Protocol of the Session on June 19, 2018

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen nun zur Abstimmung zunächst über den Änderungsantrag – Drucksache 17/8161 –. Wer diesem Änderungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Dieser Änderungsantrag wurde einstimmig angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf unter Berücksichtigung der zuvor beschlossenen Änderungen. Wer diesem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Damit ist der Gesetzentwurf einstimmig angenommen worden.

Wer dem Gesetz in der Schlussabstimmung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich von seinem Platz zu erheben. – Danke schön. Damit ist das Gesetz in der Schlussabstimmung einstimmig angenommen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, möchte ich gern auf die Debatte von heute Morgen zurückkommen. Dies war die Aktuelle Debatte, erster Teil zum Thema „DeutschFranzösische Beziehungen“. Dazu habe ich inzwischen das Protokoll vorliegen.

Herr Dr. Bollinger, ich möchte nun Ihren Zwischenruf formal rügen. Sie haben ausweislich des Protokolls gesagt: „Sie sind widerlich!“

(Abg. Michael Frisch, AfD: Was hat der Kollege gesagt? – Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Sie brauchen das hier nicht zu kommentieren. Schauen Sie in die Geschäftsordnung. Ich rüge das hiermit offiziell. Ich hatte bereits die Bitte geäußert, dass wir uns grundsätzlich parlamentarisch verhalten wollen und auch parlamentarische Ausdrücke pflegen wollen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Ist die Äußerung des Kollegen Hartenfels auch protokolliert worden?)

Sie kommentieren das jetzt hier nicht mehr!

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, freue ich mich, als Gäste Honorarkräfte aus dem Hessischen Landtag bei uns begrüßen zu dürfen. Seien Sie uns herzlich in Rheinland-Pfalz willkommen!

(Beifall im Hause)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe Punkt 12 der Tagesordnung auf:

Brexit-Übergangsgesetz Rheinland-Pfalz Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/7960 –

Erste Beratung

Zunächst begründet die Landesregierung, Herr Staatsminister Mertin, den Gesetzentwurf. Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Vor knapp zwei Jahren hat Großbritannien gegenüber der Europäischen Union erklärt, dass sie Ende März dieses Jahres aus der Europäischen Union ausscheiden wollen. Das ist eine Entscheidung, die die Landesregierung bedauert, aber mit Respekt zur Kenntnis nehmen muss.

Die Europäische Union und Großbritannien haben in den vergangenen zwei Jahren über ein Austrittsabkommen verhandelt. Ein ausverhandeltes Abkommen liegt vor. Bekanntlich ist es noch nicht in Kraft getreten. Es ist fraglich, ob es in Kraft treten wird. Das hängt letztlich von den Entscheidungen in Großbritannien ab.

Höchst vorsorglich bringt die Landesregierung diesen Gesetzentwurf ein. Das Ziel dieses Gesetzentwurfs ist, für den Fall, dass das Abkommen zustande kommt, klarzustellen, dass in der Übergangszeit, wie in dem Abkommen verabredet ist, das Landesrecht auf Großbritannien weiterhin anzuwenden ist, wie es bisher ist. Lediglich im Fall der Kommunalwahl treten Veränderungen ein, weil, wenn der Austritt und das Abkommen wirksam werden, trotzdem die Briten bei der Kommunalwahl nicht wahlberechtigt und nicht wählbar sein werden. Das steht bei diesem Gesetzentwurf alles unter dem Vorbehalt, dass das Abkommen wirksam wird.

Insofern weise ich darauf hin, dass im Gesetzentwurf auch das Datum des Zustandekommens noch nicht genannt ist. Das ist etwas, was im laufenden Verfahren im Parlament, sollte es wirksam werden, noch einzufügen ist. Das Ziel des Gesetzentwurfs ist es, für den Fall klarzustellen, dass das Abkommen zustande kommt, dass für diese Übergangszeit die Briten weiterhin zu behandeln sind wie vorher mit Ausnahme der Kommunalwahl. Somit kann niemand auf die Idee kommen, wir hätten das Abkommen nicht in rheinland-pfälzisches Landesrecht überführt.

So weit zur Begründung der Landesregierung.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Ralf Seekatz.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wie bereits vom Minister angesprochen, beraten wir in ersten Lesung das Brexit-Übergangsgesetz, welches zum Ziel hat, für den Übergangszeitraum Rechtsklarheit bezüglich der Bestimmungen im Landesrecht herzustellen.

Fraglich ist überhaupt, ob ein solches Abkommen zustande kommen wird. Die aktuelle Entwicklung vom vergangenen Dienstag hat leider nicht viel zur Klärung im Brexit-Chaos beigetragen. Fakt ist jedoch, dass im Falle eines ungeordneten oder eines sogenannten harten Brexits starke Verwerfungen im Handel zu befürchten sind. Deutschland und Rheinland-Pfalz haben aufgrund der engen wirtschaftlichen Verflechtungen mit dem Vereinigten Königreich ein großes Interesse daran, dass die am schlimmsten zu erwartenden Verwerfungen abgepuffert werden.

Wenn man bedenkt, dass wir allein aus Rheinland-Pfalz im Jahr 2017 für rund 3,5 Milliarden Euro Waren nach Großbritannien exportiert haben, so ist dies schon eine mächtige Zahl. Große Unternehmen wie Boehringer und BASF haben entsprechende Vorbereitungen getroffen. Aber auch bei diesen Unternehmen ist die Verunsicherung recht groß.

Dass jedoch bei uns überwiegend auch der Mittelstand betroffen sein wird, steht außer Frage. Diese Unternehmen haben nicht die Möglichkeit wie die Großindustrie, intensive Vorsorge zu treffen. Dennoch brauchen auch diese mittelständischen Unternehmen, das Rückgrat unserer Wirtschaft in Rheinland-Pfalz, Planungssicherheit. Daher stellt sich unabhängig von dem vorliegenden Gesetz für uns die Frage: Was unternimmt die Landesregierung in diesem Zusammenhang? Wie gehen Sie auf die betroffenen Unternehmen zu? Gibt es konkrete Hilfestellungen? Wenn das so ist, an wen können sich die Unternehmen wenden? Welche Konsequenzen sind für unsere Wirtschaft zu erwarten? Das sind Fragen, die sicherlich noch zu klären sind.

In der Rhein-Zeitung vom 14. Januar konnte man ausführlich in einem Artikel die Verunsicherung der rheinlandpfälzischen Wirtschaft erkennen. Wenn die IHK darüber berichtet, dass einige Branchen in Rheinland-Pfalz stark unter dem Brexit leiden würden, so liegt es auf der Hand, dass die finanziellen Belastungen durch Exportwaren und den damit verbundenen Zöllen enorm sein werden. Wenn Produktionswege unterbrochen werden, weil Vorprodukte aus Großbritannien kommen, dann wird dies bei vielen mittelständischen Unternehmen zu erheblichen Problemen führen.

Boehringer baut Arzneimittelreserven in Großbritannien auf. Es wird darüber diskutiert, ob britische Fluglinien noch Flüge in die EU anbieten dürfen. Ob der Mini von BMW in Großbritannien reibungslos gebaut werden kann, wenn die Zulieferteile aus der EU nicht mehr geliefert werden können, steht ebenfalls zur Disposition.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, diese Aufzählung zeigt, welche katastrophalen Auswirkungen ein ungeregelter Brexit mit sich bringen wird. Umso mehr ist es unsere Pflicht, gerade in diesen Zeiten auf die Vorzüge der EU hinzuweisen und sie nicht, wie in England leider geschehen ist, den Menschen als Schreckgespenst zu verkaufen, welches angeblich nur Nachteile für das eigene Land bringen wird.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Bleibt zu hoffen, dass zumindest der harte Brexit abgewendet werden kann.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU)

Für die Fraktion der SPD spricht Frau Kollegin Scharfenberger.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In den letzten Jahren gab es sicherlich keine Plenardebatten, die so viel internationale Aufmerksamkeit erhalten haben, wie die momentanen Debatten im englischen Unterhaus zur Regelung des Brexit. 57 Tage bevor die Mitgliedschaft von Großbritannien in der EU endet, sind alle Klarheiten beseitigt. Das zeigt auch die Debatte von vorgestern.

Meine Damen und Herren, die Verhandlungen über die Modalitäten des Ausstiegs sind in einer Sackgasse, auch durch die andauernde Selbstblockade des britischen Parlaments. Leider wurde bei der Debatte zum Referendum, in der der Ausstieg aus der EU von konservativen und rechten Gruppierungen sehr populistisch gefordert wurde, vergessen, die folgende Frage zu beantworten: How to brexit?

Das momentan vorliegende und mit der EU verhandelte Austrittsabkommen versucht, die zukünftigen Beziehungen zu regeln. Es geht um Bürgerrechte. Es leben immerhin drei Millionen Menschen aus der EU in England. Eine Million Briten leben in der EU. Es geht um Finanzstrukturen. Hier ist ein Rechenmodus verhandelt worden. Es geht vor allem auch um die Backstop-Strategie zur Vermeidung einer harten Grenze zu Irland. Dieses Sicherheitsnetz sieht vor, dass Großbritannien in der Zollunion der EU und Nordirland zusätzlich im Europäischen Binnenmarkt bleibt.

Gegenstand des Abkommens ist es, in einer Übergangszeit ein Freihandelsabkommen mit dem Ziel zu verhandeln, einen fairen Wettbewerb ohne Zölle, Abgaben und Gebühren zu erreichen. Zusätzliche Vereinbarungen für einzelne Sektoren wie Luftfahrt, Energie, Fischerei oder Verteidigung müssen ebenfalls folgen.

Meine Damen und Herren, das ist das Szenario, auf das wir immer noch hoffen. Hier setzt das vorliegende rheinlandpfälzische Übergangsgesetz an. Im Falle eines geordneten Brexits, also mit Austrittsabkommen, werden durch die in diesem Abkommen festgelegte Übergangsphase bis 2020 viele Tatbestände automatisch aufgefangen. Nur das Thema „Kommunalwahlrecht“ von britischen Staatsbürgerinnen und -bürgern ist betroffen, da die Kommunalwahl zeitgleich mit der Europawahl stattfindet.

Die Wahlberechtigung und die Wählbarkeit müssen direkt mit dem Austritt, also am 29. März 2019, enden. Im Fall eines geregelten Brexits greift das vorliegende Gesetz und legt fest, dass mit der eben erwähnten Ausnahme während der Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020 Großbritannien so behandelt wird, als wäre es noch Teil der EU. Insofern ist das vorliegende Gesetz ein Vorsorgegesetz.

Leider haben wir immer noch keine Klarheit und dadurch eine enorme Verunsicherung. Es steht immer noch der harte Brexit – No-Deal-Brexit – im Raum, der das schlechteste aller möglichen Szenarien darstellt.

Die Folgen sind nicht abschließend abzuschätzen. Deshalb ist es wichtig, mögliche Probleme zu überprüfen und Lösungen aufzuzeigen. Hier leistet die Arbeitsgruppe der Landesregierung „Brexit Preparedness“ auf Abteilungsleiterebene eine wertvolle Arbeit, um Vorkehrungen zu treffen, wenn es doch zum harten Bruch käme. Hier wird auch mit den Kammern und den IHKs zusammengearbeitet.

Ein besonders betroffener Bereich neben vielen anderen wird sicherlich unsere Wirtschaft sein, um nur ein Beispiel zu nennen. Es herrscht große Unsicherheit bei unseren Wirtschaftsunternehmen. Es geht um Fragen der Zollanmeldung, der Zollabfertigung und damit zusammenhängend der möglichen Unterbrechung von Liefer- und Produktionsketten. Es geht um den Austausch von Fachund Führungskräften. Es geht um die Entsendung von Mitarbeitern. Es geht um Schutzrechte wie Markenrechte, Designrechte, Patente, und es geht um steuerliche Konsequenzen.

Am Beispiel der BASF will ich aufführen, die BASF hat neun Produktionsstandorte und vier weitere Standorte in Großbritannien. Chemische Lieferketten sind sehr komplex. Bei vielen Produkten ist man auf einen reibungslosen Ablauf angewiesen, auf den sich Lieferanten und Partner einstellen müssen. Das ist ähnlich wie bei Zahnrädchen, die ineinandergreifen: Wenn es an einer Stelle hakt, dann fliegt das ganze System auseinander.

Die BASF rechnet für die Loslösung von Großbritannien mit Mehrkosten von 60 bis 70 Millionen Euro. Ähnliche Probleme hat auch Boehringer. Das hat mein Vorredner schon angesprochen. So werden im Moment für viele Bereiche Notfallpläne aufgestellt, von denen wir hoffen, dass wir sie nicht einsetzen müssen.

Meine Damen und Herren, es fehlt eine klare Perspektive vonseiten der Briten. Immer wieder von der EU weitere Nachverhandlungen zu fordern, ohne sich selbst klar zu sein, was man eigentlich will, ist nicht zielführend. Solange es im englischen Parlament keine Mehrheit für die eine oder andere Austrittsvariante gibt,

(Glocke der Präsidentin)

läuft es nach der Gesetzeslage auf einen No-Deal hinaus. Das sollten wir alle vermeiden. Es bleibt nicht mehr viel Zeit.