Protocol of the Session on December 10, 2003

- Wenn Sie vor zwei Wochen, Herr Kayenburg, der Vorstellung der neu berufenen Professorinnen und Professoren und der Juniorprofessoren an der Christian-Albrechts-Universität beigewohnt hätten, dann hätten auch Sie so etwas wie Aufbruchstimmung gespürt. So viele tolle neue, auch junge Leute, die an diese Hochschule gekommen sind, sind eine sehr gute Voraussetzung für die Zukunft.

Nun bitte ich Sie zu würdigen - damit meine ich auch die Öffentlichkeit -, dass wir, statt mit dem Rasenmäher Kürzungen durchzuführen, wie dies in anderen Bundesländern der Fall ist, uns mit den Hochschulen auf ihr zukünftiges Profil verständigt haben und den Hochschulen die notwendigen Mittel zur Verfügung stellen, damit sie die verabredeten Schwerpunkte bilden und auf dem europäischen und dem internationalen Wissenschaftsmarkt wettbewerbsfähig sein können. Meine Damen und Herren, die Hochschulen erkennen diese immense Anstrengung des Landes an und haben sich mit uns für die Jahre 2004 bis 2008 auf entsprechende Zielvereinbarungen geeinigt.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darin geht es einerseits um die finanziellen Zusagen an die Hochschulen für die kommenden fünf Jahre, andererseits um die Rahmenvereinbarungen und Verabredungen für die Profilierung der jeweiligen Hochschule innerhalb der schleswig-holsteinischen Hochschullandschaft nach den Empfehlungen der Erichsen-Kommission. Hierher gehören auch Vereinbarungen zur Einführung gestufter Studiengänge oder zur Einwerbung von mehr Drittmitteln. Drittens geht es um die Vorbereitung einer Hochschulsteuerung auf der Basis eines kennzahlengestützten Systems der Mittelvergabe und einer konsequenten Qualitätssicherung, mit einem neuen Berichtswesen, mit der regelmäßigen Evaluierung und Akkreditierung von Studiengängen und vielem anderen mehr. Das ist ein Erfolg für beide Seiten. Niemand wird es schaffen, das klein zu reden.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich danke an dieser Stelle - das werde ich morgen noch einmal tun - den Hochschulen mit ihren Senaten

und den Rektoren ausdrücklich für ihre Verhandlungsbereitschaft, für ihre Konsensbereitschaft. Es ist nun an den Hochschulen, diese Vereinbarungen inhaltlich auszufüllen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Hochschulen diese Aufgabe mit großem Engagement annehmen werden. Aufseiten des Landes wird die weitere Novellierung des Hochschulgesetzes der nächste wichtige Schritt sein, um die Autonomie der Hochschulen weiter zu stärken.

Die einzelnen Zusagen des Landes und den Text des Hochschulvertrags entnehmen Sie dem Bericht, den wir dem Landtag vorgelegt haben. Er ist darin enthalten. Staatssekretär Dr. Körner und ich haben dem Bildungsausschuss bereits ausführlich berichtet. Die Zielvereinbarungen sind den bildungspolitischen Sprechern der Fraktionen kurzfristig zugeleitet worden. Für die Kurzfristigkeit bitte ich um Verständnis. Wir haben mit den Hochschulen bis zuletzt an Feinheiten und Details gearbeitet. Sie haben gesehen, dass Ihnen eine der Zielvereinbarungen in noch nicht abschließend korrigierter Fassung, was die redaktionellen Fragen angeht, zugeleitet worden ist.

Die Inhalte des Vertrages und der Zielvereinbarungen kann ich nicht einzeln referieren. Ich beschränke mich auf das Wichtigste. Das Land setzt die bisherige Finanzierung fort und übernimmt die Besoldungs- und Tariferhöhungen für die nächsten fünf Jahre. Damit die Hochschulen ihre festgelegten Profile vertiefen und ausgestalten können, stellen wir einen Innovationsfonds zur Verfügung, den wir in 2004 mit 3,1 Millionen € und ab 2005 mit jährlich 5 Millionen € ausstatten. Zurzeit werden die Richtlinien und Kriterien für das Vergabeverfahren entwickelt und über die Zusammensetzung des Prüfgremiums entschieden.

Meine Damen und Herren, wir halten uns an unsere Zusagen. Ich bitte Sie sehr herzlich darum, uns auf diesem Weg zu unterstützen, den wir gemeinsam mit den Hochschulen gehen. Wir haben in den Zielvereinbarungen und im Hochschulvertrag den Eingriff- und den Kontrollrechten des Parlaments über die Gestaltung des Berichtswesens besonders Rechnung getragen. Damit bleiben die Mitwirkung und die Kontrollmöglichkeit des Parlaments, des Landtags erhalten.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Gleichwohl ist durch Hochschulgesetz und durch den Abschluss von Zielvereinbarungen zwischen Regierung und Hochschulen dem Landtag ein Stück der Gestaltungsfreiheit genommen. Das hat man damals gewusst, als das Hochschulgesetz gemacht wurde.

(Ministerin Ute Erdsiek-Rave)

Über die Kontrollrechte und über das Berichtswesen nimmt der Landtag diese Kontrolle allerdings wahr. Ich bitte Sie, dass wir in Zukunft gemeinsam konstruktiv an der Zukunft unserer Hochschulen arbeiten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort für die Fraktion der CDU erteile ich dem Herrn Abgeordneten Jost de Jager.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Weil Sie, Frau Ministerin, eben mit dem Verfahren aufgehört haben, möchte ich meine Rede damit beginnen. Es ist in der Tat so, dass wir einigermaßen verstimmt sind über den Umstand, dass wir den Inhalt der Zielvereinbarungen erst gestern Nachmittag bekommen haben. Ich finde es vom Verfahren her einigermaßen unglaublich, dass einem Parlament zugemutet wird, über knapp 250 Millionen € zu verfügen und erst am Dienstagabend

(Ute Erdsiek-Rave [SPD]: Nachmittag!)

- oder Dienstagnachmittag; ich habe es erst abends gesehen, nach der Fraktionssitzung - den Inhalt der Zielvereinbarungen zugeleitet zu bekommen, über die man am nächsten Tag beraten und über deren Höhe man am übernächsten Tag abstimmen soll. Ich glaube, dass das auch nicht die ursprüngliche Intention von uns als Gesetzgeber gewesen ist, als wir damals das Hochschulgesetz verabredet haben. Man muss darüber nachdenken, ob die Bestimmungen tatsächlich das wiedergeben, was an Haushaltsberatungen erforderlich ist. Denn es kann nicht darum gehen, dass das Parlament in einem Abnickverfahren sagt: Die Hochschule XY bekommt die Summe XYZ. Es muss schon sein, dass wir rechtzeitig Informationen über das bekommen, was in den Hochschulen inhaltlich stattfindet und ob die Summe, die im Haushalt zur Verfügung gestellt wird, adäquat ist. Die politische Entscheidung, die in einem Haushaltberatungsverfahren geleistet werden muss, ist in dem gegenwärtigen Verfahren nicht möglich. Das kritisieren wir.

Wir haben es bei den Zielvereinbarungen immerhin mit zweierlei zu tun, einmal mit der Verlängerung des Geltungszeitraums des Finanzrahmens für die Hochschulen auf fünf Jahre bis 2008; schon das ist gewaltig. Wir haben es zum anderen damit zu tun, dass über die Zielvereinbarungen am Ende die Vorschläge der

Erichsen-Kommission zumindest in Teilen umgesetzt werden sollen.

Wir bemängeln in dem Zusammenhang, dass es am Ende nach Erichsen so nicht gekommen ist, dass uns die Regierung - wie wir es für richtig gefunden hätten und auch gefordert haben - zuerst einen Hochschulplan vorlegt und erst nach Befassung im Parlament die Zielvereinbarungen abschließt. Das hätte nämlich bedeutet, dass wir tatsächlich irgendwann einmal den Masterplan bekämen, den Erichsen selbst eingefordert hat, sodass wir tatsächlich in einem simultanen Prozess darüber reden, was an den verschiedenen Hochschulen inhaltlich gemacht werden soll, wir als Parlament, als Gesetzgeber, damit befasst sind, bevor es zu einer Verhandlung von Zielvereinbarungen kommt.

Das von Ihnen gewählte Verfahren, die Umsetzung der Erichsen-Vorschläge und die Neuordnung der Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein über Einzelvereinbarungen vorzunehmen, führt nämlich am Ende dazu, dass sie diesen Masterplan nicht erstellen, sondern wieder Stückwerk vorlegen. Sie verhandeln mit der einen Hochschule über die Umsetzung von Maßnahmen, ohne dass die andere Hochschule weiß, was bei der anderen geschieht. Das ist weder transparent noch ist es für das, was an Weiterentwicklung für dieses Land geschehen soll, tatsächlich sachgerecht.

(Beifall des Abgeordneten Werner Kalinka [CDU])

Das kann man genau so sagen; denn wir haben erkennen können, dass es dabei in Teilen wie auf einem Basar zugeht.

Ich möchte Ihnen das am Beispiel der Fachhochschule Kiel darlegen. Dort wird - dass ich nachher noch auf Eckernförde zu sprechen kommen werde, das mag Zufall sein - in der Zielvereinbarung gesagt, ihr müsst euch entscheiden - entweder ihr behaltet den Fachbereich Bauwesen oder ihr kriegt die Tarifsteigerung für fünf Jahre. Das ist eine sehr erpresserische Situation, weil es auch nicht mehr eine hochschulpolitische Entscheidung ist, sondern am Ende eine Vogel-friss-oder-stirb-Situation ist.

(Zurufe von der CDU)

Daraufhin ist es zu Verhandlungen gekommen, auch zu Nachverhandlungen mit dem Ergebnis, dass durch die Schließung des Fachbereichs Bauwesen in Eckernförde im Land lediglich fünf Professuren eingespart werden.

Das, meine Damen und Herren, ist eine Situation, bei der der Stadt Eckernförde, der Fachhochschule Kiel

(Jost de Jager)

erheblicher Schaden zugefügt wird, ohne dass es für das Land überhaupt noch einen erkennbar großen Nutzen bringt. Das ist das Ergebnis einer solchen Zielvereinbarungsverhandlung, ohne dass es dafür einen echten Masterplan gibt.

(Beifall bei der CDU)

Im Ergebnis ist es so, dass sich die Hochschulen in ihren Zielvereinbarungen sehr viel stärker festlegen, als die Bildungsministerin beziehungsweise die Landesregierung das tun, und dass weiterhin die Zielvereinbarungen mit großen Risiken behaftet sind. So verpflichten sich die Hochschulen zum Beispiel, die Bachelor-/Master-Studiengänge einzuführen, ohne dass bisher bekannt ist, nach welchen Modellen dies überhaupt geschehen soll. Wir halten das für eine Reise ins Ungewisse.

Genauso, Frau Ministerin: Sie haben die Einführung des Innovationsfonds angesprochen. Wir haben diesen Innovationsfonds unter einem anderen Namen, nämlich „High-Potential-Pool“, seit Jahren gefordert. Wir finden es gut, dass er eingeführt wird, wir finden es aber nicht gut, dass durch den Innovationsfonds eine Mittelvergabe nach einem Leistungsprinzip in den Zielvereinbarungen festgeschrieben wird, ohne dass die Hochschulen wissen, nach welcher Methode die Mittel aus dem Innovationsfonds verteilt werden. Das ist auch für uns als Haushaltsgesetzgeber eine schwer zumutbare Situation. Ich glaube, dass auch hier eine Reise ins Ungewisse bevorsteht. Die Hochschulen haben zugestimmt, weil sie nicht anders konnten. Wir werden nicht zustimmen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die Fraktion der SPD erhält jetzt Herr Abgeordneter Jürgen Weber.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Wichtigste vielleicht zuerst wiederholt - die Ministerin hat das deutlich gemacht -: Mit der Festlegung der Höhe der Landesmittel nach dem Bericht der Landesregierung gemäß § 15 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 4 des Hochschulgesetzes setzen wir erstens um, was die Erichsen-Kommission dringlich empfohlen hat, was zweitens alle Hochschulen von uns gefordert haben und was drittens die Landesregierung und die regierungtragenden Fraktionen von vornherein vorgetragen, angekündigt und versprochen haben.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Nicht mehr und nicht weniger, meine Damen und Herren, als die Verpflichtung, die Besoldungs- und Tariferhöhungen an den Hochschulen durch das Land für fünf Jahre zu finanzieren, ist in diesen Bericht eingegangen. Dies ist im Hochschulvertrag, den Landesregierung und Landesrektorenkonferenz gemeinsam beschlossen haben, bereits festgelegt worden und seit langem nachlesbar.

Natürlich bleibt der Vorbehalt des Beschlusses des Haushaltgebers, des Schleswig-Holsteinischen Landtages. Das wird und muss so bleiben, zumindest so lange es diesen Landtag noch gibt.

Dass die fachlichen Grundlagen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die inhaltlichen Zielvereinbarungen zwischen Landesregierung und einzelnen Hochschulen ausverhandelt werden müssen, ist ebenso selbstverständlich. Wir haben dazu übrigens im September hier im Landtag der Landesregierung einen Rahmenbeschluss mit auf den Weg gegeben, den sie auch vernünftig umgesetzt hat.

Dieses Verfahren ist nicht nur korrekt, dieses Verfahren ist auch sinnvoll. Ich verweise auf die langen Diskussionen, die wir vor vier Jahren zur Novellierung des Hochschulgesetzes geführt haben. Die Ministerin hat darauf auch schon Bezug genommen.

Ich will gern noch einmal das verdeutlichen, was wir auch damals in der zweiten Lesung ausgeführt haben. Ich zitiere mich ausnahmsweise einmal selbst.

„Künftig werden sich Diskussion und Entscheidungen des Landtages zur Entwicklung und Finanzierung der Hochschulen auf ein gesetzlich verbindliches Berichtswesen stützen können. Der Landtag wird neben seiner Kompetenz in allen haushaltsrelevanten Fragen damit selbstverständlich die Kompetenz bei der grundsätzlichen Ausrichtung unserer Hochschullandschaft behalten.“

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Ich will das nicht alles im Detail ausführen, sondern will nur noch einmal Folgendes deutlich machen: Genau diesen damals gesetzlich kodifizierten Weg haben wir beschritten, beschreiten wir jetzt und werden wir künftig beschreiten.

Die notwendigen Strukturveränderungen, die in der Folge von Erichsen in den Hochschulvertrag und dann auch in die einzelnen Zielvereinbarungen Eingang gefunden haben, haben wir hier mehr als einmal im Plenum und auch im Ausschuss ausführlich diskutiert.

(Jürgen Weber)

Die hohe Akzeptanz, die dies in den Hochschulen selbst gefunden hat, hat die Diskussion natürlich erleichtert - bei allen Anstrengungen und schwierigen Verhandlungen im Detail.

Das Sonderproblem der Fachhochschulstudiengänge Bauwesen kann hier in der Kürze der Zeit nicht rekapituliert werden, aber es ist natürlich durchaus nicht erpresserisch, wenn man Hochschulen fragt: Seid ihr einverstanden, dass das, was eine Fachkommission vorschlägt, auch umgesetzt wird, oder seid ihr damit nicht einverstanden? - Es war Commonsense und Unisono allgemeine Auffassung, dass wir natürlich die Zusage der Übernahme von Tarif- und Personalkostensteigerungen mit Strukturveränderungen verbinden müssen, die wir dringend brauchen, um ein vernünftiges, gesundes Hochschulfundament zu bekommen. Letztlich haben das erfreulicherweise alle Hochschulen nachvollzogen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt überhaupt keinen Anlass, die Landesregierung in dieser Frage zu tadeln. Ganz im Gegenteil! Die Konsequenzen aus dem Erichsen-Gutachten wurden schnell und ausgewogen gezogen. Die Verhandlungen mit den Hochschulen wurden zügig und sachgerecht geführt und letztlich wurden dabei die Auflagen des Landtages umgesetzt.