Protocol of the Session on April 17, 2024

Vor drei Wochen war in Kaiserslautern ein Vortrag von Frau Dr. Ina Berninger, die Mitglied in einer Selbsthilfegruppe im Großraum Köln mit über 100 Impfgeschädigten ist, eine Frau, die an das Impfen geglaubt hat, die jetzt ihr Leben lang geschädigt ist. Es war beklemmend, eineinhalb bis zwei Stunden zu hören, wie die Gesellschaft, der gesundheitliche Bereich und der politische Bereich einfach so tun, als gäbe es diese Menschen mit ihren Folgeerkrankungen nicht. Sie tingeln seit anderthalb Jahren – über 100 Menschen, und das ist nur eine Selbsthilfegruppe – in Deutschland herum und haben keine Anlaufpunkte. Sie werden nach wie vor nicht ernst genommen. Es sind sehr viele junge Menschen dabei.

Deswegen bestehe ich darauf – als Abgeordneter aber auch vor dem Hintergrund des Bündnis Sahra Wagenknecht –, dass wir in Rheinland-Pfalz eine Enquete-Kommission bekommen. Das brauchen wir.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD – Zurufe aus dem Hause: Oh!)

Jetzt spricht der fraktionslose Abgeordnete Frisch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine kürzlich veröfentlichte Studie der Bertelsmann Stiftung kommt zu dem Schluss, die etablierten Parteien schaften es derzeit nicht, in der Mitte der Gesellschaft ein Gefühl von Empathie, Problemlösungsfähigkeit und Zugewandtheit zu hinterlassen.

(Abg. Philipp Fernis, FDP: Empathie ist ja die Stärke der AfD! Dafür kennt man sie!)

Das Vertrauen in diese Parteien sei daher in der gesellschaftlichen Mitte deutlich gesunken.

Das ist ein deprimierender Befund. Die Gründe dafür mögen vielschichtig sein, aber eines ist klar: Das politische Handeln in der Corona-Krise hat maßgeblich dazu beigetragen.

Ich möchte hier nur die schwersten Fehler aufzählen, die damals gemacht worden sind: unnötige Schul- und Kitaschließungen mit gravierenden Folgen für die Bildung; starker Anstieg psychischer Erkrankungen durch die soziale Isolation von Kindern und Jugendlichen; Difamierung auch seriöser Kritiker als Querdenker, Verschwörungstheoretiker oder Corona-Leugner; menschenfeindliche Absurditäten wie „2G-Plus“ oder andere Grundrechtseinschränkungen; Nötigung oder gar Zwang zur Impfung mit einem unzureichend getesteten Impfstof;

(Zuruf des Abg. Martin Haller, SPD)

Vereinsamung alter Menschen durch überzogene Kontaktsperren; Testabzocke und Maskenwahn; massive wirtschaftliche Schäden für viele Branchen; monatelange Lockdowns ohne wissenschaftliche Evidenz auf der Basis mehr als fragwürdiger Statistiken; ein Ethikrat, der sich ebenso wie große Teile der Wissenschaft zum Handlanger der Regierungen machen ließ; verfassungswidrige Entmachtung der Länderparlamente; eine öfentlich-rechtliche Tendenzberichterstattung, in der fast ausschließlich eine Seite zu Wort kam; einsames Sterben ohne die tröstende Hand von Angehörigen und vieles andere mehr.

All das waren zum überwiegenden Teil nicht unvermeidbare Auswirkungen einer Pandemie, sondern vor allem Folgen politischer Ignoranz und eines Versagens der Verantwortungsträger.

Für viele Menschen ist in dieser Zeit das Grundvertrauen in unseren Staat

unheilbar zerbrochen. Sie haben jene Institutionen, denen sie ein Leben lang vertraut hatten, nicht als fürsorglich, sondern als übergrifg und zum Teil als totalitär erlebt. Das, meine Damen und Herren, war und ist die schlimmste Folge von Corona.

(Beifall der Abg. Matthias Joa und Martin Louis Schmidt, frakti- onslos)

Angesichts dessen genügt es jetzt nicht, nach vorne zu schauen und ansonsten den Mantel des Schweigens über das zu breiten, was hier vorsätzlich oder zumindest bedenkenlos an menschlichen, politischen und rechtlichen Verletzungen angerichtet worden ist. Es braucht eine grundsätzliche Selbstkritik all jener, die Andersdenkende in den Corona-Jahren ausgegrenzt, stigmatisiert und niedergemacht haben. Es braucht nicht nur Expertenanhörungen, sondern Untersuchungsausschüsse, die Licht ins Dunkel bringen und das Versagen von Staat und Wissenschaft schonungslos aufklären, und es braucht konkrete politische, gegebenenfalls auch strafrechtliche Konsequenzen für die, die für eine fatale Corona-Politik verantwortlich waren, unter der unzählige Menschen bis heute leiden.

Vielen Dank.

(Beifall der Abg. Matthias Joa und Martin Louis Schmidt, frakti- onslos)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Hoch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Präsident! Ich möchte zuerst diesem Landtag sehr dafür danken, dass in der EnqueteKommission schon im Wesentlichen über die Pandemie gesprochen wurde und wir heute erneut darüber reden und uns das die Gelegenheit gibt, ein gewisses Fazit zu ziehen. Wir neigen manchmal dazu, als Menschen die Vergangenheit so ein bisschen zu verklären oder zumindest zu verzerren im Guten wie auch im Schlechten. Das eine oder andere lohnt es sich dann doch, in Erinnerung zu rufen.

Alles, was wir vor vier Jahren erlebt haben, haben wir unter einer einzigen Prämisse an staatlichen Entscheidungen getrofen, nämlich dass unser Gesundheitssystem zu jedem Zeitpunkt handlungsfähig war und fähig war, Menschen zu schützen, um in Deutschland Bilder zu vermeiden, wie wir sie vom Fernsehen in anderen Regionen dieser Welt kannten.

Ich bin froh, Herr Dr. Gensch, um diese klare Äußerung, auch als Grundprämisse. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass wir in Deutschland vieles richtig gemacht haben und manches sogar deutlich besser als in vielen anderen Ländern. Ich freue mich, wenn wir darüber reden, wie wir aus der Krise lernen;

denn die nächste wird kommen. Es wird vielleicht nicht eine Pandemie über ein Virus sein, sondern Heuschrecken oder Dürre durch den menschengemachten Klimawandel. Deswegen wundert es mich so sehr, dass in dieser Debatte immer gerade und auch diejenigen, die auf der einen Seite sagen, Impfen ist Mist, und das bringt alles nichts,

(Abg. Joachim Paul, AfD: Das sagen wir gar nicht!)

aber völlig zu Recht darauf hinweisen, dass es so etwas wie Klimawandel gibt, und andere sich allen Realitäten versperren und einfach sagen, Institutionen funktionieren nicht mehr.

Wenn dieser deutsche Staat über alle Partei- und institutionellen Grenzen des Föderalismus hinaus eines bewiesen hat, dann, dass staatliche Institutionen funktionieren und in Krisen handlungsfähig sind. Die vielen 10.000 und 100.000 Menschen in Verwaltung, in der Daseinsvorsorge, in der Medizin und in der Pflege haben bewiesen, dass wir in einem Staat leben, der darauf vertrauen kann, handlungsfähig zu sein.

Zu jedem Zeitpunkt galten dabei natürlich die Grundrechte. In den Situationen, in denen Politik Maßnahmen ergrifen hat, die geeignet, verhältnismäßig und angemessen waren und an der einen oder anderen Stelle vielleicht ausuferten – weil man nicht genau wusste, wie Entscheidungsfindung stattfinden sollte –, hat unser Rechtssystem funktioniert. Es ist nämlich in jedem Fall von der Justiz korrigiert worden, manchmal unmittelbar und manchmal erst im Nachhinein, aber so, dass wir daraus für die nächste Krise Lehren ziehen können.

Wenn ein Grundrecht immer gegolten hat – auch wenn manche lautstark behaupten, es wäre anders –, dann ist das die Meinungsfreiheit.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es gab zu keinem einzigen Zeitpunkt in Deutschland eine Situation, in der Menschen ihre Meinung nicht frei sagen konnten.

(Abg. Michael Frisch, fraktionslos: Sie kamen nur nicht zu Wort!)

Die Corona-Leugner und Rechtsradikalen wie Sie haben sich am allermeisten darauf berufen.

(Unruhe bei der AfD – Abg. Joachim Paul, AfD: Das ist wirklich unverschämt!)

Sie haben sich am allermeisten darauf berufen und behauptet, dass es die Meinungsfreiheit nicht gibt, aber sie galt zu jedem Zeitpunkt, weil man in staatlichen Systemen, in denen die Meinungsfreiheit nicht gilt, niemanden den Vorwurf erheben hört, dass es keine Meinungsfreiheit gäbe.

(Zurufe der Abg. Joachim Paul, AfD, und Michael Frisch, frakti- onslos)

Das funktioniert nur in Systemen wie der Bundesrepublik Deutschland.

(Unruhe bei der AfD – Glocke des Präsidenten)

Ich freue mich ganz besonders, dass wir in diesem Land freie Wissenschaft haben und sie funktioniert. Wenn es eine Lehre aus Corona gibt, dann ist es die, dass freie Wissenschaft nicht nur Menschen schützt, sondern dass sie einer der größten Standortvorteile für die Gesellschaft und für die Wirtschaft sein kann. Wenn eine Stadt untrennbar mit dieser Erkenntnis verbunden ist, dann sind es die Stadt Mainz und das Land Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für alle diejenigen, die es noch nicht aus der Krise gelernt haben, möchte ich es noch einmal betonen. Impfen hilft. Nur durch den Impfstof aus Mainz hat Corona seinen Schrecken verloren, und zwar weltweit. Ich möchte das mit dem Appell für alle diejenigen verbinden, die manchmal aus Boshaftigkeit, aber häufig einfach aus Sorge skeptisch dabei sind: Impfen ist ein wahnsinnig großer, solidarischer Akt der Gesellschaft. Es ist aber auch die größte Errungenschaft der modernen Medizin.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, fraktionslos)

Impfen hilft, nicht nur gegen Corona, sondern gegen ganz viele andere Erkrankungen. Ich würde mich freuen, wenn sehr viel mehr geimpft würde und Menschen sehr viel gründlicher mit dem Thema „Impfung“ umgehen und für diese Sachen Rat bei ihrem Arzt oder Apotheker suchen würden.

Wir nehmen jeden ernst, der in diesem großen solidarischen Akt einen Schaden erleidet.

(Abg. Michael Frisch, fraktionslos: Ei, ei, ei, ei!)

Das gibt es, aber die Mitarbeitenden im LSJV kümmern sich um jeden Einzelfall, und in vielen Fällen haben wir die entsprechenden Schäden schon anerkannt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Für die FREIEN WÄHLER spricht in der zweiten Runde Abgeordneter Schwab.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Am 27. September 2023 sagte ich bereits, wir brauchen einen kontinuierlichen Aufarbeitungsprozess und eine Verstetigung des Evaluierungsprozesses mit flexiblen

Gestaltungsmöglichkeiten durch die Anhörung der unterschiedlichsten Fachleute. Dies meine und meinte ich auch so.