Ich war viele Jahre in der Wirtschaft tätig. Überall, wo es viele Akteure gab, wurde versucht, mit Kooperationen – zum Beispiel unter einem Verband – für Einkaufs- und Vermarktungsvorteile zu sorgen.
Das Land NRW könnte mit seinen Pfunden wuchern, wenn es zum Beispiel eine gemeinsame Vermarktung nutzen würde. Dafür zu werben und die Partner in den Kommunen und Landschaftsverbänden zu gewinnen, würde ich als wichtige Aufgabe der Landesregierung sehen.
Wenn NRW – und NRW sind wir alle: ob Bochumer, Münsteraner, Düsseldorfer, Bielefelder oder Aachener – profitieren will, muss sicher noch viel mehr passieren als das Zusammenführen von Gesetzen und das finanzielle Sichern einzelner Einrichtungen.
NRWs Kulturlandschaft wäre es wert, ein solitäreres Reiseziel zum Beispiel für kulturinteressierte Chinesen oder Australier zu sein – und nicht nur der Kölner Dom als einzige Station auf einem Mammuttrip durch Deutschland oder Europa.
NRWs Kulturlandschaft wäre es auch wert, bei den eigenen Bewohnern eine noch größere Wertschätzung als heute zu finden. Aber auch dazu müsste es viel mehr gemeinsames Marketing geben. Dezentrale Verantwortung und dezentrale Entscheidung müssen doch nicht eine engere Zusammenarbeit aller Akteure ausschließen.
Ein schönes Beispiel war die Zusammenarbeit bei der Kulturhauptstadt Ruhr 2010. Leider wurde dieser Ansatz nicht wirklich weiterentwickelt; da wurden aus meiner Sicht Chancen verpasst.
Das Kulturgesetzbuch, für das es national, aber auch international durchaus Vorbilder gibt, kann vielleicht ein Startschuss für eine strukturell engere Kooperation zwischen Land und kommunaler Kulturpolitik sein. – Danke schön.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Walger-Demolsky. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen das Wort. Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Der vorliegende Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP beschreibt ein beispielgebendes kulturpolitisches Projekt für Nordrhein-Westfalen. Die Förderung der Kultur ist – wie inzwischen wohl bekannt – ein zentrales Anliegen der Landesregierung. Das Vorhaben, über das wir uns heute unterhalten, ist eines von sehr vielen Vorhaben, die wir im Moment betreiben. Insofern ist es insgesamt mit den vielen anderen Projekten in der Gesamtschau zu betrachten.
Eine erste wichtige Maßnahme war die nachhaltige und deutliche Erhöhung des Kulturetats. Zugleich wurden und werden Förderstrukturen neu strukturiert und weiterentwickelt, um beispielsweise – das wurde eben schon gesagt – den kommunalen Theatern und Orchestern längerfristige Planungssicherheit zu geben und gleichzeitig die künstlerische Profilbildung zu fördern – um nur ein Projekt zu nennen, das auf den Weg gebracht wurde.
Nun gilt es, eine umfassende Neuordnung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Kultur in Nordrhein-Westfalen in Angriff zu nehmen. Durch die Kulturhoheit der Länder hat Nordrhein-Westfalen die Möglichkeit, hier nicht nur einzelne Akzente zu setzen, sondern die rechtlichen Voraussetzungen für die Entfaltung der Kultur eigenständig zu verbessern.
Der Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP schlägt ein Eckpunktepapier der Landesregierung zur Schaffung eines Kulturgesetzbuches vor. Dazu muss es zunächst logischerweise – auch das klang in manchen Beiträgen schon an – eine Bestandsaufnahme der kulturrelevanten Regelungen im Landesrecht geben.
Danach ist zu prüfen, welche Regelungen in welcher Form in ein Kulturgesetzbuch übernommen werden können. Dazu zählt das schon genannte Kulturfördergesetz, aber beispielsweise auch das sich in Planung befindende Bibliotheksgesetz. Das Recht der Musikschulen ist in diesem Zusammenhang ebenfalls zu untersuchen.
Ein maßgeschneidertes Gesetzeswerk, das die Regelungen dieser für das Kulturangebot in NRW wichtigen Bereiche konsolidiert, vor allen Dingen entbürokratisiert und für die Zukunft aufstellt, wäre ein großer Gewinn für die Kultur. Gleichzeitig wäre es ein Statement, dass dem Land Nordrhein-Westfalen die Kultur sehr wichtig ist. Die Landesregierung unterstützt diesen Antrag der Fraktionen von CDU und FDP daher nachdrücklich.
Ich will es einfach mal so auf den Punkt bringen: Ich freue mich über die jetzt schon andeutungsweise vorhandenen fantasiereichen Diskussionen, um am Ende die Rahmenbedingungen für die Kunst und die Kultur im Land wirklich zu verbessern. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen zu Tagesordnungspunkt 12 sehe ich nicht, sodass wir am Schluss der Aussprache sind.
Wir können zur Abstimmung kommen. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/6247 an den Ausschuss für Kultur und Medien. Die abschließende Beratung und Abstimmung sollen dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Ich
darf fragen, ob es hierzu Gegenstimmen gibt. – Enthaltungen? – Dann stelle ich fest, dass diese Überweisungsempfehlung mit Zustimmung der anwesenden Abgeordneten angenommen wurde.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich den Tagesordnungspunkt 13 aufrufe, habe ich zu Tagesordnungspunkt 11 das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekanntzugeben. Ich komme deswegen zum selbigen Tagesordnungspunkt zurück. Für alle noch einmal zur Erinnerung: Es ging dabei um den Antrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/6269.
Es haben 169 Abgeordnete ihre Stimme abgegeben. Mit Ja stimmten 12 Abgeordnete, mit Nein stimmten 157 Abgeordnete. Enthaltungen gab es nicht. Damit ist der Antrag Drucksache 17/6269 abgelehnt.
Ich eröffne die Aussprache und erteile der schon fast am Rednerpult stehenden Abgeordneten Inge Blask für die Fraktion der SPD das Wort. Bitte sehr.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unsere Fraktion hat sich in dieser Plenarwoche das Thema „Kinder und Familien stärken“ auf die Fahnen geschrieben. Ich denke, das ist ein Punkt, bei dem wir uns alle einig sein sollten.
Familien dabei zu unterstützen, ihren Kindern eine gute Zukunft zu ermöglichen, ist eine Kernaufgabe unseres politischen Handelns. Auch unter diesem Gesichtspunkt spreche ich heute zu Ihnen über ein Problem, das viele Familien in Deutschland und insbesondere in Nordrhein-Westfalen belastet: Schulden.
In der Bundesrepublik waren 2018 laut Creditreform mehr als 10 % der Bevölkerung überschuldet. Bei uns in Nordrhein-Westfalen stellt sich die Situation noch drastischer dar. Fast jeder achte Bürger von NRW steckte in der Schuldenfalle. Die drei Ruhrgebietsstädte Duisburg, Essen und Dortmund weisen dabei mit die höchste Überschuldungsquote in Deutschland auf; in Duisburg sind es zum Beispiel 17 % der Einwohner über 18 Jahre.
Wir haben es bei der privaten Überschuldung mit einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen zu tun, das sich bei uns in Nordrhein-Westfalen stark äußert.
Die Hauptursachen von Überschuldung sind Arbeitslosigkeit, Trennung und Scheidung, Erkrankung, gescheiterte Selbstständigkeit, eine unwirtschaftliche Haushaltsführung sowie Einkommensarmut.
Im Schuldneratlas 2018 ist zudem das Thema „Wohnen“ als großes Überschuldungsrisiko identifiziert worden. Für die Bezieher kleiner Einkommen sind die Wohnkosten in Ballungsräumen kaum noch zu tragen und damit ein Einfallstor zur Überschuldung.
Ein weiterer Faktor: In unserer Gesellschaft ist es zum Normalfall geworden, sich nicht nur bei langfristigen Investitionen, sondern auch für den Erwerb von Konsumgütern zu verschulden. Die allgegenwärtige Werbung, aber auch die Art der Angebote der Finanzdienstleister haben zu dieser Entwicklung maßgeblich beigetragen. Machen Sie einmal samstags die Sportschau an: In jeder Werbepause werden Ihnen schier unglaubliche Kreditangebote untergejubelt. Das geht bis dahin, dass Ihnen Minus-Zinsen angeboten werden.
Ein erhöhtes Risiko, sich zu verschulden, haben vor allen Alleinerziehende. Zudem sind laut Statistik in mehr als einem Drittel der Fälle Kinder von der Überschuldung mit betroffen.
Die Situation der Überschuldung bedeutet nicht nur ein finanzielles Problem für die betroffenen Menschen in NRW. Sie führt häufig auch zu psychischen Belastungen. Das spüren auch die Kinder – sei es die angespannte Situation zu Hause oder einfach die Tatsache, dass sich die Familie vieles nicht leisten kann.
Was können wir für diese Menschen tun? Um sich aus der Schuldenfalle befreien zu können, brauchen Betroffene überall Nordrhein-Westfalen ein kompetentes und zeitnahes Beratungsangebot, damit sie ihre Lebenssituation stabilisieren können. Diese Hilfe wird von den Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen fachlich kompetent angeboten – so weit, so gut.
Allerdings hat das Bundessozialgericht 2010 entschieden, dass Menschen, die keine ergänzenden Leistungen nach dem SGB II erhalten, die Kosten für die Schuldnerberatung selbst tragen müssen. Warum ist das ein Problem? – Gerade überschuldete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer benötigen einen niederschwelligen, offenen Zugang zu einer zeitnahen Beratung und Unterstützung. Sonst riskieren sie, immer tiefer in die Schuldenfalle zu geraten und so auch noch ihren Arbeitsplatz zu gefährden.
In der Praxis hat das Urteil des Bundessozialgerichts allerdings dazu geführt, dass in einer großen Anzahl von Kommunen erwerbstätige überschuldete Personen keinen Zugang zu öffentlich finanzierten Beratungsangeboten mehr haben oder lange auf einen Termin warten müssen.
Ich habe Ihnen einmal ein Beispiel mitgebracht: Martina O. ist alleinerziehende Mutter einer zwölfjährigen Tochter und arbeitet als Krankenschwester in Teilzeit. Sie hat keine Ansprüche auf ergänzende Sozialleistungen. Ihre Gesamtschulden belaufen sich auf 25.000 Euro. Mangels Deckung auf dem Konto konnte sie den Strom nicht bezahlen, die Stromsperre drohte. Einen Termin bei der Schuldnerberatung bekam sie kurzfristig nicht, da sie noch erwerbstätig ist.
Tatsächlich muss eine Frau in einer solchen Situation bis zu sechs Monate auf einen Termin warten, berichten uns die Schuldnerberatungsstellen. Wir brauchen eine gesetzliche Grundlage, die allen Menschen einen kostenlosen, zeitnahen und flächendeckenden Zugang zu einer Schuldner- oder Verbraucherinsolvenzberatung ermöglicht.
Zudem müssen wir die Organisation von Schuldner- und Insolvenzberatung in eine Hand legen, damit diese beiden Beratungsangebote künftig auch in der Praxis ergänzend ineinandergreifen können. Diese Einheit ist aufgrund der unterschiedlichen Regelungszuständigkeiten von Land und Kommune nicht gegeben. Diese Trennung aufzuheben, ist eine weitere politische Forderung unseres Antrags.
In Bayern und Sachsen hat das die CDU auf den Weg gebracht. Das sollte auch hier Nordrhein-Westfalen gelingen. In diesem Sinne möchte ich Sie bitten, meinem Antrag zuzustimmen. Helfen Sie, Familien und Kinder hier in Nordrhein-Westfalen zu stärken. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Blask, es war eine schöne Rede, die Sie gerade gehalten haben. Sie sind ja auch schon länger in diesem Haus Mitglied; ich bin erst seit zwei Jahren dabei.
Ich habe in den Plenarprotokollen einmal der Genese des Antrags nachgeforscht. In der vor-vorletzten Legislaturperiode – das klingt jetzt sehr lange her, ist aber erst 2010 gewesen – gab es kurz vor der Landtagswahl auch einen Antrag der SPD.
Ja, da war Frau Blask noch nicht da. Unterschrieben ist der Antrag von der Abgeordneten Hannelore Kraft. Der Antrag hieß „Krisenopfern helfen – Schuldner- und Insolvenzberatung ausbauen“. Schon 2010 stand da mehr oder weniger das Gleiche wie in Ihrem heutigen Antrag.
Kurz danach war die Landtagswahl 2010. Rot-Grün übernahm – und was passierte? Erst einmal lange Zeit nichts. 2011 – Sie hatten die Regierung übernommen, Ministerin war Frau Schäfer von der SPD – gab es eine Kleine Anfrage. Frau Schäfer antwortete, wie mit dem Thema weiter umgegangen werden solle. Ich zitiere: Weiteren Handlungsbedarf bzw. weitere Handlungsmöglichkeiten sehe ich zurzeit nicht.
Im Februar 2015 gab es noch einmal einen Bericht zur Evaluierung des Gesetzes zur Ausführung der Insolvenzordnung. Frau Schäfer als Ministerin sagte dann, dass sie noch vor der Sommerpause einen Gesetzentwurf vorlegen möchte. Das war im Februar 2015.