erzielende und nachhaltig wirkende Ergebnis wird künftig zählen.

Dazu wird das Neugeschäft insbesondere in den Jahren 2009 und 2010 deutlich reduziert und danach voraussichtlich gegenüber den früheren Jahren etwa halbiert. Die Bilanzsumme wird bis 2012 weiter erheblich zurückgefahren. Damit geht die Senkung der Kosten einher: Die Bank hat die Reduzierung der Personalstellen um etwa 1.100 Stellen angekündigt und plant darüber hinaus eine weitere Senkung der operativen Sachkosten. Es ist ein gutes Zeichen, dass sich Gesamtbetriebsrat und Vorstand bereits vor gut zehn Tagen auf Eckpunkte für einen sozial verträglichen Stellenabbau mit diesem Ziel verständigt haben.

Die reine Wachstums- und Ertragsfokussierung hat als Lehre der Finanzmarktkrise falsche Verhaltensanreize gesetzt. Die sind übrigens im Wesentlichen - was die Landesbank angeht - aus dem politischen Raum hier gesetzt worden.

Wenn wir jetzt von konsequenter Redimensionierung sprechen, müssen wir auch die Vergütungsinstrumente auf der Ebene des Managements und selbstverständlich des Vorstands ebenso konsequent an nachhaltigen Gesichtspunkten ausrichten. Dazu werden wir ein eigenes Instrumentarium entwickeln, das auf ein stetiges und fundiertes Ergebnis setzt und nicht mehr vorrangig auf jährliche Ertragsziele. Ich glaube, darüber gibt es ein allgemeines Einvernehmen.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Der Bundesgesetzgeber plant ein Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung von Aktiengesellschaften. Das müssen wir nicht abwarten. Das können wir begleiten, aber wir werden parallel hierzu die notwendigen Schritte in eigener Verantwortung einleiten.

Der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank hat dazu übrigens in einem kürzlich veröffentlichten Interview in der „Landeszeitung“ auf die Frage, ob er mit einem gedeckelten Gehalt von 500.000 € im Jahr zufrieden wäre, gesagt, dass es niemandem zu vermitteln wäre, wenn die Krise an den Managern spurlos vorüberginge. Das unterscheidet sich wohltuend von Äußerungen anderer Manager. Auch diesbezüglich, so sagt er, hätten sich die Koordina

ten verschoben. Ich denke, diese Sichtweise zeigt, dass die Herausforderungen, vor die uns diese Finanzmarktkrise gestellt hat, in allen Facetten - auch in persönlichen - richtig erkannt wird, vielleicht nicht von jedem, aber von jenen, die hier verantwortlich handeln.

Wir haben intensiv darüber diskutiert, welche Folgen eine sogenannte kontrollierte Abwicklung der Bank als Alternative zum Fortführungsmodell haben könnte. Nach allen Erörterungen steht für uns fest, dass ein anderer Weg als Fortführung und Restrukturierung der Bank für das Land SchleswigHolstein nur noch teurer gekommen wäre, ohne die Chance einer sonst möglichen Wertaufholung. Herr Sanio hat in der Sitzung der drei beratenden Ausschüsse des Landtags in der vergangenen Woche gesagt und auch begründet, warum er einen solchen Weg nicht empfehlen könne. Er hat diesen Weg wörtlich als Experiment bezeichnet, das ohne Vorbild sei und unbekannte Risiken in sich berge, die aus seiner Sicht nicht beherrschbar sein würden.

Die HSH Nordbank, der Ministerpräsident hat es gesagt, ist in Deutschland eine systemrelevante Bank. Eine Abwicklung dieser Bank mit der zwangsläufigen Folge - so Herr Sanio - der Insolvenz würde weit über die unmittelbaren Wirkungen innerhalb der Bank und innerhalb der Region hinaus das Vertrauen in die Stabilität des Bankensystems weiter erschüttern. Für Schleswig-Holstein und Hamburg als größte Anteilseigner wären dies die teuersten Lösungen. Wir tragen aus der Gewährträgerhaftung noch hohe Verpflichtungen. Die Schließung der Bank würde bedeuten, dass wir mögliche Verbindlichkeiten aus der Gewährträgerhaftung in einer Größenordnung von derzeit noch 65 Milliarden € mit den übrigen verpflichteten Anteilseignern zu tragen hätten.

Der Anteil Schleswig-Holsteins bemisst sich nach dem Anteil zum Zeitpunkt der Fusion. Das waren damals rund 20 %, wobei die endgültige Belastung für das Land wegen der gesamtschuldnerischen Haftung der verbundenen Anteilseigner einerseits und des notwendigen Innenausgleichs aller Garanten andererseits für das Land gar nicht feststeht. Dass die Anlastung des Sparkassen- und Giroverbandes - also der Sparkassen im Lande - am Ende möglicherweise auch vom Land zu begleichen wäre, muss ich an dieser Stelle aufgrund der Situation und des besonderen Auftrags, den die Sparkassen im Land haben, nicht weiter vertiefen.

An dieser Stelle darf ich einmal meine Verwunderung darüber einflechten, dass ich von den Grünen ständig aufgefordert werde, die möglichen negati