Als Ergebnis stelle ich fest: Die verantwortliche Politik weiß nicht, was sie angerichtet hat. Die Landwirtschaft weiß nicht, wie es weitergeht. Der SSW weiß überhaupt nicht, um was es geht.
Deshalb sage ich: Über den Antrag sollten wir im Agrarausschuss und im Dezember im Parlament weiter beraten. Weil der Antrag unschädlich ist, stimme ich einer Ausschussüberweisung zu.
Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Am 26. Juni dieses Jahres haben die Agrarminister der EU-Mitgliedstaaten in Brüssel eine grundlegende Reform der EU-Agrarpolitik für eine nachhaltige Landwirtschaft in Europa beschlossen.
Ziel war es unter anderem, bei den WTOHandelsverhandlungen eine starke, tragfähige Position zu erhalten und alle Länder zum Abbau handelsverzerrender Agrarsubventionen zu drängen.
Eines der Hauptelemente der Reformvorschläge ist die so genannte Entkoppelung. Mit dieser Trennung der Beihilfen von der Produktion soll den Landwirten der Anreiz genommen werden, durch mehr Produktion automatisch auch mehr Beihilfen zu generieren.
Dass diese Entkopplung erforderlich und sinnvoll ist, wird inzwischen allgemein anerkannt. Allerdings ist jetzt die Frage strittig, welches Verfahren zukünftig zur Anwendung kommen soll. Sollen es die so genannte Betriebsprämienrechte sein, die den Betrieben Zuweisungen in Höhe der Durchschnittsbeihilfen der letzten Jahre zusichern, oder soll es zu den so genannten regionalen Flächenprämienrechten kommen, die in konsequenter Form Beihilfen pro bewirtschafteter Fläche in Hektar unabhängig von den jeweiligen Erträgen vergeben?
Auf Bundesebene ist es noch zu keiner einheitlichen Meinung gekommen. Selbst innerhalb der Landwirtschaft gibt es sehr unterschiedliche Stellungnahmen, wie beispielsweise der Präsident des Bauernverbandes, Sonnleitner, bei der Ausstellung auf dem Landesbauerntag in Rendsburg gesagt hat.
Um es vorweg zu sagen, beide Modelle haben Vor- und Nachteile, die bei der Anhörung im Agrarausschuss am 11. September sehr deutlich geworden sind. Dadurch, dass in Schleswig-Holstein ein sehr hoher Anteil der Flächen landwirtschaftlich bewirtschaftet wird und die Hektarerträge sehr hoch sind, besteht bei der Flächenprämie die Gefahr, dass Schleswig-Holstein zukünftig auf bis zu 40 Millionen € Beihilfen verzichten müsste. Eine Katastrophe für die Bauern!
Auf diesen Punkt zielt der erste Punkt des SSWAntrages. Wie Minister Müller dies bei seinen Kollegen aus den anderen Ländern erreichen will, wird er uns gleich sicherlich mitteilen. Unsere Unterstützung hat er auf jeden Fall.
Ein weiterer Nachteil bei der möglichen Einführung der Flächenprämie besteht darin, dass es beim Über
gang zu dramatischen Verwürfen mit der Folge von zwangsläufigen Insolvenzen kommen würde. Bei einem möglichen Übergang muss deshalb ein ausreichend langer Zeitraum vorgesehen werden, der eine entsprechende Anpassung möglich macht und zum Beispiel auf die von den Betrieben eingegangenen Finanzierungen Rücksicht nimmt.
Die Brüsseler Entscheidung lässt den Mitgliedstaaten einen relativ großen Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinien in nationales Recht. Wenn es aufgrund von zum Beispiel unterschiedlichen Strukturen schon in Deutschland schwierig ist, eine gemeinsame Lösung zu finden, wie soll es dann erst in Europa sein? Dieser dritte Punkt des Antrages des SSW ist reine Illusion, nicht umsetzbar und meines Erachtens auch nicht sinnvoll, da in diesem Fall die deutsche Landwirtschaft noch mit weiteren Verlusten von Beihilfen gegenüber anderen EU-Mitgliedstaaten zu rechnen hätte.
Der letzte Punkt des SSW-Antrages, nämlich von der Landesregierung einen entsprechenden Bericht zu erhalten, ist sicherlich sinnvoll. Der Landwirtschaftsminister wird diesen aber erst geben können, wenn auf Bundesebene, möglicherweise schon auf der angesprochenen Sitzung der Agrarminister am 27. November, eine Einigung erzielt würde und damit feststünde, welche Bauern von der Entscheidung wie betroffen sind. Bei der Agrarministerkonferenz in Rostock konnte seinerzeit keine Einigung erzielt werden. Das bleibt abzuwarten.
Meine Damen und Herren, die FDP begrüßt die Entkoppelung. Wir sind für eine so genannte Kulturlandschaftsprämie, die der regionalen Flächenprämie sehr nahe kommt. Unsere Bundestagsfraktion hat einen entsprechenden Antrag in den Bundestag eingebracht.
Diese Kulturlandschafts- oder Flächenprämie wird aber erst am Ende einer Entwicklung stehen. Am Anfang werden wir eine Betriebsprämie einführen müssen, damit die Existenz unserer Betriebe nicht weiter zusätzlich gefährdet wird. Im weiteren Verlauf der folgenden Jahre müssen dann sukzessive Anpassungen hin zur regionalen Flächenprämie vorgenommen werden.
Meine Damen und Herren, wir können den SSWAntrag gern im Ausschuss beraten und dahin überweisen. Der Ausschuss war sich allerdings mit dem Minister ohnehin schon darin einig, dass der Minister den Ausschuss ständig zeitnah über neue Erkenntnis
Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass ich mit diesem Beitrag erreicht habe, dass Minister Müller nicht wieder meine Kollegin Christel Happach-Kasan vermisst.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Hildebrand, das habe ich jetzt so aufgefasst: Abstimmung in der Sache mit Ablehnung wegen Überflüssigkeit. Oder wie war das zu interpretieren?
Agrarpolitik kostet viel Geld. In Schleswig-Holstein werden jährlich zirka 300 Millionen € Agrargelder ausgezahlt. Diese tragen mehr als zur Hälfte zum landwirtschaftlichen Einkommen bei. Wir befinden uns in der Förderperiode 2000 bis 2006. In der Mitte dieser Förderperiode liegt der Midterm Review, eigentlich mit dem Hintergrund, die geänderten Rahmenbedingungen für eine übliche Anpassung und Nachsteuerung der Förderinstrumente zu untersuchen. Diesmal führte es allerdings zu einer vollkommenen Umkrempelung der bisherigen Grundsätze. Dahinter stand einerseits die EU-Erweiterung und andererseits die Anpassung an die Erfordernisse der Welthandelsorganisation im Zuge der WTO-Verhandlungen. Mit der Einigung auf neue gemeinsame Leitlinien des Rates ist als wesentliches Element die Entkoppelung entschieden worden, das heißt die Abkehr von der bisherigen produktionsbezogenen Förderung der Landwirtschaft.
Der Bauernverband möchte ein Betriebsmodell einführen. Das bedeutet, dass die bisherige Prämie dem Einzelbetrieb zugerechnet, auf die Betriebsfläche verteilt und so unverändert bis zum Jahr 2012, am liebsten noch länger, ausgezahlt wird. Das bedeutet, dass die enormen Unterschiede zwischen prämienbegünstigten und prämienbenachteiligten Betrieben für die Ewigkeit festgeschrieben werden,
obwohl die der bisherigen Prämienzahlung zugrunde liegende Produktion entkoppelt wird. Das ist zutiefst ungerecht. Der Bauernverband nimmt damit nicht die Interessen aller seiner Mitglieder wahr, sondern vertritt nur die Interessen einer bestimmten Klientel, nämlich der bisher schon prämienbegünstigten Betriebe.
Wir Grüne wollen das Regionalmodell, also gleiche Prämie für alle Bauern und Bäuerinnen. Das wären in Schleswig-Holstein zirka 380 € pro Hektar und Jahr. Das ist gerecht und klar.
Das bedeutet gleichzeitig eine tendenzielle Stärkung von Grünlandstandorten und von extensiveren Formen der Landbewirtschaftung. Wir wollen erfolgreiches Wirtschaften in der Landwirtschaft, besseren Tierschutz, Verbesserung der Ökologie und unserer Kulturlandschaft, Arbeit im ländlichen Raum und - natürlich ganz wichtig - eine Spitzenqualität der Lebensmittel. Darauf ist unsere Agrarpolitik ausgerichtet.
Die Entkoppelung wird den unmittelbaren Durchgriff der abnehmenden Hand auf die öffentlichen Transferleistungen an die Landwirtschaft wesentlich erschweren. Bisher mit den direkten produktbezogenen Prämien wurde die Prämie jeweils unmittelbar in den Abnahmepreis eingerechnet. Preissenkung zugunsten der Abnehmer und zuungunsten der Landwirtschaft war die Folge.
Die Entkoppelung ist eine neue Chance für mehr Markt und Preise, die die Wahrheit sagen. Insofern sind wir an Ihrer Seite Herr Hildebrand, dass wir dies als marktwirtschaftliche Öffnung der Landwirtschaft begrüßen.
Der Übergang zu einem Regionalmodell SchleswigHolstein muss in Zwischenschritten realisiert werden, um Härten eines Systemwechsels abzufedern. In einem Kombimodell werden bisherige prämienstarke Betriebe für eine Übergangsfrist in Stufen an das Ziel eines einheitlichen Regionalmodells herangeführt. Umgekehrt werden bisher schlechter gestellte Betriebe aus dem Keller nach oben an die Einheitsprämie herangeführt.
Da ist selbstverständlich noch viel Feinschliff erforderlich. Brüche sollten vermieden werden, weil hinter den Zahlen natürlich immer auch Betriebe und Menschen stehen.
Ich schlage vor, dass bei sehr prämienstarken Betrieben die Besserstellung gedeckelt wird auf einen Sockel von zum Beispiel 30.000 € und dass zur Aufrechterhaltung dieser Besserstellung, das heißt Prämienberechtigung, die bisherige Beschäftigungsintensität nachzuweisen ist. Wir wollen schließlich Arbeit finanzieren und nicht das Gegenteil.
Die unternehmerische Freiheit bleibt unter dem Dach der Entkoppelung dadurch unberührt und es ist auch leicht zu administrieren. Langfristiges Ziel bleibt eine Landwirtschaft, die ohne öffentliche Transferleistungen in freier Marktwirtschaft funktioniert.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Auch ich will eingangs eine gewisse Verwunderung über diesen Antrag nicht verhehlen, lieber Lars Harms,