Protocol of the Session on August 28, 2020

Für die Landesregierung erteilte ich Staatsminister Lewentz das Wort.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zur Erhöhung der Attraktivität des Polizeiberufs gibt es seit Langem die Forderung nach der Einführung einer Freien Heilfürsorge für alle rheinland-pfälzischen Polizeibeamtinnen und -beamten.

Die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag auf die Prüfung der Einführung einer Freien Heilfürsorge im Polizeibereich geeinigt, die neben der Klärung der finanziellen Effekte für den Landeshaushalt auch die Auswirkungen auf die Gesundheitslandschaft vor allem bei den Polizisten berücksichtigen soll.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Das ist jetzt vier Jahre her!)

Auf dieser Basis wurde der Rechnungshof durch die Landesregierung um eine vergleichende Betrachtung von Beihilfe

und Heilfürsorge für Polizeibeamte und um Bewertung der finanziellen Auswirkungen einer möglichen Systemumstellung für den Landeshaushalt gebeten. Aus der beratenden Äußerung des Landesrechnungshofs vom September vergangenen Jahres geht hervor, dass sich im Vergleich zur Beihilfe Mehrkosten in Höhe von zum heutigen Zeitpunkt bis zu 6,3 Millionen Euro ergeben würden. Werden noch die Kosten für die Altfälle beim Polizeipräsidium Einsatz, Logistik und Technik (PP ELT) berücksichtigt, müsse man von 7,1 Millionen Euro ausgehen.

Dabei ist zur Kenntnis zu nehmen, dass für diese vergleichende Betrachtung lediglich 80 % der Beihilfefälle des Referenzjahrs herangezogen wurden. Das heißt, diese 7,1 Millionen Euro sind unterm Strich noch nicht einmal die endgültigen Kosten.

Auch bei einer umfassenden Einführung der Heilfürsorge muss der finanzielle Aufwand des Landes mit Blick auf die Gesamtorganisation und die politische Gesamtverantwortung vertretbar bleiben. Ein großes Anliegen der Landesregierung ist es, im Sinne der Gesundheit der Beamtinnen und Beamten insbesondere für diesen Personenkreis ein gutes, möglichst risikofreies Produkt mit einer durchdachten Finanzierung zu erarbeiten. Deshalb wurde ein Arbeitsstab „Heilfürsorge“ aus Vertretern des Innenministeriums, der Polizeibehörden sowie Vertreterinnen und Vertretern des Hauptpersonalrats gebildet.

Ich glaube, insbesondere die regierungstragenden Fraktionen – aber ich habe es auch von den anderen Kolleginnen und Kollegen gehört – sind sich einig, es muss klar sein: Welche medizinischen Leistungen sollen von dieser Heilfürsorge abgedeckt sein? Welche Kosten werden für die Polizeibeamtinnen und -beamten entstehen? Soll die Möglichkeit eingeräumt werden, zwischen den Systemen zu wechseln? Das sind Fragen, die am Ende Kostenstrukturen und Verlässlichkeiten entscheidend mitprägen.

Nach unserer Auffassung sollte nur ein solches Heilfürsorgemodell umgesetzt werden, das zwar den Landeshaushalt nicht zusätzlich belastet, aber gleichzeitig einen Mehrwert für die Polizeibeamtinnen und -beamten darstellt. Die Gestaltung eines solchen Modells ist jedoch komplexer als oft dargestellt. Dies zeigt sich schon daran, dass sich heute schon die in anderen Bundesländern existierenden Modelle beim Eigenanteil und dem Umfang der Leistungskataloge deutlich unterscheiden. Auch die Frage, was nach der Pensionierung geschieht, wird oft ausgeblendet. Die zusätzlichen Kosten für jede Einzelne und jeden Einzelnen, die durch eine volle Anwartschaft entstehen würden, müssen ebenfalls bei der Bewertung berücksichtigt werden.

Lassen Sie mich abschließend kurz auf die Forderung eingehen, die Heilfürsorge auch auf hauptamtliche Feuerwehrleute und Justizvollzugsbeamtinnen und -beamte zu erstrecken. Diese Frage kann nach Auffassung der Landesregierung erst dann geklärt werden, wenn feststeht, ob ein Heilfürsorgemodell gefunden werden kann, das trotz seiner Kostenneutralität von der großen Mehrheit der Polizeibeamtinnen und -beamten als attraktiv empfunden

wird und eine hervorragende medizinische Versorgung weiterhin gewährleistet. Mit anderen Worten, erst wenn wir wissen, wie ein Heilfürsorgemodell nach seiner Einführung angenommen wird, macht es Sinn, sich mit der möglichen Erstreckung auf andere Berufsgruppen zu beschäftigen.

Ich finde, der Weg, mit dem Hauptpersonalrat, also mit den Vertreterinnen und Vertretern unserer Polizeibeamtinnen und -beamten, sowie den Expertinnen und Experten dies alles zu erarbeiten, ist der richtige. Wir wollen, wenn es möglich ist – die Kriterien habe ich genannt –, ein solches Modell einführen, weil es der einzelnen Beamtin, dem einzelnen Beamten auch finanzielle Vorteile bringen kann. Das halten wir für richtig. Es muss aber in der gesamten Fragestellung so sein, dass wir nicht am Schluss Verantwortung dafür haben, ein neues System eingeführt zu haben, welches sich nach einiger Zeit als für den Einzelnen, für die Einzelne nachteilig erweist. Deswegen ist es ein etwas längerer Prozess.

Wir sind dem Rechnungshof dankbar für die Ergebnisse, die er uns zugeleitet hat; sie fließen in die Berechnungsmodelle mit ein. Das ist im Moment der Sachstand, den ich berichten kann. Für ernsthafte Gespräche würde schon die Personalvertretung sorgen. Diese sollen zielführend sein. Am Ende muss das Ergebnis stimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und FDP)

Zu einer Kurzintervention auf die Ausführungen von Staatsminister Lewentz hat der Abgeordnete Junge das Wort.

Herr Minister, ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie die Diskussion um diese, wie ich meine, richtige und wichtige Frage versachlicht und den Sachstand noch einmal dargestellt haben.

Ich beabsichtige mit diesem Antrag in erster Linie, den Koalitionsvertrag, der diese Frage aufwirft, zu verdeutlichen und daran zu erinnern. Es ist wichtig für unsere Beamten, sich mit Blick auf ihre Krankheits- und Gesundheitsversorgung gerade dann, wenn sie täglich Gefahren ausgesetzt sind, keine Gedanken darüber machen zu müssen, ob sie sich ihre Krankenversorgung leisten können. Dass es geprüft und gegengerechnet werden muss, ist eine Selbstverständlichkeit. Deshalb gibt es meine Bitte, dass wir im Innenausschuss darüber noch einmal beraten.

Ich muss allerdings auch sagen, mich wundert schon, dass für Sie in der Argumentation die Kostenfrage von 6 Millionen Euro so im Vordergrund steht, gerade wenn ich mir den Haushalt anschaue und sehe, welche gewaltigen Ausgaben wir in anderen Bereichen machen. Ich will keine besonderen ansprechen. Es sollte für die Gesundheitsversorgung unserer Beamten möglich sein, dass wir ernsthaft darüber

nachdenken. Auf die beiden anderen Beiträge möchte ich nicht eingehen. Es tut mir leid, das war wieder reiner Populismus.

(Beifall der AfD)

Zur Erwiderung erteile ich Staatsminister Lewentz das Wort.

Ich will noch einmal betonen – nicht, dass hier ein falscher Eindruck entsteht –, unsere Beamtinnen und Beamten, damit auch die Polizeibeamtinnen und -beamten, arbeiten in einem hervorragenden System der Beihilfe. Viele Menschen draußen wären froh, Teil des Beihilfesystems zu sein.

(Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Ich glaube, das darf man an der Stelle ausdrücklich betonen.

Ich sage noch einmal: 7 Millionen Euro sind auch für den rheinland-pfälzischen Landeshaushalt viel Geld. Deswegen muss das sehr genau untersucht werden. Wir müssen einen Weg finden, so wie ich ihn eben aufgezeigt habe.

(Beifall bei SPD und FDP – Zuruf des Abg. Uwe Junge, AfD)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. – Herr Abgeordneter Junge, wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie die Überweisung an den Innenausschuss beantragt.

(Zuruf von der AfD)

Es wird vorgeschlagen, den Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/12771 – an den Innenausschuss zu überweisen. Wer der Überweisung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke schön. Wer stimmt dagegen? – Damit ist die beantragte Überweisung an den Innenausschuss mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

(Zuruf des Abg. Dirk Herber, CDU)

Wer dem Antrag der Fraktion der AfD – Drucksache 17/12771 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Wer stimmt dagegen – Stimmenhaltungen? – Der Antrag ist mit den Stimmen der SPD, der CDU, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der AfD abgelehnt.

Ich rufe Punkt 28 der Tagesordnung auf:

Sicherheit geht vor – Stehplätze in Schulbussen dauerhaft reduzieren

Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 17/12775 –

dazu: Starke Unterstützung für unsere Kommunen – 250 zusätzliche Busse für die Schülerbeförderung in Zeiten von Corona Antrag (Alternativantrag) der Fraktionen der SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Drucksache 17/12844 –

Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich erteile dem Abgeordneten Weiner das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Aufgabe des Landes ist es, die Regeln für die Schülerbeförderung zu machen und dafür das Geld bereitzustellen.

(Abg. Benedikt Oster, SPD: Falsch!)

Aufgabe der Landkreise ist es, mit dem zur Verfügung stehenden Geld im Rahmen der von der Regierung vorgegebenen Regeln die Schulbusse zu organisieren.

(Abg. Benedikt Oster, SPD: Das ist falsch!)

Solange, wie die Landesregierung und wie Sie von der Ampelkoalition Stehplätze für unproblematisch halten, sind Sie verantwortlich für die Missstände, die bei Stehplätzen entstehen.

(Beifall der CDU)

Die Sicherheit geht für uns vor, aber das Geld spielt eine Rolle. So schreibt der Landkreistag gestern in seiner Pressemitteilung, dass das Land immer weniger seiner finanziellen Verantwortung gerecht wird, von wegen Konnexität. Die Regierung drückt sich inzwischen vor mehr als 25 % der Kosten.

Die Landkreise hätten überhaupt keine Einwände, wenn die Landesregierung schrittweise verordnen würde, dass mehr Busse fahren müssen, damit alle Schüler einen Sitzplatz bekommen; denn wenn das Land das vorschreibt, müsste das Land auch das Geld dafür geben.

(Beifall bei der CDU)

Genau darum geht es. Davor drücken Sie sich. Sie drücken sich davor seit vielen Jahren. Sie haben der Sicherheit der Kinder in den Schulbussen jahrelang den Nachrang gegeben gegenüber den Ersparnissen durch Stehplätze.

Es ist grotesk. Während seit 20 Jahren für die Eltern vorgeschrieben ist, Kinder nur auf Kindersitzen und gut angeschnallt zu transportieren, werden Schüler bei Tempo 100 stehend in Bussen transportiert. Die Kinder sind beim Bremsen und in den Kurven den Gesetzen der Physik schutzlos ausgeliefert.

(Zuruf des Abg. Steven Wink, FDP)

Ich nenne dazu ein Beispiel. Ich hatte am Dienstag ein Bürgergespräch in Minfeld bei Kandel. Mir berichtete eine Einwohnerin, dass ihr 12-jähriger Sohn zum Gymnasium nach Wörth fährt. Wenn der Bus in Minfeld ankomme, sei er aber schon so voll, dass die Kinder an manchen Tagen regelrecht hineingedrückt werden müssten, damit der Fahrer den Sperrbügel zum Einrasten bringen könne.