Protocol of the Session on April 17, 2024

So hat sich in Bayern ein Biotechnologie-Cluster formiert, das vom Großraum München bis in den nördlichen Landesteil reicht. Am Rande sei erwähnt, dass Würzburg mit rund 150 km Entfernung aus der Mainzer Perspektive gar nicht so weit weg ist.

Unsere Nachbarn in Hessen werben mit rund 20.000 Beschäftigten im Biotechsektor, die einen Jahresumsatz von 5,2 Milliarden Euro erwirtschaften. Das sind deutliche Signale nach Rheinland-Pfalz. Gut, dass hier mehr getan wird, als sich über den BioNTech-Sonderefekt zu freuen. Die Entwicklungen rund um den geplanten Biotech-Campus an der Saarstraße quasi in Verlängerung des Universitätscampus spiegeln wider, dass es zumindest im Bereich der Biotechnologie eine Aufbruchstimmung gibt.

Grundlagenforschung, anwendungsbezogene Forschung und der direkte Draht zu den Unternehmen, in Mainz hat sich in den vergangenen Jahren ein Netzwerk entwickelt, das sich auch im internationalen Vergleich sehen lassen kann. Es kommt nicht von ungefähr, dass allein die Mainzer Wissen

schaftsallianz rund 4.000 Mitglieder hat. Mit ihren 36.000 Studenten und 4.150 Wissenschaftlern, davon 540 Professoren, sowie 150 Instituten und Kliniken gehört die Universität Mainz zu den großen und führenden Hochschulen in Deutschland. Das gilt auch für die Ausbildung für Mediziner.

Diese Tatsachen sind angesichts der leidigen Diskussion um die finanziellen und personellen Probleme der Universitätsmedizin ein wenig ins Hintertreffen geraten, ebenso die Tatsache, dass die örtlichen Wissenschaftler oft Herausragendes leisten. Es kommt nicht von ungefähr, dass an der JGU ein Forschungszentrum Translationale Medizin mit drei Einrichtungen angesiedelt ist.

Das große Ziel ist, die personalisierte Präzisionsmedizin durch Entwicklung neuer Verfahren und Therapien voranzubringen, und das Ganze besonders mit Blick auf unsere Jüngsten. Ich nenne daher exemplarisch das Kinderonkologische Zentrum der Universitätsmedizin. Hier werden unter anderem neuartige immuntherapeutische Ansätze für den Kampf gegen den Krebs im Rahmen der pädiatrischen Onkologie entwickelt. Mit Blick auf die kommenden Haushaltsberatungen ist die Politik in der Pflicht, auch künftig für eine auskömmliche Finanzierung dieser Vorzeigeeinrichtung zu sorgen.

Danke schön.

(Beifall der FREIEN WÄHLER sowie des Abg. Dr. Helmut Martin, CDU)

Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete, wir haben noch Besucherinnen und Besucher zu begrüßen. Auf der Tribüne befinden sich Bürgerinnen und Bürger aus Landstuhl. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall im Hause)

Für die Landesregierung spricht Ministerpräsidentin Malu Dreyer.

Liebe Frau Präsidentin und meine sehr verehrten Herren und Damen Abgeordnete! Ich spreche sehr gern zu diesem Punkt. Vielen Dank, dass dieser Punkt durch die SPD-Fraktion aufgenommen worden ist. Die Landesregierung hat sich zu Beginn der Legislaturperiode das Ziel gesetzt, dass wir das Momentum der weltweiten Sichtbarkeit, das BioNTech geschafen hat, nutzen und Rheinland-Pfalz nachhaltig zu einem führenden Standort der Biotechnologie und von Life Sciences entwickeln.

Wir sind auf einem sehr, sehr guten Weg. Wir stecken sehr viel Energie und Kraft hinein. Wir tun das ressortübergreifend, Herr Dr. Martin. Das heißt, jedes Ressort, das daran beteiligt ist, macht seine Aufgaben. Wir sitzen in vielen

gemeinsamen Sitzungen zusammen und überlegen, wie wir insgesamt das Projekt nach vorne bringen können.

Wir tun das mit großem Erfolg, drei Spatenstiche in einem Monat allein. Sie sind heute alle schon genannt worden:

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zurufe der Abg. Martin Haller, SPD, und Martin Brandl, CDU)

Lilly, TRON und AbbVie. Das zeigt die Dynamik. Sie zeigt sich im wissenschaftlichen Bereich und im wirtschaftlichen Bereich. Es ist dem Pioniergeist der Forschenden, aber auch der Innovations- und Investitionskraft der Unternehmen und den mutigen Entscheidungen der Politik zu verdanken, dass sich das Bundesland wirklich sehr, sehr positiv entwickelt und das auch weltweit gesehen wird.

Es sind Erfolgsgeschichten wie die des TRON, des Instituts für Translationale Onkologie, die zeigen, welche enormen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Leistungen erreicht werden können, wenn innovative Ideen entschlossen gefördert werden.

Ich nehme Sie kurz mit auf diese Reise. Bereits vor 15 Jahren, im Jahr 2009, haben die Professoren Huber, Türeci und Sahin die damalige Wissenschaftsministerin Doris Ahnen mit einer Konzeption zur gemeinsamen Gründung des TRON angesprochen. Tatsächlich ist das TRON auch gegründet worden, und zwar gemeinsam. Es ist eine oder die erfolgreichste öfentliche Ausgründung, die es in Deutschland überhaupt gibt.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Abg. Martin Haller, SPD: Gute Frau, die Frau Ahnen!)

Mit dem neuen Institut wollte und tut TRON Translation vorantreiben. Das heißt – ich übersetze es noch einmal –, Forschende entwickeln praktisch am Patientenbett zusammen mit den behandelnden Ärzten und Ärztinnen neue, innovative Behandlungsansätze. In der vergangenen Woche war es für uns deshalb ein ganz besonderer Freudentag, dass wir es auch durch das Mitwirken von Herrn Hoch geschaft haben, am Gelände der Universitätsmedizin – der Wunsch, wirklich ganz in der Nähe der Medizin zu sein – diesen Spatenstich zusammen tätigen zu können.

Man muss wissen, dieser Forschungs- und Nutzungsbau entsteht aus Eigenmitteln. Ich kenne keine weitere öfentliche Ausgründung, die es geschaft hat, so mit Lizenzen und mit ihren eigenen Forschungsergebnissen zu wirtschaften, dass sie diesen Neubau allein aus Eigenmitteln stemmen kann.

Das TRON arbeitet selbstverständlich in einem agilen Umfeld, einerseits der Universitätsmedizin, aber auch vieler weiterer außeruniversitärer Einrichtungen. Ich nenne ein paar, die Bezug zur Biotechnologie haben. Es sind das Institut für Molekulare Biologie, das Helmholtz-Institut für Translationale Onkologie, das Institut für Biotechnologie und Wirkstof-Forschung, das Leibniz

Institut für Resilienzforschung, das Max-Planck-Institut für Polymerforschung oder auch das Fraunhofer-Institut für Mikrotechnik und Mikrosysteme.

Es war und es ist eine kluge, eine vorausschauende Wissenschaftspolitik, die dieses breite und starke Forschungsfeld geschafen hat. Ich freue mich darüber, dass der Wissenschaftsminister dieses Feld mit der gleichen großen Freude wie wir alle vorantreibt. All diese hochkarätigen Einrichtungen bilden einen Nährboden für Spitzenforschung und Spitzenforschende und einen sehr starken Magneten für internationale Fachkräfte. Man könnte auch schlicht sagen, gute Wissenschaftler ziehen Wissenschaftler an und innovative Unternehmen ziehen innovative Unternehmen an.

Ich bin deshalb sehr glücklich darüber, dass wir auch mit der Bundesregierung in guten Gesprächen stehen, um den Forschungsstandort weiter stärken zu können; denn ohne die Grundlagenforschung – das ist hier schon gesagt worden –, zum Beispiel in dem Fall des TRON, wäre die Entwicklung des weltweit ersten mRNA-basierten Impfstofs überhaupt nicht entstanden.

Das Momentum zu nutzen, ist unser Job und unsere Aufgabe. Wir tun das mit großer Begeisterung. Ich will noch einmal ein Stück dieser Freude hereinbringen. Es macht einen Riesenspaß in den neuen Strukturen im Biotechnologiebeirat oder in unserer neuen Biotechnologie-Akademie oder in Kreisen, in denen wir uns trefen, um weiterzudenken, diese Projekte voranzutreiben.

Wir haben eine Biotechnologie-Studie in Auftrag gegeben, um zu sehen: Wo stehen wir, und was müssen wir weiterhin ressortübergreifend tun, um besser zu werden? Wir haben uns entschieden, dass wir insgesamt bis zum Ende der Legislaturperiode 800 Millionen Euro in diesen Schwerpunkt investieren und ganz konsequent durch Anschubfinanzierung, Förderung der Wissenschaft, aber auch der Wirtschaft durch die Kollegin Schmitt – auch dort wird sehr, sehr viel investiert – weiterarbeiten werden.

Zu den Strukturen gehören der Landeskoordinator, der Beirat, die Akademie. Es geht um Strukturen der Vernetzung. Es ist richtig gesagt worden, es gibt zwei – sagen wir einmal – weiße Flecken in dieser Studie, die es uns aufgetragen haben, uns besonders anzustrengen. Der eine Bereich sind Laborflächen. Ich möchte gerne sagen, was inzwischen in diesem Bereich entsteht, seit die Studie entstanden ist.

Das LAB1 wäre das erste Laborgebäude auf dem neuen BioNTech-Campus. Bis 2025 werden dort 3.000 m2 an Laborflächen zur Verfügung gestellt. Das LAB2 hat bereits eine Baugenehmigung und viele Interessierte, die sich dort ansiedeln werden. Wir haben TRON – das ist schon gesagt worden – mit 10.000 m2, ein Großteil davon Laborflächen. Wir haben im universitären Bereich auch viele Aktivitäten durch das Wissenschaftsministerium, das uns Laborflächen zur Verfügung stellt, gefördert.

Der Schulterschluss mit der Landeshauptstadt ist uns dabei von Anfang an sehr, sehr wichtig. Dass wir beispielsweise am 10. und 11. Juli die Curious Future Inside Conference in Mainz mit 2.000 Teilnehmenden und acht No

belpreisträgern präsentieren können, zeigt, dass viele Menschen inzwischen weltweit auf den Standort Mainz schauen.

Ich möchte den anderen Punkt, Gründer und auch das Thema „Cluster“, noch einmal beleuchten. Die Kollegin hat es heute Morgen schon gesagt, wir werden mit Kadans einen international tätigen Wissenschaftspark und Netzwerkbetreiber hier haben. Wir werden mit dem Life Science Zentrum Mainz Büround Laborflächen schafen und dafür sorgen, dass gerade die Jungen, die Start-ups, die Ausgründungen dort eine neue Heimat und eine entsprechende Unterstützung finden werden. Es wird dort ein Inkubatoren-Programm geben.

Der zweite Punkt: Die Kollegin arbeitet ebenfalls an der Plattform BioVation Rheinland-Pfalz. Das soll das große landesweite Cluster werden, um in der Zukunft die Biotechnologie im ganzen Land als Andockpunkt zu haben. Es ist doch vollkommen klar für uns, Mainz ist der Ausgangspunkt, aber selbstverständlich haben wir ein Interesse, nicht nur rheinland-pfälzisch, sondern auch national und international zu denken und möglichst alle einzubeziehen.

Mein letzter Punkt: Das ganze Cluster würde uns in der Wissenschaft wenig nutzen, hätten wir nicht umgekehrt tatkräftige Unternehmen, die in diesem Bereich unterwegs sind. Boehringer Ingelheim, das größte Pharmaunternehmen Deutschlands, ist heute genannt worden. Sie haben inzwischen riesige Investitionen am Standort in Ingelheim in die Forschung, aber auch im Bereich der Biotechnologie getätigt.

Die BASF ist noch nicht in dem Zusammenhang genannt worden, glaube ich, aber es gibt nicht nur die rote Biotechnologie. Sie haben einen zweistelligen Millionenbetrag in eine Fermentationsanlage für biologische und biotechnologiebasierte Pflanzenschutzprodukte investiert. Das Helmholtz-Institut für Translationale Onkologie oben an der Uni bekommt einen neuen Forschungsbau mit einem Volumen von 2.000 m2.

Novo Nordisk – auch das ist gesagt worden – hat die Deutschlandzentrale in Mainz errichtet. Ich möchte gerne den Geschäftsführer zitieren. Er sagte: „[Unser] Neubau ist ein klares Bekenntnis zu unserer langjährigen Heimatstadt Mainz und Rheinland-Pfalz als zukunftsweisendem Biotechnologiestandort von Weltklasse. [...] Für Novo Nordisk als global agierendes Unternehmen ist Mainz ein idealer Standort.“

Ich könnte viele andere Unternehmen hinzufügen. Ich will einfach noch einmal sagen, es ist wichtig für uns, dass diese Unternehmen und die Wissenschaft Vertrauen in unseren Standort haben. Die Landesregierung tut viel dafür, dass wir nicht nur investieren, sondern auch vertrauensvoll mit all diesen Kollegen, mit den Partnern zusammenarbeiten, weil es dort eine große Freude und eine große Lust gibt, dieses Thema weiter nach vorne zu bringen.

Ich bin davon überzeugt, dass wir als Landesregierung die Aufgabe haben, in diesem Veränderungsjahrzehnt – weil es vorhin besprochen worden ist –

auf der einen Seite die Unternehmen, die in der Transformation sind, zu unterstützen, damit sie diesen Wandel bestehen, aber auf der anderen Seite auch Chancen, die wir in diesem Land haben, aufzugreifen und sie nach vorne zu bringen, um neue Chancen zu nutzen, neue Arbeitsplätze zu kreieren und die Sicherheit zu haben, dass Rheinland-Pfalz auch in Zukunft ein attraktiver Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort bleibt.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP sowie des Abg. Stephan Wefelscheid, FREIE WÄHLER)

Durch die verlängerte Redezeit der Landesregierung stehen den Fraktionen noch 4 Minuten und 10 Sekunden zusätzliche Redezeit zur Verfügung. Das Wort hat Abgeordnete Dr. Rehak-Nitsche von der SPD-Fraktion zur zweiten Runde.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte vier Punkte aus der Debatte herausgreifen. Zum einen den Kommentar, dass darauf gewartet wird, dass wir endlich einmal über Biotechnologie reden. Es ist schön, dass Sie darauf gewartet haben, aber wir haben schon die ganze Zeit immer wieder über Biotechnologie geredet, zum Beispiel im Plenum am 25. März 2022 oder am 20. Juli 2023 im Ausschuss. Da behandeln wir das Thema regelmäßig. Vielleicht stimmen Sie sich einfach einmal mit den Kollegen ab.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Dann zu den Empfehlungen in der Studie. Ja, genauso lauten sie: bessere Unterstützung von Ausgründungen, Ansiedlung von Laborflächen und weiteren Einrichtungen. Ich frage mich, wo Sie heute waren. Wir haben heute über nichts anderes geredet als über die neuen Ansiedlungen und über die Schafung von neuen Laborflächen. Darüber wurde heute ausführlich von so ziemlich jedem von den Koalitionsfraktionen berichtet.

Zum Dritten zu der Aussage, jemand anderer arbeite schon an Biotechnologie, sodass wir das sein lassen können. Das zeigt eine völlige Unkenntnis der akademischen Realität; denn in der Academia geht es genau um den Streit, um den Wettbewerb um verschiedene Ideen. Deshalb arbeiten natürlich international sehr viele verschiedene Standorte an diesen Themen. Mal gewinnt man das Rennen und mal gewinnt man es nicht. Bei Corona haben wir das Rennen hier in Mainz gewonnen, und wir möchten es auch wieder gewinnen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD sowie des Abg. Philipp Fernis, FDP)

Das führt mich noch zu einem anderen Aspekt. Wissenschaft ist immer inter

national. Wissenschaft ist auf den internationalen Austausch angewiesen, und wir sind auf internationale wissenschaftliche und wirtschaftliche Kooperation und den Austausch angewiesen. Deshalb ziehen wir kluge Menschen aus der ganzen Welt an. Diese klugen Menschen trefen kluge Investitionsentscheidungen, wie wir heute schon mehrfach gehört haben. Sie investieren in Rheinland-Pfalz. Es kommen Forschende, es kommen Unternehmen, und darauf können wir an der Stelle einfach einmal stolz sein.

(Beifall bei der SPD, bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Philipp Fernis, FDP)

Die Menschen kommen auch nicht nur uns in Rheinland-Pfalz zugute, sondern den Menschen weltweit. Das ist ebenfalls ganz wunderbar; denn unsere Forschung ist national und international sichtbar, zuletzt – das wurde heute schon erwähnt – bei den Deutschen Biotechnologietagen in Berlin, auf denen wir als Partner vertreten waren. Daran ändert sich auch nichts, wenn die Opposition das konsequent ignoriert.