Das Zitat der Präsidentin der Berliner Humboldt-Universität, Sabine Kunst, reißen Sie auch aus dem Zusammenhang. Sie müssen schon sagen, worum es ging. Es ging damals um die Konflikte, die in der Kontroverse um den Osteuropahistoriker Jörg Baberowski entstanden waren. Aber es ging nicht um einen allgemeinen Trend oder um Antifa; darum ging es überhaupt nicht.
Auch der nächste Argumentationsbaustein fällt bei genauerer Betrachtung in sich zusammen, denn die von Ihnen genannte Resolution des Deutschen Hochschulverbandes bezog sich ebenfalls auf bestimmte Ereignisse der Humboldt-Universität zu Berlin.
Jetzt kommt aber in Ihrem Antrag immerhin noch etwas zu Nordrhein-Westfalen. Zum Beleg der Behauptung, die Universitäten unterstützen die, wie Sie schreiben, hypermoralisierende Generation Antifa, greifen Sie auf die in diesem Haus sattsam bekannten Taschenspielertricks zurück.
Das heißt, Sie führen eine Kleine Anfrage an, die Sie selbst gestellt haben. Diese Anfrage ist durch die Landesregierung beantwortet worden, und die Antwort zeigt, dass Ihre Behauptung, die Universität Köln vernachlässige die ihr obliegende Pflicht zur politischen Neutralität, schlicht falsch ist. Trotzdem behaupten Sie nach dieser ganz klaren Antwort, nach dieser Tatsache, jetzt wieder das Gegenteil.
Wissen Sie, das kann man ja Verdrehung von Fakten nennen, vielleicht hat es aber auch mit einer Form von sekundärem Analphabetismus zu tun, an dem Sie dringend arbeiten müssen, sonst erreichen Sie die bildungsbürgerlichen Ziele nicht. Das ist so.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die Thematisierung der Neutralitätspflicht der Universitäten erinnert daran, dass Sie diesen Ausdruck als politischen Kampfbegriff benutzen und immer benutzt haben.
Doch. So kurz ist die Erinnerung von Demokraten nicht. Wir wissen, dass Sie diesen Begriff eingeführt haben, als Sie angefangen haben, im Schulbereich sogenannte Prangerportale zu errichten, weil Sie den Schulen vorgeworfen haben, sie würden ihrer Neutralitätspflicht nicht nachkommen.
Auf diesen Prangerportalen sollten Schüler AfD-kritische Äußerungen von Lehrern melden, die angeblich nicht dem Neutralitätsgebot genügen.
In seiner Pressemitteilung finden Sie folgenden bemerkenswerten Satz – ich zitiere hier aus der Pressemitteilung des Datenschutzbeauftragten –: Selbstverständlich ist es die Aufgabe der Lehrer, für die Demokratie, das Grundgesetz und die darin geleistete Menschenwürde einzutreten. – Dann kommt der Satz:
weil Sie hier und heute wieder den Aufpasser spielen wollen. Dabei taugen Sie als Demokratiepolizei oder als Verfassungsschutz nun wirklich nicht. Das Neutralitätsgebot bedeutet ja nicht, sich neutral gegenüber denjenigen zu verhalten, die unsere Werteordnung und den demokratischen Rechtsstaat untergraben.
Wenn Ihr Parteivorsitzender einen lupenreinen Faschisten in der Mitte Ihrer Partei sieht, finde ich, ist der Punkt gekommen, wo darüber nachgedacht werden muss, dass Ihre Partei zu einem Verdachtsfall für den Verfassungsschutzes werden muss.
Deswegen gehen Sie ganz beruhigt davon aus: Wenn es zu Störungen des Lehrbetriebs kommt, werden wir dem entgegenwirken, wie das Demokraten in diesem Haus und an anderer Stelle in Deutschland tun.
Aber verlassen Sie sich auf eines: Wir werden nicht zulassen, dass eine Partei, die Probleme mit dem demokratischen Rechtsstaat hat, nun meint, sich zu einem Verteidiger, zu einem Bewahrer des Rechtsstaates aufschwingen und hier die Demokratiepolizei spielen zu können.
So weit sind wir in diesem Land zum Glück nicht. So weit wird es auch nicht kommen, weil wir eine wehrhafte Demokratie haben und sehr genau beobachten, was Sie tun. – Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Kollege. Es gibt eine Kurzintervention der AfD-Fraktion. Herr Seifen hat das Wort. Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Herr Professor Rudolph, Sie haben eigentlich wenig zum Antrag gesagt, sondern sich mehr an der AfD abgearbeitet; aber das ist in Ordnung.
Zum Portal kann ich nur sagen: Ich kann mich erinnern, gelesen zu haben, dass der Verfassungsschutz jetzt auch Leute auffordert, ihm irgendetwas zu melden. Sind das jetzt auch ganz böse Leute?
Es gibt genügend Beispiele dafür, dass es an Schulen durchaus vorkommt – ich bin erst letzte Woche davon betroffen gewesen –, dass unfair und falsch über die AfD berichtet wird.
Das sollte nicht passieren, genauso wenig wie unfair und falsch über andere Parteien berichtet werden soll.
Ich glaube, Sie haben in Ihren Ausführungen völlig übersehen, dass wir vor einem ernsthaften Problem stehen. Sie haben das verharmlost. Der Historiker Niall Ferguson hat in einem Interview mit der „Neuen Zürcher Zeitung“ ausgeführt:
„Ich bin seit den 1980er Jahren in der Akademie unterwegs, ich habe seither an vielen Elite-Unis unterrichtet: Cambridge, Oxford, New York, Harvard. Der Stimmungswandel, der in den letzten dreissig Jahren stattgefunden hat, ist tiefgreifend. Ich muss es so direkt wie simpel sagen: Die Linken haben die Macht übernommen. Und sie, die sich in der Theorie für die Inklusion starkmachen, haben in der Praxis alle Andersdenkenden konsequent exkludiert.“
Zweitens. Frau Schmoll führt in Ihrem Leitartikel in der „FAZ“ noch weiter aus, dass Studenten sogar bereit sind – nach Befragungen, die wohl durchgeführt worden sind –, Bücher verbieten zu lassen, Bücher zu verbrennen, Bücher auszusortieren, Wissenschaftler ihres Amtes zu entheben, wenn sie nicht das lehren, was sie lehren sollen.
Ich glaube, Herr Professor Rudolph, Sie sind der Sache einfach nicht gerecht geworden, und das finde ich sehr schade, weil wir im Parlament wirklich Lösungen für die Menschen finden und nicht parteipolitisches Klein-Klein abhandeln sollten. – Vielen Dank.
Ich will nur eine kurze Reaktion geben, weil ich wieder einmal gemerkt habe, dass Sie nicht wirklich in der Demokratie angekommen sind.
Wissen Sie, ich könnte Ihnen tausend Beispiele nennen an Schulen, Hochschulen und im öffentlichen Leben, wo ich auch finde, dass meine Partei nicht so dargestellt wird, wie ich es gerne möchte.
Aber das ist Demokratie. Sie sind in der Demokratie nicht angekommen, denn sonst würden Sie sich darüber nicht beschweren.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich würde zunächst gerne einen Aspekt vor meiner eigentlichen Rede anbringen und mich bei Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen bedanken, denn die NRW-Koalition hat heute den deutlichen Ausbau der Studienplätze unter anderem für das Lehramt an Grundschulen und Sonderpädagogik vereinbart. Aus meiner Sicht ist das ein wichtiger Schritt, um die vielen freien Lehrerstellen zu besetzen.
Mit unseren Partnern, den Hochschulen, haben wir diese Herausforderung lösen können. Dafür möchte ich mich bedanken, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.
Daran wird deutlich – und damit komme ich zu meiner eigentlichen Rede –: Wir arbeiten konkret daran, die Chancen für die Menschen in unserem Land zu verbessern, während die AfD mit ihrem Antrag zur angeblichen Generation Antifa nur Themen vorlegt, die aus fachlicher Sicht überflüssig sind, die wieder einmal nur stigmatisieren und die Konflikte an unsere Hochschulen tragen, die gar nicht da sind.