Dort gibt es bereits sehr starke Bastionen der skandinavischen Länder. In Pomerania und überhaupt in Polen gibt es im Vergleich dazu echten Nachholbedarf und große Chancen gerade für SchleswigHolstein, wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen zu knüpfen. Er schlägt deswegen vor, dass wir uns in der Arbeit einen eigenen Schwerpunkt für Polen setzen. Das ist schon begonnen worden. Chancen der Zusammenarbeit sieht er in den Bereichen Innere Sicherheit und Kriminalität. Es ist möglich, Projekte des Innenministeriums mit den entsprechenden Behörden dort gemeinsam durchzuführen. Denn gerade in diesem Bereich existieren in Nordpolen noch erhebliche Probleme.
Der zweite Punkt betrifft den Bereich der Agrarpolitik, insbesondere die Zusammenarbeit mit den einheimischen Bauern. Dort ist mittlerweile eine Reihe von deutschen Bauern tätig. Das ist ein Problem, das in der Entwicklung auftaucht. Dort entstehen Befürchtungen. Von daher wäre das ein guter Bereich, um die Zusammenarbeit, aber auch die konkrete Un
Der dritte Punkt ist der Bereich Tourismus. In Pommeranien existieren auf diesem Gebiet zwar schon eine Reihe lokaler Erfahrungen und Ansätze, aber nicht im Bereich der Tourismusorganisation, im Bereich der lokalen Tourismuswerbung. Hier könnte eine Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und Pommeranien sehr produktiv sein.
Als Letztes möchte ich auf das Statement des Abgeordneten Behm eingehen. Er hat gesagt, man sollte sich in der Wirtschaftspolitik auf den Ostseeraum konzentrieren; im Rest der Welt hätten wir nicht so viele Chancen. Dem kann ich leider nicht zustimmen. Ich glaube, dass die Beziehungen sowohl nach Nordamerika wie auch nach Ostasien für Schleswig-Holstein eine erhebliche Bedeutung haben. Wer entsprechende Reisen mitgemacht hat, weiß, dass dort Prospekte aus vielen deutschen Bundesländern ausliegen. Es reicht nicht aus, dort wirtschaftspolitisch oder kulturell lediglich für Deutschland zu werben. Es ist durchaus notwendig, auch regional Wirtschaftskontakte und Ansprechpartner zu finden. Das gilt nicht nur für den Ostseeraum, sondern auch für andere Gebiete. Das sollte man nicht gegeneinander ausspielen.
Ich glaube, dass wir, was die Verkehrsverbindungen betrifft, immer Folgendes im Auge behalten sollten: Der Ostseeraum ist deswegen ein Raum, der verbindet und nicht trennt, weil die Ostsee selber eine Verkehrsstraße, eine Güterverkehrsstraße erster Klasse ist. Der Gütertransport über das Meer ist mit Abstand billiger als der über die Straße oder Schiene. Er ist auch, wenn die Ausstattung stimmt, umweltfreundlicher. Deswegen ist die Ostsee eine verbindende Straße zwischen den Ländern an der Ostsee schon seit alters her, aber auch für die Zukunft. Wir sollten bei der Entwicklung der Verkehrsverbindungen gerade die maritime Seite nicht immer hintenanstellen. Sie spielt eine zentrale Rolle.
Sie sollte von uns betont werden. Das heißt, wir müssen bei den Infrastrukturinvestitionen darauf achten, dass wir nicht andere Verkehrsmittel gegenüber den maritimen und gegenüber dem Ausbau der Häfen bevorteilen. Diese werden auch in Zukunft eine zentrale strategische Rolle für die Entwicklung der Ostsee haben.
Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich der Sprecherin Frau Anke Spoorendonk.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Richtig ist einerseits, dass der Europabericht und der Ostseebericht der Landesregierung nicht im Widerspruch zueinander stehen, auch nicht im Widerspruch zueinander stehen sollen, im Gegenteil. Sie ergänzen sich. Andererseits erwarten wir, dass die Landesregierung die Zusammenarbeit im Ostseeraum nicht nur mit der europapolitischen Brille betrachtet. Denn charakteristisch für die Ostseekooperation ist ja, dass sie zwischen EU-Staaten, künftigen EU-Staaten und Nicht-EU-Mitgliedern stattfindet. Auch wenn sich daran einiges ändert, so ist es vom Grundsatz her immer noch die Vorgabe für die Ostseekooperation. Sie bindet die Regionen ein und lebt ansonsten von vielen sehr unterschiedlichen Netzwerken. Diese Vielfalt ist die Stärke der Ostseezusammenarbeit. Diese Stärke gilt es aus der Sicht des SSW zu bewahren und weiter auszubauen.
Der Ostseebericht ist - der Kollege Ritzek sagte es schon - immer eine Art Nachschlagewerk. Er zählt auf, was an Projekten läuft oder gelaufen ist. Dagegen ist nichts einzuwenden. Dennoch wäre es wünschenswert, wenn zum Beispiel vor dem Hintergrund der Leitlinien in der Ostseepolitik der Landesregierung gleichzeitig verstärkt hinterfragt würde, ob die beschriebenen Projekte auch die Erwartungen erfüllen, die in sie gesetzt werden.
Zu Recht hebt die Landesregierung hervor, dass die Ostseekooperation unverändert die strategische regionale Leitidee zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes ist. Es gilt daher, sie kontinuierlich weiterzuentwickeln, und es gilt, die Präsenz des Landes im Ostseeraum zu sichern.
Dennoch darf es nicht so sein, dass Wettbewerbsfähigkeit nur unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten betrachtet wird. Es ist auch im Interesse Schleswig-Holsteins, wenn demokratische Strukturen, wenn also die Zivilgesellschaft und die Demokratie im Ostseeraum gestärkt werden. Das kommt natürlich auch der Wirtschaft zugute. Aus Sicht des SSW darf aber der gesellschaftspolitische Ansatz nicht heruntergespielt werden. Dies sage ich nicht zuletzt vor dem Hintergrund des auch im Ostseebericht genannten Antrags von Schleswig-Holstein bei
der Ostseeparlamentarierkonferenz in Greifswald im letzten Jahr. Unser Anliegen war - ich sage es noch einmal -, die Zusammenarbeit mit der Ostseeratsbeauftragten für demokratische Entwicklung zu vertiefen, um damit auch der Minderheitenpolitik den Stellenwert in der Ostseezusammenarbeit zu geben, die ihr zusteht.
Aus der Sicht des SSW muss es künftig verstärkt so sein, dass wir uns im Europaausschuss mit solchen Fragen befassen und uns konkret mit der Ostseepolitik der Landesregierung beschäftigen.
Ich möchte noch einen weiteren Punkt ansprechen. Laut Bericht wird sich die Landesregierung verstärkt auf die Umsetzung des STRING-Projektes konzentrieren. Die Vision, die dahinter steckt, ist die Entwicklung eines Kraftzentrums im südwestlichen Ostseeraum.
Der Landesregierung möchten wir aber in Erinnerung rufen, dass sie noch andere Hausaufgaben hat. Im letzten Jahr wurde eine formale Vereinbarung zwischen Schleswig-Holstein und Sønderjyllands Amt geschlossen. Doch seitdem ist wenig passiert. Daher zum wiederholten Mal: Wir haben bis 2006 Zeit, um im deutsch-dänischen Grenzland die Strukturschwäche der Region mit Hilfe von EU-Projekten positiv zu verändern, nachhaltig zu verändern.
Bisher sehen wir leider keinen konzeptionellen Ansatz, der uns weiterhilft. Damit meine ich zum Beispiel auch die Frage, wie wir nachhaltig sichern können, dass das Grenzland weiterhin mit seinem Pfund wuchern kann, mit der kulturellen Vielfalt, dem Zusammenleben von Mehrheit und Minderheit, seiner intakten Natur und last but not least mit den Menschen, die zu Recht auf ihrem Platz in der Informations- und Wissensgesellschaft bestehen.
Also: Was soll die Leitlinie für die künftige Entwicklung der Grenzregion sein? Vor dem Hintergrund dieser Frage muss gesagt werden, dass wir in Sachen grenzüberschreitender Arbeitsmarkt endlich einmal aufhören sollten zu jammern. Wir sollten uns darauf konzentrieren, was realistischerweise ansteht. Meine Bitte lautet also: Lasst uns nicht jedes Mal, wenn wir uns mit diesem Thema befassen, bei Adam und Eva beginnen. Das war auch der Tenor des SSWAntrages, den wir letztes Jahr hier im Landtag zusammen mit einem CDU-Antrag debattierten.
Der Bericht der Landesregierung spricht einige Projekte an, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass wir weitergekommen sind. Also lasst uns mit diesen Projekten anfangen.
Mit der anstehenden Osterweiterung der EU wird sich - ich sagte es eingangs schon - natürlich die Ostseekooperation ändern. Das Verhältnis zu Russland wird damit eine neue Qualität erhalten. Auch das wissen wir. Insgesamt wird es in den kommenden Jahren darauf ankommen, das Besondere an der Ostseezusammenarbeit zu erhalten und weiterzuentwickeln. Es wird darauf ankommen, der Bundesregierung das begreiflich zu machen.
Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Dann schließe ich die Beratungen. Ich schlage vor, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 15/2051, zur abschließenden Beratung an den zuständigen Europaausschuss zu überweisen. Wer so verfahren will, den darf ich um das Handzeichen bitten. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist es einstimmig vom Hause so beschlossen.
Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, darf ich zunächst neue Gäste begrüßen, und zwar die Damen und Herren von der Seniorenunion aus Husum in Nordfriesland. Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag.
Ich darf fragen: Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die antragstellende Fraktion hat Herr Kollege Dr. Ekkehard Klug für die FDPFraktion.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Spätestens seit Beginn der PISA-Debatte ist die Anhebung des Bildungsniveaus ein unumstrittenes politisches Ziel. Dessen Verwirklichung setzt nach Auffassung der FDP-Fraktion jedoch die Einführung verbindlicher Stundentafeln voraus. Ohne verlässliche Rahmenbedingungen für den zu erteilenden Unterricht können die angestrebten Bildungsziele nicht erreicht werden.
„Für alle Schularten, Kernfächer und Schulstufen werden derzeit sowohl bundesweit als auch landesintern Standards und Aufgabenpools erarbeitet".
Dass solche verbindlichen Standards - über deren Einführung besteht ja auch unter Bildungspolitikern Konsens -
nicht zu gewährleisten sind, sofern nicht auch der dazu erforderliche Unterricht erteilt wird, liegt auf der Hand. Wenn künftig an allen Schulen Vergleichsarbeiten geschrieben werden sollen, dann hätten Schüler, deren Fachunterricht in mehr oder weniger großem Umfang gar nicht erteilt worden ist, dabei natürlich von vornherein das Nachsehen. Um ein konkretes Beispiel anzuführen: Die Stundentafeln der Realschulen sehen für die siebte und die achte Jahrgangsstufe jeweils drei Wochenstunden für die zweite Fremdsprache vor. Der Schulelternbeirat der Realschule Bad Bramstedt hat jedoch - nach dem Bericht der „Norderstedter Zeitung" vom 7. Oktober dieses Jahres - festgestellt, dass an dieser Schule in den siebten Klassen derzeit überhaupt kein Unterricht in der zweiten Fremdsprache, nämlich im Fach Französisch, erteilt wird. Solche Ausfälle sind heute in der Realität unserer Schulen keine Seltenheit. Aus den Briefen, die an die Fraktionen und an die Abgeordneten gerichtet werden, aus vielen Presseberichten aus den Regionen ließen sich viele weitere Beispiele dafür anführen, dass Unterricht in wichtigen Fächern entweder gar nicht oder nur in sehr eingeschränktem Umfang erteilt wird.
Besonders dringlich ist nach Überzeugung der FDPFraktion die Einführung solcher verbindlicher Stundentafeln in den Grundschulen. In den Grundschulen wird das Fundament für den weiteren Bildungsweg gelegt. Lernfortschritte bei den Schülern sind hier durch eine gute Unterrichtsversorgung besonders gut zu erreichen. Gleichzeitig sind die Grundschulen mit der Aufgabe konfrontiert, vielfältige Defizite auszugleichen, die die ABC-Schützen heute zum Teil bereits bei der Einschulung in die Schule mitbringen. Die Stundentafeln der Grundschulen haben heute einen vergleichsweise geringen Umfang. Wird dieser noch unterschritten, kann die Grundschule nach unserer Überzeugung ihren Auftrag nicht mehr hinreichend erfüllen.
In der Antwort auf eine von mir eingebrachte Kleine Anfrage verweist das Bildungsministerium für das Schuljahr 2001/02 - also das letzte Schuljahr - auf
folgende Zahlen: Aus den flexibilisierten Stundentafeln ergibt sich für die Grundschulen des Landes eine Bandbreite von mindestens 116.446 und höchstens 129.985 Stunden, die im letzten Schuljahr hätten erteilt werden sollen. Erteilt wurden, bezogen auf die Fächer der geöffneten Stundentafel, 116.980 Stunden. Mit anderen Worten: Der Abweichungsspielraum von maximal 10 % nach unten ist im Bereich der Grundschulen fast vollständig ausgeschöpft worden, die Abweichung nach unten ist also heute eher der Regelfall als eine Besonderheit kleiner Klassen. Auch vor diesem Hintergrund ist es angebracht, die Flexibilisierung der Stundentafeln zu überdenken. Sie war einmal gedacht als Eröffnung einer Wahlmöglichkeit - nach dem Motto: große Klasse, viel Unterricht; kleine Klasse, weniger Unterricht. Heute ist das Modell weniger Unterricht, wie die Zahlen des Bildungsministeriums belegen, eher die Standardvariante. Aus der im Juli dieses Jahres veröffentlichten KMK-Statistik „Schule in Deutschland - Zahlen, Fakten, Analysen" geht hervor, dass unser Land Schleswig-Holstein bei den erteilten Unterrichtsstunden je Klasse im Ländervergleich das Schlusslicht darstellt. Auch dies ist ein Argument für die Rückkehr zu verbindlichen Stundentafeln.
Die Landesregierung plant nun für die kommenden Jahre die Einführung der verlässlichen Grundschule mit verlängerten Lernzeiten. Diese Neuerung soll in mehreren Schritten erfolgen. Begonnen werden soll in den Kreisen des Hamburger Umlandes im kommenden Schuljahr 2003/2004. Am 30. August hat Frau Erdsiek-Rave über dieses Vorhaben im Bildungsausschuss einen ersten Bericht erstattet. Die FDPFraktion ist der Auffassung, dass dieser aus unserer Sicht begrüßenswerte Reformansatz, also die Einführung der verlässlichen Grundschule mit verlängerten Lernzeiten, genutzt werden sollte, um den Grundschulen des Landes in diesem Rahmen auch wieder verbindliche Stundentafeln zu garantieren. Eines jedenfalls gilt es jedenfalls zu verhindern, nämlich dass im Rahmen der verlässlichen Grundschule am Ende Unterricht sukzessive durch Betreuung ersetzt wird. Das wäre nämlich die schlimmste Mogelpackung, die die Politik den auf verbesserte Bildungsangebote wartenden Schülern und Eltern servieren könnte.
Ich denke, wir werden über das Thema im Bildungsausschuss nach der Überweisung an den Ausschuss etwas eingehender beraten können.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Oppositionsfraktionen beantragen die Einführung verbindlicher Stundentafeln an den Grundschulen. Mittelfristig sollen die Stundentafeln auch an den weiterführenden Schulen verbindlich werden. Sie greifen damit Forderungen lokaler und überregionaler Initiativen auf, die sich für eine Verbesserung der Unterrichtsversorgung besonders an den Grundschulen einsetzen. Ich erinnere hier an Initiativen wie www.bildungswueste.de oder die Initiative „Eltern für mehr Unterricht“.