Protocol of the Session on May 27, 2020

Peinlich ist auch Ihr Verhalten zu diesem Thema hier im Landtag, bei dem Sie auf Druck der AfD jetzt kosmetisch vorgeben, etwas zu tun, in der Hoffnung, dass Ihre Freunde in den Medien das durchwinken.

Was Sie dreisterweise vorschlagen, ist im Grunde nichts anderes, als die Erhöhung der Diäten von diesem Jahr in das nächste zu verschieben. Mit Verzicht hat das so wenig zu tun wie mit Demut gegenüber dem Volk, das Sie repräsentieren sollen.

Meine Damen und Herren, repräsentieren wir alle hier im Hause doch bitte, dass die Menschen nun weniger haben. Das kann nicht so schwer sein, und das ist es auch nicht. Die Lösung liefern wir Ihnen frei Haus. Wir beantragen daher – ich rekapituliere –:

„1. Die Abgeordneten des Landtags NRW sehen es in Zeiten der Corona-Pandemie als Zeichen der Solidarität und der Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern des Landes NRW als ihre Pflicht an, freiwillig auf Leistungen zu verzichten, die von den Bürgern durch Steuerlast und Abgaben getragen werden.

2. Der Landtag erkennt seine Verantwortung und seine Vorbildfunktion in dieser Frage und ist sich bewusst, dass auch ein selbst auferlegter Verzicht bei weitem nicht dem Opfer entspricht, das viele Bürger erbringen müssen.

3. Die bisherigen Regelungen im Gesetzentwurf sind nicht ausreichend, um den vorgenannten Punkten gerecht zu werden.

5. Die Anpassung der Abgeordnetenbezüge sowohl im Jahr 2020, als auch im Jahr 2021 dürfen nicht zu einer Erhöhung führen.“

Daher beschließen wir:

2. Die Anpassung der Bezüge der Abgeordneten … wird in den Jahren 2020 und 2021 auf maximal ,Null‘ begrenzt.“

So einfach kann man den Bürgern beweisen: Wir haben verstanden.

Ob Sie tatsächlich verstanden haben, können Sie durch Ihr Abstimmungsverhalten dokumentieren. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Danke schön, Herr Wagner. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit kommen wir zu zwei Abstimmungen, und zwar erstens über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/9031 in zweiter Lesung. Wer stimmt dem Gesetzentwurf zu? – SPD, Grüne, CDU und FDP sowie die AfD stimmen zu. Wer enthält sich? – Gegenstimmen? – Der Gesetzentwurf Drucksache 17/9031 ist einstimmig in zweiter Lesung angenommen.

Zweitens stimmen wir über den Entschließungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/9474 ab. Wer stimmt diesem Entschließungsantrag zu? – Die Fraktion der AfD. Wer stimmt dagegen? – SPD, CDU, FDP und Grüne stimmen dagegen. Gibt es Enthaltungen? – Gibt es nicht. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 17/9474 mit breiter Mehrheit im Hohen Hause abgelehnt.

Ich rufe auf:

13 Bedrohungen der unabhängigen Berichter

stattung entgegentreten! Die Medienschaffenden in NRW müssen besser geschützt werden

Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/9357

Ich eröffne die Aussprache. Herr Vogt hat für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Sie die Medienberichterstattung in den letzten Wochen verfolgt haben, dann werden Ihnen unweigerlich folgende Bilder und Überschriften wieder in den Kopf kommen:

In Berlin wird ein ZDF-Kamerateam am Rande von Demonstrationen krankenhausreif geprügelt.

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Von Linksextre- men!)

In Dortmund werden zwei WDR-Journalisten bei einer untersagten Veranstaltung tätlich angegriffen.

In Duisburg wird ein Reporter der „Bild“ mit Eiern beworfen.

All diese Gewalt gegen Medienschaffende gab es allein in diesem Monat.

Damit nicht genug: Anfang des Jahres werden WDRMitarbeiterinnen und -Mitarbeiter nach der OmaGate-Debatte bedroht – ja, genau die Debatte, die Ministerpräsident Laschet mit seinen Tweets angeheizt hat.

Bemerkenswert dabei ist, dass Herr Laschet, der ja auch Medienminister ist, zu den Protesten von Rechtsradikalen vor dem WDR und den Bedrohungen von Journalistinnen und Journalisten an ihren Wohnorten sehr lange nichts gesagt hat.

Wir erwarten von einem Medienminister, dass er sich vor die Journalistinnen und Journalisten stellt und klarmacht, dass die Pressefreiheit hier in unserem Land geschützt ist.

(Beifall von der SPD)

Auch dieses Beispiel zeigt, dass unser Antrag dringend notwendig ist. In einer neuen Studie der Universität Bielefeld gaben 60 % der befragten Journalistinnen und Journalisten an, im Jahr 2019 angegriffen worden zu sein. 16 % wurden Opfer körperlicher Gewalt, weitere 16 % haben sogar Morddrohungen erhalten.

Besonders gefährdet sind in all diesen Fällen Journalistinnen und Journalisten, die zu den Themen „Migration“, „Geflüchtete“ und „AfD“ arbeiten. Die Betroffenen haben teilweise angegeben, solche Themen aus Angst nicht mehr zu behandeln. Professor Dr. Andreas Zick, Leiter der Studie, macht sich in einem „SZ“-Interview daher ernsthafte Sorgen um die Pressefreiheit in unserem Land.

Diese Sorge ist nicht erst seit Kurzem berechtigt. Eine im März veröffentlichte Dokumentation des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit verzeichnet seit 2015 119 gewaltsame Angriffe auf Medienschaffende in Deutschland – Bedrohung als Normalzustand heißt es dort.

Gleichzeitig wird Journalistinnen und Journalisten bei Demos teilweise verboten, Stichschutzwesten,

Helme oder Schutzmasken zu tragen, weil das Tragen von Schutzwaffen gegen das Versammlungsgesetz verstoßen würde.

Ich frage mich, in was für einer Gesellschaft wir leben, wenn Medienschaffende nicht geschützt, sondern schutzlos ausgeliefert werden. In was für einer Gesellschaft leben wir, wenn die Pressefreiheit im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten wird?

Folgende Worte fassen es ganz gut zusammen – ich zitiere –:

„Wie es um die Pressefreiheit steht, das zeigt und ist ein Gradmesser, wie es um unsere Demokratie insgesamt steht. Deshalb müssen wir alle

einstehen für einen freien Journalismus und eine freie Arbeit der Journalistinnen und Journalisten.“

Das sind die Worte der Bundeskanzlerin in einem ihrer jüngsten Videopodcasts anlässlich des Erscheinens der ersten Nachkriegszeitung vor 75 Jahren. Ich stimme ihr darin vollkommen zu, schließlich geht es in unserem Antrag für einen besseren Schutz von Medienschaffenden in NRW nicht um parteipolitische Forderungen, sondern um ein gesellschaftspolitisches Anliegen, das uns alle betrifft.

Daher fordern wir die Landesregierung auf: Ergreifen Sie im Austausch mit den Betroffenen endlich Maßnahmen, um Medienschaffende effektiver vor Bedrohungen zu schützen und um die freie Ausübung der Berichterstattung weiterhin garantieren zu können. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Vogt. – Jetzt hat Herr Schick das Wort für die CDUFraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Vogt, es ist richtig, dass wir an dieser Stelle über die Freiheit der Presse und über Angriffe auf Journalisten diskutieren.

Schade ist nur, dass Sie Ihren Redebeitrag dazu genutzt haben, Ihre üblichen Angriffe gegen den Ministerpräsidenten zu starten. Ich denke, damit entwerten Sie um kurz vor 22 Uhr das Thema. Hier Gemeinsamkeit zu beweisen, wäre wichtiger, als zu versuchen, unterwegs ein paar billige Punkte zu machen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es gibt keine Freiheit ohne Pressefreiheit. – Wer Urheber dieses Zitates ist, ist unklar; glasklar ist hingegen, dass es Gültigkeit hat. Das zeigen die Angriffe auf Journalistinnen und Journalisten. Die beiden Vorfälle, die besondere und traurige Aufmerksamkeit in den Medien erlangt haben, hat der Kollege Vogt gerade beschrieben.

Wenn man sich vor Augen führt, dass der Angriff auf das ZDF-Team am 1. Mai in Berlin zwei Tage vor dem Internationalen Tag der Pressefreiheit erfolgte und keine Woche später der Angriff in Dortmund stattfand, zeigt das, dass wir über dieses Thema diskutieren müssen.

Die Haltung der Landesregierung dazu ist glasklar. Der Ministerpräsident hat sich beispielsweise im vergangenen Jahr auf dem Global Media Forum hier in Nordrhein-Westfalen positioniert.

Von Innenminister Reul – der gleich auch noch sprechen wird – habe ich in Vorbereitung auf die Rede

ein Interview mit Frank Überall vom DJV gefunden, in dem Herr Reul für die Landesregierung ganz eindeutig klarmachte, dass Attacken auf einzelne Journalisten nicht nur einzelne Angriffe, sondern immer auch Angriffe auf die Pressefreiheit als Ganzes seien und dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung dadurch mit Füßen getreten werde.