Meine Damen und Herren! Wir freuen uns, dass die Lebensumstände für Menschen mit Behinderungen in diesem Hause auch nach der Ära Jensen noch Schwerpunkt dieser Landesregierung sind und bleiben.
Wir denken, Politik für Menschen mit Behinderungen bewegt sich in Rheinland-Pfalz in die richtige Richtung. Das kann man nicht von allen Bereichen dieser Landesregierung sagen, vor allem auch in der Sozialpolitik. Deswegen begrüßen wir, dass die Richtung in diesem Bereich stimmt.
Wir haben es schon bei dem Landesbehindertenplan begrüßt, dass endlich Politik für und mit Menschen mit Behinderungen auf den Weg gebracht wird und der Mensch mitallseinen Facetten im Mittelpunkt dieser Politik stehen soll und nicht seine Behinderung. Es ist überfällig, dass das Recht auf Selbstbe
Der Paradigmenwechsel in der Politik, wie er sich im Landesplan für Menschen mit Behinderungen ankündigt, findet sich auch in dieser Regierungserklärung wieder, und das begrü
ßen wir ausdrücklich. Doch jede und jeder in diesem Hause weiß, dass der Weg zwar beschritten wird, aber die Umsetzung dieser Vorgaben noch längst nicht selbstverständlich ist, die Realität in diesen Zielen in vielen Bereichen leider noch weit hinterherhinkt. So zeigt sich das auch in der heutigen Erkiärung von Herrn Minister Gerster. Die Schwachstellen sind
Aus unserer Sicht geht diese Regierungserklärung auf die Details zu wenig ein. Diese aber sind gerade in diesem Politikfeld sehr wichtig, gibt es doch nicht den Menschen mit Behinderung, wie der Herr Minister richtig bemerkt hat, sondern Menschen ~it Behinderungen sind so verschieden wie alle
len in der Gesellschaft und leben auch in völlig unterschiedlichen Lebensiusammenhängen, was ganz wichtig zu beachten ist. Es ist auch genau hinzuschauen und darüber zu reden, zum Beispiel was dieses Modellprojekt.,Hilfe nach Maß" angeht. Dieses steht und fällt mit dem Blick auf die Details, wie Menschen leben, weiChe unterschiedlichen Formen von Behinderungen sie haben, in welchen Zusammenhängen sie leben.
Da ist es nicht sehr glücklich, dass der Bericht genau über dieses Modellprojekt.,Hilfe nach Maß" zu wenig auf Details eingeht. Ich wüsste schon gern, aufgrund welcher Kriterien Menschen an diesem Projekt teilnehmen konnten und wie festgestellt wird, dass diese Form der Hilfe die richtige ist.
Wie wird festgestellt, dass diese Form der Hilfe die richtige ist, in welcher Weise sind die Betroffenen eingebunden und wie ist das Selbstbestimmungsrecht gewahrt? Müssen Menschen mit einem hohen Hilfebedarf weiterhin in Einrichtungen bleiben; weil die Kosten für sie außerhalb höher sind?~
Diese Fragen müssen immer wieder ne~ beantwortet werden; denn aus diesem Modellprojekt soll sich bundesweit eine neue Hilfeform entwickeln.
, Zentral ist auch die Frage, wie Qualität bei der Umsetzung gesichert werden kann. Was sollte bei der Umsetzung verbessert werden, reicht das Budget für die nötigen Hilfen aus, wie· werden die Kompetenzen und Ressourcen der Menschen gestärkt?- Unseres Erachtens müssen Beratung, Unterstützung,
.. peer counseling" und.. peer supports" für die Betroffenen weiter ausgebaut werden. Es reicht nicht, was vorhanden ist.
Es ist sehr gut, dass die Landesregierung das, was überhaupt. iin Land schon vorhanden ist, endlich aufgreift. Aber es muss natürlich nicht so sein, dass es nur in Mainz ein Zentrum für selbstbestimmtes Leben gibt, sondern im ganzen Land müssen solche Projekte. gefördert werden.
Wichtig ist das so genannte.. peer counseling", dass diese Ansätze, die der Minister beschreibt, in die.,Hilfe nach Maß" aufgenommen· werden, dass die Beratung, wo es so etwas
nicht gibt wie das Zentrum.,Selbstbestimmtes Leben" - - Wichtig ist, dass Wert darauf gelegt wird, dass zum Beispiel in Städten wie in Ludwigshafen- was Sie zum Beispiel in Ihrer
Presseerklärung beschreiben- Menschen mit Behinderungen als Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter bevorzugt werden. Wir wissen darüber noch sehr wenig, wie das in RheinlandPfalz aussieht.
Es ist legitim, auf die Kostenentwicklung ·zu achten. Nicht ganz glücklich können wir allerdings damit sein, dass die Orientierung an den Grundrechten Selbstbestimmung und. Selbstveran1woitung bei der Politik für Menschen mit Behinderungen relativ eng mitdem Kostenargument verknüpft ist.
Ich denke, umso mehr müssen wir alie jetzt aufpassen, dass nicht wieder das Kostenargument regiert und Selbstbestimmung und Selbstverantwortung, dle jetzt so hoch gepriesen werden, an den Finanzen schnell ihre Grenzen finden.
Vielmehr müssen diese Rechte die Leitlinien sein für die Politik für Menschen mit Behinderungen in· diesem Land. Die Rechte Selbstbestimmung und Selbstverantwortung müssen letztlich die gewichtigeren Argumente sein. Das gilt gerade'."'.,. auch bei der Umsetzung der.,Hilfe nach Maß".
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie verweisen wieder einmal in dem von Ihnen vorliegenden Antrag auf die anhaltende, unbefriedigende Situation bei der Beschäftigung· von Menschen mit Behinderungen.
Bedauerlicherweise ist die Erwerbslosigkeit insgesamt hoch, nicht zuletzt auch aufgrund von Stellenabbau im öffentlichen Dienst. Das geplante Gesetz der Bundesregierung zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter soll einen neuen Trend einleiten und mehr Betroffene in Arbeit' bringen. Zugleich muss ein weiterer Schwerpunkt auf den Ausbau von Integrationsfirmen gelegt werden. Die Unver
·Ich muss allerdings sagen, dass Sie nicht unschuldig daran sind, dass diese immer noch ·so enorm ist, weil die Förderung von Werkstätten das Einzige ist, _was ich von CDUBehindertenpolitik in Erinnerung habe. Das ist die eine Sache. Mindestens ebenso zentral für den Abbau von Erwerbslosigkeit von Menschen mit Behinderungen ist ihre frühzeitige, frühestmögliche Integration.
Meine Damen und Herren von der CDU, hätten Sie ein bisschen früher angefangen und sich nicht gegen jegliche Integration von Menschel) mit Behinderungen und von Kindern
. mit Behinderungen in Schulen gewehrt, dann wären wir heute sehr viel weiter und die Menschen mit Behinderungen hätten weniger Probleme im Arbeitsleben.
Sie würden nämlich auf dem Arbeitsmarkt völlig anders wahrgenommen. Sie würden auch von uns allen völlig anders wahrgenommen, weil sie nicht von vornherein mit dem Vor
urteil auf der Stirn durch ihr Leben gegangen sind, nur beschränkt leistungsfähig zu sein. ·wir alle würden über viel mehr Erfahrungen im Zu~ammenleben verfügen, und wir würden vielleichter erkennen, welche Kompetenzen, Fähigkeiten und Ressourcen in dieser Gesellschaft brachliegen, weil Kinder mit Behinderungen nicht frühzeitig.so gefördert werden, dass sie normal wie alle anderen ihre Kompetenzen auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen können.
Es ist nicht gelungen, Menschen mit Behinderungen von klein an zu integrieren, sie also in diese Situation zu versetzen, gleichberechtigt auf dem Arbeitsmarkt zu konkurrieren. Das gilt nicht für alle: Aber für einen großen Teil wäre das möglich.
Auf die;se Art könnten sie n"ämlich zeigen, dass sie mithalten können. Es wäre eine gute Voraussetzung, um weiterzukom-.
dergärten, Schulen und Hochschulen gibt, die sich natürlich im Arbeitsleben fortsetzt. An dieser Stelle muss angesetzt werden. Die Politik der jetzigen Landesregierung hat in diesem Bereich aber leider eine entscheidende Schwachstelle. Die Bundesrepu-blik Deutschland bildet europaweit das Schlusslicht bei der schulischen Integration von Menschen mit Behinderungen. Das kann nicht länger angehen, meine Damen und Herren. Es wäre sehr hilfreich, wenn Sie sich von der CDU an dieser Stelle konstruktiv einbringen würden.
Für meine Begriffe muss zur Verbesserung der Integration in das Arbeitsleben ein Gesamtkonzept geschaffen werden, das Rahmenbedingungen fördert, die Menschen ein selbstbe
ben Anspruch auf Unterstützung und Solidarität, so heißt es in der Regierungserklärung. Darüber hinaus haben sie aber auch Anspruch auf Gleichstellung.
Ich komme zum letzten Satz. Daher ist es mit Blick auf die diskriminierende Wirklichkeit unumgänglich, so schnell wie möglich auf Bundesebene ein Anti-Diskriminierungsgesetz auf den Weg zu bringen, damit der Auftrag in der Verfassung, nämlich die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, in der Realität wirksam umgesetzt werden kann und damit Menschen mit Behinderungen Gleichstellung und die Rahmenbedingungen dafür auf allen Verwaltungsebenen und in allen gesellschaftlichen Bereichen de facto einklagen können. (Glocke des Präsidenten)
Ein Wort noch zu dem Antrag der SPD-Fraktion: Dem Antrag können wir nicht zustimmen, es sei denn, er wird an den Aus
schuss überwiesen. Es kann natürlich nicht angehen, dass über einen bereits durchgeführten Modellversuch berichtet werden s"oll und gleichzeitig die Umsetzung auf alle Kommunen in Rheinland-Pfalz in die Wege zu leiten ist. Im Ausschuss müssen wir zunächst den Bericht hören-und darüber diskutieren, bevor wir das an alle Kommunen weiterleiten, weil es noch nicht klar ist, dass das der Weisheit letzter Schluss ist.