Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht mehr. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/8350 – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Danke schön. Dieser Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der CDU bei Stimmenthaltung der AfD abgelehnt.
Fahrverbote für Dieselfahrzeuge in Rheinland-Pfalz und in grenznahen Städten Besprechung der Großen Anfrage der Fraktion der AfD und der Antwort der Landesregierung auf Antrag der Fraktion der AfD – Drucksachen 17/7786/8105/8337 –
Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Für die antragstellende Fraktion hat Herr Dr. Bollinger das Wort, bitte schön.
Sehr geehrtes Präsidium, meine Damen und Herren! Mit unserer Großen Anfrage und der Veröffentlichung einiger ihrer Ergebnisse haben wir eine breite Diskussion über die Aufstellung der Messstationen angestoßen, die inzwischen vor Ort weitergeführt wird, und dies teilweise sehr heftig, etwa in Mainz, aber auch in Koblenz und Ludwigshafen.
In allen drei Städten drohen nach wie vor Fahrverbote für insgesamt 870.000 rheinland-pfälzische Pkw-Halter. Vor allem in Mainz verringern sich die Aussichten von Tag zu Tag, ein Fahrverbot abzuwenden. Es gibt für Mainz bereits ein rechtskräftiges potenzielles Fahrverbotsurteil, das auf falschen Stickoxidmessungen beruht. So muss man es nach Wertung der Antworten der Landesregierung feststellen.
Die politische Verantwortung trägt die Landesregierung, namentlich Frau Umweltministerin Höfken, der das Landesamt für Umwelt und die Messstationen unterstellt sind. Frau Höfken, Sie haben es bis zu unserer Großen Anfrage versäumt, Ihren Fachleuten auf die Finger zu schauen. Dass die Messstationen, wie Sie gestern sagten, teilweise schon 20 Jahre am falschen Platz stehen, macht es nicht besser.
Meine Damen und Herren, nach unserer Auswertung der Daten für die Messstationen ergibt sich, dass alle fünf Mainzer Messstationen falsch aufgestellt wurden.
Die Messstation Mainz-Parcusstraße entspricht nicht den Vorgaben der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, da sie zu nah an einer Kreuzung und zu nah an einem Hindernis ist. Herr Haller, Sie sollten einmal zuhören, dann würden Sie etwas lernen.
Die vier anderen Messstationen in Mainz entsprechen nicht der Verordnung – liebe Kollegen von der SPD, ich habe bitte das Wort –,
Das können zum Beispiel Gebäude, Balkone und Bäume sein. Die Station Mainz-Große Langgasse ist inzwischen immerhin abgebaut worden. Schauen wir über Mainz hinaus, steht die Station Trier-Pfalzel ebenfalls zu nah an einem Hindernis.
Die Messstation Koblenz-Friedrich-Ebert-Ring entspricht nicht der Bundes-Immissionsschutzverordnung, da sie sich auf einem nicht zugänglichen Mittelstreifen befindet – so zumindest die Antwort der Landesregierung. Inzwischen hat aber das Landesamt für Umwelt wohl eine Expedition ausgesandt, die in Koblenz vermeldet hat, dass es ihr sehr wohl gelungen sei, zu Fuß zu der Messstation zu gelangen. Herzlichen Glückwunsch für diese sportliche Leistung.
Meine Damen und Herren, ein weiteres gravierendes Problem bei vielen Messstationen ist, dass sie zu nah an der Fahrbahn stehen. Das ist zwar laut Verordnung erlaubt, aber trotzdem nicht sinnvoll. Ein Abgleich der Abstände der jeweiligen Messstationen vom Fahrbahnrand mit den Messwerten von Stickoxid erbrachte eine deutliche Korrelation. Je näher eine Messstation am Fahrbahnrand ist, desto höher sind tendenziell die Messwerte, wie sich dem logisch denkenden Menschen schon erschließen sollte.
Dieser Zusammenhang wird noch deutlicher, wenn man den Abstand an den Messstationen zum nächsten Hindernis mit einbezieht. Alle drei Stationen mit Messwerten über dem Grenzwert im Jahr 2017 sind sehr nah am Fahrbahnrand: Mainz-Parcusstraße 1,5 m, Mainz-Große Langgasse 1 m und Ludwigshafen-Heinigstraße nur 2 m. Die Daten der Landesregierung zeigen also, ein Mindestabstand von 5 m zur Fahrbahn ist erforderlich, um ein einigermaßen realistisches Bild von der Schadstoffbelastung zu erhalten.
Neben den drei schon genannten halten weitere sieben Messstationen diesen Mindestabstand nicht ein: Frankenthal-Europaring, Koblenz-Hohenfelder Straße, Speyer-Nord, Trier-Ostallee, Trier-Pfalzel, WormsHagenstraße und Bad Kreuznach-Bosenheimer Straße.
Zähle ich nun alle Stationen zusammen, die aus dem einen oder anderen Grund falsch stehen – häufig kommen auch mehrere Gründe zusammen –, so ergibt sich: 14 von 21 Messstationen des Landesamts für Umwelt in rheinland-pfälzischen Städten sind falsch aufgestellt und erbringen keine Messwerte, die repräsentativ für die Belastung der Bevölkerung sind. Das ist keine besonders hohe Trefferquote und lässt meiner Meinung nach nur einen Schluss zu: Das Landesamt für Umwelt wurde von dem Ehrgeiz getrieben, möglichst hohe Messwerte zu liefern.
Dabei haben sich die Fachleute offensichtlich nicht darum gekümmert, ob die Ergebnisse überhaupt die Belastung der Menschen mit Schadstoffen richtig wie
dergeben. Genau Letzteres verlangt aber die BundesImmissionsschutzverordnung. Konkret sollen die Höchstwerte gemessen werden, „denen die Bevölkerung wahrscheinlich direkt oder indirekt über einen Zeitraum ausgesetzt sein wird, der im Vergleich zum Mittelungszeitraum der betreffenden Imissionsgrenzwerte signifikant ist“.
Der Mittelungszeitraum, über den wir bei den aktuellen Stickstoffoxid-Grenzüberschreitungen reden, ist das Jahr mit 365 Tagen. Wie viel Zeit davon verbringt eigentlich zum Beispiel ein Ludwigshafener auf dem Mittelstreifen der Heinigstraße?
Die Landesregierung verteidigt nun ihre Messwerte mit ähnlichen Messwerten aus den Passivsammlern. Darum haben wir uns in unserer Großen Anfrage auch für die Standorte der Passivsammler interessiert. Siehe da: Von den 17 in Mainz eingesetzten Passivsammlern war nur ein einziger mindestens 5 m von der Fahrbahn entfernt. Die Landesregierung verteidigt also falsche Messungen der regulären Stationen mit falschen Meldungen der Passivsammler, ein klassischer Zirkelschluss.
Die Politik hätte bei dem ganzen Messunwesen schon längst korrigierend eingreifen müssen. Frau Ministerin Höfken, stattdessen beteuern Sie immer noch, dass alle Messstationen korrekt stehen. Gleichzeitig werden aber die Messstationen noch einmal unabhängig vom TÜV überprüft. Frau Höfken, so ganz glauben Sie der Sache wohl selbst nicht.
Frau Präsidentin, ich komme zum Ende. Um Fahrverbote zu vermeiden, müssen wir diese Messstationen umstellen. Das werden wir beantragen.
Ich sage es frei heraus: Man weiß beim besten Willen gar nicht mehr, was man in dieser Debatte noch Neues sagen soll. Wir haben gestern zweimal darüber gesprochen. Wir sprechen heute wieder zweimal darüber, wie in allen Debatten in den letzten Monaten auch. Ich glaube, die Position von uns als SPD hat sich seit gestern nicht verändert, die unserer Koalitionspartner auch nicht.
Ich sage es ganz ehrlich, die Argumente wurden zur Genüge ausgetauscht, und offen gestanden möchte ich keine Placebodebatte führen; denn nichts anderes ist das, was Sie gestern in Ihrer Aktuellen Debatte und hier mit der Großen Anfrage machen. Nicht die Grenzwerte sind das Übel, sondern die veralteten Fahrzeuge, die mehr Schadstoffe ausstoßen als technisch notwendig ist.
Die Lösung liegt also in zukunftsorientierten Debatten über neue Mobilitätsformen, alternative Antriebstechnologien und – wenn Verbraucherinnen und Verbraucher von Herstellern getäuscht wurden – auch in Hardwarenachrüstungen, die am Ende selbstverständlich von den Herstellern bezahlt werden müssen.
Auf dieser Basis möchten wir in Rheinland-Pfalz Mobilitätspolitik betreiben. Dabei sind die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen genauso zu berücksichtigen wie die Gesundheitsbelange und der Klima- und Umweltschutz. Was wir dabei sicher nicht brauchen, ist eine Scheindebatte, die uns vom Kern unserer Arbeit ablenkt.