Protocol of the Session on March 11, 2020

Wir hinterfragen, ob vermeintlich zum Schutze der Mieter getroffene Regelungen diesen wirklich helfen oder womöglich unsere Bemühungen konterkarieren, immer mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen zu ermöglichen, preisgünstig so zu wohnen, wo sie es sich wünschen und wie sie es brauchen.

Anders als Sie legen wir auch gar keinen Wert darauf, dabei immer recht zu behalten. Wir wollen und werden in Nordrhein-Westfalen eine wirksame, den Menschen dienende Wohnungspolitik machen.

(Jochen Ott [SPD]: Dann fangen Sie einmal an!)

Ihrem Beschlussvorschlag können wir daher aus tief empfundener Haltung nicht zustimmen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Paul. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Herr Kollege Klocke.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen von CDU und FDP, Sie haben uns eben mitgeteilt, was Sie alles an neuen Möglichkeiten geschaffen haben.

Wenn man sich die reale Situation im Land anschaut, sieht man aber, dass sich die Wohnungslosigkeit und die Wohnungsnot insbesondere in den großen Städten verschärft und dass sich auch die Problemlagen in den großen Städten verschärfen. Das hat die Kollegin Schneider von der FDP in ihrer Rede zum vorherigen Tagesordnungspunkt selbst angesprochen.

Wenn Ihre Wohnungspolitik nach drei Jahren – die Hälfte der Legislaturperiode ist schon lange vorbei – so wahnsinnig attraktiv und erfolgreich wäre, dann müsste sie langsam greifen. Es wird zwar immer mehr Geld ins System gepumpt – Sie haben mehr Geld, als wir in unserer Regierungszeit hatten –, aber

die Anzahl der fertiggestellten Sozialwohnungen im Land ist rückläufig. Das ist doch die Realität.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: So ist es! – Jochen Ott [SPD]: So ist es!)

Die soziale Mischung in den Städten leidet. Das sagen alle Armutsforscher; das sagen alle Wohlfahrtsverbände. Es werden immer mehr Bevölkerungsgruppen an den Rand gedrängt. Die Fachkräfte finden in den Innenstädten keine bezahlbaren Wohnungen mehr. In den großen Städten gibt es eine Verödung in den Innenstädten – durch Luxuseigentumswohnungen, durch Airbnb-Zweckentfremdung.

Das ist ein großes Problem, das wir nicht nur in Großstädten wie London oder Paris vorfinden, sondern auch in Städten wie Düsseldorf, Münster und Köln. Wohnungen werden teilweise einfach von internationalen Investoren, von internationalen Finanzkonsortien aufgekauft und stehen dann monatelang oder jahrelang leer. Das ist die reale Situation in den Städten.

(Jochen Ott [SPD]: So ist es!)

Wir haben in unserer Regierungszeit wirksame politische Instrumente auf den Weg gebracht, um das zu verhindern.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Jetzt können Sie natürlich sagen: Diese Instrumente gefallen uns nicht; wir machen andere Instrumente. – Wir haben die Festlegung im Koalitionsvertrag aber so verstanden: Weg damit; wir brauchen das nicht; der Markt regelt das. – Die Investoren werden es regeln. Das ist doch die aktuelle Situation.

Wir haben in der letzten Sitzung des Bauausschusses eine mündliche Anfrage gestellt. Da hat die Frau Ministerin gesagt: Wir arbeiten noch daran, und wir haben das Gutachten noch nicht ausgewertet. – Nun macht es die SPD zwei Wochen vorher mit einem Antrag.

Das können Sie kritisieren. Sie können uns aber doch nicht vorwerfen, Frau Scharrenbach, dass die Oppositionsfraktionen zwei Wochen vor dem Auslaufen einer relevanten landespolitischen Verordnung mal bei der Regierung nachfragen, was sie zu tun gedenkt. Ich erinnere mich noch an das Tremolo in Ihren empörten Reden als damalige Oppositionspolitikerin in vielen Bereichen. Wenn Sie uns das vorhalten, dann sollten Sie sich Ihre eigenen Auftritte in Ihrer Oppositionszeit noch einmal ansehen. Von dem, was Sie uns hier in diesen fünf Jahren geboten haben, könnten wir noch viel Empörungsrhetorik lernen.

(Henning Höne [FDP]: Nein! Da sind die Grü- nen schon führend! – Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Wir sollten es aber besser nicht lernen; denn das waren peinliche Auftritte.

Sie haben für die Koalitionsverhandlungen viel Lob von Haus & Grund bekommen. Die erste Ausgabe nach dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag war ja ein Poesiealbum für Schwarz-Gelb, ausgebreitet von Herrn Amaya und anderen.

(Christian Dahm [SPD]: Erdrückende Liebe ist das!)

Jetzt kommen Sie natürlich unter Druck, weil die Situation in Nordrhein-Westfalen weiterhin schwierig ist und sich zunehmend verschärft.

Ich habe gestern die Einladung zu einem großen Kongress von Haus & Grund am 14. Mai dieses Jahres in Köln mit spannenden Gastrednern bekommen – eine spannende Trilogie, parteipolitisch ausgewogen zusammengestellt: erst Herr Seehofer, dann Frau Scharrenbach und dann noch Herr Merz.

(Christian Dahm [SPD]: Ui!)

Dann brauchen andere ja auch nicht mehr zu reden. Konrad Adenauer macht die Begrüßung.

(Jochen Ott [SPD]: Man ist sich halt selbst ge- nug!)

Da wird Haus & Grund natürlich genau gucken: Macht Schwarz-Gelb die Politik, die wir ihnen aufgetragen haben? Setzen sie das um? – Da müssen Sie wahrscheinlich Rede und Antwort stehen. Deswegen kann ich mir schon sehr gut vorstellen, warum Sie hier so zurückhaltend sind, was die entsprechenden Instrumente angeht.

Zusammengefasst kann man sagen, dass manches, was damals in der Enquetekommission zum wohnungswirtschaftlichen Wandel an relevanten Steuerungsinstrumenten immerhin parteiübergreifend diskutiert und beschlossen wurde, nachjustiert werden muss oder dass manche Steuerungsinstrumente vielleicht nicht so sehr gegriffen haben.

Es ist sicherlich richtig, dass es in Nordrhein-Westfalen nicht flächendeckend ist, sondern dass es eher einzelne Stadtteile sind: in Köln die Stegerwaldsiedlung oder auch das Severinsviertel, auf dem eine Milieuschutzsatzung liegt, oder in Aachen die Region, die eben angesprochen worden ist.

Man kann ja sagen, dass das möglicherweise so nicht ausreichend ist. Aber uns als grüne Fraktion – bei den Oppositionsfraktionen sorgt sich nicht nur die SPD um die sozial- und wohnungspolitischen Steuerungsinstrumente – interessiert: Was unternimmt die Landesregierung, um zu mehr Ausgewogenheit, zu mehr bezahlbaren Wohnraum und zu mehr Nachhaltigkeit auf dem Wohnungsmarkt zu kommen, wenn man sagt, das, was Rot-Grün auf den Weg gebracht hat, greife nicht?

Mich würde natürlich auch interessieren, wenn Sie ein Gutachten in Auftrag gegeben haben, Frau Ministerin, wer der Gutachter ist und wie er ausgesucht worden ist. Bei Gutachten ist ja nicht uninteressant, wer dahintersteckt.

(Jochen Ott [SPD]: Von Haus & Grund ausge- sucht!)

Wenn Sie sagen, das habe alles nicht gegriffen, würde uns interessieren: Welche Instrumente braucht der Wohnungsmarkt, damit er sich sozialpolitisch und nachhaltig entwickeln kann, sodass mehr Menschen bezahlbaren Wohnraum in diesem Land finden? Das interessiert uns, Frau Ministerin. Geben Sie uns darüber Auskunft. Das interessiert auch die Menschen draußen.

Sie können sagen, das, was Rot-Grün gemacht hat, müsse weg. Das ist in Ordnung. Aber dann sagen Sie uns auch, was Sie auf den Weg bringen wollen, damit Nordrhein-Westfalen hier nachhaltiger und sozialpolitisch besser gestaltet wird. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die AfD hat nun der Abgeordnete Herr Keith das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die antragstellende Fraktion fordert die Landesregierung auf, im Bereich des Mieterschutzes – bzw. dessen, was sie als SPD für Mieterschutz hält –, sofort und unverzüglich zu handeln.

Es stellt sich die Frage, ob es vielleicht hilfreich gewesen wäre, sich erst einmal sachkundig zu machen. Der Kollege Paul sprach es schon an: Auf Bundesebene läuft derzeit eine Gesetzesinitiative zum Thema „Umwandlung von Miet- und Eigentumswohnungen“. Dieser Abstimmungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Und: Mit Blick auf weitere Mieterschutzregelungen wird die Landesregierung Ende dieses Monats im Bauausschuss berichten.

Das ist Ihnen alles bekannt – und trotzdem heute hier dieser Antrag.

Worum geht es Ihnen von der SPD in Ihrem Antrag, bzw. was geben Sie vor, worum es Ihnen geht? Faire Mieten. Sie formulieren das in Ihrem Antrag etwas verquast: „Faire Mieten für die Mehrheit der Bevölkerung sind nicht mehr als sozial gerecht.“ Man hätte auch einfach schreiben können: Mieten müssen bezahlbar bleiben. – So weit volle Zustimmung auch von uns.

Erreichen möchten Sie faire Mieten hier vorrangig mit der Verlängerung der sogenannten Umwandlungsverordnung. Diese besagt, dass die Umwandlung von Mietwohnraum in Eigentumswohnungen von einer Gemeinde untersagt werden kann, wenn es sich vor Ort um einen angespannten Wohnungsmarkt handelt.

Sie begründen die Verlängerung der ansonsten Ende März dieses Jahres auslaufenden Verordnung damit, dass auf diese Weise bezahlbarer Mietwohnraum in den Städten erhalten bleibe.

Zum Verständnis: Wohnungen in Mietshäusern mit vier oder sechs Wohnungen oder wie vielen auch immer können in Eigentumswohnungen umgewandelt werden. Dann gibt es nachher nicht mehr den Eigentümer, dem das ganze Haus gehört, sondern viele Eigentümer, denen die einzelnen Wohnungen gehören. So weit, so einfach.

Sie sehen dies als großes Problem an, da Mietwohnungen dem Markt dann angeblich entzogen werden. Das ist, mit Verlaub, Unfug. Eine Eigentumswohnung heißt so, weil sie einen einzelnen Eigentümer hat, aber nicht, weil der Eigentümer dort auch zwingend wohnt.

Selbstverständlich werden viele Eigentumswohnungen vermietet. Das gilt auch nach einem Verkauf: Denn es gilt der Grundsatz: Kauf bricht nicht Miete.

Vielleicht wohnen viele von Ihnen als Mieter in einer Eigentumswohnung. Dann wissen Sie ja, was gemeint ist. Oder wohnen die Damen und Herren von der SPD doch lieber im Eigentum? – Egal!

Solche Wohnungen werden dem Mietmarkt jedenfalls regelmäßig nicht entzogen. Vielmehr verhindern Sie als SPD durch das beabsichtigte Verbot der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen, dass Mieter zu Eigentümern werden und damit eine Altersvorsorge betreiben können.

Selbst wenn ein neuer Eigentümer in eine aufgrund von Umwandlung entstandene Eigentumswohnung selbst einziehen möchte, gibt es in diesem Land für den Mieter dieser Wohnung einen umfangreichen Mieterschutz. Auch das hat Herr Paul schon angesprochen.

Ein solcher Fall des sogenannten Eigenbedarfs kann in einigen großen Städten NRWs, zum Beispiel in Köln, erst nach acht Jahren geltend gemacht werden. Dies regelt die sogenannte Kündigungssperrfristverordnung, die Sie in Ihrem Antrag selbst ansprechen.