Protocol of the Session on February 13, 2020

Erstens. Wir sind glücklicherweise in einem Land mit einer Demokratie. Wir verteidigen die Freiheit von Forschung und Lehre und füllen sie mit Leben.

Zweitens. Heute Morgen haben wir länger über die AfD gesprochen. Man soll ja nicht naiv sein. Ich will noch mal darauf aufmerksam machen – auch für die Kolleginnen und Kollegen, die fachpolitisch nicht in diesem Thema unterwegs sind –, dass die AfD es schafft – deswegen passt Ihr Antrag auch –, in Programmen zu behaupten, man müsse die Freiheit von Forschung und Lehre wiederherstellen. Auch hier tun Sie so, als wären unsere Universitäten und Hochschulen gleichsam einem Diktat unterworfen.

Ich muss ehrlich sagen: Sie versuchen, eine Art Zwangsstaat zu unterstellen, in dem wir alle leben würden.

(Helmut Seifen [AfD]: Fragen Sie doch mal die Professoren!)

Tatsache ist aber, dass wir nicht in einem Zwangsstaat leben. Vielmehr leben Sie in einer Parallelgesellschaft, die mit gewisser politischer Paranoia durchsetzt ist.

(Beifall von der SPD, der CDU und der FDP)

Entschuldigung, aber wer hier ernsthaft behauptet, in Nordrhein-Westfalen oder in der Bundesrepublik Deutschland werde von Staats wegen oder von den demokratischen Parteien die Freiheit der Forschung und Lehre gefährdet,

(Helmut Seifen [AfD]: Was ist mit der Antifa?)

unterstellt etwas absolut Bösartiges, verkennt die Tatsachen und verkehrt die Wirklichkeit aus kurzsichtigen politischen Gründen.

(Beifall von der SPD, der CDU und der FDP)

Drittens. Was die Forschungs- und Lehrfreiheit einschränkt, sind Initiativen, wie wir sie aus Ihrer badenwürttembergischen Landtagsfraktion kennen – beispielsweise Prangerportale wie „Mein Prof. hetzt“. Da wird zur Denunziation von Professoren aufgerufen, die vielleicht nicht das sagen, was beispielsweise die AfD gerne hätte. Das ist in der Tat ein Angriff auf die Freiheit von Forschung und Lehre, und der geht von Ihnen aus – in Baden-Württemberg und auch woanders.

(Marc Herter [SPD]: So ist es!)

Heute Morgen haben wir über Höcke, diesen Pantoffelhelden aus Thüringen, gesprochen. Wenn Sie sich mal ansehen, was dieser Pantoffelheld aus Thüringen beispielsweise zu Universitäten von Soros sagt oder wie er sich zu der Vertreibung der Universität aus Ungarn einlässt, dann zeigt sich doch recht deutlich, wes Geistes Kind Sie eigentlich sind. Sie haben

gar keine Berechtigung, hier in diesem Parlament oder sonst wo davon zu sprechen, dass Sie die Freiheit von Forschung und Lehre wiederherstellen wollen.

(Beifall von der SPD – Zuruf von Helmut Sei- fen [AfD])

Ich will Ihnen auch noch sagen, worin Ihre Leistung besteht. Ich habe mir mal angesehen, welche Kleinen Anfragen Ihre Fraktion so gestellt hat, damit mal deutlich wird, wie Ihre wissenschaftspolitische Kompetenz in diesem Land aussieht. Ich will nicht alles vorlesen, empfehle aber allen Kolleginnen und Kollegen einmal zu schauen, was wir da so auf Papier gedruckt bekommen.

Es gibt da die Kleine Anfrage 3268 mit dem Titel „Sollten antifa-nahe Professoren am Aussteigerprogramm ,Linksextremismus‘ teilnehmen?“

(Nic Peter Vogel [AfD]: Ja, das ist doch cool!)

Dann gibt es den Antrag „,Die Geister, die ich rief …‘ Der ,Generation Antifa‘ an den Hochschulen muss Einhalt geboten werden!“

(Helmut Seifen [AfD]: Das war ja wohl aktuell!)

Es gibt die Kleine Anfrage „Generation Antifa – Welche heimliche politische Agenda verfolgen die Universitäten in Nordrhein-Westfalen?“

(Helmut Seifen [AfD]: Köln!)

Eine Kleine Anfrage lautet: „Nimmt die Universität Köln am ,Antifaschistischen Aktionsbündnis Köln gegen Rechts‘ teil?“ Außerdem gibt es eine Kleine Anfrage zur „Weiterführung des Titels ,Prof.‘„ In einer weiteren geht es um die „Prüfung der Studentenvertretungen durch den Landesrechnungshof“.

(Lachen von Gordan Dudas [SPD])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Sie sich nur einmal diese zehn Initiativen einer Fraktion aus diesem Parlament zur Wissenschaftspolitik den Überschriften nach ansehen, dann wissen Sie, dass dies mit Kompetenz, seriösem politischen Austausch und Argumenten überhaupt nichts zu tun hat.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Wenn Sie ehrlich sind und sich diese Bilanz Ihrer zweieinhalbjährigen Leistung einmal ansehen, dann gebe ich Ihnen einen Rat, Herr Kollege: Legen Sie Ihre Mitgliedschaft im Wissenschaftsausschuss nieder und verabschieden Sie sich daraus!

(Markus Wagner [AfD]: Da macht sich der Bock zum Gärtner!)

Bei den seriösen politischen Debatten über Wissenschaftspolitik – etwa der Novellierung des Hochschulgesetzes – waren nämlich alle anwesend, nur

eine Fraktion war abwesend. Und das war immer die AfD. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und den GRÜNEN – Zuruf von Hel- mut Seifen [AfD])

Vielen Dank, Herr Professor Dr. Rudolph. – Es spricht jetzt Frau Freimuth für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf mich bei den Vorrednern Tigges und Dr. Rudolph herzlich für die grundsätzliche Einordnung der Forschungsfreiheit in unserem Land bedanken.

Exzellente Forschung erfordert freie Wissenschaften. Dazu gehört natürlich auch, dass Forscherinnen und Forscher Zukunftsfelder in eigener Verantwortung erforschen können. Diese Freiheit besteht in unserem Land – entgegen der Intonierung in Ihrem Antrag, und zwar nicht nur de jure, sondern auch faktisch. Das zeigt sich deutlich, wenn man in die Forschungsrealität an unseren Hochschulen hineinschaut.

Ich will es gar nicht bewerten, dass man hier einen Physikprofessor zitiert, ohne seinen Namen zu nennen, sodass man das Zitat nicht überprüfen kann. Aber vielleicht ist das Ihr wissenschaftlicher Standard.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Herr Abgeordneter Seifen, Sie haben hier einen nichtgenannten Physikprofessor zitiert. Ich frage bei dieser Methode nach.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Aber kommen wir mal zu den Einzelheiten. Die Kollegen haben ja schon gesagt: Mehr als die Hälfte der Mittel, die an den Hochschulen für Forschung zur Verfügung stehen, stammt aus der Grundfinanzierung. Auch bei den Drittmitteln – das ist ja ebenfalls schon zutreffend bemerkt worden – kommt doch der größte Teil ebenfalls aus öffentlichen Mitteln, sei es vom BMBF oder von der Deutschen Forschungsgemeinschaft oder von der Europäischen Union. Es gibt auch private Stiftungen, die Forschungskooperationen unterstützen.

Das, was Sie ansprechen und womit wir uns auch in den letzten Jahren sehr, sehr dezidiert auseinandergesetzt haben, sind eben Forschungskooperationen mit der privaten Wirtschaft. Die machen aber überhaupt nur ungefähr 19 % der gesamten Forschungsaufwendungen an den Hochschulen aus. Das schwankt immer ein bisschen. Die privaten Unternehmen, die mit Hochschulen für Forschungsvorha

ben kooperieren, sind oftmals kleine und mittelständische Unternehmen, die sich keine Forschungs- und Entwicklungsabteilung im eigenen Unternehmen leisten können und, um ihre Innovationsfähigkeit zu erhalten, um Arbeitsplätze hier in unserem Land in der Industrie, in der Dienstleistung, im Service zu erhalten und zu sichern, dann eben mit Hochschulen zusammenarbeiten, um den notwendigen Innovationsvorsprung gemeinsam zu halten.

Da gibt es Kooperationsvereinbarungen, in denen auch ziemlich klargestellt ist, dass die Mittel, die aus dem öffentlichen Teil in Anspruch genommen werden, auch von dem privaten Partner finanziert werden müssen.

Das war damals wirklich eine sehr intensive Diskussion zum Hochschulzukunftsgesetz. Karl Schultheis und Dietmar Bell lächeln. Sie können sich noch gut daran erinnern. Wir haben sehr darum gerungen, wie wir das, was wir wollen, nämlich dass unsere Hochschulen und die Studierenden auch mit privaten Unternehmen zusammenarbeiten können, um unseren Wohlstand und Forschung und Entwicklung in diesem Land voranbringen zu können, mit dem berechtigten Transparenzinteresse in Einklang bringen können. Dazu hat es eine sehr intensive Anhörung gegeben, bei der die unterschiedlichsten Beteiligten angehört wurden. Ich empfehle, das Protokoll dieser Anhörung nachzulesen.

Wir sind letztlich zu einer Regelung gekommen, die ja auch bis heute besteht. Ich empfehle die Lektüre des Hochschulgesetzes Nordrhein-Westfalen: §§ 70, 71 und 71a. Da sind viele Punkte, die Sie angesprochen haben, auch geregelt. Da wird sehr, sehr deutlich, dass wir die Beschreibung dessen, was transparent werden soll, schon längst im Gesetz haben.

Es gibt weiter die Standards der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Sicherung der wissenschaftlichen Praxis. Auch die werden von den Hochschulen angewandt. Für Fragen in Einzelfällen gibt es an unseren Hochschulen auch schon Ethikkommissionen, zum Beispiel an den Unikliniken für den Bereich der medizinischen Forschung und der Pharmaforschung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will für die FDPFraktion klarstellen: Drittmittel sind ein wichtiger Bestandteil der Forschungsfinanzierung und ermöglichen etwa die Schaffung auch zusätzlicher Forschungsstätten. Die Beteiligung an Ausschreibungen für Drittmittelprojekte sowie die Durchführung sind für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zudem auch wichtig, um den Anwendungsbezug ihrer Forschungsleistungen und für Studierende auch den Bezug zur Praxis zu gewährleisten.

Die Darstellung in Ihrem Antrag, dass Drittmittelforschung eine Gefahr für den Wissenschaftsstandort und für die Wissenschaftsfreiheit sei, können wir in

keiner Weise unterstützen und unterschreiben. Sondern, ganz im Gegenteil: Wir befürworten auch drittmittelfinanzierte Forschung in der Art und Weise mit den Transparenzerfordernissen, die wir in unserem Hochschulgesetz geregelt haben.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung, was auch die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angeht. Wenn wir uns in Deutschland und in NordrheinWestfalen in einen Elfenbeinturm einmauern und sagen würden, unsere Wissenschaftler an den Hochschulen dürfen nur noch aus Landesmitteln finanziert werden,

(Helmut Seifen [AfD]: Das steht aber im Antrag gar nicht drin!)