- Sie haben einen roten Kopf, das merke ich. Deshalb brauchen Sie hier nicht ständig dazwischen zu quatschen.
Nachdem die CDU hinterher getrottet ist, ist mir jetzt auch klar geworden, warum es der CDU nicht gelungen ist, den Ankündigungen ihres Spitzenkandidaten entsprechend einen Kandidaten aus der schleswigholsteinischen Wirtschaft für das Amt des Wirtschaftsministers zu finden. Da ich aber trotzdem die Hoffnung habe, noch den einen oder anderen auf den Oppositionsbänken zur Besinnung zu bringen, gestatten Sie mir ein weiteres Zitat von Josef Stieglitz:
„Ein schwacher Staat beschädigt Stabilität und Wachstum genauso wie ein überinterventionistischer Staat.“
Ich darf kurz einige Anmerkungen zur Geschäftsordnung machen: Zunächst begrüße ich neue Gäste, nämlich die Damen und Herren des Gesprächskreises Kaltenkirchen. - Herzlich willkommen!
- So ist es, Herr Kollege. Sie haben immer noch Möglichkeiten, sich zu Wort zu melden. Tagesordnungspunkt 22 wird vorgezogen. Wenn es die Zeit erlaubt, wird anschließend Tagesordnungspunkt 53 aufgerufen. Im Übrigen möchte ich bekannt geben, dass die Geschäftsführer vereinbart haben, Tagesordnungspunkt 57 vom morgigen Tage ebenfalls ohne Aussprache zu behandeln.
Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt seiner Sprecherin, Frau Anke Spoorendonk, das Wort.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SSW begrüßt die Große Anfrage der SPD-Fraktion zur Zukunft der Kreditwirtschaft in SchleswigHolstein, denn die inhaltliche Debatte über die Antwort auf diese Große Anfrage gibt uns nicht zuletzt die Gelegenheit, noch einmal auf die unterschiedli
chen Positionen in der Frage der Privatisierung der Sparkassen einzugehen. Das ist das, was bisher Kern der Debatte gewesen ist.
Auch ich möchte mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Wirtschaftsministeriums für die Beantwortung der vielfältigen Fragen zur Kreditwirtschaft bedanken. Interessant fand ich insbesondere, dass der Anteil der Kreditwirtschaft am Bruttoinlandsprodukt Schleswig-Holsteins im Jahre 2001 grob gesehen bei circa 2 % lag. Er war damit in etwa genauso groß wie der Anteil des so genannten primären Sektors, also des Bereichs Land- und Fortwirtschaft und Fischerei. Gleichwohl gibt es - wohl aus historischen Gründen - weitaus mehr statistisches Zahlenmaterial über den primären Sektor als über die Kreditwirtschaft. Ich finde, das ist eine Überlegung wert.
Dennoch zeigen die zur Verfügung stehenden Zahlen, dass der öffentlich-rechtliche Sektor - also hauptsächlich die Sparkassen - mit einer Bilanzsumme von circa 147 Milliarden € in 2002 der weitaus größte Sektor ist, mit großem Abstand zu den Genossenschafts- und den Privatbanken. Das sieht man auch bei den Arbeitsplätzen. Die Sparkassen lagen in 2003 mit circa 9.400 Beschäftigten vor den Genossenschaftsbanken mit circa 4.700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Privatbanken mit circa 6.900 Beschäftigten. Ich denke, diese Zahlen fügen der Diskussion um die Sparkassen und ihre Zukunft einen weiteren Aspekt zu. In allen Ressorts haben wir es leider mit rückläufigen Beschäftigungszahlen zu tun. Auch das muss hinzugefügt werden. Die Steuereinnahmen aus der Kreditwirtschaft waren 1998 bis 2002 rückläufig, wobei der öffentlich-rechtliche Sektor in 2002 noch am meisten Steuern zahlte. All das geht aus der Antwort auf die Große Anfrage hervor.
Überraschend war für mich, dass die Anzahl der Filialen der Kreditinstitute in Schleswig-Holstein nicht nur - wie wir es in der Politik schon seit langem beklagen - bei den Privatbanken reduziert worden ist, sondern auch bei den Genossenschaftsbanken und bei den Sparkassen. So haben die Sparkassen von 1999 bis 2003 ihr Filialnetz von 535 auf 406 Filialen reduziert.
Das ist nicht zuletzt eine Folge der steigenden Herausforderungen, vor denen die gesamte Kreditwirtschaft steht. Auch wenn nach den Angaben der Landesregierung die weltweite Verflechtung der in Schleswig-Holstein tätigen Kreditinstitute eher gering ist, so hat die Globalisierung der Kreditwirtschaft unter den Stichworten Fusionen und Konzentrationen auch uns erreicht. Genau wie die Kollegin SchmitzHübsch habe auch ich mit Interesse wahrgenommen,
dass die Sydbank in Flensburg die einzige ausländische Privatbank in Schleswig-Holstein ist. In Klammern sei bemerkt, dass die Sydbank keine ganz kleine Bank ist.
Dazu kommen in den letzten Jahren zwei besonders wichtige Entwicklungen, die die Kreditwirtschaft auch in Schleswig-Holstein beeinflusst haben: Die erfolgreiche Beschwerde des Europäischen Bankenverbandes hat die öffentlich-rechtliche Konkurrenz in Deutschland erfolgreich geschwächt. Durch den Wegfall der Anstaltslast und der Gewährträgerhaftung stehen die öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute unter erhöhtem Veränderungs- und Kostendruck, weil sie nicht mehr durch staatliche Garantien unterstützt werden dürfen.
Die Fusion der Landesbanken aus Schleswig-Holstein und Hamburg zur HSH Nordbank ist eine direkte Folge dieser veränderten Rahmenbedingungen. Zwar ist die Fusion auch aus Sicht des SSW erfolgreich verlaufen, aber am Ende dieses Protests wird es wohl oder übel eine vollständige Privatisierung geben. Das wissen wir. Diese wird aber erst nach 2013 erfolgen, denn so steht es im Gesetz. Damit werden die ehemaligen Landesbanken der Kontrolle der Politik entzogen. Ich wage zu bezweifeln, ob dies eine so gute Entwicklung ist.
Zum anderen hat die Vereinbarung der europäischen Privatbanken, die wir unter dem Stichwort Basel II kennen, die Entwicklung der letzten Jahre maßgeblich beeinflusst.
- Gut. Basel II hat in jedem Fall die Entwicklung der letzten Jahre maßgeblich beeinflusst. In ihrer Antwort auf die Große Anfrage weist die Landesregierung darauf hin, dass die Kreditrichtlinien nach Basel II vor allem die mittelständische Wirtschaft in Bedrängnis gebracht haben. Das bestätigen auch die verschiedenen Unternehmensverbände, die Industrie- und Handelskammern und die Handwerkskammern, die sich in der Beantwortung der Großen Anfrage dazu geäußert haben. Die Basel-II-Diskussion, die wir auch im Landtag mehrfach geführt haben, hat dazu geführt, dass die Mindestanforderungen an das Kreditgeschäft verschärft worden sind. Dies betrifft insbesondere Betriebe mit einer geringen Eigenkapitalquote. In Deutschland sind leider vor allem kleine und mittlere Unternehmen davon betroffen.
Natürlich darf man nicht den Fehler machen, alles auf Basel II zu schieben, denn auch die allgemeine wirtschaftliche Flaute hat dazu beigetragen, dass insbe
sondere Privatbanken aus Ertragsgründen zurückhaltender bei der Vergabe von Krediten sind. Insgesamt vertritt die Landesregierung aber die Ansicht, dass die mittelständische Wirtschaft bei der Kreditbeschaffung in Zukunft vor erheblichen Problemen steht.
Neben den Förderinstituten des Landes wie der IBank, der Bürgschaftsbank oder der Mittelstandsbank, die alle auf ihre Weise zur Verbesserung der Kreditsituation des Mittelstandes beitragen, sind es aus Sicht des SSW vor allem die Sparkassen, die in diesem Zusammenhang eine wichtige und positive Rolle spielen.
Ich sage noch einmal: Die regionale Verbundenheit der Sparkassen sind für das Handwerk, für den Mittelstand und für die Kleinunternehmen von großer Bedeutung. Das hat nichts damit zu tun, dass man von Nostalgie redet oder rückwärtsgewandt denkt, wie von dem Kollegen Kubicki vorhin gesagt worden ist. Die regionale Verbundenheit ist wichtig und spielt auch bei der Kreditvergabe eine große Rolle. Denn gerade weil die Sparkassen nicht privatisiert, sondern überwiegend in öffentlicher Hand sind, können sie ihre Geschäftspolitik stärker auf die regionale Wirtschaft und den Mittelstand ausrichten als die Privatbanken der großen deutschen Bankkonzerne. Denn die Sparkassen unterscheiden sich in ihrer Geschäftstätigkeit von privaten Banken vor allem durch dieses Regionalprinzip und durch die Gemeinwohlorientierung in ihren Unternehmenszielen, gesetzlich verankert im öffentlichen Auftrag ihrer Institute. Das ist immer noch Fakt und das ist die Wirklichkeit.
Darum sagen wir: Wir stehen zum jetzigen Sparkassensystem mit seiner Verantwortung für die Daseinsvorsorge auf regionaler Ebene. Denn gerade die Sparkassen haben sich ihrer regionalen Verantwortung und ihrer regionalen Verankerung gestellt und die regionale Wirtschaftsstruktur durch günstige Kredite an den Mittelstand oder auch an die Bauern vor Ort sowie durch ein großes Filialnetz in der Fläche, das den Bürgerinnen und Bürgern im ländlichen Raum zugute kam, entschieden unterstützt.
- Lieber Kollege Kayenburg, darauf habe ich gewartet. Ich habe Ihnen bei Gelegenheit einen Vortrag versprochen. Dieser Vortrag wird unter der Über
schrift stehen: Wenn man vergleicht, darf man nicht nur die Software vergleichen, sondern man muss auch die Hardware vergleichen. Ich werde Ihnen etwas über Genossenschaftsbewegung und die Genossenschaftsbanken sowie über die Kreditvergabe nördlich der Grenze erzählen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Martin Kayenburg [CDU]: Nun lenken Sie doch nicht ab! Es ging doch um die Privati- sierung!)
Ich habe aber behauptet, dass die Hardware, die Kultur, anders ist. Wir haben es in Deutschland mit großen Bankkonzernen zu tun, das ist aus logischen Gründen nördlich der Grenzen anders.
Ich bleibe dabei. Auch die öffentlichen Kreditinstitute müssen sich natürlich den veränderten internationalen Rahmenbedingungen stellen. Dieses Ziel kann aber auch durch die verstärkte Zusammenarbeit von Sparkassen, wie es jetzt auch schon geschieht, erreicht werden.
Ich finde, es ist geradezu witzig: Sie kommen mit einem Vorschlag, der von keinem gewollt ist. Die Sparkassen wollen ihn nicht,
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das stimmt doch gar nicht! - Zuruf des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])
die regionale Wirtschaft will ihn nicht, die Industrie- und Handelskammern wollen ihn nicht. Keiner will ihn, Sie wollen ihn. Ich finde, das ist richtig toll!
Darum sage ich noch einmal: Der SSW lehnt die Privatisierung der öffentlich-rechtlichen Sparkassen ab. Da vorhin von unterschiedlichen Wahlprogrammen die Rede war, möchte ich hinzufügen, dass wir das am Sonnabend, wenn wir unseren Programmparteitag haben, auch so beschließen werden.
Wir stehen zu dem Sparkassensystem in SchleswigHolstein und wir wollen keine Privatisierung - jetzt nicht und in den kommenden Jahren auch nicht.