Protocol of the Session on September 18, 2019

Sorgfalt bedeutet vor allem Risikovorsorge. Ein sicheres Gebäude muss gegen absehbare Einwirkungen geschützt werden. So wie ein Gebäude vor einwirkenden Lasten wie Schnee, Wind und Regen geschützt werden muss, haben wir seitdem die unterbliebene Vorsorge für Risiken in Höhe von fast 2,7 Milliarden Euro geleistet.

1,28 Milliarden Euro haben wir für die immer noch bestehenden Risiken aufgrund des jahrzehntelangen Missmanagements früherer Regierungen bei der WestLB vorgehalten. Damit haben wir das Risiko für die gesamte Legislaturperiode eliminiert. 800 Millionen haben wir zusätzlich dem Pensionsfonds für die Beamtinnen und Beamten unseres Landes zugeführt. 582 Millionen Euro flossen in die Vorsorge für weitere Risiken.

Alles das ist mit einer weißen Wanne beim Bau in sumpfigem Gebiet zu vergleichen. Man sieht sie vielleicht nicht jeden Tag; aber es ist gut, dass es sie gibt.

Auch die sichtbaren politischen Schwerpunkte haben eines gemeinsam: Sie stärken Nordrhein-Westfalen strukturell.

Das geht nur – mit Herrn Scholz gesprochen – dank großer Intensität und Präzision. Wir jedenfalls halten uns auch daran. Denn das Land braucht keine immer neuen konsumtiven Wohltaten, die verpuffen – am besten garniert mit immer neuen, willkürlich festgelegten Grenzen der Begünstigung, sodass am Ende gerade die Aufsteiger bestraft werden, die dank harter Arbeit vielleicht 1,50 Euro zu viel verdienen und dann noch als faulenzende Millionäre im Liegestuhl verunglimpft werden, wie das leider in jüngster Zeit passiert ist.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, das meine ich sehr ernst. Das Letzte, was dieses Land Nordrhein-Westfalen jetzt braucht, ist ein Klassenkampf gegen die Aufsteiger.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir brauchen wirklich keine Umverteilungsdebatte, keinen Systemwechsel und keine bürokratisch-sozialistischen Schreckensideen wie das neu geplante rot-rot-grüne Mietrecht in Berlin,

(Zuruf von der SPD: Oh, oh!)

die Vergemeinschaftung von BMW

(Zuruf von der SPD: Oh, Oh!)

oder, wie Herr Hartmann von der SPD es nennt, eine Demokratisierung der Wirtschaft, sondern wir brauchen weiterhin das, was es unter der Vorgängerregierung niemals gab: einen soliden Haushalt und bessere Rahmenbedingungen für eine dynamische, funktionierende soziale Marktwirtschaft.

(Zuruf von der SPD: Ist das schlecht!)

Das haben die Menschen in Nordrhein-Westfalen verdient, die dies erarbeiten können, wenn wir sie lassen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Nordrhein-Westfalen ist das Land des gesellschaftlichen Zusammenhalts – ein Land, das wie kein anderes für den Aufsteiger steht. Wir werden jedenfalls keine vergiftete Stimmung zulassen, die all jene „verblüfft bis fassungslos“ zurücklässt, die, wie es die „Süddeutsche Zeitung“ angesichts der Verirrungen in der SPD kürzlich beschrieb, „ein gutes, aber keineswegs dekadentes Leben führen, weil sie hart dafür arbeiten“. Aufstieg muss in Nordrhein-Westfalen möglich bleiben.

Deswegen stärken wir auch alle, die mit ihrer Leistung und ihrem Engagement mit anpacken – übrigens egal, ob Familien- oder Unternehmensmanagerin oder beides. Deshalb hat auf Initiative des Landes Nordrhein-Westfalen und der Freien und Hansestadt Hamburg der Finanzausschuss des Bundesrates einen neuen Vorstoß unternommen, die Mitte der Gesellschaft und das Ehrenamt schonend zu stärken, und zwar ab dem 1. Januar 2020. Das ist ganz praktische Politik für die Mitte unserer Gesellschaft.

(Beifall von der CDU und der FDP)

So setzen wir auch unseren haushaltspolitischen Kurs von Maß und Mitte fort. Genau deshalb holen wir in Nordrhein-Westfalen endlich die enormen Versäumnisse der Vergangenheit auf. Wir rechnen dabei richtig, vorsichtig und solide, und zwar vom Anfang bis zum Ende einer Legislaturperiode.

Das beginnt beispielsweise bei der Bildung. Seit unserer Regierungsübernahme stellen wir einschließlich des vorliegenden Entwurfs kumuliert zusätzlich 6,8 Milliarden Euro für die Bildung in Nordrhein-Westfalen bereit, und zwar für die frühkindliche Bildung 1,9 Milliarden Euro, für die Schulen 3,4 Milliarden Euro und für die Hochschulen 882 Millionen Euro. Über die gesamte Legislaturperiode werden es nach

der vorliegenden Mittelfristigen Finanzplanung in der Addition der einzelnen Jahre insgesamt 15,6 Milliarden Euro zusätzlich sein, 2020 allein 2,1 Milliarden.

Wir beenden mit dem Kita-Träger-Rettungsprogramm die strukturelle Unterfinanzierung der Kitas. Mit dem neuen Pakt für Kinder und Familien fließen zusätzlich 1,3 Milliarden Euro in die Kindertagesbetreuung. Die Zahl der Kindergartenplätze steigt auf Rekordhöhe. Das Land übernimmt zusätzlich auch die Elternbeiträge für die beiden Jahre vor der Einschulung.

Das Chaos um G8 und G9 haben wir übrigens auch gleich mit beseitigt, genauso wie die unüberlegte Inklusionspolitik.

(Unruhe – Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Wer hat denn am längsten für G8 gekämpft und es dann eingeführt?)

Deswegen ist es richtig, weiter in Bildung zu investieren – auch in 1.200 neue Stellen für Lehrerinnen und Lehrer,

(Zuruf von der SPD: Wie viele sind davon be- setzt?)

ganz besonders für die Neuausrichtung der Inklusion. Wir bringen die Bildung in Nordrhein-Westfalen nach vorne.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir stärken den Leistungsträgerinnen und Leistungsträgern den Rücken, die als Polizistinnen oder Polizisten, als Lehrerinnen oder Lehrer und als Feuerwehrleute jeden Tag dafür sorgen, dass es in unserem Land läuft.

Gleichzeitig kommen wir beim Wettbewerb um die besten Köpfe entscheidend voran, indem rund 1 Milliarde Euro mehr in einen modernen, attraktiven öffentlichen Dienst investiert wird. Für die gesamte Laufzeit des Tarifvertrages werden es kumulativ über 5 Milliarden Euro zusätzlich für die Beteiligten sein. Ich bin froh darüber und dankbar dafür, dass wir es als Koalition geschafft haben, den Tarifabschluss eins zu eins für unsere Beamtinnen und Beamten umzusetzen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Übrigens haben wir auch ein anderes Staatsverständnis als die Vorgängerregierung. Wir finden, dass der Staat Partner sein sollte und nicht Oberlehrer. Deshalb forcieren wir zum Beispiel in der Finanzverwaltung massiv den Ausbau digitaler Serviceangebote, einer klaren Sprache und einer einfacheren Kommunikation.

Seit unserer Regierungsübernahme stellen wir einschließlich des vorliegenden Entwurfs in der Summe zusätzlich 1,3 Milliarden Euro für Digitalisierung, Infrastruktur und Innovation in Nordrhein-Westfalen zur

Verfügung. Über die gesamte Legislaturperiode werden es nach der vorliegenden MFP 2,9 Milliarden Euro sein.

Wir werden strukturell stärker, indem wir die Verhandlungserfolge für Nordrhein-Westfalen im Bund mit eigenen Strategien verknüpfen, beispielsweise für die Zukunft des Rheinischen Reviers, für die wir Haushalt 2020 vorbereitende Maßnahmen in Höhe von 10 Millionen Euro einplanen, oder für die Batteriefabrik der Zukunft in Münster, für die 50 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Wir stärken die Gründerinnen und Gründer in Nordrhein-Westfalen zusammen mit der NRW.BANK mit fast einer Viertelmilliarde Euro zusätzlich.

Zusätzliche 20 Millionen Euro fließen in ein modernes Straßenverkehrsnetz von Land und Kommunen – und by the way entlasten wir die Anlieger mit weiteren 65 Millionen Euro erheblich bei den Kosten für die Straßenausbaumaßnahmen.

Das bringt die Mitte Nordrhein-Westfalens und damit unser ganzes Land nach vorne.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sarah Philipp [SPD]: Das hätte ich jetzt nicht erwar- tet!)

Ein starker Standort Nordrhein-Westfalen braucht auch starke Kommunen. Im Landeshaushalt 2020 sind für die Kommunen insgesamt SteuerverbundKompensationsleistungen und Zuweisungen nach Maßgabe des Haushaltsplans in Höhe von rund 28,7 Milliarden Euro vorgesehen. Das sind 36,1 % unserer Gesamtausgaben des Jahres 2020. Übrigens waren es in 2017 noch 34,4 % der Landesausgaben. Damit haben die Kommunen seit unserer Regierungsübernahme rund 3,8 Milliarden Euro zusätzlich zur Verfügung – alleine vom Land. Hinzu treten noch die wesentlichen Verbesserungen von Bundesseite.

Außerdem schaffen wir endlich mehr Sicherheit für unsere Bürgerinnen und Bürger. Wir stellen seit der Regierungsübernahme einschließlich des vorliegenden Haushalts kumuliert 1,4 Milliarden Euro zusätzlich für die innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung, Justizausgaben noch gar nicht mit eingerechnet. Bis zum Ende der Legislaturperiode werden es nach der vorliegenden MFP insgesamt 3,1 Milliarden Euro sein.

Zum Zeitpunkt der Regierungsübernahme gab es 2.000 Polizeianwärterstellen; heute sind es 2.500 pro Jahr. Zusätzlich gibt es jährlich 500 neue Stellen für den polizeilichen Verwaltungsdienst – und damit mehr Polizei auf der Straße. Dazu kommen 640 Stellen zur Übernahme von geprüften Kommissaren alleine mit dem Haushalt 2020.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Mit diesem Haushaltsentwurf stehen erneut deutlich mehr Mittel im Kampf gegen Kriminalität, Terror und Extremismus zur Verfügung.

Das sind nur einige Schwerpunkte aus diesem Haushalt, die wir übrigens zum Teil durch Umstrukturierungen im Haushalt finanzieren, denn wir sparen auch ein. In allen drei Haushalten haben alle Ressorts wesentliche Einsparbeiträge geleistet.

(Lachen von der SPD)

In diesem Jahr sind es 200 Millionen Euro. Weil diese Beträge Jahr für Jahr auflaufen, finanzieren wir inzwischen rund 500 Millionen Euro pro Jahr aus Einsparungen und Umschichtungen in den Häusern. Auch das ist vernünftige Haushaltspolitik. Konsolidieren und investieren sind zwei Seiten derselben Medaille.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir spüren es alle: Die Zeit bricht auch in unserem zentraleuropäischen Industrieland um. Die neue Zeit birgt Chancen, aber sie setzt gerade in der Mitte auch viele unter Druck: Werde ich in 10, 20 Jahren noch an meinem Arbeitsplatz gebraucht? Verliert meine Heimatregion den Anschluss?

(Zuruf von der SPD: Das ist eine sehr gute Frage!)