Protocol of the Session on October 18, 2000

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Landesregierung könnte ihre Daseinsberechtigung dadurch belegen, dass sie ihren weit reichenden Einfluss in Berlin nutzt, um einen angemessenen Anteil der Investitionsmittel nach Schleswig-Holstein zu locken.

(Beifall bei F.D.P. und SSW)

Hierzu muss der Landtag die Landesregierung allerdings erst auffordern. Von allein wird das wohl nichts.

Lieber Kollege Sager, wir haben Ihren Antrag so verstanden, wie Sie ihn jetzt auch begründet haben: Die Landesregierung wird aufgefordert, sich in diesem Sinne für das Land Schleswig-Holstein einzusetzen. Daher werden wir Ihrem hervorragenden Antrag selbstverständlich zustimmen.

(Beifall bei der F.D.P.)

Frau Abgeordnete Heinold hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir haben uns gefragt, warum die CDU diesen Antrag gestellt hat und warum sie ihn nicht zurückgezogen hat. Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, dass die CDU uns wahrscheinlich die Möglichkeit geben wollte, eine weitere Erfolgsstory der rot-grünen Bundesregierung zu präsentieren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Herzlichen Dank!

Die Bundesregierung hat aufgrund des Verkaufs der UMTS-Lizenzen gleich zwei ausgesprochen richtige und wichtige Entscheidungen treffen können. Zum einen werden die Bundesschulden reduziert, der erfolgreiche Konsolidierungsprozess in Berlin wird beschleunigt. Zum anderen werden die Zinsersparnisse aus der Schuldentilgung für ein Zukunftsinvestitionsprogramm eingesetzt, das sich sehen lassen kann. Es ist das größte Investitionsprogramm für die Umwelt und ökologische Innovation, das je von einer Bundesregierung aufgelegt wurde.

(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Günter Neugebauer [SPD])

Mit jährlich 2,5 Milliarden DM für die Bahn, für Energiesparmaßnahmen bei Altbauten und für die Erforschung erneuerbarer Energien dringen wir in eine neue Dimension der ökologischen Modernisierung Deutschlands vor. Nach dem Erneuerbare-EnergienGesetz stellen SPD und Grüne mit dem Zukunftsinvestitionsprogramm eine zweite strategische Weiche für die ökologische Modernisierung unseres Landes.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Bahn sieht sich auch hier in Schleswig-Holstein vielen Problemen gegenüber. Veraltete Strecken und notwendige Reparaturen verlangsamen die Fahrt und verärgern die Kunden. Mit den zusätzlichen 6 Milliarden DM geben wir der Bahn in den nächsten drei Jahren die Chance zu investieren.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: In Schleswig- Holstein!)

Wir erwarten, dass die Bahn dies als Aufforderung versteht, sich nicht aus der Fläche herauszuziehen. Wir schließen die Schere zwischen den Investitionen für die Bahn und die Straße. Bereits im nächsten Jahr wird der Abstand um den Betrag von 1,1 Milliarden DM verringert werden. Im Jahre 2003 werden die Investitionen der Bahn die Ausgaben für die Straße zum ersten Mal übertreffen.

Außerdem werden jährlich 100 Millionen DM für die Energieforschung - besonders für die Erforschung alternativer Antriebstechniken und der Wasserstoffbrennzelle - bereitgestellt.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Im Bereich der Energieforschung geht es um die Entwicklung des 1-Liter-Autos, des 0-Liter-Hauses, die Brennstoffzelle und die solare Wasserstofferzeugung. Wir sind davon überzeugt, dass dies ein entscheidender Beitrag - sowohl für die Entlastung der

(Monika Heinold)

Umwelt als auch für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie - ist. Wir erwarten einen Wettbewerb der Hersteller und Forscher um die besten Ideen für diese neuen Aufgaben.

Mit dem beschlossenen Programm unterstützt die Regierung auch das Ziel der CO2-Minderung im Wohnbereich. Jährlich werden 400 Millionen DM für Zinserleichterungen bei der Altbausanierung bereitgestellt. Mit dieser erheblichen Startsumme von 1,2 Milliarden DM will die Bundesregierung bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau ein Programm auflegen, damit 200.000 bis 300.000 Altbauwohnungen saniert werden können. Die Renovierung energieverschwendender Wohnungen und der Austausch von alten Heizkesseln kann also im großen Stil beginnen. Dass die Startsumme für dieses Programm so groß ist, ist der Initiative der grünen Bundestagsfraktion zu verdanken.

Mit zusätzlichen 1,8 Milliarden DM für den Bildungsbereich wird in eine der zentralen Zukunftsaufgaben unseres Landes investiert. Dieses Geld wird für eine Zukunftsinitiative Hochschulen und für die Modernisierung beruflicher Schulen bereitgestellt. Wir Grüne setzen uns dafür ein, dass Teile dieses Geldes auch für die Initiative „notebook-universities“ verwendet werden.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie sehen also, Ihr Antrag ist überholt.

(Zurufe von der CDU)

Der Punkt eins wird von der Bundesregierung umgesetzt. Auch Punkt zwei Ihres Antrags ist überholt. Die Bundesregierung hat mit ihrem Investitionsprogramm bereits festgelegt, was in den nächsten drei Jahren finanziert werden soll.

Da wir Ihren Antrag nicht nur einfach ablehnen wollen, haben wir einen Alternativantrag gestellt. Jetzt ist die breite Unterstützung für die Landesregierung notwendig, damit Mittel in angemessener Höhe nach Schleswig-Holstein fließen.

(Zuruf des Abgeordneten Reinhard Sager [CDU])

Die CDU hat dies selbst geschrieben. Bisher ist das Land von der alten CDU/F.D.P.-Regierung stiefmütterlich behandelt worden. Herr Sager, hören Sie zu! Ich antworte Ihnen die ganze Zeit, nur Sie hören nicht zu. Sie können immer nur reden, das ist Ihr Problem.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Frau Simonis und Herr Möller haben sich für diese Landesregierung bereits beim Kanzler gemeldet. Ich

gehe davon aus, dass sie für die Mitteleinwerbung die geschlossene Unterstützung des Landtags haben. Meine Damen und Herren von der Opposition, stimmen Sie deshalb dem rot-grünen Alternativantrag zu.

(Reinhard Sager [CDU]: Sie haben nichts be- griffen!)

- Herr Sager, Sie haben nur gesabbelt, ich kann es nicht ändern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Frau Abgeordnete Spoorendonk hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Entscheidung über die Verwendung der so genannten UMTS-Zinsersparnis von 5 Milliarden DM pro Jahr ist letzte Woche im Bundeskabinett gefallen. Insofern reden wir heute über Dinge, die in Berlin längst beschlossen sind. Ich kann nur wiederholen, was die Kollegin Aschmoneit-Lücke gesagt hat: Herzlichen Glückwunsch an die CDU, dass sie so schnell für eine Umsetzung gesorgt hat. Dennoch schadet der Antrag der CDU nicht, denn er gibt uns die Gelegenheit, dieses Thema hier und heute noch einmal aufzugreifen.

Wie Sie alle wissen, hat der Verkauf der UMTSLizenzen Bundesfinanzminister Eichel die unglaubliche Summe von 100 Milliarden DM gebracht. Es sind wohl einige Zweifel darüber angebracht, ob sich diese Investitionen für die beteiligten Unternehmen auch wirklich lohnen. Es ist natürlich das Unternehmerrisiko in einer freien Marktwirtschaft. Die MobilCom AG in Büdelsdorf hat wegen der Höhe des Preises für die Lizenz und der möglichen Einflussnahme der Bundesregierung durch die bundeseigene Telekom AG bereits ein Gerichtsverfahren angestrebt. Ob dieser Schritt erfolgreich sein wird, sei dahingestellt.

Das Lizenzverfahren ist nun gelaufen. Jetzt geht es um die konkrete Verteilung der Gelder. Bei allem Respekt für den Beschluss der Bundesregierung, die Verkaufssumme für die UMTS-Lizenzen in voller Höhe zur Sanierung des Bundeshaushalts zu verwenden, hätten wir gern gesehen, dass die Länder und Kommunen auch einen angemessenen Anteil der Einnahmen bekommen, denn - wie wir gehört haben - die Steuerausfälle in Verbindung mit dem Verkauf der Lizenzen für Land und Kommunen belaufen sich allein für Schleswig-Holstein pro Jahr auf einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe. Es wäre nur recht und billig, wenn ein Teil der Einnahmen auch den Ländern

(Anke Spoorendonk)

und Kommunen zur Sanierung ihrer Haushalte zur Verfügung gestellt würde.

Die Bundesregierung wollte es anders und hat jetzt zumindest beschlossen, die jährliche Zinsersparnis durch den vorgesehenen Schuldenabbau in Höhe von 5 Milliarden DM in den nächsten drei Jahren für wichtige Strukturinvestitionen zur Verfügung zu stellen. Man kann sich natürlich immer über die Prioritätensetzung bei Investitionen in die Infrastruktur streiten, denn wir haben in so vielen Bereichen in der Bundesrepublik großen Nachholbedarf. Aber insgesamt erscheint uns die Verwendung der 15 Milliarden DM mit den Schwerpunkten Infrastruktur, das heißt Schienen- und Straßenprojekte, sowie Bildung, Forschung und Altbausanierung vernünftig.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

2 Milliarden DM stehen in den nächsten drei Jahren jährlich für die Verbesserung der Infrastruktur der Bahn bereit, während die Bundesregierung 900 Millionen DM jährlich in den Straßenbau investieren will. Wenn wir auch nur annähernd einen Teil des weiter ansteigenden Verkehrsaufkommens auf die Schiene verlagern wollen, muss in diesen Bereich massiv investiert werden.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Rolf Fi- scher [SPD])

In Klammern bemerkt: Wir teilen die Kritik der strukturschwachen und ländlichen Regionen an den Plänen der Bahn, die sich in Zukunft offenbar auf die Hauptverbindungen zwischen den großen Städten konzentrieren wird. Das ist aber ein anderes Thema. Prinzipiell ist es richtig, die Schieneninfrastruktur zu verbessern. Natürlich ist es auch richtig, gegen diese Pläne der Bahn AG anzugehen, wie wir es in der letzten Tagung gemacht haben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aus Sicht des SSW ist es entscheidend, dass die Landesregierung große Anstrengungen unternimmt, um Schleswig-Holstein einen angemessenen Anteil an den bereitgestellten Infrastrukturinvestitionen zu sichern. Dies muss aus Landessicht die Hauptaufgabe in den nächsten Jahren sein. An vernünftigen und wichtigen Verkehrs- und Bildungsprojekten fehlt es - wie wir alle wissen - auch in Schleswig-Holstein nicht: von der westlichen Elbquerung mit Straßen- und Schienenanbindungen, Ausbau der A 20 über Elektrifizierung der Bahnverbindung zwischen Hamburg und Lübeck bis hin zu einer Vielzahl von kleineren Verkehrsprojekten auf regionaler Ebene, nicht zu vergessen der enorme

Investitionsbedarf bei den Universitäten im Lande oder der Sanierungsbedarf bei Altbauten.

Ich weiß natürlich, dass nicht alle Projekte über die UMTS-Milliarden finanziert werden können und dass einige natürlich auch zum Teil schon durch andere Bundesmittel finanziert werden. Mir geht es aber darum, auf den Investitionsbedarf in Schleswig-Holstein hinzuweisen.