Protocol of the Session on June 25, 2009

Fragen über Fragen. Es wird mittlerweile in dem Bereich der Medienbranche sehr heftig über das Thema „Menschenwürde“ und die Frage, ob Menschenwürde und das Argument der Freiwilligkeit als Rechtfertigung für eine uneingeschränkte Benutzung von Menschen im Programm zugelassen werden, diskutiert. Diese Frage wird diskutiert. Ich könnte jetzt das eine oder andere Format nennen, bei dem genau aufgrund dieser Grundstruktur Menschen als Opfer, als schwache Menschen in der Gesellschaft missbraucht werden.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt wären wir eigentlich schon mittendrin in der Diskussion, warum eine solche Enquete-Kommission notwendig ist. Kann eine Enquete-Kommission überhaupt diese vielen Fragen beantworten? – Ich glaube kaum, dass sie das kann. Aber eine Enquete-Kommission des Landtags kann der Öffentlichkeit verdeutlichen, dass wir den notwendigen Gesprächsfaden aufnehmen und nicht vor einer Gesellschaft kapitulieren, deren neue Strukturen auf der allgegenwärtigen Präsenz von Medien beruhen, bei der die ständige Erreichbarkeit von Menschen zur Selbstverständlichkeit geworden ist, bei der die Hierarchie von Wissenskompetenz erstmals in der Geschichte von Menschen zumindest theoretisch aufgelöst werden soll.

(Beifall bei der SPD)

All dies – es wäre vielleicht ganz bequem – wird nicht von irgendwo gesteuert. Da ist nicht „Big Brother is watching you“, sondern es sind überall Menschen, die bewusst oder unbewusst dabei sind, diese neuen Strukturen zu schaffen, zu verändern und neue Strukturen aufzubauen. Jeder, der sich mit diesen neuen Medien einlässt, ist Mitgestalter dieser neuen Medienwelt. Deswegen geht eine solche Kommission eine Menge von Menschen an, die sich damit auseinandersetzen sollte.

Die Enquete-Kommission hat sich eine komplexe Aufgabenstellung gestellt. Sie soll einen Überblick über den aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand zum Themenkomplex „Medienverantwortung und Medienforschung“ geben, einen Überblick von Medienkompetenz und Medienverantwortung speziell auf Rheinland-Pfalz bezogen darstellen sowie sich der Konvergenz der Medien und damit dem veränderten Nutzungsverhalten annehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es findet sich Platz für die Diskussion zum Thema „Gewalt in Medien, Jugendmedienschutz, Suchtproblematik, Wirkungsweise von Medien auf die Lebenswirklichkeiten in unterschiedlichen Gruppen“, aber auch ziemlich aktuell das Thema „Wer trägt die Medienverantwortung bei Communities, Computern und Videospielen, Internet und anderen autovisuellen Medien?“ Schließlich stehlen wir uns nicht aus der Verantwortung für diese neue Zeit. Ich glaube, als Politiker haben wir kein Recht, dies zu tun.

Die Verantwortung von Politik und des Gesetzgebers werden auf dem Prüfstand stehen, aber auch die Verantwortung und die Aufgaben von Eltern, schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen der Medienwirtschaft und anderen Veranstaltern. Auch die Verantwortung und die Aufgaben im Bereich der Medienethik werden auf den Prüfstand gestellt werden.

Meine Damen und Herren, wenn Sie in der letzten Zeit die Presse etwas verfolgt haben, werden Sie gemerkt haben, dass seit der Thematisierung dieser Fragestellungen sich wieder unglaublich viel ereignet hat. Wir haben heute Morgen über „Google Street View“ diskutiert. Das ist ein klassisches Beispiel, wie die Mediennutzung das Verhalten verändert und wie das Thema „Datenschutz“ eine besondere Bedeutung bekommt.

Ich bin den Fraktionen der CDU und der FDP außerordentlich dankbar, dass sie beide den Ergänzungsantrag mit formuliert und unterschrieben haben, dass wir uns auch mit dem Thema „Datenschutz“ in besonderer Art und Weise beschäftigen, weil wir darunter zum Beispiel Themen finden wie „Internetmobbing“ und andere Themen.

Ganz aktuell müsste man sicherlich noch auf die größte Online-Petition im Netz eingehen. Ich zitiere mit Genehmigung der Präsidentin aus der „ZEIT“ vom 28. Mai: Im Internet tobt ein Proteststurm gegen „Zensur-Ursula von der Leyen“, weil sie Pornoseiten sperren lassen und damit vermeintlich die Freiheit des Internets einschränken will. – Ende des Zitats.

Meine Damen und Herren, jetzt schon meine persönliche Position dazu. Ich glaube, das Internet ist kein rechtsfreier Raum.

(Beifall der SPD und der Abg. Frau Thelen, CDU)

Auch hier muss rechtswidriges Verhalten strafrechtlich und zivilrechtlich verfolgt werden.

Andererseits habe ich Verständnis dafür, dass viele Bürgerinnen und Bürger Angst haben, dass mit dem Sperrlistengesetz ein Zensurmechanismus errichtet werden kann, der ohne Schwierigkeiten ausgeweitet wird. Die Forderungen nach Ausdehnung von Netzsperren im Netz sind mittlerweile schon in vielen Bereichen vorhanden.

Diesmal würde ich gerne die „Süddeutsche Zeitung“ zitieren: „Beim Kampf gegen die Internetsperren stellen Blogger, Twitter-Benutzer und Forenbetreiber ihr Können als Gegenöffentlichkeit erstmals … erfolgreich unter Beweis.“

Ich erwähne nur, bei dieser Online-Petition gab es über 148.000 Männer und Frauen, die Widerspruch erhoben, sich beteiligt haben.

Meine Damen und Herren, das heißt, wir stehen vor einer vollkommen neuen Veränderung des Gebrauchs von neuen Medien.

Plötzlich schier aus dem Nichts ist in Zeitungsartikeln, in Diskussionsforen und Postings im Web eine Debatte entbrannt, die notwendig und überfällig ist, eine Debatte über die Freiheit im Netz und ihre Grenzen.

(Beifall der SPD – Harald Schweitzer, SPD: Sehr gut!)

Wir hier in Rheinland-Pfalz wollen unseren Beitrag dazu leisten. Wir setzen unseren Schwerpunkt allerdings auf die Frage der Mitverantwortung. Wir halten eine Auseinandersetzung zwischen Jung und Alt, neuen und alten Kommunikationsformen, neuen Medien gegen alte nicht für so relevant wie die Fragen des verantwortlichen Tuns – deswegen die Enquete-Kommission. Ich freue mich auf die Arbeit in dieser Kommission.

(Beifall der SPD – Ministerpräsident Beck: Sehr gut!)

Das Wort hat Frau Kollegin Kohnle-Gros.

Frau Präsidentin, vielen Dank! Nachdem die Kollegin Pepper schon die schwierige Seite – sage ich einmal – von Mediennutzung und die schwierigen Diskussionen, die wir nicht nur in Deutschland, sondern auf der ganzen

Welt führen, benannt hat, welche Auswirkungen die neuen Medien auf unser Zusammenleben, aber auch auf die kriminelle Szene, auf Gewalt usw. haben, will ich vielleicht an der Stelle auf die Chancen zu sprechen kommen, weil ich nicht widersprechen kann, weil die Diskussion gegeben ist und Teil des Einsetzungsantrags ist; denn auch diese sind mit diesen neuen Medien verbunden und machen einen Teil dieses Antrags aus.

Ich weiß nicht, wer sich vorstellen kann, dass im Iran im Augenblick die Opposition auf den Straßen ist, die dortige Regierung versucht, alle Kommunikation einzustellen, nach außen keine Bilder zu vermitteln und durch die neuen Medien eben möglich ist, dass wir alle auf der Welt sehen können, was sich dort wirklich abspielt und wie diese Regierung mit den Menschen umgeht. Ich denke, das ist durchaus eine der positiven Entwicklungen, die damit verbunden sind, dass eben ganz viele Menschen, auch zu erträglichen Kosten, Kommunikation betreiben können, was bis vor wenigen Jahren so überhaupt nicht denkbar war.

Noch etwas möchte ich von heute Morgen anführen. Herr Pörksen, das hat mit gut gefallen, als Sie über die „Google-Street-View“-Geschichte gesprochen haben. Sie haben darauf hingewiesen, dass man mit den jungen Menschen darüber sprechen muss, was all diese Plattformen, die heute zur Verfügung stehen und per se nichts Schlechtes sind, bedeuten.

Eine Zeitung hat diese Woche getitelt, das würde praktisch das Klo und das Pult und alle anderen Dinge, die man früher verkritzelt und auf denen man Botschaften hinterlassen hat, die nicht immer nur schön und nett waren – das weiß man ja –, ersetzen. Das findet heute im Internet statt. Dabei ging es um die Frage, dass Lehrer im Internet beurteilt werden.

Es geht um die Frage, was wir als Gesellschaft, als ältere Generation, die wir nicht mit diesen Medien aufgewachsen sind, an die nächste Generation vermitteln müssen, in welchen Gesprächen wir auf die Gefahren hinweisen müssen. Das wird Teil der Aufgabe sein, die hier formuliert ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich denke, das ist völlig richtig, das auch mit an den Anfang zu stellen.

Vielleicht auch noch einmal den Hinweis, den ich im Ausschuss bei einer ähnlichen Debatte, als wir eine dieser vielen Befragungen und Analysen, die es zum Thema „Mediennutzung von unterschiedlichen Alterskohorten“ gibt, schon genannt habe. Im Altertum in Griechenland war es schon so, dass Philosophen Sorge um die Jugend hatten, nicht nur, weil sie verwahrlost und frech war, sondern weil sie zu viel ins Theater gegangen ist. Das war damals eine neue Entwicklung.

Wer sich erinnert, es gab immer auch Befürchtungen, die jungen Leute würden vielleicht zu viel lesen und dadurch verdorben werden – Goethes „Werther“. Da gab es Selbstmorde, die auf diese Literatur zurückgeführt wurden.

Als das Fernsehen eingeführt wurde, war das auch für viele Leute ganz schrecklich. Eine solche Diskussion haben wir auch jetzt, natürlich unter anderen Umständen, in diesem Bereich.

Ich denke, es ist wichtig, all diese Dinge hier mit ins Spiel zu bringen und zu diskutieren.

Wir haben im Medienausschuss und auch in den Gremien, in denen verschiedene Kolleginnen und Kollegen sitzen, über Jahre hinweg die Möglichkeit gehabt, die Entwicklung intensiv zu begleiten und auch die wissenschaftlichen Ausarbeitungen, die es zu dem Thema gibt, mitzuverfolgen. Das jetzt auch noch einmal ein Stück weit mit Experten zusammenzufassen, auch zu sehen, wie sich das Land, die Landesregierung, die unterschiedlichen Ministerien in den Zuständigkeitsbereichen aufstellen, und noch einmal zu gewichten, auch im Verhältnis – wie nennt man das heute?: Benchmark – zu anderen Bundesländern, das kann sehr sinnvoll sein. Davon können nachher vielleicht auch andere profitieren, wenn wir das hier einmal sauber aufarbeiten.

Deswegen denke ich – so haben wir uns auch als Fraktion sehr schnell verständigt –, es macht Sinn, so etwas anzugehen. Wir werden – das ist gar keine Frage, das haben wir auch schon signalisiert – intensiv mitarbeiten.

Es kam jetzt noch – das will ich auch noch einmal zum Schluss sagen, weil es aus der Datenschutzkommission gekommen ist – ein Änderungsantrag hinzu, der auch auf die aktuelle Entwicklung hinweist.

Es ist kein rechtsfreier Raum, das wurde eben schon gesagt. Aber trotz allem – es ist ja auch die Frage, was Frau von der Leyen mit der Sperrung von kinderpornografischem Material versucht hat – ist es eine Aufgabe, der man sich praktisch täglich stellen muss. Wenn man die Zeitungen nur ein bisschen verfolgt, dann hat man gerade jetzt wieder lesen können, wie viele Entwicklungen sich tagtäglich ergeben.

Es gibt Gerichtsurteile, in denen eine Frau, die nie damit gerechnet hat, die Musik heruntergeladen hat, auf einmal riesige Schadensersatzforderungen bezahlen muss. Es gibt den Jaguarkäufer, die junge Gruppe, die sich zusammengetan hat und als Internetkäufer aufgetreten ist und sich jetzt zerstritten hat. Jetzt hat einer, auf dessen Namen das Ganze lief, einen Jaguar bestellt und hat jetzt die Rechnung bekommen. Es gibt schon unglaubliche Dinge. Dies ist es wert, dass wir das alles einmal ins Auge fassen.

Wir werden mitarbeiten und freuen uns auch insgesamt darauf, die Sache jetzt einmal zusammenzufassen.

(Beifall der CDU)

Vielen Dank.

Das Wort hat Herr Kollege Bauckhage.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden darüber, ob wir eine EnqueteKommission einsetzen, also einen Einsetzungsbeschluss – ich will es einmal einfach sagen – in der Frage des Umgangs mit den Medien und der Frage der Anbieterseite von Informationen und anderem machen. Ich sage ganz bewusst „anderem“, weil dies wahrscheinlich ein schwerwiegender Punkt ist, mit dem man sich intensiv befassen muss.

Gleichzeitig hätte ich mir gewünscht, wir hätten diese Enquete-Kommission um andere wichtige Punkte erweitert, um die Stellung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Frage des privaten Rundfunks sowie die Politiknähe und -ferne. Das wäre hochinteressant und sehr spannend gewesen.

(Beifall der FDP)

Aber wir befassen uns jetzt mit einem wichtigen Thema, mit einem hoch verantwortlichen und gesellschaftspolitischen Thema.

(Heiterkeit bei der FDP)