Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, Ihnen ist die gemeinsame Haltung der Länder bekannt. Mit Ihrem Antrag wollen Sie nun, dass Rheinland-Pfalz vorprescht und das verabredete solidarische Vorgehen der Länder aufkündigt.
Ich würde gern von Ihnen, Herr Henter und liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, wissen, was Sie denn bisher unternommen haben, um auf die CDU-geführten Landesregierungen, die genauso wie alle anderen Landesregierungen für das Abwarten sind
Mit wem haben Sie geredet? Warum ist es Ihnen bis heute nicht gelungen, zumindest die CDU-Seite zu überzeugen? – Meine Damen und Herren, das würde Ihren Antrag glaubwürdiger erscheinen lassen.
Mit diesem Antrag erhaschen Sie – das mag sein – etwas Beifall. Sie helfen den Betreuerinnen und Betreuern in der Sache aber nicht.
Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab. Mit unserem Alternativantrag bekennen wir uns ausdrücklich zu einer besseren Unterstützung der Betreuerinnen und Betreuer. Wir erwarten daher von der Landesregierung, dass nach Vorlage der Gutachten eine schnelle, umgehende Befassung und Entscheidungsfindung erfolgt, auf deren Basis die Betreuerinnen und Betreuer sowohl fachlich, organisatorisch als auch finanziell eine wirkliche Unterstützung erfahren.
(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Heiko, wunderbar!)
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren Abgeordnete und Regierungsvertreter! Am 18. Mai 2017 hat der Bundestag im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung unter anderem die überfällige Erhöhung der seit 2005 unveränderten Vergütungssätze für Berufsbetreuer um 15 % beschlossen. Der Bundesrat hat – wie bereits gehört – seine Entscheidung vertagt. Erfolgt dessen Zustimmung nicht umgehend, ist mit einer weiteren, nicht unerheblichen Verzögerung des Gesetzgebungsverfahrens zu rechnen.
Der Bundesverband der Berufsbetreuer/innen e. V. hat jedoch bereits mit Schreiben vom 8. Juni 2017 auf die Folgen einer solchen Verzögerung hingewiesen. Der Berufsstand der Berufsbetreuer wird zusehends unattraktiver und überaltert, die Betreuungsqualität sinkt, und mittelfristig müssen unter Umständen Behördenbetreuer die Berufsbetreuer ersetzen, was vor allem die Kassen der ohnehin gebeutelten Kommunen belasten würde. Zudem wird den Betreuungsvereinen mittelfristig die finanzielle Basis entzogen.
In Ihrer Antwort auf meine Kleine Anfrage vom 20. Juni 2017 führt die Landesregierung am 7. Juli 2017 aus, dass
es aus Ihrer Sicht zwei wesentliche Gründe gibt, dem Gesetzentwurf im Bundesrat nicht zuzustimmen: erstens die Verknüpfung zweier Themen im Gesetzentwurf, nämlich die Rechte der Ehe- und Lebenspartner im Betreuungsfall und die Erhöhung der Vergütung sowie zweitens der Mangel an einer tragfähigen Entscheidungsgrundlage durch das Fehlen abschließender Berichte zweier Forschungsvorhaben des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz.
Dieser Auffassung können wir als AfD-Fraktion vor dem Hintergrund der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags nicht folgen. So besteht bei beiden angesprochenen Themen, also Rechte der Ehe- und Lebenspartner und Vergütungshöhe, umgehender Regelungsbedarf. Zudem hat der Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Deutschen Bundestags ausdrücklich darauf hingewiesen, dass das laufende Forschungsvorhaben zum Thema Qualität der rechtlichen Betreuung das Pauschalvergütungssystem für Berufsbetreuer umfassend insbesondere daraufhin evaluiert, ob die gesetzlich festgelegten pauschalierten Stundenansätze die Realität abbilden und die richtigen Anreize für eine gute Betreuung im Sinne des deutschen Betreuungsrechts und der UN-Behindertenrechtskonvention bieten.
Auf der Grundlage der dann vorliegenden Forschungsergebnisse wird in der kommenden Legislaturperiode des Bundestags eingehend zu prüfen sein, ob das geltende Pauschalvergütungssystem beibehalten oder durch ein alternatives System ersetzt werden soll. Eine solche Entscheidung steht aber unabhängig von der Tatsache, dass im bestehenden System der pauschalen Vergütung in den letzten zwölf Jahren lediglich eine Mehrung von bis zu 14 % durch den Wegfall der Umsatzsteuer erfolgt ist. Zudem weist der zweite Zwischenbericht des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik bereits darauf hin, dass der Betreuungsaufwand die pauschalierten Stunden weit überschreitet.
Schon jetzt führen Berufsbetreuer durchschnittlich 39 Betreuungen durch, wobei 45 % der Berufsbetreuer sogar mehr als 40 Betreuungen und 17 % mehr als 55 Betreuungen handhaben. Dies geht im Ergebnis zulasten der persönlichen Betreuung der Betroffenen. Vor diesem Hintergrund halten wir eine Anpassung für sachdienlich und sehen keinen Anlass für weitere Verzögerungen. Die AfDFraktion kann daher die zögerliche Haltung der Landesregierungen nicht nachvollziehen und fordert diese hiermit auf, dem Gesetzentwurf des Bundestags und seiner Behandlung im Bundesrat umgehend zuzustimmen. Wir stimmen dem Antrag der CDU zu.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Absicht der Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion ist leicht zu durchschauen. Sie wollen kurz vor der Bundestagswahl bei Wählerinnen und Wählern aus dem Kreis der Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer auf Stimmenfang gehen. Vor allem deshalb haben Sie den Antrag für das heutige Landtagsplenum gestellt.
Wer das Thema über die letzten Wochen und Monate verfolgt hat, weiß, mit der Vergütung der Berufsbetreuer und einer Vergütungserhöhung haben wir uns bereits im Rechtsausschuss befasst. Auf Kleine Anfragen der Kollegen Brandl und Dr. Böhme haben wir bereits ausführlich Antworten und Erläuterungen des Justizministeriums erhalten. Es gibt seit der Absetzung des Gesetzes zur Verbesserung der Beistandsmöglichkeiten unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung von der Tagesordnung der 959. Sitzung des Bundesrats keinen neuen Sachstand in dieser Sache, sondern nur den Umstand, dass die Bundestagswahl unmittelbar bevorsteht.
Gern aber halte ich hier für Sie noch einmal fest, es ist völlig selbstverständlich und unstrittig, dass Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer für ihre verantwortungsvolle Aufgabe eine angemessene Vergütung erhalten müssen. Dies steht außerhalb jeglicher parteipolitischer Diskussion. Unstreitig ist aber außerdem, dass eine pauschale Erhöhung der Vergütung mit der Gießkanne nicht zwangsläufig auch die Qualität der Betreuung verbessert. Oder wollen Sie das ernsthaft bestreiten? Genau deshalb herrscht jenseits aller parteipolitischen Grenzen Einigkeit bei allen 16 Landesjustizverwaltungen. Eine Entscheidung in dieser für unsere Gesellschaft wichtigen Angelegenheit erfordert zuvor eine sorgfältige Prüfung der Sachlage.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir leben in einer alternden Gesellschaft. Der Anteil älterer Menschen steigt stetig. Auch wir werden älter, und manch einer unter uns wird früher oder später eine Betreuung benötigen. Den Betreuerinnen und Betreuern obliegt eine besondere gesellschaftliche Verantwortung. Deshalb möchte ich, wie zuvor auch mein Kollege Herr Sippel
ja genau, vielen Dank –, die Gelegenheit nutzen, um allen Betreuerinnen und Betreuern für ihr Engagement und ihren wichtigen Beitrag für unsere Gesellschaft herzlich zu danken.
Meine Damen und Herren, gerade weil ihr Beitrag so wichtig ist, ist auch die Qualität der Betreuung von besonderer Bedeutung, vor allem auch deshalb, da eine Vielzahl derjenigen, die betreut werden, häufig nicht in der Lage ist, selbstständig und selbstbestimmt die Stimme zu erheben. Deshalb muss das Kriterium Qualität zwingend bei der Bemessung der Vergütung für eine professionelle Betreuung eine Rolle spielen.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat in diesem Zusammenhang zwei Forschungsvorhaben in Auftrag gegeben. Es handelt sich um die Forschungsvorhaben „Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis“ und „Qualität der Betreuung“. Beide stehen kurz vor dem Abschluss. Mit einer Veröffentlichung vor allen Dingen dieses Schlussberichts ist – wir haben es vorhin gehört – noch im Spätherbst zu rechnen.
Die Landesregierung wird sie auswerten, bewerten und die notwendigen Schlüsse ziehen. Ich bin zuversichtlich, dass sie eine passende Lösung finden wird, die Betreuerinnen und Betreuern wie auch Betreuten gerecht werden wird.
Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDUFraktion, wird diese Vorgehensweise nicht beeinflussen. Deshalb halten wir hier nochmals fest, es geht Ihnen weniger um die Sache der Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer, noch weniger um die Situation der Betreuten, sondern in erster Linie um das Stimmverhalten der Wählerinnen und Wähler am kommenden Sonntag.
(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Abg. Martin Haller, SPD: Genau so ist es, Thomas!)
Es ist gut und richtig, dass sich die Landesregierung hiervon nicht treiben lässt, sondern zum passenden Zeitpunkt die in der Sache richtige Entscheidung treffen wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Bei der Erhöhung der Vergütung der Berufsbetreuerinnen und Berufsbetreuer handelt es sich um ein zustimmungspflichtiges Gesetz, das der Bundestag beschlossen hat und somit im Bundesrat seine Zustimmung bräuchte. Der Rechtsausschuss des Bundesrats hat dieses aber mit 16 : 0 Stimmen aller Justizministerinnen und Justizminister von der Tagesordnung genommen – also auch mit Unterstützung der CDU-geführten Landesregierungen – und wiederholt vertagt, weil noch keine Ergebnisse der beiden vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenen Forschungsvorhaben vorliegen. Das wurde hier schon mehrfach erläutert.
Auch meine Fraktion ist der Meinung, dass diese Ergebnisse abgewartet werden müssen. Bei den Projekten handelt es sich um das Forschungsvorhaben zur Umsetzung des Erforderlichkeitsgrundsatzes in der betreuungsrechtlichen Praxis, und bei dem anderen Projekt geht es um die rechtstatsächliche Untersuchung zur Qualität der Betreuung. Beide Forschungsvorhaben werden valide Ergebnisse
liefern, die eine ganzheitliche politische Befassung vor dem Hintergrund einer weiteren Verbesserung von Struktur und Qualität der Betreuung insgesamt ermöglichen.
Selbstverständlich nur auf Grundlage einer solchen validen Faktenbasis kann eine zweckmäßige Entscheidung getroffen werden. Wir wollen hier keine Schnellschüsse, wie sie die CDU-Fraktion beantragt hat.
Ihr Antrag greift zu kurz, weil er sich nur einseitig auf die Erhöhung der Betreuervergütung bezieht und weitere maßgebliche Aspekte des bestehenden Vergütungssystems außer Acht lässt.
Eine Prüfung in Bezug auf die Qualität und Struktur des bestehenden Systems sowie die Frage der Vergütung kann sinnvollerweise erst dann erfolgen, wenn die entsprechenden Erkenntnisse vorliegen. Daher besteht zum jetzigen Zeitpunkt kein Anlass für solche Sofortmaßnahmen.
Wie derzeit mit dem Thema Betreuervergütung umgegangen wird, hängt maßgeblich von der politischen Rolle der jeweiligen Fraktion ab. Es ist keine Frage der politischen Couleur. Sämtliche Oppositionsfraktionen instrumentalisieren derzeit dieses Thema und damit auch die Berufsbetreuerinnen und -betreuer. Das ist sehr durchsichtig. Das ist bedauerlich, weil es der Bedeutung des Themas nicht gerecht wird.
So einen Umgang haben die Berufsbetreuerinnen und -betreuer nicht verdient. Vielmehr gilt ihnen unser Dank.