Protocol of the Session on September 18, 2019

Der Staatssekretär hat am letzten Freitag im Ausschuss noch einmal ganz klar auch die Prüfreihenfolge dargestellt, um die es hier geht. Am Anfang geht es nämlich um die Frage: Handelt es sich eigentlich um bauliche Anlagen? – Herr Jäger grinst gerade. Warum? Weil er weiß, dass er zu seiner Regierungszeit alles getan hat, um schon auf dieser ersten Prüfebene festzustellen,

(Zurufe von der SPD)

dass mehrstöckige Baumhäuser mit Küchen und mit Heizungen keine baulichen Anlagen sind. Die erste Prüfebene ist also: Sind das bauliche Anlagen, ja oder nein? – Sie nicken. Ich weiß jetzt nicht, wie ich das interpretieren soll. Aus meiner Sicht sind es bauliche Anlagen.

Wenn man also festgestellt hat, dass es sich um bauliche Anlagen handelt, dann kann man sich fragen: Sind sie legal, oder sind sie illegal?

(Zuruf: Das ist auch geklärt!)

Ich habe jetzt keine Akteneinsicht im Kreis Düren und im Rhein-Erft-Kreis genommen. Bauanträge für diese Anlagen liegen meines Wissens aber nicht vor.

Wenn man also festgestellt hat, dass sie illegal sind, dann kann man sich fragen: Was ist jetzt zu tun? Auf dieser Ebene kommt es zu einer Abwägungsentscheidung, bei der auch nach Verhältnismäßigkeit entschieden wird: Räume ich? Reiße ich ab? Gehe ich dort hinein? Oder tue ich das nicht?

(Jochen Ott [SPD]: Hört! Hört!)

Genau dazu hat der Staatssekretär am letzten Freitag noch einmal ausführlich dargestellt, warum das im Moment nicht erfolgt. Die Häuser sind im Vergleich zur Situation vor einem Jahr tiefer im Forst drin und höher gebaut. Um überhaupt zu räumen, müssten weitere Bäume gefällt werden. Mit schwerem Gerät müsste man deutlich weiter in den Wald hinein.

(Christian Dahm [SPD]: Das bleibt doch ille- gal! – Jochen Ott [SPD]: Das ist doch ab- surd! – Christian Dahm [SPD]: Wo ist der Un- terschied zu damals? Das bleibt doch illegal!)

Herr Kollege Dahm, dass dann nach dieser Prüfungskaskade eine Abwägungsentscheidung gefällt werden muss und dass nicht jedes rechtliche Mittel des Staates immer gerechtfertigt ist, dürfte doch gerade für Sie mit Ihrem beruflichen Hintergrund keine Neuigkeit sein.

(Christian Dahm [SPD]: Das heißt Verhältnis- mäßigkeit!)

Das ist genau die Verhältnismäßigkeit, die ich gerade auch angesprochen habe. Sie ist eben Teil dieser Überprüfung.

Ich sage Ihnen etwas ganz anderes, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Ibrahim Yetim [SPD]: Wo ist denn jetzt der Unterschied?)

Am Ende lässt sich die ganze Debatte doch auf einen Satz herunterbrechen – und der fehlt mir; er geht mir in der kompletten Debatte unter –: Können wir bitte einmal aufhören, in diesem Land so zu tun, als sei es normal, wenn erwachsene Menschen über Monate und Jahre hinweg in Baumhäusern wohnen, ihre Fäkalien sammeln und diese auf Polizistinnen und Polizisten schmeißen?

(Beifall von der FDP, der CDU und Alexander Langguth [fraktionslos])

Das ist doch nicht normal!

(Jochen Ott [SPD]: Darum geht es doch gar nicht!)

Herr Kollege Ott,

(Jochen Ott [SPD]: Sie stärken solche Leute!)

im Ausschuss fordern Sie immer wieder ein, dass das ein gesellschaftlicher Konflikt sei, den man lösen müsse.

(Marlies Stotz [SPD]: Lenken Sie doch nicht von den eigentlichen Vorgängen ab!)

Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten überhaupt auch nur einen Schritt zu dieser Lösung beigetragen. Es auszusitzen, löst es auf gar keinen Fall.

(Beifall von der FDP, der CDU und Alexander Langguth [fraktionslos] – Jochen Ott [SPD]: Sie stärken solche Leute!)

1.700 Straftaten in vier Jahren! 1.700 Straftaten! Sehen Sie sich einmal die Verfassungsschutzberichte von 2015 bis 2018 an. Darin fällt das Wort „Hambach“ 71-mal.

(Sven Wolf [SPD]: Ist das Bauordnungsrecht statt Polizei?)

Da gab es 72 Brand- und Sprengstoffdelikte. Einen ganz perfiden Fall, den ich kurz skizzieren will, gab es zum Jahreswechsel.

(Andreas Bialas [SPD]: Ja, dann müsst ihr doch räumen!)

Da wurden Einsatzwagen der Polizei mit Molotowcocktails beworfen. Damit sie überhaupt rausfahren, wurde bewusst ein Brand gelegt. Mit welcher perfiden Planung sollen da Menschenleben gefährdet werden? Wer ist da eigentlich unterwegs?

102 Körperverletzungsdelikte, über 700 m³ Müll, die dort hineingebracht wurden und die nun wieder herausgeholt werden müssen, der Bau von Tunneln und Löchern, die von innen mit Nägeln ausgelegt werden

und mit Laub überdeckt werden, damit Menschen hineinfallen!

(Zurufe von den GRÜNEN)

Sie verharmlosen alles das mit Ihrer Debatte und Ihrem Klein-Klein.

(Beifall von der FDP, der CDU und Alexander Langguth [fraktionslos] – Sven Wolf [SPD]: Gefahrenabwehr ist originäre Aufgabe der Po- lizei und nicht der Bauordnung!)

Herr Kollege, es steht noch eine Zwischenfrage von Herrn Mostofizadeh aus, die Sie vorhin schon angenommen haben wollten. Wollen Sie sie noch annehmen?

Das stimmt. Dann bleibe ich natürlich dabei.

(Christian Dahm [SPD]: Hoffentlich wird das nicht deine Examensarbeit! Junge, Junge! Dann sehe ich schwarz!)

Bitte schön, Herr Mostofizadeh.

Herr Kollege Höne und Herr Präsident, vielen Dank, dass die Zwischenfrage zugelassen wird.

Ich war ja in diesem Bauausschuss, und ich habe auch Akteneinsicht genommen, und zwar für mehrere Stunden. Unter anderem ist mir bei der Akteneinsicht aufgefallen, dass die Stadt Kerpen und auch alle anderen kommunalen Behörden nach wie vor Ihre Entscheidung – die der Landesregierung –, die Baumhäuser als bauliche Anlagen zu bewerten, nicht akzeptieren. Sie sind anderer Auffassung und haben sich in diesen Rechtsfragen anweisen lassen.

Ihre Frage, Herr Kollege?

Herr Präsident, die Frage ist: Werfen Sie auch den Städten vor, dass sie rechtsfreie Räume dulden würden?

Ich werfe den Städten an dieser Stelle überhaupt nichts vor. Ich sage Ihnen aber ganz deutlich: Ich persönlich kann die Einschätzung, dass es sich dabei nicht um bauliche Anlagen handelt, nicht nachvollziehen. Das mag daran liegen, dass ich BWL studiert habe und nicht Jura.

(Beifall von Dr. Werner Pfeil [FDP])

Aber mit gesundem Menschenverstand ist das meiner Meinung nach nicht nachzuvollziehen.

(Beifall von der FDP, der CDU und Alexander Langguth [fraktionslos] – Nadja Lüders [SPD]: Der gesunde Menschenverstand hat schon zu Abwägungen geführt!)

Ich weiß auch nicht, mit wem Sie draußen reden. Aber es ist doch wohl keinem rechtstreuen Bürger, der für seine Laube oder seinen Balkon einen Bauantrag einreichen muss und im Zweifelsfall zurückbauen muss, auch nur ansatzweise zu vermitteln,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

dass die Baumhäuser keine baulichen Anlagen sind und man es irgendwie – Augen zu und durch – schon so geschehen lassen kann.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])