Protocol of the Session on March 29, 2019

Wir mäßigen uns im Sprachgebrauch. Danke schön.

Sie haben im Herbst ein Schreiben der SPD-Fraktion bekommen, und erst Anfang dieses Jahres gab es die Möglichkeit.

(Abg. Martin Brandl, CDU: Der Herr Ruland soll auf Herrn Martin antworten!)

Ich beziehe mich auf Dr. Martin, wenn Sie uns heute vorwerfen, wir würden quasi kurz vor der Kommunalwahl diesen Antrag stellen. Wir haben versucht, Ihnen die Hand zu reichen. Wenn man uns dann unterstellt, wir würden

hier Kommunalwahlkampf betreiben, ist das einfach unerhört.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Dr. Martin und liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, zudem sei Folgendes ausgeführt: Wenn Sie ein wenig guten Willen gehabt hätten, wäre es ohne Probleme möglich gewesen, mit der Verabschiedung und Veränderung des Kommunalwahlrechts heute Morgen auch das in Einklang zu bringen. Deswegen wäre es eine Option gewesen und ist es kein Kommunalwahlkampf, den wir hier betreiben.

Ein Letztes: Wenn Sie von Greta sprechen, ist das ein bisschen so, vom Elfenbeinturm schauen wir einmal, wo irgendwo der Hafen ist. – Wir haben heute Morgen junge Menschen von „Fridays For Future“ getroffen. Wenn man mit ihnen spricht und spürt, welches Herzblut sie haben, noch nicht einmal nur für Klimaschutz, sondern generell für Demokratie, dann sieht man, das ist die Zukunft unseres Landes. Sie brauchen eine Stimme, auch im Alter von 16 Jahren.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Zu einer Erwiderung erteile ich dem Abgeordneten Dr. Martin das Wort.

Frau Präsidentin! Herr Kollege Ruland, so ganz habe ich das Bild mit dem Elfenbeinturm noch gar nicht nachvollziehen können. Ich brauche dafür vielleicht noch das Wochenende, um richtig einordnen zu können, welche Botschaft Sie mir damit wirklich vermitteln wollen.

(Abg. Alexander Fuhr, SPD: Lassen Sie sich ruhig Zeit!)

Ja, ich glaube, das braucht man manchmal.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Das andere, meine Damen und Herren, dieses Bestreben, bestimmte Protagonisten zu vereinnahmen, die sich jetzt profilieren und eine allen großen Respekt heischende Wirkung beim Bemühen um Klimaschutz erreichen, liegt nun auf einer anderen politischen Ebene als der, auf der wir das machen wollen.

(Beifall der CDU)

Ich bin einmal gespannt, wenn wir das eine oder andere energiepolitisch diskutieren, was man aus Gretas Ecke hört, ob Sie sie dann immer noch so vereinnahmen. Darauf bin ich einmal sehr gespannt.

(Beifall der CDU und der AfD)

Uns geht es nämlich nicht darum – um das klar zu sagen –, einzelne Personen zu vereinnahmen und uns hinter denen zu verstecken, sondern uns geht es jeweils darum zu überlegen, was deren Anliegen sind und wie wir diese, wenn wir sie teilen, in einem guten und bewährten System möglichst voranbringen können. Ich denke, das ist nicht der schlechtere Weg.

Eines möchte ich auch noch sagen. Die Jugendlichen, um die es geht, spüren sehr wohl, ob jemand, selbst wenn es politisch unbequem ist, bestimmten Grundsätzen treu bleibt. Darauf bauen wir. Das hat bisher durchaus Erfolg gehabt. So wollen wir auch weitergehen; denn die Beliebigkeit, in der ich bestimmte Grundsätze schnell über Bord werfe, ist nicht unser Weg. Wir bleiben lieber konsistent und sehen allem Weiteren ganz entspannt entgegen.

(Beifall der CDU und der AfD – Abg. Sven Teuber, SPD: Einmal Blockade, immer Blockade! – Weitere Zurufe aus dem Hause)

Für die Fraktion der AfD erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Bollinger das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Ampelparteien wünschen sich seit geraumer Zeit eine Senkung des Wahlalters für die Kommunalwahlen auf 16 Jahre. Zur Umsetzung dieses Wunsches müsste unsere Landesverfassung geändert werden. Dafür wäre eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, die erkennbar nicht gegeben ist.

Trotzdem bringen die Ampelfraktionen alle Jahre wieder zu jedem passenden oder unpassenden Anlass entsprechende parlamentarische Initiativen ein, so zum Beispiel am 24. Mai 2018 mit dem Antrag der Ampelfraktionen „An historische Orte der Demokratie in Rheinland-Pfalz erinnern und unsere Demokratie gemeinsam weiterentwickeln“ und am 20. Juni 2018 mit einer Aktuellen Debatte der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Kommunalwahl mit 16 verfassungskonform – Teilhabe junger Menschen auch in Rheinland-Pfalz ermöglichen“.

Anlass für den aktuell vorliegenden Antrag „Jungen Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzern eine Stimme geben – kommunales Wahlrecht ab 16 jetzt!“ waren offenbar die aktuellen Freitagsdemonstrationen von Schülern während der Schulzeit für Umwelt- und Klimaschutz.

In der Begründung verweisen die antragstellenden Fraktionen unter anderem darauf, dass man damit schon frühzeitig das Interesse für Politik wecken und heranwachsenden Bürgern unseres Landes mehr Mitbestimmungsmöglichkeiten einräumen könne. Dies – so die Argumentation – stärke die Demokratie und trage dazu bei, schon 16- und 17-Jährige zu mündigen Bürgern zu erziehen.

Meine Damen und Herren, der Gesetzgeber hat aus guten

Gründen die Volljährigkeit an das Erreichen einer Altersgrenze geknüpft. Erst mit 18 Jahren sind junge Männer und Frauen vollumfänglich in der Lage, Rechte und Pflichten in unserer Gesellschaft wahrzunehmen. Ja, in vielen Fällen gestehen wir sogar über die Volljährigkeit hinaus jungen Menschen eine besondere Behandlung zu, eben weil wir davon ausgehen, dass ihnen doch noch die Reife fehlt, um in gleichem Maße wie Erwachsene verantwortliche Entscheidungen treffen zu können.

So sind sie erst mit 18 Jahren uneingeschränkt geschäftsfähig, dürfen harten Alkohol trinken und alleine Auto fahren. Das Jugendstrafrecht gilt für Jugendliche von bis zu 17 Jahren und kann und wird auch in der Realität auf Heranwachsende von bis zu 20 Jahren angewendet. Das heißt, voll straffähig sind junge Menschen sogar erst ab 21 Jahren.

Darüber gibt es – das haben wir vorhin wieder festgestellt – einen breiten Konsens über alle Parteien hinweg. Daran möchte auch niemand etwas ändern. Dann aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten wir auch die Finger vom Wahlrecht lassen; denn es gibt einen inneren Zusammenhang von Rechten und Pflichten, von Mitbestimmung und Verantwortung.

(Beifall der AfD)

Liebe Kollegen, warum sollte man jemandem das Wahlrecht – das wichtigste aller Bürgerrechte – gewähren, wenn man ihm nicht zugesteht, volle Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen? Wie können wir Menschen über die Geschicke unserer Kommunen oder unseres Landes entscheiden lassen, denen man ohne Einwilligung ihrer Eltern nicht einmal den Abschluss eines Handyvertrags zugesteht? Meine Damen und Herren, das wäre unverantwortlich und würde das höchste Recht des Staatsbürgers entwerten.

Jugendliche haben auch ohnedies bereits jetzt eine Vielzahl an Möglichkeiten, am demokratischen Diskurs teilzunehmen. So gibt es beispielsweise auf der kommunalen Ebene Jugendbeiräte. Es gibt Jugendparlamente, und es gibt die Jugendorganisationen der Parteien, in denen bereits jetzt eine Teilhabe an der Politik ermöglicht wird.

Es klang vorhin schon an, erfreulicherweise machen wir immer wieder die Erfahrung, dass viele junge Menschen charakterlich so reif sind, dass sie das selbst erkennen.

(Abg. Sven Teuber, SPD: Das hat aber auch nichts mit dem Alter zu tun!)

So kam das Thema erst kürzlich – am 19. März 2019 – in einem Schülergespräch mit der 12. Klasse eines beruflichen Gymnasiums aus dem Lahntal auf, das ich mit Frau Kollegin Becker und Herrn Kollegen Lammert führte. Die Meinung der anwesenden Schüler war eindeutig. Auch in Bezug auf die eigene Person, so sagten die Schüler, habe sich in der Zeit vom 16. bis zum 18. Lebensjahr eine enorme persönliche Entwicklung vollzogen und sei die für eine verantwortliche Wahrnehmung des Wahlrechts erforderliche charakterliche Reife mit 16 Jahren noch nicht gegeben gewesen.

(Beifall der AfD)

Eine Absenkung des Wahlrechts wurde von den Schülern durch die Bank abgelehnt. Liebe Kollegen, diese Haltung wird auch von vielen repräsentativen Studien untermauert, so zum Beispiel durch verschiedene Shell Jugendstudien.

In ihrem Antrag argumentieren die antragstellenden Fraktionen, dass das Wahlalter in elf Bundesländern schon auf 16 Jahre gesenkt wurde. Wenn man sich nur die betreffenden Länder und die Umstände der Senkung des Wahlalters anschaut, dann handelt es sich allerdings sämtlich um Länder, die das Unglück haben oder hatten, von SPD, Grünen und/oder Linkspartei regiert zu werden oder zum fraglichen Zeitpunkt regiert worden zu sein.

Angesichts der Tatsache, dass diese Parteien an der Wahlurne bei jüngeren Menschen und Jugendlichen deutlich besser als bei lebenserfahrenen Bürgern abschneiden, wird die Gewinnung zusätzlicher Wählergruppen als Handlungsmotiv klar erkennbar, insbesondere bei der SPD, deren Dauertief von 15 bis 18 % auf der Bundesebene

(Beifall des Abg. Uwe Junge, AfD)

mittlerweile auch auf etwas höherem Niveau auf RheinlandPfalz durchgeschlagen ist und sich stabilisiert hat.

(Beifall der AfD)

Aus dieser Logik werden auch die von Ihnen schon vorgeschlagenen Erweiterungen des Wahlrechts auf Landesebene für EU-Ausländer und auf kommunaler Ebene für Drittstaatsangehörige verständlich.

Ein nächster Schritt dürfte dann das Wahlrecht ab 16 und für Drittstaatsangehörige auf Landesebene sein. Wahrscheinlich dürfen wir von Ihren Bundestagsfraktionen ähnliche Vorschläge auf der Bundesebene erwarten.

Meine Damen und Herren, das Wahlrecht ist das vornehmste Recht eines Bürgers und gründet auf der Fähigkeit, Verantwortung und Pflichten in einem demokratischen Gemeinwesen zu übernehmen. Die Mütter und Väter der Landesverfassung waren gut beraten,

(Glocke der Präsidentin)

als sie dieses Recht mit dem Erreichen der Volljährigkeit verknüpft haben. Wir sollten es dabei belassen.

Vielen Dank.