Protocol of the Session on September 14, 2017

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU – Widerspruch von Michael Hübner [SPD] – Jo- chen Ott [SPD: Sie haben doch keine Ahnung! Sie reden wie der Blinde von der Farbe! – Wei- tere Zurufe)

Ist doch alles prima! Sozialdemokraten und Grüne dürfen meinetwegen in der Öffentlichkeit dauerhaft und immer länger dafür werben, den bestehenden Mangel nur anders zu verwalten. Wir konzentrieren uns darauf, den Mangel zu beseitigen. Wir machen es anders.

(Beifall von der FDP und der CDU – Jochen Ott [SPD]: Da bin ich aber mal gespannt!)

Demokratie ist doch etwas Großartiges. Solange wir noch nicht in dem System leben, das die AfD will, sollten wir unsere Unterschiede im Parlament in der Tat offen austragen und herausarbeiten, dass wir unterschiedliche Ideen haben.

(Jochen Ott [SPD]: Genau das ist der Punkt! – Zuruf von der AfD: Sie diffamieren und denun- zieren!)

Noch sind wir nicht so weit, dass es bei uns so zugeht wie im System des von Ihnen so sehr verehrten

Herrn Putin. Deshalb sollten wir hier einfach die Unterschiede deutlich machen.

Unser Weg ist, die Mietpreisbremse da, wo es landesgesetzlich möglich und nötig ist, aufzuheben; denn obwohl die Mietpreisbremse nur für Bestandswohnungen gegolten hat, haben sich die Investoren auch beim Neubau zurückgehalten, weil sie zu Recht befürchten mussten, dass weiter eingegriffen wird, wie es ja auch Gegenstand Ihrer Wahlprogramme ist.

(Martin Börschel [SPD]: Privat vor Staat!)

Das heißt: Wir schaffen diese Maßnahmen der Bremsung von Investitionen ab. Wir beschleunigen dafür Baugenehmigungen. Wir schaffen neue Flächen.

(Monika Düker [GRÜNE]: Auf der grünen Wiese!)

Wir setzen uns für steuerliche Anreize für neue Investitionen ein. Wir sorgen für Maß und Mitte bei den Baustandards, weil auch sie das Wohnen derart verteuern, dass sogar kommunale Wohnungsbauunternehmen keine günstigen Mieten mehr anbieten können.

(Beifall von der FDP und der CDU – Jochen Ott [SPD: Seit die FDP mitregiert, gibt es in Köln so wenige Baugenehmigungen wie noch nie!)

Herr Römer, Sie haben natürlich recht mit Ihrem Hinweis, dass die von uns vorgeschlagenen Freibeträge bei der Grunderwerbsteuer für Menschen mit einem geringen Einkommen nicht automatisch zu einer Verbesserung führen, sodass ihnen der Erwerb von Wohneigentum nicht sofort möglich ist. Das ist uns auch klar. Deshalb ist es ja notwendig, dass wir bei Steuern und Sozialabgaben – angefangen von der Stromsteuer bis zum Solidaritätszuschlag – genau diese Menschen entlasten.

Überlegen Sie einmal: 1970 lag der Rentenversicherungsbeitrag bei 18 %, glaube ich.

(Michael Hübner [SPD]: Bei der Rentenversi- cherung kennen Sie sich ja aus!)

Das war die Zeit, als meine Großeltern mit Volksschulabschluss und ohne höhere Bildung in der Lage waren, sich als Angestellte den Traum vom Eigenheim zu erfüllen. Mit Ihrer Frau Nahles geht es jetzt in Richtung 22 % – Experten sagen: 25 % – Rentenversicherungsbeitrag. Das sind 7 Prozentpunkte mehr für die heute Jungen im Vergleich zur Generation meiner Großeltern.

(Nadja Lüders [SPD]: Ihr Konzept!)

Da darf man sich doch nicht wundern, wenn Eigentum heute zu einem Luxus für wenige geworden ist.

(Beifall von der FDP und der CDU – Lachen von Jochen Ott [SPD])

Das muss korrigiert werden. Es ist doch genau die Krankenschwester, die davon betroffen ist.

(Sven Wolf [SPD]: Die aber bis 70 arbeiten muss!)

Die Krankenschwester ist von den steigenden Sozialabgaben betroffen.

Das ist hier keine bundespolitische Rede.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Na- türlich nicht!)

Aber es ist schon eine Kunst, in Boomzeiten zu erreichen, dass Krankenversicherungs- und Rentenversicherungsbeiträge steigen. Das ist Frau Nahles gelungen. Da kann man nur sagen: eine Zauberfee.

(Beifall von der FDP – Widerspruch von der SPD)

Im Wissen darum, dass wir uns bemühen müssen, zu erreichen, dass für mehr Menschen in der Mitte der Gesellschaft Wohneigentum realisierbar ist, und im Wissen darum, dass das nicht für alle gilt, wollen wir uns eben mit einer sinkenden Eigentumsquote nicht zufrieden geben. In Deutschland liegt sie bei unter 50 % – Tendenz sinkend bei den Jüngeren, also den unter 50-Jährigen. Sie wissen schon, dass es in Griechenland 75 % sind?

(Michael Hübner [SPD]: Also von Griechen- land lernen?)

Das zeigt doch den eklatanten Aufholbedarf bei uns. Deshalb haben wir am 22. September 2017 die Bundesratsinitiative für einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer.

Es ist schon bemerkenswert, Herr Römer, dass Sie sagen, man wisse nicht, wann es für diesen Freibetrag denn eine politische Mehrheit gebe. Wieso weiß man das nicht? CDU und FDP sind dafür. Das Einzige, was wir nicht wissen, ist, wie die SPD dazu steht. Das können Sie hier doch erklären.

(Beifall von der FDP und der CDU – Wider- spruch von Jochen Ott [SPD] – Michael Hüb- ner [SPD]: Im Bundesrat sitzen auch nur 16 Leute, oder?)

Der Gipfel Ihrer Rede ist gewesen, dass Sie uns allen Ernstes aufgefordert haben: Wenn man nicht weiß, wie es mit dem Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer ist, sollten wir den Satz in Nordrhein-Westfalen für alle reduzieren.

(Zuruf)

Nein, das wollen wir nicht machen. Denn würden wir den Satz für alle reduzieren, würden auch die Immobilieninvestoren und die Millionäre entlastet werden. Das wäre aber nicht zielgerichtet und nicht in unserem Sinne. Das wollen wir nicht.

(Beifall von der FDP und der CDU – Lachen von der SPD – Zuruf von der SPD: Wer soll das denn glauben? – Gegenrufe von CDU und FDP)

Wir wollen eine ganz gezielte Entlastung für Familien, die zum ersten Mal Wohneigentum erwerben, von 250.000 € pro Kopf.

(Zurufe)

Wer bei Jochen Ott in Köln einen Altbau mit honigversiegelten Dielen für hohe Beträge erwerben will, der ist durchaus in der Lage, dann darüber hinausgehend Grunderwerbsteuer zu zahlen.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zurufe von der SPD)

Das ist soziale Balance.

Zweites Thema: Bürgerrechte, Freiheit und Sicherheit. Wir wollen Nordrhein-Westfalen sicherer machen. Der erste Beitrag, das Sicherheitsgefühl der Menschen in Nordrhein-Westfalen zu verbessern, war, dass Innenminister Jäger durch Innenminister Reul ersetzt worden ist. Das war die erste vertrauensbildende Maßnahme.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Römer, ich habe eben gerne gehört, wie Sie hier das Hohelied der Bürgerrechte gesungen haben. Sie haben gesagt, Sicherheit diene der Freiheit. Ein großartiger Satz! Wie aber passt das dazu, dass auch Ihre Fraktion sich in der letzten Legislaturperiode verweigert hat, hier in Nordrhein-Westfalen den Bürgerinnen und Bürgern die Individualverfassungsbeschwerde gegen Landesrecht zu eröffnen?

(Beifall von der FDP)

Das macht jetzt die neue Koalition. Das ist eine Stärkung der Bürgerrechte.

Wie passt das auch – nebenbei gesagt – zu Ihrer Bundespolitik? Denn die SPD ist ja beim Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung zusammengebrochen. Da ist unser Land durch Ihren Umfaller kein Stück sicherer geworden. Denn Herr Maas hat alle verfassungsrechtlichen Bedenken in den Wind geschlagen und eine Vorratsdatenspeicherung auf den Weg gebracht. Dann ist diese Vorratsdatenspeicherung vom OVG Münster aus dem Verkehr gezogen worden. Das heißt: Herr Maas hat nicht dazu beigetragen, dass Deutschland sicherer geworden ist. Herr Maas hat zur Verunsicherung beigetragen, weil die Sicherheitsbehörden nicht mehr wissen, auf welcher Rechtsgrundlage sie wirksam arbeiten können.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das machen wir hier anders. Wir haben uns den von der CDU vorgetragenen Vorschlägen, wir bräuchten ein neues Instrument der Fahndung, das auch eine

verdachtsunabhängige Fahndung zum Beispiel im grenznahen Raum ermögliche, nicht verschlossen. Ich war der Erste, der auf einer gesetzlichen Grundlage mit Richtervorbehalt eine Fußfessel bei Gefährdern gefordert hat. Wir sind also nicht borniert, wenn es darum geht, das gesetzliche Instrumentarium anzupassen.

Nur: Unser Maßstab ist der, den Norbert Römer eben genannt hat – wir nehmen ihn in der Gesetzgebung dann aber im Unterschied zu Ihnen auch ernst –, nämlich, dass die Sicherheit der Freiheit dienen muss.