Protocol of the Session on September 14, 2000

land-Pf~llz- das ist eine Zahl aus dem Justizministerium -,

2. höhere Kosten für die Rechtsuchenden, also die Bürgerinnen und Bürger von Rheinland-Pfalz,

3. Gefährdung kleinerer Lan-dgerichtsstandorte, insbesondere Zweibrücken, Landau und Bad Kreuznach und

4. eine zumindest mittelbare Gefährdung ländlicher Amtsgerichtsstandorte.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, machen wir uns nichts vor. Zunehmender Kostendruck infolge der Justizreform wird zwangsläufig zu Konzentrationsprozessen führen. Das wird sowohl in Nordrhein-Westfalen als auch in Thüringen und in Baden-Württemberg so gesehen.

Ländliche Infrastruktur steht auf dem Spiel. Wollen Sie und wir es tatsächlich verantvvorten, denländlichen Raum weiter auszudünnen?

Meine sehr verehrten Damen und Herren, durch die Abschaffung der zweiten Tatsacheninstanz- auf den ersten Blick vielleicht noch plausibel; Stichwort: Rechtsmittelstaat- wird das erstinstanzliehe Verfahren sowohl fdr die Rechtsuchenden als auch für die Gerichte aufwendiger, zeit- und kostenintensiver.

Es macht überhaupt keinen Sinn, mit extrem hohem Aufwand 100% der Fälle weit gründlicher zu bearbeiten, damit statt bisher 5 % künftig nur noch 3 % der Fälle in die Berufung gehen, das heißt also, 100 % Aufwand für 2 % Gewinn. Solche Rechnungen mögen nach rotgrüner Logik aufgehen, einfachsten ökonomischen Grundsätzen halten sie jedenfalls nicht stand. Tatsache ist doch, bereits heute werden an den Amtsgerichten 95% der Fälle abschließend erledigt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die fatalen Auswirkungen dieser Justizreform werden immer deutlicher. Sie hat Auswirkungen auf unser Land, auf die Finanzen unseres Landes, für den ländlichen Raum und vor allem für die Bürgerin

nen und Bürger dieses Landes. Deshalb wollen wir mit unserem Antrag den Justizminister dieses Landes in seiner Hal

tung gegen die Justizreform, gegen die Bundesjustizministerin nachdrücklich bestärken.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur einer, der die Hauptverantwortung für die Geschäfte dieses Landes trägt,

tut seit Monaten so, als ob ihn das alles überhaupt nichts angehe.

(Beifall bei der CDU)

Er sagt nichts, er tut nichts, als handele es sich um einen Be-reich, der das Land Rheinland-Pfalz nicht im Geringsten be_rührt. Wir fordern den Ministerpräsidenten ebenso wie seinen Justizminister auf, unmissverständlich Stellung zu beziehen und den Gesetzenhvurf abzulehnen. Herr Ministerpräsident, wie lange wollen Sie sich noch vor Ihrer Verantwortung drücken? Wie lange noch wollen Sie aus falsch verstandener Loyalität zu Ihrer Parteigenossin die fnteressen Ihrer Partei über die Interessen u-nseres Landes stellen? - Herr Ministerpräsident, es ist fünf Minuten vor zwölf. Verlassen Sie Ihre ·

Tauchstation.

(Zuruf von der SPD: Sie haben Ihre Zeit erheblich überschritten!)

Beziehen Sie wenigstens in dieserfür unser Land so wichtigen Frageeinmai eine klare Position.

Vielen Dank.

(Beifall der CDU- Ministerpräsident Beck: Ich finde es schön, so etvvas nachher zu hören! - Staatsministerin Frau Dr. Götte: Katastropheninvasiori!)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Redmer das Vifort.

Herr Pri;isident, meine Damen und Herren! Der Kollege Berg entwickelt sich immer mehr zum Erbsenzähler der rheinlandpfälzischen Rechtspolitik.

(Beifall der SPD)

Die Absicht dessen, was er vorgetragen hat, ist doch klar: Ihm geht es nicht darum, dem Justizminister den Rücken zu stärken. Dem fällt er normalerweise in den Rechtsausschusssitzungen in den Rücken, wenn er kann.

. (Beifall der SPD und der F.D.P.)

Es geht ihm ausschließlich darum, einen Keil in diese Koali

tion zu treiben. Das ist durchsichtig. Das versuchen Sie befder

Ökosteuer, bei der Steuerreform und bei allem Möglichen. Es sei Ihnen gegönnt, aber in der Sache führt es nicht weiter.

(Zuruf von der SPD: Es wird ihnen auch nicht gelingen!)

Die Praxis in diesem Land bleibt bestehen. Wir warten, bis der letzte Entwurf auf dem Tisch liegt, und entscheiden dann, ob ein Gesetzesvorhaben im Sinn unseres Landes ist oder nicht. Vorher gibt es überhaupt keine Aufgeregtheiten und überhaupt keinen Grund, sich endgültig festlegen zu wollen.

(Beifall der SPb und der F.D.P.- Zuruf des Abg. Berg, CDU)

Worum geht es bei dem Thema Justizreform? - Verfahren müssen-überschaubarer werden als bisher. Sie müssen schneller ihren Abschluss finden, obwohl wir schon relativ kurze Zeiten haben.Es m~ss nachhaltigerer Rechtsfrieden geschaf

fen werden als bisher. Im Übrigen - das ist nicht das Letzteraber muss auch noch angefügt werden- muss unser Land fit gemacht werden für einen EU-Rechtsraum. Diesbezüglich kommt in den nächsten Jahren noch Etliches auf uns zu,-und wir müssen beizeiten unsere Prozessvoraussetzungen dafür schaffen.

Was hat die CDU bis 1998 in diesem Bereich getan?- Es erfolgte eine Beschleunigungsnovelle nach der ander-en. Das Ganze wurde immer unter das Stichwort ,.Entlastung der Justiz" gestellt, und am Ende wurden die Amtsgerichte immer mehr belastet. So jedenfalls hat man es uns immer wieder ge

schildert, und wir nehmen dies auch so ab.

(Zuruf des Abg. Keller, CDU)

Es bestand großer Handlungsbedarf, als Frau Herta DäublerGmelin Ministerin wurde.

Als sie- Ministerin wurde, hat die CDU im Bundestag schon wieder die nächste Beschleunigungsnovelle auf den Tisch gelegt und gesagt, es müsse eine weitere Beschle-unigung erfolgen, weil alles zuvor nichts geholfen hatte.

Frau Herta Däubler-Gmelin hat daraus die einzig richtige

Konsequenz gezogen. Sie hat gesagt,_ wir benötigen eine umfassende Justizreform und nicht nur ein Herumdoktern oder Yerschieben zwischen einzelnen Instanzen.

Dafür hat sie im Übrigen ausdrücklich auch die Unterstützung des damaligen rheinland-pfälzischen Justizministers Peter Caesar gehabt. Bei der Justizministerkonferenz vom Sommer 1999 hat Peter Caesar sich ausdrücklich hinter dieses Vorha· ben gestellt. Dies ändert nichts daran, dass man über ~ie Ausgestaltung streiten kann. Das möchte ich ausdrücklich klarmachen. Ich möchte ihn nicht falsch als Zeugen in Anspruch nehmen.·

Die SPD-Landtagsfraktion setzt sich seit dem Herbst 1999 mit dem auseinander, was seitdem als Zivilprozessreform diskutiert wird. Im November 1999 wurde eine Anhörung durchge. führt, und wir haben uns auch an etlichen Diskussionen in der

Öffentlichkeit beteiligt. Wir haben einen regelmäßigen Gedankenaustausch mit dem Berliner Justizstaatssekretär, Herrn Professor Dr. Pick, geführt, und ich denke, dass einige

der von uns vorgebrachten Dinge bereits in den jetzigen Stand der Gesetzesdiskussion eingeflossen sind. Es gibt schon verschiedene Änderungen und verschiedene Klarstellungen.

Ich möchte dies an zwei Punkten festmachen; bei denen Herr Kollege Berg noch in den Schützengräben vom letztEm Herbst sitzt, obwohl die Diskussion mittlerweile weitergegangen ist. Hierzu hat im Übrigen auch ein Fernsehbericht in der letzten Woche ein -vollkommen falsches Bild gezeichnet. Ich meine die Berufung. Die Berufung wird auch weiterhin eine Tatsacheninstanz bleiben.

(Frau Grützmach er, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Sehr richtig!)

Dies wird zwar nicht mehr in der jetzigen Form gewährleistet sein, aber sie wird weiterhin eine Tatsacheninstanz bleiben. Die Anwälte müssen aber klarlegen, warum sie Tatsachen in·

der Berufung noch einmal erörtert haben möchten. Das halte ich auch für richtig und für vernünftig. Aber die Tatsachenin- _

stanz wird keineswegs gekappt.