Protocol of the Session on June 12, 2024

Damit sind wir auch bei dem, was Sie eben angesprochen haben. Mit der Realität haben Sie so Ihre Schwierigkeiten. Das gilt auch für die Realität des Klimawandels.

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Wie gesagt, vielleicht kommen Sie doch einmal auf den Boden der Realität zurück.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Fernis ist für das Verbrennerverbot!)

Herr Bollinger, Sie können hier reinquatschen, was Sie wollen. Wir sind natürlich nicht für das Verbrennerverbot, sondern für den klimaneutralen

Verbrenner durch entsprechende synthetische oder Biokraftstofe. Das kann ich Ihnen alles sagen, aber darum geht es an dieser Stelle nicht, sondern es geht um das Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz.

Die Enquete-Kommission des Landtags, die sich zukunftsgerichtet mit der fürchterlichen Flutkatastrophe im Ahrtal und damit beschäftigt hat, wie wir unseren Katastrophenschutz besser und efzienter aufstellen können, hat das vorgeschlagen, und das Innenministerium hat es zügig umgesetzt, auch bereits in den ersten organisatorischen Maßnahmen. Natürlich findet es unsere Unterstützung; denn es hat sich in der Tat gezeigt, auch in der Arbeit des Untersuchungsausschusses, dass es bedauerlicherweise Lagen gibt und Lagen geben kann, die eine Führungsfähigkeit deutlich über die bisher vorhandenen Strukturen hinaus voraussetzen.

Wir müssen leider – das haben uns auch die letzten Hochwasserkatastrophen gezeigt – davon ausgehen, dass entsprechende Fähigkeiten auch in Zukunft in höherem Maße gefordert sein werden. Deswegen ist es gut, dass hier Lagebilder und Kompetenzen für Lagen gebündelt werden, die kommunale Strukturen überschreiten oder im schlimmsten Fall auch dafür sorgen können, dass kommunale Strukturen schlicht in einer konkreten Gefahrensituation nicht handlungsfähig sind, wie es ein Stück weit in der Kreisverwaltung Ahrweiler in der fürchterlichen Flutnacht der Fall gewesen ist.

Dafür schafen wir jetzt Vorsorge. Wir schafen Vorsorge dafür, besser aufgestellt zu sein, auch im Zusammenwirken mit anderen wichtigen Akteuren. Das entsprechende Landesamt bzw. das Innenministerium hat eine Vereinbarung mit dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe geschlossen; denn es ist so, dass etwas, von dem wir gehoft haben, uns nie mehr damit beschäftigen zu müssen, leider eine Realität ist, mit der wir uns auseinandersetzen müssen, und das ist der Zivilschutz. Der Zivilschutz greift im Fall einer militärischen Bedrohung der Bundesrepublik Deutschland zum Schutz der Zivilbevölkerung. Leider ist diese Gefahr wieder so real geworden, dass wir uns damit auseinandersetzen müssen.

Da Doppelstrukturen zugleich nicht sinnvoll, nicht efzient und letztlich auch haushalterisch nicht zu begrüßen sind, ist es gut, dass Katastrophenschutz und Zivilschutz bei uns immer eng zusammengedacht wurden und mit der Einrichtung des Landesamts in Zukunft auch im Land Rheinland-Pfalz enger zusammengedacht werden.

Wir unterstützen die Einführung des entsprechenden Landesamts und damit auch den Gesetzentwurf.

Herzlichen Dank.

(Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die FREIEN WÄHLER spricht Abgeordneter Dr. Streit.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Werte Kolleginnen und Kollegen! Die Kritik seitens der FREIEN WÄHLER, die Enquete-Kommission habe die Aufgaben übernommen, die dem sogenannten Strukturierungsauftrag des Innenministeriums obliegen, wird heute dadurch erfüllt, dass das Innenministerium einen Gesetzentwurf vorlegt. Mit dem vorgelegten Entwurf dieses Gesetzes, um die rechtlichen und fachlichen Zuständigkeiten eines Landesamts für den Brand- und Katastrophenschutz umzusetzen, begibt man sich nunmehr seitens des Landes auf den Weg, die Zuständigkeiten im Katastrophenfall zu bündeln.

An dieser Stelle gestatten Sie mir dennoch den Hinweis, sehr geehrter Herr Noss, dass die Forderung nach der Einrichtung eines solchen Landesamts nicht aus der Beratung der Expertenanhörung kam, sondern die Kollegen der CDU den Vorschlag gemacht haben und der Innenminister ihn aufgegrifen und sich an die Spitze der Bewegung gestellt hat. Dann kam das Ganze in den Zwischenbericht, ohne dass Experten dazu angehört wurden, und ist danach auch im Abschlussbericht als Forderung aufgetaucht. Nun sei es drum.

Immerhin wurde mit der Errichtung eines Landesamts die Parallelstruktur des Referats 22 in Trier bei der ADD aufgegeben. Die Möglichkeit der Errichtung bzw. Verlagerung an weitere Außenstellen sehe ich daher sehr, sehr kritisch. Es kann nicht sein, dass wir jetzt ein neues Landesamt einrichten und dann wieder Parallelstrukturen bei anderen Behörden aufgebaut werden.

(Abg. Stephan Wefelscheid, FREIE WÄHLER: Ganz genau!)

Einmal Koblenz, immer Koblenz, muss ich da sagen.

(Beifall der FREIEN WÄHLER)

Die gebündelte Kompetenz an einem Ort, wie in § 1 des Gesetzentwurfs beschrieben, bleibt daher in Kombination mit dem 24/7-Lagezentrum in ihrer Wirkung noch abzuwarten. Hier muss aus Sicht der FREIEN WÄHLER die Einbindung des Landesamts für Umwelt, des Lagezentrums der Polizei und des Kompetenzzentrums für Hochwasser beim Umweltministerium hinterfragt werden.

Die mit der Errichtung einer neuen oberen Landesbehörde einhergehende Verschiebung von Haushaltspositionen an eine neue Stelle gewinnt dabei insofern nur an Bedeutung, wenn mit der Errichtung auch ein deutlicher Mittelaufwuchs für den Brand- und Katastrophenschutz herauskommt. Eine reine Verlagerung von Mitteln hilft bei den herausfordernden Aufgaben nicht weiter. Ebenso wenig darf es weitere Entnahmen aus den jährlichen Erträgen der Feuerschutzsteuer für Personal und Altersvorsorge geben, wie das bisher

bei der LFKA der Fall war.

Wie auch die kommunalen Spitzenverbände in der Anhörung der EnqueteKommission aufgeführt haben, gehören diese Gelder direkt in das Feuerwehrwesen investiert und nicht in die begleitenden Maßnahmen des Landes. Hier ist also auch die klare Forderung der FREIEN WÄHLER: Finger weg von der Feuerschutzsteuer bei der Finanzierung und Umsetzung des Landesamts.

(Beifall des Abg. Stephan Wefelscheid, FREIE WÄHLER)

Auf die geplante Einstufung der leitenden Führungspositionen einer oberen Landesbehörde möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen, aber wir wissen, das wird an der Basis alles kritisch beäugt, wenn es dann heißt, nachher sind dort wieder mehr Häuptlinge als Indianer.

Zum Abschluss gestatten Sie mir aber noch den Hinweis, die jetzt vorgelegten elf Änderungen des Brand- und Katastrophenschutzgesetzes, die sich allesamt lediglich auf den sprachlichen Ersatz von ADD und LFKA hin zu LABK, sprich Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz, beziehen, lassen noch eine Reihe von Hausaufgaben ofen.

Das Brand- und Katastrophenschutzgesetz bedarf ebenfalls noch einer ganzen Reihe an Fortschreibungen und Klarstellungen. Ich erinnere an die §§ 6, 7, 24, 27 usw. Hier verweise ich auf die Anhörung der Experten in der EnqueteKommission.

Insofern werden wir die weiteren Beratungen des Gesetzes kritisch begleiten. Ich freue mich schon auf mögliche Anhörungen von Experten in diesem Rahmen.

(Beifall der FREIEN WÄHLER)

Jetzt hat der fraktionslose Abgeordnete Frisch das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die höchste und wichtigste Aufgabe eines Staates ist es, das Leben der ihm anvertrauten Menschen zu schützen. Dieser Aufgabe sind die Landesregierung und die ihr unterstellten Behörden bei der Flutkatastrophe im Ahrtal 2021 nicht gerecht geworden. 135 Personen sind ums Leben gekommen, Tausende haben ihr Hab und Gut verloren. Die Infrastruktur wurde nahezu vollständig zerstört.

Bereits im Vorfeld der Flut gab es schwerwiegende Versäumnisse. An den Katastrophentagen selbst hat man in entscheidenden Punkten versagt, ebenso wurden in den Wochen danach unverzeihliche Fehler gemacht. Das alles hat der Untersuchungsausschuss in über zweijähriger akribischer Arbeit aufge

klärt.

Nichtsdestotrotz bestreitet die Landesregierung ihre Verantwortung für die schrecklichen Folgen der Flut. Niemand, so ihr Narrativ, habe wissen können, dass sich Flutkatastrophen wie in den Jahren 1804 oder 1910 wiederholen könnten. Man sieht keine eigene Zuständigkeit und zeigt mit dem Finger auf andere. Zudem hat die Ministerpräsidentin immer wieder betont, RheinlandPfalz sei im Katastrophenschutz gut aufgestellt gewesen. Darauf habe sie sich uneingeschränkt verlassen können, und deshalb habe sie selbst in der Flutnacht keine Veranlassung gesehen, irgendetwas zu tun.

(Staatsminister Michael Ebling: Was hat das jetzt mit dem Landesgesetz zu tun?)

Dass dies eine folgenschwere Fehleinschätzung war, für die sich Frau Dreyer bis heute nicht entschuldigt, geschweige denn Verantwortung übernommen hat, ist nicht nur durch die schrecklichen Ereignisse im Ahrtal ofenbar geworden. Es wird auch an dem heute vorgelegten Gesetz deutlich, Herr Innenminister.

Die geplante Einrichtung des Landesamts wird von Herrn Ebling als Neuaufstellung des Katastrophenschutzes angekündigt. Es soll alles besser werden. Warum muss aber alles neu und besser werden, wenn es doch bisher schon so gut war? Nein, meine Damen und Herren, nichts war gut, und nichts ist gut. Selbst in den drei Jahren nach der Flut hat sich wenig Konkretes getan. Nach wie vor fehlen zahlreiche Alarm- und Einsatzpläne, andere sind nicht mehr aktuell.

Das gilt übrigens auch für den Kreis Ahrweiler. Bekanntlich gab es hier über 40 Jahre hinweg keinen Alarm- und Einsatzplan Hochwasser, was angeblich niemandem aufgefallen ist, aber verheerende Folgen in der Flutnacht hatte.

Laut Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage hat die ADD im Oktober 2021 die Aufgabenträger angeschrieben und um Auskunft gebeten, inwieweit sie ihren gesetzlichen Pflichten nachgekommen sind. Im April 2022 und im Juni 2023 wurden sie dann zu einer ausführlichen Stellungnahme aufgefordert und gefragt, wann mit der Vorlage des Plans zu rechnen sei. Im Dezember 2023, dem Zeitpunkt der letzten Nachfrage, gab es ihn immer noch nicht. Mindestens zweieinhalb Jahre hat es die Landesregierung also nicht geschaft, diesen lebensrettenden Plan auf die Beine zu stellen, und das nach einer Tragödie, der 135 Menschen zum Opfer gefallen sind. Das ist ein unfassbares Versagen.

(Glocke des Präsidenten)

Weitere Beispiele für nach wie vor bestehende Defizite im Katastrophenschutz: – –

(Der Redner wendet sich zum Präsidium)

Ich habe 5 Minuten.

Sie haben keine 5 Minuten. Sie haben 3 Minuten.

(Abg. Jens Guth, SPD: Ihre Zeit ist abgelaufen, Herr Frisch! – Weitere Zurufe von der SPD – Zuruf aus dem Hause: Ihre Zeit ist um!)

Entschuldigung, Entschuldigung, Entschuldigung. Wir sind nicht in der Aktuellen Debatte. Sie haben 5 Minuten. Sie haben 5 Minuten, Herr Frisch. Sie haben recht. Sie haben 5 Minuten.

Dann bitte noch einmal beachten, dass ich jetzt etwas Zeit verloren habe.

(Vereinzelt Heiterkeit im Hause – Abg. Philipp Fernis, FDP: Die letzten 50 Jahre Demokratiege- schichte zum Beispiel!)

Ja, es ist alles gut.

Ein Einsatzmittelregister für die Alarmierung überörtlicher Einheiten gibt es bis heute nicht. Die Hochwassermeldeverordnung wurde bisher ebenfalls nicht überarbeitet. Die Hochwasserrisikokarten für die Ahr haben immer noch den Stand von 2021 mit HQextrem bei 4,15 m. Eine klare Regelung, wer die Kosten für überörtliche Hilfe der Feuerwehren und von Spontanhelfern übernimmt, fehlt unverändert usw. usf.